Insofern haben wir uns mit dieser Fragestellung intensiv auseinandergesetzt: Wollen wir eine Schulgesetzänderung, also eine Änderung des § 183, auf den Weg bringen, um damit einer einzelnen Gesamtschule, der einzigen Gesamtschule in Niedersachsen, die aufgrund der KMKVereinbarung arbeitet und dadurch jetzt schon einen Sonderstatus hat, noch einen weiteren Sonderstatus dadurch geben, dass wir ihr für ein weiteres Jahr - ich hatte das gerade dargestellt - zusätzliche Unterrichtsstunden obendrauf geben?
Ich glaube, es ist Ihnen nicht entgangen, dass das Parlament - meiner Erinnerung nach - 2009 entschieden hat, dass für alle Integrierten Gesamtschulen in Niedersachsen - - - Ich kann mich relativ gut sogar an Aussagen von Herrn Gabriel und anderen erinnern, die eine Gleichbehandlung wollten und sich dafür ausgesprochen haben, dass Schulzeitverkürzungen, wenn sie denn erfolgten, auch für die Gesamtschulen gelten sollten.
Das haben wir dann umgesetzt. Sie wissen, dass für alle Gesamtschulen in Niedersachsen die Schulzeit zwölf Jahre beträgt. In anderen Bundesländern funktioniert das auch. Zurzeit beabsichtigt die Landesregierung nicht, eine Schulgesetzänderung in das parlamentarische Verfahren einzubringen.
Wir prüfen jederzeit jede wie auch immer geartete Neudarstellung von Fakten. Wir werden uns im Übrigen einen Punkt gemeinsam mit den Eltern bzw. mit der Schulleitung noch einmal genauer anschauen. Ich habe, weil ich wirklich ein Interesse daran habe, dass dieses Konzept im Kern nicht gefährdet wird, das zuständige Fachreferat gebeten, genau zu analysieren, wie es mit den Übergängen von Schülerinnen und Schülern aus anderen Realschulen aussieht, die das pädagogische Konzept in Göttingen in den Klassen 5 bis 10 bisher nicht erlebt haben, wenn sie in die gymnasiale Oberstufe der IGS Göttingen-Geismar eintreten. Ich möchte wissen, ob das ein Problem ist oder nicht.
Diese Problematik wurde noch einmal aufgeworfen. Wir sind inzwischen der Auffassung, dass dies wie bei allen anderen auch gehandhabt werden kann. Es muss aber sichergestellt werden, dass für den Eintritt in die Oberstufe die entsprechenden Wochenstundenzahlen vorliegen.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die fünfte und für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen letzte Zusatzfrage stellt Herr Kollege Wenzel. Bitte!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, haben Sie so große Angst davor, dass auch ganz viele andere Schulen eine Ausnahmegenehmigung, die die sehr hohen Qualitätsstandards der IGS Göttingen-Geismar im Gesetz festschreiben würde - wie z. B. Lehrerpräsenzpflicht, Tischgruppenmodell, intensive Elternarbeit, sehr viel mehr Elternabende und verschiedene andere Kriterien -, beantragen könnten? Ist Ihre Angst so groß, dass Sie diese Schule deshalb lieber kaputt oder schlechter machen wollen?
Herr Abgeordneter Wenzel, hin und wieder ist Angst ein guter Schutzmechanismus. In diesem Fall ist das aber nicht gegeben. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass wir das sehr erfolgreiche Konzept der IGS Göttingen-Geismar durch den jetzt vorhandenen Kompromissvorschlag - unter Beibehaltung von zwölf Jahren bis zum Abitur - im Grundsatz und im Kern in jeder Weise erfolgreich werden erhalten können. Ich halte das, mit Verlaub gesagt, für eine ungerechtfertigte Vermischung verschiedener Tatbestände.
Ich habe die Vermutung - auch das sagte ich vorhin schon -, dass es Ihnen im Grundsatz - vielleicht auch in Anlehnung an das Volksbegehren - darum geht, für alle Gesamtschulen generell zum Abitur nach 13 Jahren zurückzukehren. Das ist eine der Kernforderungen. Natürlich wissen Sie, dass wir hierzu eine andere Auffassung haben. In der Frage sind wir politisch auseinander, auch wenn wir uns vielleicht in dem einen oder anderen Ziel - der Frage der Pädagogik an der IGS GöttingenGeismar - wiederum sehr einig sind.
Ich kann Ihnen definitiv erklären, dass wir alles Nötige unternehmen werden. Wir werden auch alle noch anstehenden Gespräche mit der Schulleitung und den Elternvertretern sehr sorgfältig führen. Nicht umsonst habe ich mir ausreichend Zeit ge
nommen, mich über alle Fakten, über alle Details, die Lehrerstundenversorgung, die Unterrichtsstundentafel usw. zu informieren. Ich denke, die Eltern nehmen mir persönlich und auch den Mitarbeitern des Kultusministeriums ab, dass wir ernsthaft daran arbeiten, alles dafür zu tun, damit die Schule im Grundsatz weiterarbeiten kann. Wir sollten uns nicht wieder - das ist auf einem anderen politischen Feld zu lösen - in eine Grundsatzdebatte über die Frage begeben, die in anderen Ländern ohne Zweifel geführt wird, „12 oder 13 Schuljahre?“ bzw. im Speziellen „12 oder 13 Schuljahre an Gesamtschulen?“ Diese Frage ist politisch entschieden.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts Ihrer Ausführungen, Herr Minister, und der Ausführungen von Herrn Bade am 2. September im Kultusausschuss frage ich zu dem weniger strittigen Bereich der Klassenstufen 5 bis 10: Warum ist das ausgezeichnete Konzept der IGS Göttingen-Geismar in anderen Gesamtschulen nicht für die Klassenstufen 5 bis 10 anwendbar, sondern nur für die Klassenstufen 5 bis 8?
Die IGS Göttingen-Geismar hat auf Basis der KMK-Vereinbarung einen Sonderstatus, indem sie im Rahmen ihres Unterrichtskonzepts auf die äußere Fachleistungsdifferenzierung in den Kernfächern verzichten kann. Ich habe vorhin erläutert, dass für alle anderen IGSen auf Basis des Grundsatzerlasses „Arbeit in der Integrierten Gesamtschule“ in den Klassen 5 bis 8 ebenfalls grundsätzlich - so weit waren wir in Niedersachsen noch nie - auf eine äußere Fachleistungsdifferenzierung verzichtet werden kann. Das heißt im Kern, dass die unterschiedlich begabten Schülerinnen und Schüler dort in gemeinsamen Lerngruppen lernen können.
Aufgrund der Tatsache, dass die Schulzeit bis zum Abitur in Niedersachsen verkürzt ist und der 9. und 10. Jahrgang im Kern die Schnittstellen sind, an denen die Schulentscheidung fällt - entweder in Richtung des Schulabschlusses nach Klasse 10 oder in der Klasse 10 Beginn der Einführungsphase, um in die gymnasiale Oberstufe zu kommen -, geht es an den anderen Integrierten Gesamtschulen nur von Klasse 5 bis 8. In den Klassen 9 und 10 wird dann die Entscheidung über die jeweilige Schullaufbahn getroffen. Daran messen sich auch die Schulabschlüsse. Einzig und allein bei der IGS Göttingen-Geismar wollen und werden wir eine Ausnahme machen und die Abschlussentscheidung erst an das Ende der Klasse 10 legen. Das haben wir mit dem KMK-Sonderstatus begründet, nicht allein mit dem Schulpreis.
Herzlichen Dank. - Die letzte Frage, die mir von der Fraktion DIE LINKE vorliegt. Frau Kollegin Reichwaldt!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Der neue Vorschlag, den uns Herr Bade im Kultusausschuss als sehr sensationell angekündigt hat, wurde in fast der gleichen Form schon vor anderthalb Jahren gemacht, also lange vor dem Erhalt des Deutschen Schulpreises. Daher frage ich die Landesregierung: Wo liegen die entscheidenden Unterschiede bei dem Vorschlag, den Sie gemacht haben - bis Klasse 10 bleibt alles wie bisher?
In meiner zweiten Frage geht es um eine rechtliche Beratung. Warum ist eine Ausnahmeregelung, die heißt: „Die IGS Göttingen-Geismar führt weiterhin das Abitur nach 13 Jahren durch“, schlicht und einfach nicht möglich?
(Heinz Rolfes [CDU]: Kann man nicht ein Bußgeld dafür einführen, dass Fragen fünfmal gestellt werden? - Gegenruf von Ina Korter [GRÜNE]: Gehen Sie doch raus, wenn Sie das stört!)
Frau Abgeordnete Reichwaldt, mein Referatsleiter, Herr Bade, hat im Ausschuss in keinem Fall von einem sensationellen Vorschlag gesprochen. Der Vorschlag war unserer Kenntnis nach vor anderthalb Jahren nicht bekannt. Das Besondere an diesem Vorschlag ist der Wegfall der Entscheidung nach Klasse 9 und das Verschieben der Schulentscheidung für die weitere Laufbahn nach Klasse 10.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass der Bundespräsident bei der Preisverleihung in Berlin gesagt hat, dass das Modell der IGS Göttingen Schule machen sollte und es die Aufgabe einer Landesregierung sei, solch ein tolles Modell möglichst für alle Schulen begehbar zu machen und ihnen zukommen zu lassen, frage ich die Landesregierung: Warum beschäftigen Sie sich nur damit, ausschließlich für die Integrierte Gesamtschule Göttingen-Geismar eine Lösung zu finden, die nicht ganz kompatibel mit den vorhandenen Vorschriften ist, anstatt allen Schulen zu ermöglichen, diese guten Leistungen in Niedersachsen zu platzieren?
Der Bundespräsident ist das oberste Staatsorgan und hat das Recht, sich zu jedem Thema zu äußern. Nur, die Entscheidung in der Schulpolitik trifft immer noch die Landesregierung vor Ort.
- Ich kann Ihnen bestätigen, dass ich - nicht in diesem Zusammenhang, aber schon früher, als er noch Ministerpräsident war - intensive Gespräche über die IGS Göttingen-Geismar geführt habe. Wir
haben in der Tat immer wieder überlegt: Wie können wir das besondere Konzept dieser Schule - so sieht er das, und so sehe auch ich das, das betone ich noch einmal - erhalten und nicht gefährden? - Insofern glaube ich, dass wir dies mit dem vorliegenden Vorschlag gewährleisten können. Den anderen Gesamtschulen - genau das ist der Grund - gewähren wir das von Klasse 5 bis 8. Eine KMK-Sondervereinbarung für andere Gesamtschulen in Niedersachsen liegt nicht vor; und sie wird zurzeit auch nicht angestrebt.
Herzlichen Dank. - Es liegt eine letzte Zusatzfrage von der Fraktion DIE LINKE vor. Das wäre dann die fünfte Zusatzfrage für die Fraktion DIE LINKE. Frau Kollegin Reichwaldt!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung noch einmal: Warum kann der Gesamtschule GöttingenGeismar keine Ausnahmeregelung mehr für das Abitur nach 13 Jahren erteilt werden?
Ich frage nicht, ob das Schulgesetz dafür geändert werden muss, sondern ich frage schlicht und einfach: Warum muss es dafür geändert werden? - Ich möchte den rechtlichen Grund wissen.
Herzlichen Dank, Frau Kollegin Reichwaldt. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Althusmann.
Frau Abgeordnete Reichwaldt, der Gesetzgeber ist bei seinen Überlegungen zunächst frei, eine solche Entscheidung - etwa in § 183 des Niedersächsischen Schulgesetzes - in Erwägung zu ziehen. Wir werden unsere Überlegungen allerdings vor dem Hintergrund der verabschiedeten gesetzlichen Vorgaben für die Schulform Integrierte Gesamtschule in § 12 des Niedersächsischen Schulgesetzes anzustellen haben.
Dabei wird zu prüfen sein, ob das grundsätzliche Gebot der Gleichbehandlung desselben Sachverhalts - in diesem Fall also der Gleichbehandlung der Schülerinnen und Schüler an allen Integrierten
Gesamtschulen mit Bezug auf die Schulzeitdauer, die Bedingungen der Abschlussvergabe und die mit dem Abschluss verbundenen Berechtigungen - durch eine abweichende Stellung nur einer einzelnen Integrierten Gesamtschule vor einer rechtlichen Bewertung und Überprüfung überhaupt Bestand haben kann. Nach gegenwärtiger Auffassung der Landesregierung ist das nicht der Fall. Gleichwohl werden wir im Kultusministerium diese Frage noch eingehend rechtlich prüfen.