Protokoll der Sitzung vom 02.07.2008

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Gestern - dies hat der Kollege Brandes schon gesagt - hat das Kabinett die Einrichtung einer Regierungskommission für den Klimaschutz - jetzt komme ich auf die Klimaschutzseite zu sprechen - beschlossen. Damit sollen gerade diejenigen aktiv eingebunden werden, die den Klimaschutz praktisch umsetzen.

Ich möchte auch etwas Grundsätzliches sagen, Herr Kollege Wenzel; denn ich habe das Gefühl, dass wir uns an dieser Stelle politisch schon einmal näher waren. Es wäre schön, wenn wir uns an einem Punkt in diesem Hause endlich einig würden: Wir überlassen es den privaten Haushalten und den Unternehmen, wo das CO2 eingespart wird; denn sie werden noch immer am besten wissen, wo sie das am günstigsten machen können. Die Politik - das ist unser Job und der Job der Bundesregierung - muss sich darauf verständigen, wie viel CO2 insgesamt reduziert werden soll. Mir ist klar, dass das nicht in die Micky-MausÖkonomie insbesondere der Linken passt. Aber das ist der effiziente Weg, wie man günstig CO2 einspart. Nur so werden wir etwas beim Klimaschutz erreichen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ohne die privaten Haushalte und ohne die Unternehmen wird es am Ende nicht gehen. Klimaschutz und angemessene Energiepreise - auch das ist vorhin von Herrn Kollegen Brandes erwähnt worden - müssen Hand in Hand gehen. Deswegen müssen wir die Marktinstrumente, die uns zur Verfügung stehen - ich denke dabei insbesondere an den CO2-Emissionshandel in Europa -, rigoros nutzen.

Ich möchte Ihnen anhand der Strompreise deutlich machen - Herr Kollege Wenzel, ich hoffe noch immer, dass gerade bei den Grünen, die ja eigentlich in der Umweltpolitik die Wurzeln haben sollten, in Zukunft ein bisschen mehr Einsicht herrscht -,

was auch Ihre Bundesregierung damals gemacht hat. Noch 1998 hat Schwarz-Gelb den Strommarkt liberalisiert. Bis zum Jahr 2006 ist der Nettostrompreis, d. h. der Strompreis ohne Steuern, trotz gestiegener Rohstoffpreise um 8 % gesunken. Das waren nichts anderes als die Liberalisierungskräfte des Marktes, meine sehr verehrten Damen und Herren. Auch das muss man einmal deutlich sagen.

Gleichzeitig ist in dieser Zeit der Gesamtstrompreis, d. h. der Strompreis inklusive aller Steuern und Abgaben, für die privaten Haushalte um immerhin 14 % gestiegen. Warum ist das so? - Weil die Steuern, die Abgaben und die Umlagen, beispielsweise die Umlage für das ErneuerbareEnergien-Gesetz, in der Zeit von 1998 bis 2006 um fast 80 % gestiegen sind. Da hat der Staat zugelangt, meine Damen und Herren, und niemand anderes.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ingrid Klopp [CDU]: Ganz genau!)

Meine Damen und Herren, wir müssen endlich weg von den rein staatlichen Instrumenten wie Sondersteuern und Mindestpreisregime hin zu marktbasierten Instrumenten wie dem Emissionshandel, mit dem man gleiche ökologische Ziele erreichen kann. Die privaten Haushalte und die Unternehmen, die wir für den Klimaschutz in Deutschland brauchen, müssen dabei aber deutlich günstiger wegkommen. Das muss der Weg sein.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen zwei Wortmeldungen zu Kurzinterventionen vor, und zwar von Herrn Wenzel und von Frau Flauger. Zunächst Herr Wenzel!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dürr, das, was wir heute an erneuerbaren Energien in Niedersachsen haben, insbesondere im Bereich Wind, aber auch Biogas, all das, was auf dem EEG basiert, haben wir in erster Linie der rot-grünen Bundesregierung zu verdanken, die dieses Gesetz so gestrickt hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben das Gesetz immer massiv bekämpft. Wenn man Ihnen gefolgt wäre, hätte man den

wirtschaftlichen Vorteil, die wirtschaftliche Entwicklung und die Marktführerschaft, die wir bei wichtigen Technologien errungen haben, kaputt gemacht.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Das ist doch totaler Blödsinn!)

Sie trauen sich aber heute nicht mehr, Herr Dürr, das offen zu sagen. Sie sprechen jetzt immer von den sogenannten marktbasierten Instrumenten. Aber Sie haben hier noch immer kein eindeutiges Bekenntnis zum Erfolg des EEG abgelegt. Wir sehen in anderen Ländern, was passiert, wenn man diesen sogenannten marktbasierten Instrumenten in der reinen Form folgt. Wir brauchen im Zweifel immer einen fairen Wettbewerb und auch einen Emissionshandel, den ich voll und ganz unterstütze und den ich für richtig halte. Dieser muss eine faire Grundlage haben. Das heißt, dass beispielsweise die Subventionen der Atomindustrie weg müssen. Sie dürfen nicht nur degressiv gestaltet werden, sondern sie haben heute keine Berechtigung mehr.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Warum ist heute noch immer jedes Auto, das auf unseren Straßen fährt, besser versichert als ein Atomkraftwerk? Warum gibt es noch heute steuerfreie Rückstellungen mit 16 Milliarden Euro Steuererleichterung im Jahr? - Das sind Mittel, die man dem Strompreis in Bezug auf Atomkraft hinzurechnen muss.

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen!

Dann ist Ihre Rechnung von vorne bis hinten nicht richtig.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Frau Flauger, Sie haben jetzt das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann mich recht gut erinnern, dass ich hier entweder im März oder im April aus einem Leserbrief zitiert habe, in dem empfohlen wurde, einmal

im Prozentrechenbuch von Herrn Althusmann nachzulesen. Jetzt muss ich feststellen, dass auch Herr Dürr Nachholbedarf im Bereich Prozentrechnung hat.

Herr Dürr, wenn Sie erläutern wollen, dass 13,55 % Anteil erneuerbare Energien an der Stromeinspeisung ein besserer Wert ist als 35,55 % Anteil in Mecklenburg-Vorpommern, weil Mecklenburg-Vorpommern, absolut gesehen, weniger Einwohner hat als Niedersachsen, dann kann ich Ihnen sagen: Diese Art von Prozentrechnung wird sich mir niemals erschließen.

Natürlich können Sie von Linken erwarten, dass sie ein bisschen nachdenken. Dazu dürfen Sie hier auch gerne auf den Tisch hauen, wenn Sie uns dazu auffordern. Aber diese Art von Denken wird sich uns nicht erschließen. Ich frage mich allerdings: Wenn das Ihre Art von Mathematikverständnis ist, dann erklären sich im Nachhinein vielleicht auch einige andere politische Entscheidungen Ihrer Partei.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Andrea Schröder-Ehlers [SPD])

Herr Dürr hat sich jetzt zur Erwiderung gemeldet.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Der Chefmathematiker!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Flauger, ich bin davon ausgegangen, dass es in Mecklenburg-Vorpommern um das Verhältnis zur verbrauchten Menge geht.

Das Zweite, was Sie gesagt haben, war an der Stelle, mathematisch gesehen, auch nicht besser. Das ist das sogenannte Geheimnis der kleinen Basiszahl, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn man wenig Strom produziert und davon einen größeren Teil erneuerbare Energien hat, dann heißt das nicht, dass man einen großartigen Beitrag für erneuerbare Energien für Deutschland leistet, so wie es Niedersachsen tut, meine sehr verehrten Damen und Herren. Da muss man an der Stelle zweimal nachdenken.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zu Herrn Wenzel, zu dem Streit zwischen den marktbasierten Instrumenten, wie sie meine Partei seit Langem fordert, gegenüber dem Mindestpreis

regime wie beispielsweise im EEG oder anderen Instrumenten, die die Grünen favorisieren, möchte ich nur eines sagen: Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier ist das Bessere der Feind des Guten, um es einmal deutlich zu sagen. Natürlich kann man es mit dem EEG machen. Aber man muss den Menschen dann auch sagen, dass es schlicht teurer wird. Das gehört zur Wahrheit dazu! Es ist Aufgabe der Politik, das den Menschen zu sagen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich hatte gehofft, dass auch die Grünen einsehen - dies war einmal, jedenfalls kurzzeitig, die Auffassung der Grünen; an dieser Stelle könnte man sogar Herrn Trittin zitieren -, dass der Emissionshandel das effizienteste, das von der ökologischen Effizienz, von der Treffsicherheit her beste Instrument ist, ein Instrument, das wir europaweit durchsetzen können, das wir am Ende hoffentlich auch global durchsetzen werden und bei dem vielleicht auch die Amerikaner mitmachen. Wenn Sie mit uns gemeinsam für die vollständige Versteigerung der Zertifikate im Jahr 2013 kämpfen, die dann eine Senkung der Stromsteuern zur Entlastung der Kunden in Deutschland bewirkt, dann kämpfen wir in einer Linie.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, jetzt hat sich Herr Minister Sander zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe bereits bei der ersten Beratung darauf hingewiesen, dass der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verfehlt und überflüssig ist.

Herr Kollege Wenzel, wer Klimaschutzpolitik erfolgreich betreiben will, muss eine Bestandsanalyse machen, die Aufgaben klar definieren und - das ist das Entscheidende - die Menschen mitnehmen. Es hilft nichts, nur Programme aufzulegen. Wir haben es im letzten Jahr erlebt: Auch die Bundesregierung hatte einzelne Programme aufgelegt. Bis die Ausführungsbestimmungen gekommen sind, mussten wir relativ lange warten mit all den Folgen, die das auch auf dem Markt, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien, aber auch im

Bereich der Heizungssysteme mit einer höheren Energieeffizienz, hatte.

Meine Damen und Herren, wir wollen deshalb ein Klimaschutzprogramm im Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen entwickeln. Daher werden wir gemeinsam mit Vertretern aus der Wirtschaft, aus den Gewerkschaften, aus den Umweltverbänden, aus den Kommunen und mit den Kirchen versuchen, Maßnahmen in zwei Bereichen zu entwickeln und uns darauf zu verständigen. Erstens geht es um die Vermeidung von Treibhausgasen und zweitens um die Vorbereitung auf die Folgen des Klimawandels für Niedersachsen. Bevor wir aber über ein Klimaschutzprogramm in Niedersachsen entscheiden, müssen die notwendigen Entscheidungsgrundlagen geschaffen werden.

Regierungskommissionen gibt es mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen bereits seit 20 Jahren, seit der Regierung Albrecht unter dem damaligen Umweltminister Remmers. Das muss man immer wieder betonen. Sie sind eines der erfolgreichsten Instrumente in der Bundesrepublik Deutschland in den Ländern. Alle anderen beneiden uns darum, wie sie geführt worden sind. Vielleicht, Herr Kollege Jüttner, können Sie anerkennend zum Ausdruck bringen, dass dies einen Wert an sich hat. Es ist die solide Arbeit, die in den Regierungskommissionen in der Vergangenheit geleistet wurde, und nicht Aktionismus, die uns in dieser Frage weiterbringt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir haben natürlich auch in der Vergangenheit schon gewisse Erfolge erzielen können, indem wir ein Förderprogramm zur Einführung von Marktneuheiten, das zu Anfang an der einen oder anderen Stelle vielleicht nicht optimal in Anspruch genommen worden ist, aufgelegt haben. Wir haben das Energieforschungszentrum in Goslar auf den Weg gebracht. Wir haben die „Landesinitiative Brennstoffzelle“ auf den Weg gebracht. Im Prinzip überall, wo der Staat Rahmenbedingungen schaffen kann, haben wir gehandelt.

Meine Damen und Herren, wir werden auch im Bereich von Treibhausemissionen weiterhin unsere Möglichkeiten nutzen. Dazu haben wir z. B. bis zur Förderperiode 2013 12 Millionen Euro an EFREMitteln zur Verfügung, mit denen wir die Energieeffizienz vor allen Dingen im kommunalen Bereich steigern wollen.