Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

Bei der Fotovoltaik nimmt der sogenannte atmende Deckel schon jetzt der boomenden Solarwirtschaft die Luft. Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, dass Offshore doppelt so hoch vergütet wird wie Onshore und dass bei dem von Ihnen vorgeschlagenen Degressionstempo die Fotovoltaik bald schlechter vergütet wird als Offshore?

Beim Biogas haben Sie mit den Gülleanlagen einmal ein Korn gefunden. Sie haben auch verstanden, dass man Biogas sehr schön als Spitzenlasterzeuger einsetzen und anreizen kann. Aber bei Forderungen zu Energiepflanzen, Biodiversität, Fruchtfolgen und Wasserschutz bleiben Sie erstaunlich diffus. Die bäuerliche Landwirtschaft haben Sie auch nicht im Fokus, wenn Sie nicht glasklar eine verbesserte Förderung von kleineren Anlagen wollen.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das steht doch drin!)

Warum nicht ähnliche regionale Gewerbesteueranreize für andere Erneuerbare setzen, wie es mit einem Anteil von 70 % für die örtlichen Kommunen bei der Windkraft schon geschieht? Zudem fehlen der Ausbau der Eigenverbrauchsförderung, Speicherförderung beim Verbraucher selber und im regionalen Kontext - alles gut für Netzstabilität und Ausbauminimierung. Stattdessen die kontraproduktiven Ausnahmen für Energiefresser. Das übrigens belastet die EEG-Umlage zuungunsten der Gebührenzahler. Merkels 3,5-Cent-Deckel-Dogma

bei der EEG-Umlage soll drängende Bürger verschrecken, vielleicht schon 2020 die Renaissance der AKW einläuten und das Abschalten der letzten sechs AKW verhindern. Unumkehrbar ist etwas anderes.

(Beifall bei der LINKEN - Clemens Große Macke [CDU]: Das ist doch ab- surd! - Glocke des Präsidenten)

Eine perfekte politische Vernebelungsanlage, um die Profitpreispolitik der Energieriesen zu kaschieren, die die Umlage für ihre Dividendengenerierung ausnutzen.

Noch eines wird beim Getöse um das EEG vergessen: der flankierende ordnungspolitische Rahmen.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das von Ihnen zu hören!)

Bevor Sie aus liberalem Laisser-faire dagegen protestieren, Herr Hocker, schauen Sie sich bitte an, was sich Günther Oettinger mit seinem Energiespardiktat für Haushaltsgeräte plötzlich traut. Recht hat der Mann!

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Sie meinen, das ist Ordnungspolitik wie wir sie brauchen! - Glocke des Präsi- denten)

Meine Damen und Herren, diese EEG-Novelle verfehlt das Ziel der Energiewende um Längen. Sie verwirrt Investoren, versenkt günstige Standorte, gefährdet Altbestand und produziert Kompromisse, die die Ernsthaftigkeit des Umsteuerns vermissen lassen. Ihr fehlt die Grundlage einer ausgewogenen Gesamtstrategie, die als demokratische soziale Daseinsvorsorge konzipiert ist.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Herzog!

Wenn daran nicht viele Existenzen und Arbeitsplätze hingen, könnte man sagen: Kopf hoch, die nächste Novelle kommt bestimmt!

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Dr. Hocker das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Herzog, gestatten Sie mir kurz den Hinweis, es ist schon ein bisschen erheiternd, wenn man sich von Ihnen - einem Abgeordneten der Linken - erklären lassen soll, wie Ordnungspolitik funktioniert. Es fällt schon schwer, dabei ernst zu bleiben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das ErneuerbareEnergien-Gesetz geht ins zweite Jahrzehnt. Nach einem so langen Zeitraum ist genug Zeit verstrichen, um bestimmte Fehlentwicklungen erkennen und auch korrigieren zu können.

Ich habe Verständnis dafür, dass Rot-Grün nach dem sogenannten Atomkonsens irgendetwas auf den Weg bringen musste, um die erneuerbaren Energien zu fördern. Am einfachsten ist es dann natürlich immer, eine Einspeisevergütung auf den Weg zu bringen, die die öffentlichen Haushalte nicht belastet, sondern direkt vom Konsumenten und Verbraucher bezahlt wird. Gleichzeitig saßen Ihnen zum damaligen Zeitpunkt ja auch die Verbände und die Konzerne der erneuerbaren Energien im Nacken, die zwei Jahre nach Ihrer Regierungsübernahme endlich auch Taten sehen wollten.

(Lachen bei den GRÜNEN - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wie viele Dax-Kon- zerne sind denn dabei?)

Den Landwirten mache ich keinen Vorwurf, und den kann man ihnen auch nicht machen, denn sie orientieren sich nur an dem, was Politik ihnen als Rahmen gesetzt hat. Sie nutzen die Anreize, die Politik ihnen gesetzt hat.

Aber Politik muss auch den Mut haben, die Fehlentwicklungen zu korrigieren, die sie verursacht hat.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Da habt ihr ja noch viel vor euch!)

Sie muss die Kraft und den Mut besitzen, auch zuzugeben, dass sie sich geirrt hat, Herr Meyer. Ich gebe Ihnen dafür zwei Beispiele. In den Bereich der Fotovoltaik sind über 80 Milliarden Euro geflossen. Trotzdem ist die Fotovoltaik zurzeit nur in der Lage, 1 bis 2 % der Stromversorgung zu erzeugen. Da ist es doch nur logisch, dass wir die Degression beibehalten wollten.

(Beifall bei der FDP)

Ich lege Ihnen auch die Lektüre der - Achtung! - Bild-Zeitung von gestern ans Herz.

(Lachen bei den GRÜNEN - Christian Meyer [GRÜNE]: Über die Schlägerei zwischen Althusmann und Möllring?)

Da kann sich ein gewisser Daniel Küblböck damit brüsten, wie viel Geld er mit der Fotovoltaik in seinem Investment, mit einer Anlage, die mittlerweile abgeschrieben ist, verdient. Er sagt, es sei schon ein toller Betrag, den man daraus erhalte. Er habe ausgesorgt. Das, meine Damen und Herren, zeigt, wem das EEG zugutekommt, wenn man es nicht novelliert und nicht anpasst.

(Beifall bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Was wollen Sie denn damit beweisen? - Weitere Zurufe von den GRÜNEN und von der LINKEN)

Das zweite Beispiel im Bereich der Biomasse hat meine Kollegin Geuter bereits erläutert: Monokulturen, Abnahme der Biodiversität. Deshalb, Herr Herzog, werden wir dafür sorgen, dass eine Überförderung von großen Biogasanlagen künftig unterbleibt. Eine Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen soll nur dann möglich sein, wenn sie ein Wärmekonzept besitzen und wenn darüber hinaus auch Gülle und Hühnermist verwertet werden können.

Meine Damen und Herren, die Subventionierung der Steinkohle existiert seit den 1960er-Jahren und wird zum Glück im Jahr 2018 auslaufen. Die Probleme sind beim sozialverträglichen Abbau von Subventionen immer dann besonders groß, wenn man sehr lange an diesen Subventionen festhält. Die Förderung der erneuerbaren Energien geht mittlerweile ins zweite Jahrzehnt. Um die Abhängigkeit einer ganzen Region von dieser Subvention zu vermeiden, müssen sich die erneuerbaren Energien mittelfristig auch ohne Festpreisgarantien an dem Markt orientieren und müssen ohne diese auskommen. Die Zukunft darf nicht dem marktfremden EEG, sondern muss dem Zertifikatehandel und anderen marktimmanenten Förderinstrumenten gehören.

(Beifall bei der FDP)

Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Meyer von der SPD-Fraktion gemeldet. Ich erteile ihm für eineinhalb Minuten das Wort.

Herr Dr. Hocker, mir ist völlig unverständlich, warum Sie immer die alten Reden von Herrn Dürr wiederholen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Weil die FDP abschreibt!)

Das hat er schon vor vier oder fünf Jahren hier erzählt. Sie sind ja nun schon einige Zeit in der Regierung. Wenn Ihnen das EEG nicht gefällt, dann sagen Sie es doch ganz offen und stimmen Sie dagegen. Alles, was Sie hier vorgetragen haben, war gegen das EEG gerichtet. Sie mäkeln nur an irgendwelchen Details herum, aber im Ganzen lehnen Sie das EEG immer noch ab. Warum stimmen Sie nicht so ab, wie Sie hier reden? Was Sie machen, ist doch etwas ganz anderes.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Hocker möchte antworten. Bitte sehr!

Lieber Herr Kollege Meyer, ich habe darauf hingewiesen, dass wir beim EEG zu marktfähigen Situationen und zu marktfähigen Förderungsinstrumenten kommen müssen. Das hat nichts damit zu tun, dass wir es ablehnen, und ich schreibe auch nicht die Reden von Herrn Dürr ab. Denn - glauben Sie mir - ich habe eine ganz klare Vorstellung davon, wie Ordnungspolitik aussieht. Dazu gehört, dass man das EEG und die erneuerbaren Energien marktfähig machen muss. Nur so schaffen Sie eine erfolgreiche Energiewende. Das schaffen Sie nicht, wenn Sie über 20 Jahre Subventionen ausschütten, die der Verbraucher bezahlt, sondern das schaffen Sie nur, wenn Sie marktfähige Instrumente einführen.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU - Kreszentia Flauger [LIN- KE]: Einfach machen lassen! Der Markt regelt das schon!)

Als Nächster hat für die CDU-Fraktion Herr Große Macke das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dies ist wieder einmal eine Debatte über die er

neuerbaren Energien. In den vergangenen Tagen wurde viel über die Energiewende und auch über den Ausbau der erneuerbaren Energien gesprochen. Mir fällt wieder auf, dass die Oppositionsparteien die zu erreichenden Anteile der erneuerbaren Energien in die Höhe treiben. Nie gekannte Einigkeit herrscht in den Oppositionsparteien. Selbst bei den Grünen passt seit der vergangenen Woche zwischen deren Sprecher Meyer und deren Sprecher Wenzel kein Blatt mehr. Dabei ist klar, dass die Energiewende zu einem großen Teil im ländlichen Raum stattfindet.

(Beifall bei der CDU)

Energie aus Wind, aus Biogas und Solarenergie braucht Fläche. Die noch zu bauenden Stromtrassen brauchen Fläche.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist dank CDU und FDP auch bei den erneuerbaren Energien auf einem guten Weg.

(Rolf Meyer [SPD] und Detlef Tanke [SPD]: Nein! Trotz!)

So liegt der EEG-Anteil am Stromverbrauch laut EnergyMap in Deutschland bei 17 %, in Niedersachsen dagegen bei 31 %. Das ist fast doppelt so viel. Niedersachsen ist Energieland. 11 Millionen MW/h aus Windkraft, 5,7 Millionen MW/h aus Biomasse und 1,5 Millionen MW/h aus Solaranlagen relativieren aber auch das, was von den Oppositionsparteien gefordert wurde: die einseitige Förderung der Fotovoltaikanlagen, die einziger Vorschlag war.