Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht dass es in der Sache etwas zur Entscheidung beitrüge, wie man mit dem Ganzen verfährt, sondern nur damit wir eine Orientierung über die Größenordnung haben, frage ich die Landesregierung, ob ihr bekannt ist, wie viele Menschen in Niedersachsen dieses Problem betrifft.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die gleiche Frage habe auch ich gestellt. Darüber haben wir keinerlei Erhebungen, weil man das z. B. beim Familienzuschlag uns gegenüber nicht erklären muss und uns das nur in Einzelfällen bekannt wird. Wir haben keinerlei Erhebungen darüber, wie viele Menschen verheiratet sind, wie viele verpartnert sind usw. Persönlich sind mir einige bekannt, aber das kann ich natürlich nicht hochrechnen.
Ich stelle damit fest: Es ist 10.12 Uhr. Die Fragestunde für diesen Tagungsabschnitt ist damit beendet.
Die Antworten der Landesregierung zu den Anfragen, die nicht mehr aufgerufen werden konnten, werden nach § 47 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben.
Besprechung: Verbindungen und Einflüsse Carsten Maschmeyers und seines Firmengeflechtes auf Politiker und Politik des Landes Niedersachsen - Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/3324 - Antwort der Landesregierung - Drs. 16/3706
Das Verfahren ist sicherlich bekannt: Nach § 45 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung wird zu Beginn der Besprechung erst einer der Fragestellerinnen oder einem der Fragesteller das Wort erteilt. Alsdann erhält es bekannterweise die Landesregierung.
Für die Fraktion, die die Anfrage gestellt hat, liegt mir die Wortmeldung der Kollegin Flauger vor. Ich erteile ihr das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Januar wurden die „Panorama“-Beiträge „Der Drückerkönig und die Politik“ sowie „Carsten Maschmeyer: Die Unschuld vom Maschsee“ gesendet. In den Beiträgen wurde dargestellt, mit welchen Methoden Maschmeyers Strukturvertrieb AWD Tausende von Menschen um ihr mühsam Erspartes gebracht hat. Den AWD-Verkäufern wurde in Schulungen beigebracht, mit welchen Formulierungen und psychologischen Beeinflussungen sie Menschen dazu bringen konnten, Geld wider alle Vernunft in Anlagen mit hohem Risiko anzulegen und dafür oft auch noch Kredite aufzunehmen. Profiteur: Carsten Maschmeyer, der inzwischen mit einer halben Milliarde Euro Vermögen zu den 50 reichsten Deutschen gehört. Verlierer: Tausende von Kleinanlegern, die Maschmeyers AWD-Strukis über den Tisch gezogen und um das Ersparte für ihr Alter gebracht haben.
„Panorama“ zeigte auch, wie eng Maschmeyer mit hochrangigen Politikern persönlich bekannt und vernetzt ist. Bundespräsident Christian Wulff nennt Maschmeyer ausdrücklich seinen Freund.
Anfang Februar haben wir unsere Große Anfrage zu diesen Themen eingereicht. Die Antworten der Landesregierung darauf sind allerdings dürftig und unvollständig. Wir haben in unserer Anfrage u. a. nach gemeinsamen Terminen, nach Verbindungen und Einflüssen von Niedersächsischen Ministerpräsidenten und Carsten Maschmeyer seit 1990 gefragt. Und dann antwortet uns die Landesregierung, dass Informationen darüber im Wesentlichen erst ab 2003 vorliegen. Ich bitte Sie! Das sind doch skandalöse Zustände! Jede Würstchenbude muss Unterlagen zehn Jahre lang aufbewahren, und in Niedersachsen ist schon nach acht Jahren nicht mehr nachzuvollziehen, was Ministerpräsidenten denn so getrieben haben.
(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Ministerpräsident David McAllister [CDU]: Sagen Sie das der SPD!)
Im Sinne der Transparenz von Politik fordern wir eine Überarbeitung der Vorgaben zur Aufbewahrung solcher Unterlagen. Das Thema ist hier noch nicht durch, meine Damen und Herren.
Wir erfahren, dass Gerhard Schröder im Mai 1998 erklärt hat, es habe mit Maschmeyer zu keinem Zeitpunkt Gespräche gegeben. Das klingt wenig wahrscheinlich, wenn man weiß, dass zweieinhalb Monate vorher, einen Tag vor der Niedersachsenwahl, Maschmeyer 600 000 DM in die Großanzeigenkampagne für Schröders „Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse werden“ gesteckt hat. Bei einer weiteren Anzeigenkampagne für 150 000 DM für Gerhard Schröder bestreitet Maschmeyer, sie finanziert zu haben. Hat er recht? - Ich zitiere aus einem Brief von Axel Prümm, damals Chefredakteur beim Verlag markt intern, vom 13. Juli 1998 an eine Mitarbeiterin der Niedersächsischen Staatskanzlei, zu finden auf der Internetseite von „Panorama“:
„herauskäme, dass er Herrn Schröder persönlich finanziell unterstützen wolle, habe ich ihm angeboten, für ihn als Clearingstelle aufzutreten. Wir sind übereingekommen, dass wir Ihnen den Betrag formal zur Verfügung stellen.“
Umgangssprachlich nennt man so etwas Strohmann. Als Dank für Maschmeyer’sche Großzügigkeit wurde er dann von Ministerpräsident Glogowski - Schröder war inzwischen Kanzler - zu einem Essen im Gästehaus der Landesregierung eingeladen. Maschmeyer bestreitet zwar heute seine Teilnahme, hat aber kurz nach dem Essen einen Dankesbrief für den angenehmen Abend im Gästehaus geschrieben. Das ist der Beweis, dass Maschmeyer auch hier lügt.
In diesem Brief formuliert Maschmeyer ganz selbstverständlich - der Vorgang ist wohl gar nicht so ungewöhnlich - drei konkrete Punkte, die er sich für die gesetzlichen Regelungen zur Scheinselbstständigkeit wünscht. Zwei davon wurden umgesetzt, so hat uns die Landesregierung auf Anfragen im Mai geantwortet. Die Regelungen waren ganz im Sinne von Maschmeyers Geschäftstätigkeit.
So wäscht eine Hand die andere. Der Volksmund nennt das Filz, und das Volk wird verständlicherweise politikverdrossen. Die Linke wird diese unglaublichen Zustände überall und auch hier im Landtag bekämpfen. Das kann ich Ihnen versprechen.
Zur Ära Wulff werden uns in der Antwort der Landesregierung einige Termine genannt, zu denen sich Maschmeyer und Wulff getroffen haben. Insgesamt gab es schon laut Antwort während Wulffs Regierungszeit mindestens zwölf gemeinsame Termine. Bei einem Mittagessenstermin im Januar 2004 steht in Klammern daneben „u. a. Optimierung Riester-Rente“. Wir können uns die Frage wohl selbst beantworten, ob die Riester-Rente für Maschmeyer oder für die vielen Tausend kleinen Anleger optimiert werden sollte.
Meine Damen und Herren, nachdem am Dienstag der vergangenen Woche nachmittags auf der „Panorama“-Internetseite zu lesen war, die Antwort der Landesregierung auf die Anfrage der Linken sei nicht vollständig und es habe weitere Termine gegeben, wurde ich richtig neugierig. Die „Panorama“-Sendung am gleichen Abend wurde sehr kurzfristig abgesetzt. Ich weiß nicht, warum, auf wessen Veranlassung, vielleicht auch auf welchen Druck hin. Aber mich macht das nach den Einschüchterungsversuchen Maschmeyers gegen die „Panorama“-Redaktion im Januar sehr nachdenklich.
Neben den vielen Boulevardblattfotos von Wulff, Schröder und Maschmeyer habe ich ohne Probleme im Netz Folgendes gefunden: Oktober 2008, Empfang in der Deutschen Botschaft in Peking. Ich zitiere von RP-Online:
„Schröder ist gekommen, in seinem Schlepptau immer noch große Namen …: Der Chef der RWE-AG, Jürgen Großmann, … Carsten Maschmeyer, … VW-Chef Martin Winterkorn. Sie alle sind der Einladung Wulffs … gefolgt.“
März 2010, Internetseite der Johanniter: Ministerpräsident Christian Wulff und Unternehmer Carsten Maschmeyer starten Luftrettungssimulator. - Auch davon wollen Sie nichts gewusst haben?
Dezember 2009, Nord-Süd-Dialog im Flughafen Hannover - zu lesen u. a. in der HAZ -, dabei auch Wulff und Maschmeyer. Der Nord-Süd-Dialog ist ein ausgewiesenes Netzwerktreffen zwischen Politik und Wirtschaft, das abwechselnd in BadenWürttemberg und Niedersachsen stattfindet. Schirmherren bis mindestens 2009: Christian Wulff und Günther Oettinger. Einer der Hauptsponsoren ist der AWD. Maschmeyer war natürlich dabei. Auch das wollen Sie nicht gewusst haben?
Das ist nicht wahr. Auf der Internetseite von SAT.1 Regional finden sich Videos vom Nord-Süd-Dialog 2009. Die Moderatoren informieren gleich zu Beginn, dass die Veranstaltung auch auf stk.nieder
sachsen.de, der Seite der Staatskanzlei, live übertragen wird. Sie waren als Landesregierung in diese Veranstaltung voll involviert. Sie verschweigen uns absichtlich Termine, nach denen wir in unserer Großen Anfrage gefragt haben.
Warum reden Sie die Anzahl der Treffen runter? Warum antworten Sie nicht vollständig und wahrheitsgemäß? Warum brechen Sie die Niedersächsische Verfassung? Was haben Sie da zu verbergen?
Sie lassen mehr Fragen offen, als Sie beantworten. Das werden wir nicht auf sich beruhen lassen. Diese undemokratischen Zustände, bei denen sich Politik massiv vom Profitinteresse Einzelner steuern lässt und der rundblick die berechtigte Frage stellt „Bananenland Niedersachsen?“, wird die Linke nicht hinnehmen. Das verspreche ich Ihnen. Wir reden hier weiter über dieses Thema.