Also, liebe Kolleginnen und Kollegen! Da es doch ein Gesetzentwurf von CDU und FDP ist und die erste Beratung schon am Plenum vorbeilief,
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Wider- spruch von Heinz Rolfes [CDU] - Christian Dürr [FDP]: Waren Sie nicht im Ausschuss?)
(Johanne Modder [SPD]: Er ist einge- bracht! Aber die Debatte! Also wollt ihr nicht! - Christian Meyer [GRÜNE]: Sie trauen sich wohl nicht! Peinlich! - Ur- sula Helmhold [GRÜNE]: Wo sind denn die Kultuspolitiker? - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie wissen natürlich: Die Rednerliste wird vom Präsidenten in eigener Zuständigkeit festgelegt. Dazu brauche ich Sie zur Geschäftsordnung nicht zu belehren.
Ich wollte Sie nur darauf hinweisen - deshalb habe ich mich zu Wort gemeldet -, dass eine öffentliche Lesung im Ausschuss in unserer Geschäftsordnung genauso vorgesehen ist und dass das keinesfalls am Parlament vorbeigelaufen ist.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Es ist pein- lich, Herr Kollege, dass Sie sich nicht als Erster melden!)
Ich kann Ihnen sagen - das ist vielleicht auch für alle weiteren Wortmeldungen von Interesse -, dass der Herr Kollege Försterling von der FDP-Fraktion den Wunsch an mich herangetragen hat, jetzt zu reden.
(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Genau, das passt auch! - Christian Meyer [GRÜNE]: Da weiß man, wer der Hauptverantwortliche ist! Der Schwanz wedelt mit dem Hund!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, was allen Menschen in Niedersachsen ein bisschen abgehen würde, ist, wenn man eine schulpolitische Diskussion hier zum Anlass nähme, um Geschäftsordnungsanträge zu diskutieren.
Aber das ist nun einmal die grundsätzliche Frage: Will ich immer nur über Strukturen, über die Geschäftsordnung diskutieren, oder will ich den wichtigen Schritt machen, um auch über Qualität zu diskutieren? - Ich glaube, sowohl sämtliche Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen als auch alle Lehrkräfte sowie alle weiteren an Bildung Beteiligten haben das berechtigte Interesse, dass wir hier über Qualität diskutieren und weniger über Strukturen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Claus Peter Poppe [SPD]: Das Ge- setz befasst sich mit Schulstrukturen!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie war die Ausgangssituation, vor der wir standen, als wir in die Diskussion eingestiegen sind? - Heute kam wieder eine Meldung, dass die Schülerzahl in Niedersachsen um 1,3 % zurückgegangen ist. Das heißt, wir müssen auf den demografischen Wandel reagieren.
Bis zum Jahr 2020 werden ca. 180 000 Schüler weniger in Niedersachsen beschult werden, bis 2025 prognostiziert man einen Schülerrückgang um 25 %, in einigen Regionen um bis zu 40 %. Gleichwohl ist es notwendig, dass wir im Flächenland Niedersachsen eine wohnortnahe Beschulung
Der andere Aspekt ist, dass wir vermehrt den Wunsch der Eltern der Schüler nach einer sichtbaren Erhöhung der Durchlässigkeit im Bildungswesen hin zu mehr höherwertigen Bildungsabschlüssen für die Schülerinnen und Schüler haben.
Deswegen haben wir intensiv darüber diskutiert, wie man unter Berücksichtigung dieser Ausgangssituation das Schulgesetz und die Schulstruktur anpassen kann, um dieser gerecht zu werden. Wir haben uns nach langen und intensiven Diskussionen mit allen an Bildungspolitik Beteiligten auf dieses Modell der Oberschule,
das wir heute hier abschließend beraten, verständigt. Gleichwohl ist das natürlich nicht in dem gewünschten breiten Konsens geschehen, weil sich einige eben nicht darauf eingelassen haben, sich auch einmal ein bisschen zu bewegen. Das wird, meine sehr geehrten Damen und Herren, in den Änderungsanträgen der SPD-Fraktion und der Links-Fraktion mehr als deutlich. Wer heute noch mit Änderungsvorschlägen seine Maximalforderung bei der Frage der Zügigkeit von Integrierten Gesamtschulen versucht zu manifestieren, der zeigt, dass er von Beginn der Beratung an nicht kompromissbereit gewesen ist.
(Astrid Vockert [CDU]: Erheblich! - Christian Meyer [GRÜNE]: Zum Schlechten! In die falsche Richtung! Rückwärts!)
und auch auf verschiedene Eingaben von Verbänden reagiert haben - sowohl in die eine als auch in die andere Richtung, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das allein zeigt auch, dass wir einen, wie ich finde, sehr mutigen Schritt dahin gehend machen, dass wir insbesondere in der Oberschule den Schulen, den Schulvorständen, den Lehrerkollegien die Freiheit geben, über die innere Ausgestaltung weitestgehend selbst zu entscheiden und hier die individuell notwendigen pädagogischen Konzepte zu erarbeiten und so den Schulalltag, auf die Schule, auf die Schüler bezogen, selbst
ständig zu organisieren; denn sie haben die Möglichkeit, sich entweder für jahrgangsbezogenen Unterricht oder für schulzweigspezifischen Unterricht zu entschieden oder auch in einzelnen Fächern eine äußere Fachleistungsdifferenzierung der Binnendifferenzierung vorzuziehen.
Das sind pädagogische Freiheiten, die, wie ich glaube, die Schulqualität insgesamt verbessern können, zumal wir auch deutlich gesagt haben, dass wir zusätzliche Lehrerstunden für die Leistungsdifferenzierung zur Verfügung stellen wollen, sodass insbesondere in den Kernfächern Mathe, Englisch und Deutsch eine Leistungsdifferenzierung möglich sein wird, die ganz nebenbei auch noch dazu führen wird, dass in diesen wichtigen Kernfächern die Klassenobergrenzen, die Größe der Lerngruppen noch einmal deutlich reduziert werden kann.
Wir gehen ja generell schon auf eine Klassenobergrenze von 28 Schülerinnen und Schülern. Aber wenn Sie aus drei Parallelklassen beispielsweise vier leistungsdifferenzierte Lerngruppen bilden, haben Sie natürlich wesentlich kleinere Lerngruppen. Das ist meiner Meinung nach ein großer Vorteil.
Wir wollen im gleichen Maße auch die Lehrkräfte entlasten: zum einen durch eine geringere Unterrichtsverpflichtung an der Oberschule, zum anderen durch den verstärkten Einsatz von Sozialpädagogen und Sozialarbeitern an den Schulen. Ich glaube, auch das ist wichtig, um den Schulalltag besser gestalten zu können.
Wir werden den wichtigen Schritt machen, diese Oberschule als teilgebundene Ganztagsschule auszustatten. Wir haben in den letzten acht Jahren, seit 2003, die Zahl der Ganztagsschulen als offene Ganztagsschulen verzehnfacht. Jetzt machen wir den nächsten Schritt und statten die Schulen als teilgebundene Ganztagsschulen aus.
Auch diese Ausstattung der Oberschulen als teilgebundene Ganztagsschulen führt dazu, dass Schulen, die bisher mit zehn Wochenstunden den Nachmittagsbetrieb abdecken mussten, allein für den fünften Jahrgang elfeinhalb Wochenstunden zusätzlicher Lehrerstunden zur Verfügung gestellt bekommen. Auch mit diesem Angebot der teilgebundenen Ganztagsschulen erhöhen wir die
Durchlässigkeit, weil wir hier auf individuelle Förderkonzepte setzen, auch unterstützt durch didaktische Leiter und weitere Funktionsstellen. Das heißt, wir gehen hier einen wichtigen Schritt, um die Perspektiven und die Chancen für die Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen zu verbessern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube ganz fest daran, dass es ein Großteil der Eltern leid ist, dass wir hier über Strukturen diskutieren.
Wir gehen jetzt einen Weg in Richtung Verbesserung von Bildungsqualität. Ich bin gerne bereit, mit Ihnen auch zukünftig über Qualitätsverbesserungen im Bildungswesen zu diskutieren. Aber ich bin nicht mehr bereit und es leid, immer nur über Schulstrukturen und Türschilder zu diskutieren.
Wir gehen den Weg, Bildungsqualität zu verbessern. Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben die Chance, ihn mitzugehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Försterling, zu dem, was Sie da ausgeführt haben, gäbe es inhaltlich einiges zu sagen, aber das werden nachher die Fachleute tun.
Ich möchte hier zu Ihren eingangs gemachten Bemerkungen zu der Frage einer Geschäftsordnung kurz Stellung nehmen.
Sie haben kritisiert, dass diese Geschäftsordnungsanträge gestellt wurden. Sie haben nun den Antrag begründet. Das finde ich gut und richtig so. Ich finde aber, dass es, wenn Sie seitens der die Regierung tragenden Fraktionen eine Initiative starten, Ihre Aufgabe ist, diese entsprechende Initiative hier in der ersten öffentlichen Landtagsdebatte, die dazu stattfindet und die zugleich die letzte ist, zu begründen und auszuführen, welche
Zielsetzungen Sie mit dieser Gesetzesinitiative verbinden. Das ist eine Frage der Demokratie und Debattenkultur.
Deswegen finde ich es gut, dass Sie diesem Ansinnen entsprochen haben. Ich bitte Sie aber auch, dann in Zukunft nicht zu kritisieren, wenn ein solches berechtigtes Ansinnen seitens der Oppositionsfraktionen geäußert wird.