Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Innenminister Schünemann hat angekündigt, die Kampfmittelbeseitigung in Niedersachsen zu privatisieren. Es geht nach seinen Worten um
Einsparungen und Entlastungen der öffentlichen Verwaltung. Auf diesem Weg könne das Land 25 Stellen streichen.
Kritiker von Gewerkschaften und Kommunen halten dagegen, dass die Kampfmittelbeseitigung seit jeher eine hoheitliche Aufgabe des Staates sei. Die bisherige hohe Kompetenz sei bei der Abgabe der Aufgabe an Private nicht in jedem Fall wie bisher zu garantieren, und wertvolles Fachwissen ginge womöglich dem Land verloren. Ein Vergleich der niedersächsischen Situation mit den bisher einzigen Bundesländern Bayern und Thüringen, in denen eine vergleichbare Privatisierung seit Jahren umgesetzt ist, sei wegen der dort viel geringeren Kriegsaltlasten nicht angemessen. Es sei ein Versuch des Landes, so der Städtetag, Kosten der Allgemeinheit auf einige besonders betroffene Kommunen abzuwälzen.
Außerdem müsse das Land nach Auffassung von Beobachtern neue Aufsichtsstrukturen zur Beaufsichtigung des privatisierten Kampfmittelräumdienstes schaffen, die neue Kosten verursachen würden.
1. Welche jährlichen finanziellen Mehrbelastungen erwartet die Landesregierung insbesondere für die durch die vergangenen Kriegswirren besonders stark betroffenen Ballungsräume in Niedersachsen?
2. Wie will die Landesregierung einem drohenden Qualitäts- und damit einhergehenden Sicherheitsverlust bei der Bombenräumung durch eine Privatisierung entgegenwirken?
3. Welche zusätzlichen Strukturen wird die Landesregierung mit welchem Personal zur Aufsicht über eine privatisierten Kampfmittelbeseitigung neu schaffen, und wie hohe Mehrkosten erwartet sie?
Ich darf aber eine Vorbemerkung machen. Die Schonfrist der ersten 15 Minuten ist jetzt vorbei. An sich müssten die aktuellen Neuigkeiten jetzt ausgetauscht sein. Insofern könnte man die Intensität der Gespräche eigentlich deutlich reduzieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verpflichtung zur Kampfmittelräumung als Gefahrenabwehr obliegt nach Artikel 30 des Grundgesetzes grundsätzlich dem Land Niedersachsen. Das Land Niedersachsen hat die Aufgabe der allgemeinen Gefahrenabwehr auf die Kommunen als zuständige Gefahrenabwehrbehörden zuletzt mit Verabschiedung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 19. Januar 2005 übertragen.
Die Gefahrenabwehrbehörde verpflichtet bei Kampfmittelfunden den Grundstückseigentümer als Zustandsverantwortlichen zur Gefahrenbeseitigung. Die Gefahrenabwehrbehörde - bzw. nach Erlass der Beseitigungsverfügung grundsätzlich der Grundstückseigentümer - hat die Kosten der Maßnahme zu tragen.
Der niedersächsische Kampfmittelbeseitigungsdienst wird im Wege der Amtshilfe für die Gefahrenabwehrbehörde unterstützend tätig. Die dem KBD im Rahmen der Amtshilfe entstandenen Auslagen sind nach den gesetzlichen Regelungen im Verwaltungsverfahrensgesetz grundsätzlich erstattungspflichtig.
Mit Erlass des Niedersächsischen Umweltministeriums vom 8. Dezember 1995 wurde festgelegt, dass das Land aus Billigkeitsgründen den Teil der bei der Beseitigung von Kampfmitteln anfallenden Kosten, der der Abwehr einer unmittelbaren Gefahr dient, übernimmt. Das Land trägt daher die Kosten der tatsächlichen Bergung, der Entschärfung, des Transports und der Vernichtung eines Kampfmittels. Dazu gehören nicht gegebenenfalls erforderliche Vor- oder Nebenarbeiten, insbesondere nicht das Abräumen von Gegenständen oberhalb des Erdreichs.
Staatliche Verwaltung ist ständig gehalten, die Aufgabenwahrnehmung zu überprüfen und zu optimieren, um Aufgaben effizienter wahrnehmen zu können. Dazu gehört auch die Überprüfung der Aufgabenverteilung zwischen den staatlichen und kommunalen Handlungsebenen. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst soll daher wie folgt neu strukturiert werden:
Erstens. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst wird zum 1. Januar 2012 an das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen angegliedert.
die Auswertung für einzelne Grundstücke auf Antrag sollen damit künftig vom LGLN wahrgenommen werden. Im Bereich der Luftbildauswertung sollen Aufgaben behördlicherseits dort gebündelt werden, wo Synergieeffekte zu erzielen sind. Das ist sehr sinnvoll; denn gerade das LGLN ist in diesem Zusammenhang durchaus ein anerkannter Dienstleister.
Hierbei ist es Ziel, bei der Luftbildauswertung auf Antrag im Vorfeld von Baumaßnahmen zu kostendeckenden Gebühren zu kommen.
Die geplante Integration der Auswertung der alliierten Luftbilder auf Bombenblindgänger in den Geschäftsbereich des LGLN ermöglicht die Nutzung vorhandener Fachkompetenz. Das Landesamt leistet dem KBD bereits jetzt technische Unterstützung für das Auskunftssystem Kampfmittelräumkataster. Die Bündelung dieser Ressourcen soll zu einer beschleunigten systematischen Auswertung der Bombenbilder führen. Optimierungen werden auch bei der Bearbeitung von Einzelanfragen erwartet. Ich habe immer wieder gehört, dass es hier zu Verzögerungen kommt, wenn ein Bauantrag gestellt wird. Es ist sinnvoll, wenn wir das jetzt dort konzentrieren. Dann kann man das Personal, wenn es notwendig ist, zur Beantwortung einer solchen Anfrage konzentrieren.
Drittens. Mit der Neustrukturierung des KBD sollen im Bereich der Gefahrenerforschungsmaßnahmen wie z. B. Einmessung von Blindgängerverdachtspunkten, Sondierungsmaßnahmen, Freilegung von Verdachtspunkten und Vor- und Nebenarbeiten für Blindgängerbergungen alle Aufgaben durch gewerbliche Fachfirmen wahrgenommen werden, die im Übrigen auch bisher schon auf diesem Gebiet tätig sind. Hier ist teilweise der KBD tätig, teilweise aber auch Privatfirmen.
Die Kosten für diese Gefahrenerforschungsmaßnahmen wurden bisher im Vorfeld von Baumaßnahmen im Wesentlichen von den Grundstückseigentümern und als Folge der sogenannten systematischen Luftbildauswertung im Rahmen des Landessonderprogramms vom Land übernommen. Hier wollen wir künftig zu einer klaren Aufgaben- und Kostenverantwortung kommen. Das Land wird die Gemeinden bei ihrer Aufgabenwahrnehmung als zuständige Gefahrenabwehrbehörden aber auch künftig beratend unterstützen.
Viertens. Die Entschärfung, der Transport und die Zwischenlagerung von Kampfmitteln werden vom Land weiterhin mit eigenem Personal übernommen. Auch die Vernichtung der Kampfmittel durch
Zu Frage 1: Zu möglichen jährlichen finanziellen Mehrbelastungen für die besonders stark betroffenen Ballungsräume wie z. B. Hannover und Braunschweig kann keine Aussage getroffen werden, da die Kostenbelastung naturgemäß vor allem von der tatsächlichen Anzahl an Kampfmittelfunden abhängt.
Zu Frage 2: Durch die geplante Neustrukturierung der Aufgabe Kampfmittelbeseitigung unter Berücksichtigung der genannten Eckpunkte wird das anerkannt hohe Niveau der Kampfmittelbeseitigung in Niedersachsen auch bei einer stärkeren Einbeziehung gewerblicher Firmen beibehalten. Dies wird vor allem dadurch sichergestellt, dass die Entschärfung und der Transport von Kampfmitteln nach wie vor durch eigenes staatliches Fachpersonal erfolgen werden. Eine durchgehende Verfügbarkeit von professionellen Fachkräften zur Entschärfung von Kampfmitteln bleibt in Niedersachsen ebenso wie die Beratungskompetenz für betroffene Behörden auch weiterhin gewährleistet.
Zudem wird die notwendige fachliche Aufsicht in Bezug auf das Sprengstoffrecht über die gewerblichen Fachfirmen durch die Gewerbeaufsichtsämter gewährleistet.
Zu Frage 3: In Niedersachsen übernehmen bereits jetzt private Firmen diverse Gefahrenerforschungsmaßnahmen, wie die Einmessung von Blindgängerverdachtspunkten, Sondierungsmaßnahmen, Freilegung von Verdachtspunkten und Vor- und Nebenarbeiten für Blindgängerbergungen sowie die Vernichtung von Kampfmitteln.
Die Durchführung der Kampfmittelbeseitigung durch private, gewerbliche Unternehmen unterliegt - im Gegensatz zu den auf dem Gebiet der Kampfmittelbeseitigung tätigen Dienststellen der Länder - den Anforderungen des Sprengstoffgesetzes. Das bedeutet, dass solche Unternehmen eine sprengstoffrechtliche Erlaubnis benötigen. Diese Erlaubnis ist an die Voraussetzung bestimmter Zuverlässigkeitskriterien geknüpft. Zur Durchführung von dem Sprengstoffgesetz unterliegenden Tätigkeiten hat der Erlaubnisinhaber sicherzustellen, dass nur fachkundige Personen diese Tätigkeiten ausüben.
personenbezogen ausgestellt werden und an bestimmte Voraussetzungen der persönlichen Eignung und fachlichen Qualifikation geknüpft sind.
Das Sprengstoffgesetz und seine Verordnungen bilden daher einen geeigneten und bewährten Rahmen für die staatliche Überwachung von Betrieben, die mit explosionsgefährlichen Stoffen umgehen.
Danke, Herr Präsident. - Eine ganz kurze, klitzekleine Vorbemerkung: Herr Schünemann, wenn man an dem Image des harten Hundes feilt, dann passt es eigentlich nicht zusammen, - - -
Jetzt meine konkrete Frage: Wo, wie und wann gab es in der Vergangenheit in Niedersachsen Probleme mit dem öffentlichen Kampfmittelbeseitigungsdienst? Sie haben ja anscheinend wenig Zutrauen in die staatlichen Strukturen, sodass Sie das jetzt privatisieren wollen. Meine ganz konkrete Frage lautet: Wo gab es in der Vergangenheit Probleme mit dem staatlichen Kampfmittelbeseitigungsdienst?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist Aufgabe einer Landesregierung, die Aufgabenerledigung ständig daraufhin zu überprüfen, ob sie effektiv ist und ob es Synergieeffekte geben kann. Das haben wir auch im Bereich der Polizei und der Zentralen Polizeidirektionen in den