Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich bin der Fraktion DIE LINKE sehr dankbar, dass sie diesen Punkt noch auf die Tagesordnung zur Aktuellen Stunde gesetzt hat. Die Region im Braunschweiger Land, die Region um Elm und Asse ist
letzten Endes gezwungen zu handeln, aus eigener Initiative dieses Schwarzer-Peter-Spiel zwischen den verschiedenen Ministerien zu beenden. Die Hinhaltetaktik und die Kompetenzrangelei zwischen dem Bundesumweltministerium und dem niedersächsischen Umweltministerium sind für die Region mittlerweile unerträglich geworden, meine Damen, meine Herren.
Ich sage auch ganz deutlich: Wir haben uns in den letzten Wochen sehr allein gefühlt. Ich bin den beiden Samtgemeindebürgermeisterinnen Frau Naumann und Frau Bollmeier sehr dankbar, dass sie diese Unterschriftenaktion gestartet haben. Sie werden sehen, in wenigen Wochen werden wir mehrere Tausend Unterschriften zusammen haben. Die werden dann Herrn Röttgen vorgelegt werden, damit er noch stärker motiviert wird, endlich in die Region zu kommen.
Ich sage auch herzlichen Dank an die SPD-Fraktion, die sofort bereit war, sich an der Unterschriftenaktion zu beteiligen und zu unterschreiben. Herzlichen Dank dafür!
Ich möchte noch einmal betonen, meine Damen und Herren: Wir haben es hier mit dem größten Umweltproblem der Republik, möglicherweise mit dem größten Umweltproblem Europas zu tun. Wir haben es mit einem Bundesumweltminister zu tun, der abtaucht, der sich kurz nach seiner Amtseinführung in der Asse-II-Begleitgruppe 20 Minuten vorgestellt hat, aber dann schon weg war. Zwei Jahre lang hat er sich nicht blicken lassen. Er hat nicht mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesamtes für Strahlenschutz gesprochen. Er hat nicht mit den Bergleuten unter Tage gesprochen, die dort eine verdammt wichtige und verdammt schwere Arbeit machen. Er ist einfach abgetaucht. Das zeigt auch die Motivation von Herrn Röttgen bei diesem Thema, meine Damen und Herren!
Im Übrigen hat auch - mittlerweile gibt es ein Lebenszeichen der CDU, auch der regionalen CDU, Herr Nacke - der Vorsitzende des CDU-Landesverbandes Braunschweig in einer Pressemitteilung bemerkt, dass es Herr Röttgen an Führung hat mangeln lassen. - Es ist schon ziemlich markant, wenn aus den eigenen Reihen gesagt wird, der Bundesumweltminister kann nicht führen. Das ist
Das gilt auch für die Niedersächsische Landesregierung, die dieses Schwarzer-Peter-Spiel ständig mitgetragen hat. Die Bremser beim Thema Asse sitzen von mir aus gesehen rechts in diesem Haus, meine Damen und Herren.
Herr Dr. Birkner, es gibt in der Tat eine 100-TageSchonfrist. Aber Sie waren lange auch Staatssekretär. Es wäre ein großer Wunsch von uns gewesen, wenn Ihr Einfluss auf Ihren Chef größer gewesen wäre, das Projekt der Rückholung der atomaren Abfälle aus der Asse stärker voranzutreiben. Es wäre sinnvoll und gut, wenn Sie jetzt den Zickzackkurs Ihres Vorgängers beenden würden.
Der Presse ließ sich heute entnehmen, dass Sie durchaus bereit sind, unseren Forderungen nach einer stärkeren politischen Steuerung einer möglichen Interventionsgruppe nachzukommen. Ich freue mich auf die Diskussion, die morgen folgen wird, meine Damen und Herren.
Ich sage an dieser Stelle auch: Hier wird ja durchaus das eine oder andere gefordert. So forderten einige CDU-Politiker einen Sonderstaatssekretär. Ich glaube, den brauchen wir nicht. Ich sehe überhaupt keinen Sinn darin, die Verwaltung in diesem Punkt noch weiter aufzublähen. Nein, meine Damen und Herren, nicht ein Staatssekretär muss es machen - der Minister muss es machen! Wir brauchen hier nicht die zweite Garnitur. Wir brauchen nicht Schmidtchen - Schmidt muss es machen, meine Damen und Herren!
Natürlich muss es Minister Röttgen auch wollen. Was wir bisher von ihm zu diesem Thema gehört haben, waren letzten Endes nur Lippenbekenntnisse - nicht mehr und nicht weniger. Herr Dr. Birkner, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie als Niedersachse hier offensiv agieren und zu Problemlösungen beitragen würden.
Der Presse ist zu entnehmen: Herr Röttgen fordert. - Ich sage noch einmal: Dieser Mann ist Minister. Er muss nicht fordern, sondern er muss handeln! Das tut er nicht!
Meine Damen und Herren, Herr Thümler, es ist, glaube ich, an Dreistigkeit und Frechheit in keinster Weise zu überbieten, Herrn Gabriel an dieser Stelle vorzuwerfen, er sei Teil des Problems.
Er war der erste Umweltminister, der für die Rückholung der Abfälle aus der Asse gewirkt hat. Seitdem Herr Röttgen Minister ist, ist in der Asse rein gar nichts passiert.
(Beifall bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Reine Show war das von Gab- riel! Nichts hat er getan! Das weiß je- der, in der Region allemal! Und Herr König gleich dazu! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anlass dieser Diskussion ist u. a. der Vermerk des Bundesamtes für Strahlenschutz, der zu einer kalendarischen Unzeit, nämlich einen Tag vor Weihnachten, an die Öffentlichkeit gekommen ist.
Aber inhaltlich kam er nicht zur Unzeit. Ich glaube vielmehr, das war richtig, weil dieser Vermerk auf ganz wesentliche Probleme in der aktuellen Diskussion um die Asse aufmerksam macht. Das ist die Frage der Genehmigungs- und Verfahrensdauer gerade unter dem Gesichtspunkt der Destabilisierung des Grubengebäudes, also der Standsicherheit. Das ist die Frage des Schachtes 5, der möglicherweise in einem FFH-Gebiet abgeteuft werden muss. Das ist natürlich die Frage der Lauge vor Kammer 12. Das ist die Frage der Inertisierung der anzubohrenden Kammer mit Stickstoff.
Und das ist natürlich das immer über uns schwebende Damoklesschwert des auslegungsüberschreitenden Ereignisses, der Verlagerung des großen Lösungszutritts in der Südflanke.
Es ist absolut richtig, öffentlich über diese Probleme zu reden. Aber das Schlimme an dem Vermerk des Bundesamtes für Strahlenschutz ist die letzte Aussage, nämlich der Vorschlag - ich zitiere -: „Es wird vorgeschlagen, bereits jetzt alle fachlichen und kommunikativen Vorbereitungen für eine Aufgabe des Projekts ‚Rückholung’ zu treffen.“ - Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Vorschlag ist für die Menschen in der Region Braunschweig/Wolfenbüttel absolut unakzeptabel.
Das gilt - ich sage das ausdrücklich - sowohl in Richtung der Verfasser als unakzeptabel als auch in Richtung derjenigen, die sich das jetzt zu eigen machen und die Rückholung deswegen beenden wollen.
Wir brauchen jetzt ein klares Bekenntnis der politisch Verantwortlichen für die Rückholung. Ich bin Dr. Stefan Birkner sehr dankbar, dass er das heute gleich an seinem ersten Arbeitstag öffentlich getan hat.
Unser Ziel muss es sein, an der Rückholung so lange zu arbeiten, bis sie entweder realisiert ist - was sehr wünschenswert wäre - oder bis wirklich alle sagen: Das ist nicht mehr zu verantworten. - Ich glaube, da spielen die Menschen vor Ort eine wesentliche Rolle. Ich glaube, die Menschen vor Ort sind so verantwortungsbewusst, dass auch sie letztendlich, wenn die Gefahren zu groß sind, sagen würden, dass man sich von einer Rückholung verabschiedet. Aber dann müssen wir auch aus der Vergangenheit lernen, dass wir den Menschen vor Ort deutlich mehr Vertrauen entgegenbringen müssen.
Wir sind noch lange nicht an dem Zeitpunkt angekommen, an dem wir uns von einer Rückholung zu verabschieden haben. Wir sind jetzt an einem Zeitpunkt angekommen, an dem wir gemeinschaftlich die anstehenden Probleme lösen müssen, anstatt aufzugeben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Dazu gehört, dass wir eine Lex Asse installieren. Wir haben alle gesagt, das Bergrecht war uns in der Öffentlichkeitsbeteiligung zu wenig. Wir stellen jetzt fest, dass das Atomrecht für ein marodes Grubengebäude zu viel ist. Deswegen kann die logische Konsequenz nur sein, dass wir
ein Spezialgesetz für die Asse, für dieses größte Umweltproblem der Bundesrepublik auf den Weg bringen. Auch für diesen Vorschlag bin ich Dr. Birkner sehr dankbar.
Ich erwarte, dass wir auch das Problem der Lauge vor Kammer 12 lösen, also uns die Frage stellen: Wo wird die Lauge verfestigt, und wohin kann sie nach der Verfestigung gebracht werden?
Ich gehe auch fest davon aus, dass es keinen einzigen Menschen geben wird, der tatsächlich sagt: Wir dürfen in einem FFH-Gebiet keinen weiteren Schacht abteufen. - Dieser Schacht ist für die Rückholung notwendig. Das wissen alle Beteiligten. Dann darf es ausnahmsweise auch keine Rolle spielen, dass man ihn in einem FFH-Gebiet abteuft, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Man muss auch das Landesumweltministerium kritisch fragen: Ist es nicht jetzt an der Zeit, die Auflage 11 im Genehmigungsbescheid von sich aus umzuformulieren und zu sagen: Jawohl, wir schreiben nur noch vor, wie viel Stickstoff eingebracht werden muss, aber nicht mehr, wie er zu der Anlage kommt, ob er im Lkw oder durch eine Luftzerlegeanlage kommt oder nicht. - Wichtig ist am Ende, wenn es tatsächlich zu einem Brandfall kommt, dass der Stickstoff in die Einlagerungskammer kommt.
Wir brauchen eine Lenkungsgruppe mit den politisch Verantwortlichen. Aber dann müssen wir auch einen weiteren Schritt machen: Diese Lenkungsgruppe muss aus meiner Sicht mindestens zweimal jährlich öffentlich in einem moderierten Verfahren tagen. Denn nur, wenn sie öffentlich tagt, müssen alle die Karten auf den Tisch legen. Und nur dann, wenn alle Karten auf dem Tisch liegen, kommt das Schwarzer-Peter-Spiel tatsächlich zu einem Ende. Damit kommen wir der Rückholung einen Schritt näher, und das muss unser aller Ziel im Niedersächsischen Landtag sein.