Ich finde es erschreckend, dass wir quer durch das Haus hören, das alles sei ein ganz normales Ausmaß und eine ganz normale Intensität an Kontakten. Wenn das alles ganz normal ist, dann ist es umso schlimmer.
Wir glauben nämlich nicht, dass es z. B. dem Sprecher einer Arbeitsloseninitiative, der sich mit dem Ministerpräsidenten über die Situation von Hartz-IV-Empfängern unterhalten möchte, ebenso leicht gelingen würde, Gesprächstermine mit dem Ministerpräsidenten zu bekommen, wie z. B. Carsten Maschmeyer. Das ist das demokratische Defizit, was hier besteht.
Sie haben dann auch noch darauf verwiesen, dass sich Regierungen ja geeigneter Beratungen bedienen müssten. Aber Carsten Maschmeyer als Berater in Finanzdienstleistungsfragen zu nutzen, ist ungefähr so, als würden Sie die bekannten Frösche fragen, wie man denn nun den Sumpf austrocknen sollte.
Wenn Sie hier auf die Eigenverantwortung von Verbrauchern verweisen, dann bitte ich Sie dringend, sich die Schulungsvideos des AWD anzugucken, die Sie im Internet finden können, sich auch die Stellungnahmen von Betroffenen anzusehen und sich einmal darüber zu informieren, wie viele Klagen Betroffener wegen Falschberatung vorliegen.
ihrer Warnliste hatte, und zwar aus guten Gründen. Wenn Maschmeyer sagt, es handele sich um bedauerliche Einzelfälle, dann kann man nur sagen: Das stimmt nicht; es handelt sich um Tausende, wenn nicht Zehntausende Geschädigter.
Vonseiten der SPD, Kollege Haase, hören wir, wir würden einfach behaupten, der AWD habe Drückerkolonnen eingesetzt. Ja, bitte, das war so! Das ist völlig unstrittig!
- Wenn ich Sie da falsch verstanden habe, dann nehme ich das zurück. Aber eines ist klar: Der AWD hat Drückerkolonnen eingesetzt. - Daran gibt es nichts zu rütteln.
Herr Haase, wenn Sie sagen, all das, was in der Antwort auf die Große Anfrage stehe, sei kein Beweis dafür, dass es eine gewisse Beeinflussbarkeit, Käuflichkeit usw. gegeben habe, dann frage ich Sie: Für wie wahrscheinlich halten Sie es eigentlich, dass dieses Wechselspiel, diese zeitliche Abfolge von Aktionen und Reaktionen, die hier geschildert worden ist, zufällig zustande gekommen ist?
Um der Gerechtigkeit Genüge zu tun, will ich aber auch sagen: Herr Grascha, dass jetzt ausgerechnet Sie auf die SPD einschlagen, finde ich höchst erstaunlich. Die FDP hat zu Recht den Namen „Mövenpick-Partei“ bekommen. Das sollten wir an dieser Stelle nicht vergessen. Deswegen sollten Sie in dem hauchdünnen Glashäuschen, in dem Sie sitzen, nicht einmal Kieselsteine aufheben, um damit zu werfen. Das ist zu gefährlich.
(Beifall bei der LINKEN - Christian Grascha [FDP]: Die Partei DIE LINKE hat doch auch eine Steuersenkung verlangt, oder nicht?)
Die CDU hat - um auch das einmal zu sagen - die Laufzeiten der AKWs verlängert, was nur den vier großen AKW-Konzernen zugute kam.
(Ulf Thiele [CDU]: Sie sind ja noch pa- ralleler zur Wahrheit! - Gudrun Pieper [CDU]: Das ist ja schon schlimm!)
(Ulf Thiele [CDU]: Sie vergaloppieren sich gerade! - Weitere Zurufe von der CDU - Glocke des Präsidenten)
Damit hat er nämlich recht. Was er allerdings in all seinen Äußerungen nicht berücksichtigt, ist, dass eine Entmachtung der Parlamente auch da eintritt, wo Leute wie Maschmeyer Einfluss auf Politik ausüben und Politikerinnen und Politiker das mitmachen, solche Geschäfte und Wechselwirkungen betreiben und das alles zulassen.
(Beifall bei der LINKEN - Björn Thüm- ler [CDU]: Wo denn? Nennen Sie Bei- spiele! Werden Sie konkreter!)
- - - dass Oskar Lafontaine Kanzler wird, das ist das größte Kompliment, das er in seiner Laufbahn bekommen hat.
Das denke ich jedenfalls. Er hat mir am Telefon am Montag bestätigt, dass er es als großes Kompliment empfunden hat, dass Maschmeyer so viel Angst davor hatte, dass er in seine Geschäftspraktiken eingreift, dass er ihn verhindern wollte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ versuchten CDU und FDP anfangs, das System Maschmeyer vorrangig bei der SPD und den von ihr gestellten ehemaligen Ministerpräsidenten Schröder, Glogowski und Gabriel abzuladen. Doch durch die Antwort auf die Große Anfrage bekommt das Thema eine viel stärker systemische, alle Regierungen in Niedersachsen - also auch die jetzige Regierungskonstellation aus CDU und FDP - betreffende Bedeutung. Ich denke, entsprechend war auch der sehr zurückhaltende Beitrag von Herrn Bode zu verstehen. Nur Herr Grascha scheint noch immer nicht gemerkt zu haben, dass er selbst auch im Glashaus sitzt;
Wir als gewählte Verantwortliche in diesem Parlament müssen uns auch jenseits der Ermittlungen des Staatsanwaltes, Herr Haase, vor dem bösen Schein wahren. Das gilt vor allen Dingen auch für die Regierung.
Aber auch in anderen Punkten drängen sich durch Ihre Antworten neue Fragen auf. Warum z. B. haben Sie von CDU und FDP im Mai im Bundesrat,
wohl unter dem Eindruck der laufenden Spekulationen um gezielte Einflussnahmen von Herrn Maschmeyer, beantragt, die Zuständigkeit für das neu geregelte Vermögensanlagenvermittlungsrecht auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen zu übertragen, wenn Sie uns in der Antwort noch weismachen wollen, dass eine Überforderung der bisher für die Kontrollen zuständigen Gewerbeaufsichtsämter mitnichten festzustellen sei?