Protokoll der Sitzung vom 25.05.2011

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sehen eine Prüfung durch den Landesrechnungshof - diese wie jede andere - positiv. Unser Verständnis von der Aufgabe des Landesrechnungshofes ist, nicht nur Fehler der Vergangenheit aufzudecken und Möglichkeiten zur Behebung dieser Fehler zu finden, sondern auch Wege für die Zukunft aufzuzeigen, wie man künftig Fehler verhindern und Abläufe verbessern kann.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein.

Deshalb ist es auch so bemerkenswert, dass der Landesrechnungshof die Umstellung der Förderkriterien, die wir bereits 2010 - also vor der Aufforderung zur Stellungnahme - verändert haben - übrigens gegen den erbitterten Widerstand der SPD -, ausdrücklich lobt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben darauf, dass die Wirtschaft in Gang gekommen ist, reagiert und eine andere Ausrichtung gewählt, nämlich eine Ausrichtung auf Projekte, die die Wirtschaftskraft und die regionalen Wirtschaftsstrukturen stärken, die also mehreren und nicht nur einzelnen zugute kommen. Das ist der neue Fokus. Der Fokus wird also auf Arbeitsplätze und Innovation gelegt.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ist doch gar nicht das Thema!)

Regionalpoltisch gewollte Strukturen können durch eigene Punktekriterien der Kommunen ebenfalls besonders berücksichtigt werden.

(Zustimmung von Björn Thümler [CDU] - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

Wir haben in die Förderkriterien Mindestpunktzahlen, also ein Qualitätsmindestmaß eingeführt, um Mitnahmeeffekte zu verhindern. Das ist erstmalig geschehen und eine deutliche Änderung gegenüber der Zeit davor, gegenüber den Jahren 2009 und 2010. Aber damals ging es auch um etwas anderes. Damals ging es darum, Unternehmen durch die Wirtschaftkrise zu bringen, Arbeitsplatzabbau zu verhindern, Insolvenzen zu vermeiden und Investitionen zu ermöglichen, die ansonsten nicht getätigt worden wären. Beide Ansätze und Zielrichtungen sind richtig: ein jeder zu seiner Zeit.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das Mi- nisterium macht, was es will!)

Meine Damen und Herren, es trifft zu, dass der Landesrechnungshof Kritik geübt hat. Er hat Mitnahmeeffekte kritisiert. Dabei handelt es sich um eine seit Jahren bestehende Dauerkritik des Landesrechnungshofs. Natürlich gibt es Mitnahmeeffekte, das weiß jeder, aber niemand weiß genau, wann und wo sie vorliegen und wie man sie effektiv ausschließen kann. Das ist GRW-bedingt und GRW-immanent, weil die GRW das Ziel hat, strukturschwache Regionen und nicht strukturschwache Unternehmen zu fördern. Es ist gerade das Ziel, gesunde, starke Unternehmen in strukturschwache Regionen zu bringen, um dort Investitionen auszulösen, die es sonst nicht gegeben hätte, und um dort Arbeitsplätze zu schaffen.

Herr Minister, gilt die Ablehnung von Zwischenfragen generell?

Ja, ich möchte im Zusammenhang vortragen.

Es ist also ein bewusster Ansatz, gesunde Unternehmen in strukturschwache Regionen zu bekommen. Damit handelt es sich auch nicht per se um einen Mitnahmeeffekt, wenn ein Unternehmen große Gewinne schreibt und dennoch gefördert wird. Für manche Region, z. B. den Harz, die Region Helmstedt oder Lüchow-Dannenberg, ist es manchmal sogar überlebenswichtig, dass das funktioniert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurde die Kritik der politischen Einflussnahme geäußert. -

Ja, natürlich, den Versuch der politischen Einflussnahme gibt es immer wieder, und das kennen Sie doch auch alle: Sie sind in Ihrem Wahlkreis auch dafür gewählt worden, politisch Einfluss zu nehmen. Worum geht es denn in solchen Gesprächen, wie wir sie alle sehr oft führen? - Es geht darum, den regional bedeutenden Aspekt darzustellen, das Projekt darzustellen, Grenzfragen der Antragstellung zu klären, und auch um die Bitte, von einem bestehenden Ermessensspielraum Gebrauch zu machen. Herr Lies, Sie wollten bei mir wegen eines Unternehmens für eine Förderung vorsprechen und besondere Hinweise geben.

(Stefan Schostok [SPD]: Das ist auch gut so!)

- Richtig, das ist völlig in Ordnung! - Herr Wenzel, Herr Hagenah, Sie wollten genau das Gegenteil: Sie wollten, dass wir in Uelzen und Celle nicht fördern. Auch das ist Ihre Aufgabe. Das ist völlig richtig.

(Stefan Schostok [SPD]: Die Kriterien müssen eingehalten werden!)

Es gibt nur einen Punkt, und der ist ausschlaggebend: Die versuchte politische Einflussnahme darf nicht zu rechtswidrigen Entscheidungen bei der Landesregierung führen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Glocke des Präsidenten)

Nach unseren bisherigen Erkenntnissen hat es in keinem der vom Landesrechnungshof aufgeführten Fälle bei der Bewilligung einen Verstoß gegen das GRW-Recht oder den GRW-Koordinierungsrahmen gegeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz auf die weiteren Kritikpunkte des Landesrechnungshofs bezüglich der Großunternehmen kommen! Ich stimme mit dem Landesrechnungshof völlig überein, dass Großunternehmen in der Regel keine einzelbetriebliche Förderung erhalten sollten. Aber es gibt auch in diesen Fällen für das Land sinnvolle Ausnahmen.

Denken Sie in diesem Zusammenhang einmal an das Unternehmen Alstom. Stellen Sie sich vor, es läge in einem Fördergebiet und würde auf uns zukommen und sagen: Wir modernisieren unseren Stahlrohbau. Dadurch könnten wir es schaffen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten und 700 Arbeitsplätze eben nicht abzubauen. Aber wir brauchen für die Modernisierung einen Zuschuss

zu den Investitionskosten. - Meine Damen und Herren, ich glaube, niemand hier im Landtag und auch niemand in der Landesregierung würde sagen, das darf man nicht machen.

(Glocke des Präsidenten)

Für solche Fälle müssen wir die Möglichkeit haben, an den normalen Zielsetzungen vorbei - nämlich Großunternehmen nicht zu fördern - Strukturbesonderheiten zu berücksichtigen und dort fördern zu können. Das Geld hätte sich schnell bezahlt gemacht.

Deshalb haben wir in dieser Frage mit dem Landesrechnungshof Kontakt aufgenommen. Wir haben einen Vorschlag vorgelegt, wie die Beschlussfassung im Haushaltsausschuss ergänzt werden kann.

(Olaf Lies [SPD]: Ich kenne diesen Bericht nicht!)

Wir haben vorgeschlagen:

„Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen erwartet, dass finanzstarke Großunternehmen nur in begründeten Einzelfällen gefördert werden.“

Darauf hat das zuständige Senatsmitglied des Landesrechnungshofs uns am 19. Mai 2011 geantwortet - ich zitiere -:

„Ich bin mit den von Ihrem Haus angeregten Änderungen des Beschlussvorschlages einverstanden.“

Auch der Landesrechnungshof sieht die Notwendigkeit, in begründeten Einzelfällen innerhalb des GRW-Rechts und des GRW-Koordinierungsrahmens von internen Kriterien abhängig fördern zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind dabei, die Stellungnahme zu erarbeiten. Ich sage Ihnen heute zu, dass wir den Prüfbericht und unsere Stellungnahme gerne im zuständigen Ausschuss mit Ihnen beraten werden, sofern Sie das tatsächlich wollen.

(Johanne Modder [SPD] und Ursula Helmhold [GRÜNE]: Selbstverständ- lich!)

Dieses Verfahren ist ansonsten nicht üblich, aber wir finden es angemessen.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Das ist doch kein Gnadenakt! - Weitere Zuru- fe von der SPD und von den GRÜ- NEN)

Deshalb lassen Sie mich zum Schluss eines sagen: Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in den vergangenen Jahren durch unsere Wirtschaftspolitik Arbeitplätze geschaffen. Niedersachsen hat heute so viele Arbeitsplätze wie noch nie in seiner Geschichte. Das ist ein Erfolg, über den man sich freuen kann - auch als Opposition!

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, da der Herr Minister die Redezeit um drei Minuten überschritten hat, erteile ich Herrn Hagenah 90 Sekunden zusätzliche Redezeit.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Bode, Niedersachen hat ja auch noch nie so viele prekäre Beschäftigungsverhältnisse gehabt wie heute, die Sie in Ihrer Beschäftigungsbilanz leider vollständig mitzählen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Wenn Sie es uns als großen Wurf des Jahres 2010 verkaufen wollen, dass Sie neue Förderkriterien geschaffen haben, möchte ich darauf hinweisen, dass Ihr Ministerium nach uns vorliegenden Unterlagen auch schon im Jahr 2009 eine Förderung nur dann gewährt hat, wenn von 280 möglichen Punkten mindestens 140 erreicht wurden. Damit ist die jetzige Verdoppelung der Punktzahl lediglich eine arithmetische Veränderung, aber keine Veränderung im Hinblick auf die Voraussetzung, dass ein Mindestkanon an Förderkriterien erfüllt sein muss. Wenn die Prüfung durch die NBank - sie ist die fachliche Ebene, die Sie nach der Auflösung der Bezirksregierungen extra eingerichtet haben und in der all das konzentriert werden sollte - Ihnen bescheinigt hat, dass die Förderkriterien nicht erfüllt sind, wie kann Ihr Ministerium dann laut Bericht des Landesrechnungshofs - so stand es in der Zeitung - zu einer gänzlich anderen Sichtweise kommen? - Das war kein Einzelfall, sondern das waren viele Fälle.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das haben Sie heute nicht beantwortet.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

Herr Kollege Schostok von der SPD-Fraktion hat auch noch einmal für 90 Sekunden das Wort.