Protokoll der Sitzung vom 13.10.2011

Die weitere Recherche hat ergeben, dass die Firma Celler Frischgeflügel zum Spitzenausgleich Zeitarbeitskräfte der Firma Randstad einsetzt. Dabei handelt es sich um Mitarbeiter - so ist die Absprache zwischen der Firma Rothkötter und der Firma Randstad, und so sucht die Firma Randstad auch -, die keinen Schulabschluss haben müssen. Aus Sicht der Landesregierung ist es sehr vernünftig, Menschen mit geringer Qualifizierung und ohne Schulabschluss die Chance auf den Einstieg zu geben.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es handelt sich derzeit um 30 Mitarbeiter bei der Firma Rothkötter, die im Zeitarbeitsverhältnis zum Spitzenausgleich beschäftigt werden.

Man könnte jetzt auf die Idee kommen, dass aufgrund des vom DGB ausgehandelten Tarifvertrages für diese Mitarbeiter ein Stundenlohn von 7,79 Euro gezahlt würde. Die Firma Rothkötter legt aber Wert darauf, dass sie mit Randstad vereinbart hat, dass in der Zeitarbeitsphase über Tarif und über

8 Euro gezahlt wird. Die Firma Rothkötter legt weiter Wert darauf, dass sie diese Zeitarbeiter einsetzt, um den weiteren Personalaufbau sicherzustellen.

(Björn Thümler [CDU]: Aha!)

Diese Mitarbeiter werden, wenn sie sich bewährt haben, von der Firma Celler Frischgeflügel übernommen und dann zu einem Stundenlohn von 10,56 Euro beschäftigt, und das, ohne dass sie einen Schulabschluss haben müssen.

(Björn Thümler [CDU]: Aber was er- zählt denn Herr Hagenah!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist die Zeitarbeit, wie sie sich die Landesregierung vorstellt, nämlich als Einstieg in den Arbeitsmarkt. Die Vergütung des Unternehmens Celler Frischgeflügel ist nach unseren Recherchen nicht zu beanstanden, sondern zu loben. Das ist eine sozial sehr anständige Geschichte.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn es keine weiteren Belege dafür gibt, wäre es sicherlich vernünftig und angemessen, diese falschen Anschuldigungen von gestern zurückzunehmen.

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, die meisten von Ihnen kennen das Verfahren: Nach § 78 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung kann ich die Aussprache nur dann eröffnen, wenn zehn Kolleginnen und Kollegen den Wunsch artikulieren.

(Hartmut Möllring [CDU]: Man kann sich auch entschuldigen! - Dr. Gabrie- le Heinen-Kljajić [GRÜNE] begibt sich zum Redepult)

- Bitte! Sie sprechen jetzt aber bitte nur zum Verfahren.

Ja. - Wir beantragen zu diesem Punkt eine Aussprache, damit Herr Hagenah die Möglichkeit hat, zu erwidern.

(Beifall bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Das kann er ja auch! Er kann eine persönliche Erklärung abgeben!)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat den Wunsch nach einer Aussprache geäußert. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen Hagenah das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Zurufe: Mikro!)

- Ja, die Technik hat gerade versagt, weil der Motor nicht funktioniert. Der muss mal wieder saniert werden.

(Jens Nacke [CDU]: Er wird wissen warum!)

- Weil Sie ganz offensichtlich nicht mehr in das Gebäude investieren! Das ist Ihr Problem!

(Björn Thümler [CDU]: Wir investieren nicht in das Gebäude? Das kann ja nicht sein!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Zitat, das ich gestern in die Debatte habe einfließen lassen, habe ich mir aktuell auf elektronischem Wege besorgt. Tatsächlich ging es bei dem Jobcenter ausweislich der Nachricht, die ich für Sie gerne noch einmal aufrufe - Herr Minister, wir können unsere Daten gleich abgleichen -, um 7,79 Euro für 30 Arbeitsplätze von der Firma Rothkötter.

(Minister Hartmut Möllring: Sie haben „50“ gesagt! - Weitere Zurufe von der CDU)

- Ich muss gestehen: Angesichts der Tatsache, dass ich das gestern unmittelbar vor meiner Rede in großer Eile überflogen habe - - -

(Heiner Schönecke [CDU]: Herr Ha- genah, ich habe Sie noch gefragt! - Weitere Zurufe von der CDU - Gegen- ruf von Stefan Wenzel [GRÜNE]: Hö- ren Sie mal zu! - Unruhe)

- Hören Sie doch bitte erst einmal zu, damit ich die Möglichkeit habe, das hier zu erläutern.

Herr Kollege, ich unterbreche kurz mit der ausdrücklichen Bitte, dem Redner Gehör zu schenken. Die Aussprache ist eröffnet. Theoretisch können auch noch Kolleginnen und Kollegen der anderen

Fraktionen Stellung nehmen. Aber bitte in einem geordneten Verfahren!

Wir haben an dieser Stelle schon wiederholt darauf hingewiesen, dass die Jobgarantien, die für den Schlachthof Wietze gegeben worden sind, angesichts der enormen öffentlichen Zuschusslast, die die niedersächsischen Steuerzahler in dieses Investment gesteckt haben, in keinster Weise ausreichen. Wir haben schon immer befürchtet, dass diese Vereinbarung u. a. durch Leiharbeitskräfte unterlaufen wird. Das, was der Minister hier gerade dargestellt hat, ist aus unserer Sicht keinesfalls eine gelungene Hilfe beim Einstieg in den Arbeitsmarkt.

(Widerspruch bei CDU und FDP)

Wenn ein neues Unternehmen mit einer solch hohen Investitionssumme schon bei Eröffnung seines Betriebs in dieser Dimension mit Leiharbeitskräften einsteigt, dann werden doch nicht Spitzen abgedeckt,

(Beifall bei den GRÜNEN)

sondern dann wird in einer Mischkalkulation zwischen den für den Minimalansatz der öffentlichen Förderung notwendigen Festarbeitsstellen und den dauerhaften Stellen für Leiharbeitskräfte Gewinnmaximierung auf Kosten der Allgemeinheit betrieben, vor allem aber auch auf Kosten von schlecht bezahlten Arbeitskräften.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich danke Ihnen dafür, Herr Minister, dass Sie mir Gelegenheit gegeben haben, das hier noch einmal klarzustellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich erteile dem Kollegen Nacke das Wort, ebenfalls für zweieinhalb Minuten.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hagenah, ich halte fest: Sie haben gestern hier an diesem Mikrofon gestanden und eine E-Mail vorgetragen, die Sie nicht überprüft haben und deren Inhalt offensichtlich falsch war.

(Stefan Schostok [SPD]: Das ist doch gerade widerlegt worden! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

- Eine SMS oder was weiß ich. Es war jedenfalls eine elektronische Nachricht, die Sie offensichtlich nicht überprüft haben und die falsch war. Sie haben von diesem Pult aus Vorwürfe gegen ein niedersächsisches Unternehmen und gegen die Landesregierung erhoben, die nicht zutreffend waren. Sie aber finden, dass das alles in Ordnung war, weil es ja Ihrem politischen Willen entspricht.

Herr Hagenah, so kann man hier in diesem Haus nicht auftreten. So kann man auch gegenüber der Öffentlichkeit nicht auftreten. Sie sollten sich hier entschuldigen und nicht noch irgendwelche Forderungen erheben.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile dem Kollegen Wenzel das Wort, ebenfalls für zweieinhalb Minuten das Wort.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Der kann es jetzt auch nicht mehr retten!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Meines Erachtens lohnt es sich, sich den Förderfall Rothkötter und die Dinge, die der Minister hier schon in aller Frühe klarzustellen sich bemüßigt hat, noch einmal genauer anzugucken.

Ich möchte daran erinnern, dass diese Firma nur über 0,8 % Eigenkapital verfügte und trotzdem gefördert wurde. Damit wurden die Richtlinien der Europäischen Union unterlaufen. Die Nachweise, die dafür erbracht wurden, dass angeblich die Muttergesellschaft über das erforderliche Eigenkapital verfügt, sind nie vorgelegt worden. Stattdessen ist nur behauptet worden, dass dies durch Wirtschaftsprüfer bestätigt wurde. Diese Bestätigung aber steht bis heute aus.

(Björn Thümler [CDU]: Spielen Sie diese Nummer noch weiter?)