Ich habe damit keine Probleme. Das war überzogen. Ich wollte deutlich machen, dass allein die Tatsache, dass Herr Schünemann sogenannte Meldestellen ins Gespräch gebracht hat, auch bei Ihnen den Gedanken auslösen muss, dass das zu dieser Mentalität des Denunzierens führen könnte. Dabei ist mir dieser überzogene Begriff herausgerutscht, und dafür entschuldige ich mich.
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN sowie Zu- stimmung bei der CDU und bei der FDP)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Gegensatz zu Herrn Adasch kann ich die Ausführungen des Kollegen Bachmann unterstreichen. Ich möchte am Anfang vor allen Dingen hervorheben: Es geht nicht, dass man von Integration und ebenso von Aufklärung redet und redet und redet, aber die Landeszentrale für politische Bildung schließt.
Meine Damen und Herren, beim Lesen dieses Antrages bekommt man sehr schnell den Eindruck, dass es sich hierbei um ein Gefälligkeitspapier der Koalitionsfraktionen handelt, um die auf Effekthascherei und Boulevardmedien ausgerichtete, im Wochentakt mit angeblich neuen Forderungen
Das Ziel dieser Kampagne von Herrn Schünemann ist: Er will, auch wenn es noch so absurde Forderungen sind, bundesweit Aufmerksamkeit erregen. Nur hat die Kanzlerin auch dieses Mal das Balzen des Möchtegern-Bundesministers nicht zur Kenntnis genommen. Insofern könnte man das Ganze ja eigentlich zu den Akten legen und gut ist es. Aber leider geht das nicht. Mit seinen Äußerungen spaltet Herr Minister Schünemann unsere Gesellschaft. Er sorgt für Unfrieden, und eine nachhaltige Integrationsdebatte wird damit schon im Keim erstickt.
Meine Damen und Herren, unter den Punkten 2, 3 und 4 Ihres Antrages sprechen Sie sich dafür aus, dass ein Handlungskonzept zur Prävention und Intervention entwickelt wird, um Radikalisierungsprozesse frühzeitig zu erkennen. Die Zusammenarbeit mit muslimischen Einrichtungen und Organisationen soll fortgesetzt und intensiviert werden. Schließlich und endlich soll die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Einrichtungen und Behörden auf der Grundlage fester Vereinbarungen im Sinne von Präventionspartnerschaften verstärkt werden.
Wie lesen sich diese doch eher seichten Punkte nun bei Herrn Minister Schünemann? - In einem Interview beklagt er, dass die Sicherheitsbehörden bisher aus den Moscheen fast keine Informationen erhalten, und fordert die Moscheengemeinschaften auf, deutlich häufiger Hinweise auf sogenannte mögliche Fanatiker in ihren Reihen zu geben. Weiter heißt es dann:
„Schünemann spricht sich zudem für den Aufbau fester Anlaufstellen in allen deutschen Kommunen aus, an die sich Moscheenvereine, Eltern, Lehrer oder Nachbarn mit Hinweisen auf mögliche Extremisten wenden können.“
Herr Bachmann sagte es bereits. Ich denke, die Polizei ist die richtige Anlaufstelle. Da haben wir schon alles, was wir brauchen.
Meine Damen und Herren, ich sehe es so, dass es zumindest eine Implementierung eines neuen Blockwartsystems - sagen wir es einmal so - ist. Das ist das, was wir in Deutschland nie wieder haben wollen.
Herr Minister Schünemann versucht auf seine altbewährte Art und Weise, Gruppen und Menschen zu spalten, um Sie zu beherrschen. Er sät Angst und Hass.
Bestimmte Sanktionen und Einschränkungen werden erst einmal an kleinen Gruppen ausprobiert, um sie später dann auf größere Gruppen auszuweiten. Ich nenne hier nur einmal die Residenzpflicht als Stichwort. Und, wer weiß, meine Damen und Herren, vielleicht gibt es ja demnächst in allen Gemeinden Anlaufstellen, bei denen hinterlassen werden kann, wenn sich ein Linker vermeintlich nicht verfassungstreu verhält.
- Hören Sie mal lieber zu! Denn da wird einem angst und bange. Da wird einem seit Langem hier lebenden türkischstämmigen Unternehmer, Herrn Castur, der im Übrigen in seiner Moscheegemeinde auch als Beauftragter für den Dialog der Religionen fungiert, völlig zu Unrecht unterstellt, dass er verfassungsfeindlichen Islamunterricht an der Oldenburger Volkshochschule betreibt.
Meine Damen und Herren, statt der Installation eines Denunzianten- und Spitzelsystems brauchen wir in Niedersachsen endlich eine Integrationsstrategie, die diesen Namen verdient.
Ich komme zum Schluss. - Dem sollten wir uns in diesem Hause endlich mit aller Kraft widmen und zuwenden.
Meine Damen und Herren, der nächste Redner ist der Kollege Briese für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Der weltweite Islamismus stellt in der Tat eine große Gefahr dar. Das ist ohne Zweifel so. Es wäre falsch, diese Gefahr in irgendeiner Art und Weise zu verharmlosen oder auf die leichte Schulter zu nehmen. Wir hatten weltweit schreckliche Terroranschläge; das ist hier auch immer wieder diskutiert worden. Es gab auch in Deutschland Anschlagsversuche. Wir sind also auch Bestandteil des - wie es so schön heißt - weltweiten Gefahrenraums.
Die deutsche Sicherheitspolitik - auch das gehört zur Wahrheit - hat darauf allerdings reagiert. Wir haben unsere Sicherheitsgesetze umfangreich novelliert. Manches davon war in meinen Augen notwendig. Anderes war allerdings falsch oder schoss über das Ziel hinaus. Vieles davon war schlicht und ergreifend verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht musste viele der in der sehr überhitzten Phase der allgemeinen Ängste verabschiedeten Gesetze korrigieren.
Auch Herr Schünemann hat ja seine Erfahrungen mit diesen Gesetzen gemacht. Auch Sie hatten damals ein verfassungswidriges Gesetz in Niedersachsen mit zu verantworten. Auch jetzt sind Sie sich nicht zu schade, in der Öffentlichkeit immer wieder den Abschuss von entführten Passagierflugzeugen zu fordern, obwohl Sie wissen, dass das verfassungsrechtlich eine äußerst komplizierte Materie ist.
Demzufolge fällt die Antwort auf unsere Anfrage, wie Sie sich das konkret vorstellen, äußerst dünn aus. Das ist eigentlich nichtssagend, was Sie geantwortet haben. Das allein ist schon wieder ein Verfassungsverstoß, weil Sie qua Verfassung dazu verpflichtet sind, umfassend und wahrheitsgemäß zu antworten - und nicht herumzueiern.
Es ist schon ziemlich perfide, wenn Sie an die Öffentlichkeit gehen und 17 Punkte für eine bessere Terrorismusbekämpfung fordern. Wenn wir dann aber nachfragen, ob das verfassungskonform und praktikabel ist, dann braucht Ihr Haus länger als drei Monate, um das durchzuprüfen und zu prüfen, ob das, was in der Öffentlichkeit gefordert worden
Das sind schon sehr fragwürdige Vorschläge zur Sicherheitspolitik und zur Islamismusbekämpfung aus dem Hause Schünemann. Aber etwas anderes sind wir ehrlicherweise auch nicht gewohnt.
Jetzt zu diesem Antrag: Ich finde, der Antrag - das muss man ehrlich sagen - ist eine ziemliche Zumutung. Er strotzt nämlich vor Plattitüden und vor Inhaltsleere. Herr Rolfes, was ist denn das „ganzheitliche Handlungsprogramm“? Sie erläutern ja keine einzige Maßnahme in dem Programm. Nicht eine einzige konkrete Maßnahme, nicht ein einziges konkretes Konzept, nicht eine einzige konkrete Idee wird dort genannt. Es sind Phrasen, nichts als Phrasen. Es wird ausgeführt: Wir wollen ein ganzheitliches Präventionskonzept, und wir wollen ein Handlungskonzept. - Aber was soll sich die geneigte Leserin oder der geneigte Leser konkret darunter vorstellen? Sie können das ja hier gerne erläutern. Wir können ja über das Für und Wider der Vorratsdatenspeicherung oder der Onlinedurchsuchung durch die Polizei unterhalten. Aber für inhaltsleere Anträge sollten Sie sich wirklich zu schade sein. Das ist jedenfalls nicht der Mühe wert, was Sie da runtergeschrieben haben.
Dann zu der viel beschworenen Vertrauenspartnerschaft zu den Muslimen in Niedersachsen. Wer war es denn damals, der hier insbesondere auf Anfrage der FDP-Fraktion gesagt hat: „Nein, ich will keine institutionalisierte Islamkonferenz in Niedersachsen, ich will das, was der Bund unter dem damaligen Bundesinnenminister Schäuble - sehr vernünftigerweise - angeschoben hat, auf Niedersachsen herunterbrechen, der institutionalisierte Dialog interessiert mich nicht! Was ich viel lieber mache, ist die verfassungswidrige Beobachtung von Moscheen.“?
Das war die Politik, die Sie sich geleistet haben, Herr Schünemann. Weil Sie damals von Ihrem Ministerpräsidenten die rote Karte gezeigt bekommen haben, treten Sie heute nach und beschädigen den Bundespräsidenten, der sehr richtig erkannt hat: Der Islam gehört auch zu Deutschland. - Aber Sie haben es immer noch nicht erkannt.
Sie sind sich nicht zu schade, Herrn Wulff auch heute noch zu beschädigen und zu sagen: Nein, ich glaube, das kommt bei den Leuten gar nicht so gut an, wenn dieser sagt, diese Religion gehört mittlerweile zur Bundesrepublik Deutschland.