Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

(Ah! bei der SPD - Wolfgang Jüttner [SPD]: Es gibt doch gar keine Enthal- tung im Bundesrat!)

Weitere Wortmeldungen für Zusatzfragen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Besprechung dieser Dringlichen Anfrage.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 17 c:

Kommt jetzt die ergebnisoffene bundesweite Endlagersuche? - Die FDP Niedersachsen „hat verstanden“. Was macht die CDU? - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 16/3557

Die Anfrage wird durch den Kollegen Tanke eingebracht. Herr Tanke, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am Sonnabend, dem 9. April 2011, hat der FDP-Landesparteitag auf Antrag der Jungen Liberalen die ergebnisoffene bundesweite Endlagersuche beschlossen. Nach einem Bericht der Lüneburger Landeszeitung vom 11. April 2011 will sich die FDP jetzt für die Suche nach der besten Endlagerlösung für den atomaren Müll - ohne Vorfestlegungen auf einen einzigen Standort - einsetzen.

Dabei hat die CDU/FDP-Landesregierung noch im Sommer letzten Jahres entschieden, den von SPD und Grünen beschlossenen zehnjährigen Erkundungsstopp nicht fortzusetzen und in die sofortige weitere Erkundung des Gorlebener Salzstockes wieder einzusteigen.

Noch vor wenigen Tagen stellte dann Ministerpräsident David McAllister in einem Interview des Hamburger Abendblatts vom 29. März 2011 für die CDU in Niedersachsen klar - ich zitiere -:

„Davon unabhängig wird in Gorleben ergebnisoffen geprüft, ob sich der Salzstock für ein Endlager eignet. Spätestens dann, wenn sich Gorleben als ungeeignet erweist, muss die nationale Standortsuche von Neuem beginnen.“

Wir fragen Landesregierung:

1. Was werden die FDP-Minister in der Landesregierung unternehmen, um ihre Forderungen in Niedersachsen und im Bund durchzusetzen?

2. Wird sich die Landesregierung in Niedersachsen dieser Forderung des Koalitionspartners FDP anschließen?

3. Wird die weitere Erkundung des Gorlebener Salzstockes nun gestoppt, und wie soll das ergebnisoffene, bundesweite Suchverfahren ausgestaltet werden?

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Tanke. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Sander. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der sichere Verbleib der radioaktiven Abfälle ist, unabhängig davon, wie man zur Kernenergie steht, zwingend notwendig. Diese Aufgabe darf nicht weiter auf kommende Generationen verschoben werden, sondern dafür muss schon heute Verantwortung übernommen werden. Der Verbleib hoch radioaktiver Abfälle ist leider weiterhin völlig ungeklärt. Noch immer gibt es kein geeignetes Endlager. Die Endlagerung von radioaktiven Abfällen ist eine Aufgabe des Bundes.

Nach dem internationalen Stand von Wissenschaft und Technik stellt die Entsorgung von radioaktiven Abfällen in tiefen geologischen Formationen die bislang am weitesten erforschte Option der Endlagerung dar. Es gibt bekanntlich im Prinzip drei Gesteinsformationen, die geeignet sein können, radioaktive Abfälle - insbesondere hoch radioaktive wärmeentwickelnde Abfälle - aufzunehmen. Das sind Salz, Tongestein sowie Kristallingesteine wie z. B. Granit. Diese Gesteine sind aber nicht gleichmäßig über die Bundesrepublik Deutschland verteilt. So verfügt Niedersachsen u. a. über große Vorkommen an Salz- und Tongestein. Granit ist dagegen im Süden Deutschlands weit verbreitet.

Einige Länder verfügen aufgrund der nur unzureichend geeigneten Gesteinsformationen über keine oder nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten zur Endlagerung von radioaktiven Abfällen. Unbeschadet weiterer geologieunabhängiger Standortfragen oder sonstiger Erwägungsgründe wäre

Niedersachsen also auch bei einer alternativen Standortsuche abermals erheblich betroffen.

Meine Damen und Herren, aufgrund des früheren Moratoriums sind zehn Jahre ungenutzt verstrichen. Die Landesregierung begrüßt deshalb, dass die Bundesregierung nunmehr die ergebnisoffene Erkundung des Salzstocks Gorleben wieder aufgenommen hat. Auch im Interesse der Menschen vor Ort muss zügig geklärt werden, ob sich der Salzstock als Endlagerort für hoch radioaktive Abfälle eignet. Die jahrzehntelange Ungewissheit und die damit verbundenen Auseinandersetzungen sind für die Menschen in der Region und auch in ganz Niedersachsen nicht länger hinnehmbar.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weder die bisher getätigten noch die ausstehenden Aufwendungen für die Erkundungsarbeiten dürfen zu irgendeiner Vorfestlegung auf den Standort Gorleben führen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist ja wohl ein Witz, Herr Minister!)

Die Beurteilung, ob dieser Standort letztendlich geeignet ist, ist noch nicht getroffen, sondern kann erst nach weiteren Erkundungen und begleitenden Sicherheitsanalysen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erfolgen. Dazu muss die Erkundung in Gorleben zu Ende geführt werden. Wenn sich der Salzstock als nicht geeignet erweist, muss spätestens dann nach einer anderen Lösung für die Entsorgung der hoch radioaktiven Abfälle gesucht werden.

(Kurt Herzog [LINKE]: Was heißt „spä- testens“?)

Meine Damen und Herren, mit zwei Endlagerstandorten und einem Erkundungsstandort trägt Niedersachsen bereits eine große Last bei der Entsorgung radioaktiver Abfälle. Wenn alternative Entsorgungsmöglichkeiten zu Gorleben geprüft werden sollen, setzt sich die Landesregierung dafür ein, dass auch die anderen Länder in die Pflicht genommen werden.

(Rolf Meyer [SPD]: Und wann?)

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Dringliche Anfrage seitens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Fragen können nur an die Landesregierung, nicht aber an einzelne Mitglieder der Landesregierung gerichtet werden. Deshalb ist eine Beantwortung der Frage 1 nicht möglich.

(Lachen bei der SPD - Rolf Meyer [SPD]: Peinlicher geht es eigentlich nicht mehr!)

Zu 2: Die Landesregierung wird alle Sachfragen wie bisher auch weiterhin kooperativ erörtern und einvernehmlich abstimmen. Wir wollen unsere niedersächsischen Positionen gegenüber dem für Endlagerfragen zuständigen Bund in den politischen, administrativen und wissenschaftlichen Gremien durchsetzen.

Zu 3: Die Landesregierung setzt sich gegenüber dem Bund weiterhin dafür ein, dass vor allem die ergebnisoffene Erkundung des Gorlebener Salzstocks fortgesetzt wird; die Gründe hierfür habe ich bereits in meinen Vorbemerkungen dargelegt. Die Ausgestaltung der weiteren ergebnisoffenen Erkundung Gorlebens und ein mögliches bundesweites Suchverfahren alternativer Entsorgungsmöglichkeiten liegen in der Zuständigkeit des Bundes. Die Landesregierung wird aber gleichwohl im Rahmen der niedersächsischen Betroffenheit ihre Interessen sachgerecht einbringen.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage von der SPD-Fraktion stellt Frau Kollegin Schröder-Ehlers. Sie haben das Wort.

Vor dem Hintergrund, dass wir uns aufgrund der Parteitagsentscheidung der FDP am vergangenen Wochenende eine etwas differenziertere Antwort gewünscht hätten - durch den Antrag der Julis ist dort eine relativ weitreichende Entscheidung getroffen worden -,

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Es geht um die Antwort der Landesregie- rung!)

frage ich die Landesregierung und insbesondere den Ministerpräsidenten: Wann machen Sie endlich den Weg frei, um weiten Teilen der Bevölkerung den Wunsch zu erfüllen, dass es endlich eine echte ergebnisoffene Endlagersuche gibt und die Vorfestlegungen auf Gorleben endlich ein Ende haben?

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Sander. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Frau Schröder-Ehlers, gehen Sie jetzt von einer ergebnisoffenen Standortsuche aus.

(Andrea Schröder-Ehlers [SPD]: Einer echten, und zwar bundesweit, und nicht einer ergebnisoffenen für Gorle- ben!)

- In Gorleben erkunden wir, ob der Salzstock geeignet sein könnte oder nicht. Das ist die ergebnisoffene Erkundung.

(Andrea Schröder-Ehlers [SPD]: Eine bundesweite!)

Sie möchten - so verstehe ich es - einen anderen Standort benennen. Wenn ich Grün-Rot in BadenWürttemberg und die laufenden Koalitionsverhandlungen sehe, habe ich die große Hoffnung, dass man dort klar und deutlich sagt: Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. - Ich begrüße, dass endlich erkannt wird, dass man sich nicht mehr drücken kann. Baden-Württemberg verfügt über einige kerntechnische Anlagen, die dem Staat gehören, und die gehören jetzt Grün-Rot. Da sind Sie in der Pflicht, endlich zu sagen: Wir wollen einen Endlagerstandort.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der SPD: Das war keine Antwort!)

Herzlichen Dank. - Jetzt stellt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Staudte die nächste Zusatzfrage. Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Umweltminister, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie nicht bereit sind, den Parteitagsbeschluss Ihrer eigenen Partei umzusetzen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Denn der Ursprungsantrag wurde ganz explizit abgelehnt, in dem es hieß, Gorleben müsse zuerst erkundet werden, dann könne man andere Standorte untersuchen. In dem jetzigen Antrag heißt es

genau umgekehrt: Andere Standorte sollen umgehend erkundet werden. - Sie haben aber gerade eben genau das Gegenteil behauptet.

(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Gorleben muss zu Ende er- kundet werden, steht darin, ja!)