Protokoll der Sitzung vom 09.11.2011

Ob die Finanzmittel, die uns der Bund zukommen lässt, in der bisherigen Höhe bestehen bleiben oder vielleicht auch höher ausfallen, wissen wir heute noch nicht. Somit können wir nur gewährleisten, dass wir die weiteren Mittel, die eventuell kommen, genauso zweckgebunden einsetzen wie in der Vergangenheit, nämlich für Investitionen in Verkehrsverhältnisse. Diese Grundlage wird in Ihrem Gesetzentwurf zwar angesprochen, aber letztlich nicht richtig umgesetzt. Denn es gibt Eventualitäten, die wir heute noch gar nicht kennen.

Eine Grundlage für den Gesetzentwurf der Grünen sehen wir von FDP und CDU deswegen nicht. Ein klares Bekenntnis zu den Mitteln aus dem Entflechtungsgesetz und deren Einsatz in der Verkehrsinfrastruktur ist für uns allerdings selbstverständlich. Das drücken wir mit unserem Antrag aus.

Wir brauchen die Förderbeiträge und haben uns in unserem Antrag dazu bekannt. Die Kommunen sollen Planungssicherheit haben - das ist der Sinn unseres Antrags -, damit sie mit ihren Planungen fortfahren können.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön, Frau Kollegin König. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Weisser-Roelle das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es eben schon gehört: Ab 2014 wird die verkehrliche Zweckbindung entfallen, und ab 2020 will der Bund dem Entflechtungsgesetz zufolge die Zahlungen an die Länder sogar vollständig einstellen: von bislang 130 Millionen Euro jährlich auf Null. Das ist nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Darum begrüßen wir den Gesetzentwurf der Grünen, in dem die Landesförderung des öffentlichen Personennahverkehrs sowie des kommunalen Straßenbaus auf eine verlässliche Grundlage gestellt wird. Die niedersächsischen Kommunen brauchen Planungssicherheit, und die haben sie ohne Gesetz nicht. Sie können sich nicht auf die schwarz-gelbe Landesregierung verlassen.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, ich verstehe nicht, warum Sie so gegen den Gesetzentwurf der Grünen sind, hat doch die schwarzgelbe Landesregierung in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr einen Gesetzentwurf verabschiedet, der fast wortgleich war. So schlecht kann er also gar nicht sein. Er bietet den Kommunen in Baden-Württemberg Planungssicherheit. Diese Planungssicherheit brauchen wir auch für die Kommunen in Niedersachsen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das gilt umso mehr, als die schwarz-gelbe Koalition im Niedersächsischen Landtag ihre ganze Kraft darauf verwendet, ein für uns widersinniges Kreditverbot in der Landesverfassung zu verankern. Damit haben die Kommunen noch weniger Möglichkeiten, nach 2020 Planungen vorzunehmen. Wir stellen uns hier im Landtag gegen die sogenannte Schuldenbremse, wie übrigens auch der DGB in Niedersachsen.

(Gabriela König [FDP]: Das ist ja inte- ressant!)

Zurück zum Gesetzentwurf der Grünen. Wir unterstützen ihn ausdrücklich, weil er unbefristet gelten soll. Gleichwohl stimmen wir ihm nicht zu, sondern werden uns der Stimme enthalten. Das hängt mit drei wichtigen Kritikpunkten zusammen: Erstens vermissen wir in dem Gesetzentwurf eine ökologischere Ausrichtung der Förderung. Zweitens erkennen wir keine zwingende Lenkungsabsicht für die Stärkung des öffentlichen Bahn- und Busverkehrs. Drittens bemängeln wir, dass beim Straßenbau nur der Aus- und Neubau gefördert werden soll, nicht aber die Instandsetzung und Renovierung.

Meine Damen und Herren, diese Kritikpunkte sind nicht auf unserem Mist gewachsen, sondern es sind genau die, die der Sprecher der Grünen in den baden-württembergischen Landtag eingebracht hat und leider nicht durchbringen konnte. Vielleicht wollten die Grünen das hier auch nicht hineinschreiben: in der Hoffnung, dass CDU und FDP dem ansonsten guten Entwurf zustimmen könnten. Aber Sie sehen, Herr Hagenah, das war ein Fehler. Sie hätten Ihre Punkte optimieren sollen. CDU und FDP stimmen dem Entwurf auch so nicht zu.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Danke für das Verständnis!)

Wir lehnen den Antrag von CDU und FDP ab. Er ist ein reiner Schaufensterantrag. Er enthält nur

Absichtserklärungen und gibt keine Planungssicherheit für die Kommunen.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Frau Weisser-Roelle. - Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Bode zu Wort gemeldet. Bitte schön! Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was würde eine gesetzlich festgelegte Mittelbindung bedeuten? Welchen Schutz hätten die Kommunen, die auf Planungssicherheit angewiesen sind, tatsächlich? - Der Schutz bestünde in der moralischen Bindung des Landtags, bei der jährlichen Haushaltsaufstellung die Gesetzesvorgabe zu beachten. Dieser moralische Schutz ist aber auch gegeben, wenn der Landtag eine Entschließung verabschiedet. Aber letztlich ließe sich selbst mit einer gesetzlichen Vorgabe nicht verhindern, dass der Landtag davon nicht doch abweicht, nämlich durch eine mit Mehrheit beschlossene Änderung des jeweiligen Haushaltsgesetzes.

Herr Minister, gestatten Sie zwei Zwischenfragen von Herrn Hagenah und Herrn Will?

Von jedem zwei?

Von jedem eine.

Na, dann mal los!

Herr Hagenah!

Vielen Dank, Herr Minister. - Ich habe die Frage, wie Sie die Wirkung eines Gesetzes in Bezug auf die Bindung der Verwaltung, die sich ja Förderanträgen von Kommunen gegenübersieht, die sich häufig auf mehrere Jahre beziehen, beurteilen und ob Sie meine Meinung teilen, dass ein Gesetz die Rechtssicherheit schafft, um solche Anträge für

mehrere Jahre auch über das Jahr 2014 hinaus zu genehmigen, sodass darin ein entscheidender Unterschied zwischen der Gesetzesfassung und der schlichten Beschlussfassung heute besteht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Hagenah, wenn ich Ihre Frage richtig verstanden habe, dann geht es Ihnen darum, dass die Verwaltung in der Kommunikation mit den Kommunen, in den Vorabsprachen usw. die Mittelbindung in diesem Bereich tatsächlich berücksichtigt. Ich kann Ihnen sagen, dass es von der Hausspitze des Wirtschaftsministeriums an alle im Verwaltungsbereich handelnden Personen eine klare Aussage gibt, dass sie genau so vorgehen und keine Verschiebung der Mittel vornehmen sollen.

Es kann sein, dass Sie der Meinung sind, dass die Mitarbeiter im Wirtschaftsministerium nicht auf die Hausspitze hören - ich hoffe, dass das nicht so ist, und habe es bisher auch nicht so erlebt - und dass es deshalb eines Beschlusses des Landtages bedarf. Auch den werden sie selbstverständlich umsetzen.

Ich sage Ihnen eines: Es ist für die Mitarbeiter, für das Wirtschaftsministerium und auch für alle anderen Ressorts der Landesregierung unerheblich, ob Sie diesen Beschluss in Form eines Gesetzes oder in Form eines normalen Landtagsbeschlusses als Entschließungsantrag fassen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Dann brau- chen wir ja gar keine Gesetze mehr!)

Den Willen der ersten Gewalt werden wir im Verwaltungshandeln immer umsetzen. Die Frage, ob Sie als Haushaltsgesetzgeber so beschließen, wenn wir es Ihnen so vorgeschlagen haben, wie es Ihr Wille war, ist das Risiko, das Sie selber tragen.

Damit kommen wir wohl zu Herrn Will.

Herr Will, Sie haben das Wort.

Herr Minister, sind Sie nicht auch der Auffassung, dass eine klare gesetzliche Grundlage, die wir

Ihnen mitgeben wollen, Ihre Verhandlungsposition gegenüber dem Bund nur unterstützen kann, was sowohl die Mittelverteilung als auch die Mittelhöhe angeht?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Will, wir sind mit dem Bund in harten Verhandlungen über die Höhe der Mittel, die er uns geben will. Ich kann Ihnen sagen, dass im Moment die Verkehrsressorts aller Länder gegen den Finanzminister kämpfen, der durchaus andere Vorstellungen davon hat, wie intensiv diese Mittel für kommunale Straßenbauvorhaben - - -

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Der hat kein Geld mehr wegen Ihrer Steuer- senkung!)

- Herr Hagenah, das ist ein völlig anderer Zusammenhang. Das haben wir bereits heute Morgen diskutiert. Da hätten Sie besser zuhören sollen.

Wir kämpfen gemeinsam dafür, dass wir nicht auf den Beschluss zurückfallen, der vom Finanzministerium aus der Föderalismuskommission abgeleitet wird, dass wir nämlich in diesem Topf ab dem Jahre 2013 einen linearen Rücklauf auf null bis zum Jahr 2019 haben.

Die Länder haben gemeinsam mit Gutachten nachgewiesen, dass diese Einschätzung falsch ist und dass wir vielmehr einen stetigen Bereich brauchen - wenn man richtig rechnet, benötigt man sogar einen auflaufenden Bereich -, um die Investitionen auf kommunaler Ebene tatsächlich kozufinanzieren.

Da wäre ein starker Beschluss des Landtages, dass die Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, natürlich hilfreich. Wir betonen immer, dass der Landtag dahinter steht.

Nach allen Ankündigungen meiner Vorredner wird es heute dazu ja einen Beschluss des Niedersächsischen Landtages geben, und wir werden ihn in den Verhandlungen mit der Bundesregierung entsprechend positionieren. Er hilft uns wirklich. Es ist in der Tat wichtig, eine Bekundung des Landtages zu haben. Ob Sie das als Gesetz oder als Entschließungsantrag machen, ist für die Wahrneh

mung auf Bundesebene, meine ich, nicht entscheidend.

Habe ich damit alles beantwortet? - Ja.

Dann komme ich zu den Punkten, die von Ihrer Seite in der Diskussion immer etwas zu kurz gekommen sind. Ihnen geht es ja gar nicht, ausschließlich darum, die Mittelbindung festzulegen. Mit dem Gesetzentwurf fordert die antragstellende Fraktion - das hat Frau Weisser-Roelle dargestellt - Veränderungen, die aus unserer Sicht so überhaupt nicht möglich sind. Sie wollen weitere Fördertatbestände in das Gesetz aufnehmen. Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass wir uns in einer großen Diskussion mit dem Bund befinden, wie viel Geld es überhaupt gibt. Das heißt, dass, wenn Sie weitere Fördertatbestände aufnehmen, der Topf aber nicht größer wird, für die bisherigen Dinge prozentual weniger zur Verfügung stehen wird. Das ist nicht sinnvoll und würde eine Mangelsituation auslösen bzw. die jetzt schon knappen Gelder weiter reduzieren.

Sie erheben auch Forderungen, die nicht erfüllbar sind. Ich will nur auf die von Ihnen genannte Förderung des ÖPNV-Omnibusbereiches zu sprechen kommen. Sie würde dem europäischen Wettbewerbsrecht widersprechen und ist grundsätzlich nicht zulässig. Deshalb wäre es gar nicht möglich, diesen Teil des Gesetzes umzusetzen.