Protokoll der Sitzung vom 22.02.2012

Sie von den Linken wollen allerdings den Eindruck erwecken, dass in Niedersachsen nur prekäre Arbeitsverhältnisse geschaffen worden sind. Aber auch hier gilt: Schauen Sie sich die Zahlen einmal genau an! Zwischen 2003 und 2011 sind 130 000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse geschaffen worden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Zahl der Beschäftigten mit Fachhochschul- und Hochschulabschluss ist um 54 000 gestiegen. Auch das ist niedersächsisches Jobwunder! Sie sollten endlich damit aufhören, dieses Jobwunder kaputt zu reden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun noch ein Wort an Herrn Hagenah und an Herrn Schminke. Ich habe in der letzten Plenarwoche über die Bemühungen des hannoverschen Oberbürgermeisters und Spitzenkandidaten der SPD für die kommende Landtagswahl berichtet,

1 500 neue Arbeitsplätze zu schaffen, indem ein neues Logistikzentrum gebaut wird; allein die Hallen sollen so groß sein wie der hannoversche Schützenplatz. Ich habe darauf hingewiesen, dass der Spitzenkandidat der SPD nichts, aber auch gar nichts getan hat, um sicherzustellen, dass das alles sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse werden. Dem ist in der gesamten hannoverschen SPD bemerkenswerterweise ja auch nicht widersprochen worden.

Reagiert haben die Grünen. Sie haben eine Bürgerversammlung durchgeführt, und was dort passiert ist, kann man in der HAZ vom 8. Februar 2012 nachlesen. Eingeladen wurde ein Vertreter der Gewerkschaft ver.di, einer - Sprachgebrauch Schminke - „anständigen Gewerkschaft“. Der ver.di-Vertreter hat dargestellt, dass das Unternehmen, das sich dort ansiedeln soll, üblicherweise ein Drittel seiner Beschäftigten unbefristet sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Zwei Drittel hingegen werden als sogenannte Zeitarbeiter beschäftigt; gemeint sind Befristete, Minijobber und Praktikanten.

Der ver.di-Vertreter hat auch gesagt, was die verdienen werden: Das eine Drittel, 500, bekommen 11 Euro pro Stunde, und die anderen zwei Drittel, die 1 000, bekommen 6 Euro pro Stunde. So war es zu lesen. Darauf machte sich bei dieser Veranstaltung begreiflicherweise Empörung breit, und an Ihre grünen Parteifreunde wurde die Frage gerichtet, was sie denn dagegen tun wollen, dass solche prekären Arbeitsverhältnisse geschaffen werden.

Nun zitiere ich einmal aus der HAZ vom 8. Februar 2012, was darauf geantwortet wurde:

„Ähnlich argumentierten GrünenPolitiker Dette und Hannovers Umwelt- und Wirtschaftsdezernent Hans Mönninghoff (Grüne). Das Jobangebot für Geringqualifizierte sei wichtig für Hannovers Arbeitsmarkt...“

Lieber Herr Hagenah, erklären Sie den Menschen draußen einmal, wie es sein kann, dass Sie hier im Landtag prekäre Beschäftigungsverhältnisse verteufeln, sich in Hannover aber massiv dafür einsetzen, dass sie in so großer Zahl geschaffen werden. Ihr Verhalten ist unaufrichtig.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt hat sich Herr Minister Bode zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Januar 2012 ist die Arbeitslosenquote in Niedersachsen im Vergleich zum letzten Jahr auf 9,6 % und damit auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren gesunken. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist um mehr als 2 000 gesunken. Wir haben weiniger arbeitslose Schwerbehinderte und auch weniger arbeitslose Ausländer in Niedersachsen. Die Jugendarbeitslosigkeit ist gegenüber dem letzten Jahr noch einmal um rund 12 % zurückgegangen. Auch dort haben wir den niedrigsten Stand seit 13 Jahren.

Deshalb haben die Linken in der Tat recht. Das ist ein niedersächsisches Jobwunder, und darauf können wir stolz sein.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aber anders, als hier unterstellt wird, haben wir auf der anderen Seite gerade keinen Rückgang, sondern vielmehr einen deutlichen Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, und zwar um 3,2 % auf rund 2,6 Millionen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Und kann man davon leben?)

Damit stehen wir in Deutschland an der Spitze, und darauf sollte man doch auch einmal stolz sein. Man sollte Niedersachsen dafür loben, dass das so ist, und nicht immer nur meckern und das Land schlechtreden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das gilt gerade dann, wenn man sich einmal ansieht, wie es z. B. in den südeuropäischen Ländern aussieht. Dort staunt man nämlich nicht schlecht darüber, welchen Erfolg wir am Arbeitsmarkt haben. Dieser Erfolg hat natürlich seine Ursachen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Adler?

Nein, ich möchte am Stück vortragen, Herr Präsident.

Der wichtigste Grund für unseren Erfolg ist nach meiner festen Überzeugung die Beschäftigungsförderung, die Beschäftigungssicherung, auf wir unsere Arbeitsmarktpolitik der letzten Jahre ausgerichtet haben und zu der auch die Sozialpartner einen ganz wichtigen Beitrag geleistet haben. Unsere Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen und die Tatsache, dass wir die Einstiegsmöglichkeiten nicht gegen die Wirtschaft, sondern mit der Wirtschaft ausgerichtet haben, waren die Instrumente, die zum Erfolg geführt haben.

Vonseiten der Opposition wird das Ganze aber immer so dargestellt, als sei dieser Beschäftigungszuwachs gar nichts wert, da nur prekäre Beschäftigungsverhältnisse geschaffen worden seien. Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun seien Sie bitte einmal so fair und sagen Sie uns, was für Sie ein prekäres Beschäftigungsverhältnis ist. In der Fachwelt und in der Wissenschaft ist dieser Begriff nämlich höchst umstritten. Dort spricht man eher von „atypischer“ oder von „flexibler“ Beschäftigung, nämlich der Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses vom sogenannten - - -

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Schön- rednerei! - Kreszentia Flauger [LIN- KE]) : Neusprech!)

- Wollen Sie die Wissenschaft kritisieren?

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Nein, Sie!)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Dr. Sohn?

Nein. Ich versuche ja gerade, es Herrn Adler zu erklären, Herr Sohn. So viel Zeit sollten Sie mir geben.

Herr Adler, es geht um die Abgrenzung zu einem normalen Beschäftigungsverhältnis mit abweichenden Kriterien, beispielsweise hinsichtlich der Dauer, des Umfangs oder der Lohnhöhe. Dies entspricht nicht automatisch und in jedem Fall dem Begriff „prekär“, den Sie hier zum Diskreditieren verwenden.

(Zuruf von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

Vielmehr ist es so, wie Frau König ausgeführt hat, nämlich dass durch diese Flexibilisierung des Arbeitsmarktes Menschen die Chance bekommen

haben einzusteigen, Tritt zu fassen und auf eigenen Füßen zu stehen. Ohne diese Flexibilisierung wären diese Menschen außen vor geblieben und arbeitslos geblieben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir müssen auf diejenigen schauen, die noch nicht im Arbeitsmarkt sind und die noch keine Chance haben. Ihnen müssen wir Angebote machen. Das ist eine soziale Aufgabe für uns.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Schminke, Sie haben natürlich vollkommen recht, dass Elemente des Lohndumpings dadurch keinen Vorschub bekommen dürfen. Man darf die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen nicht missbrauchen bzw. sie aushöhlen. Insofern haben Sie auch die volle Unterstützung der Landesregierung. Bei Verdachtsmomenten, wie sie gerade in Baden-Württemberg, NordrheinWestfalen, Sachsen oder Thüringen ans Licht gekommen sind, wo illegale Scheinwerkverträge vorgefunden worden sind, wird mit aller Härte dagegen vorgegangen.

Ich sage Ihnen: Die Niedersächsische Landesregierung unterstützt nicht nur das Vorgehen der betroffenen Bundesländer, sondern auch in Niedersachsen wird, wenn es hier solche Fälle gibt, mit aller Härte des Gesetzes dagegen vorgegangen. Allerdings wollen wir, dass Menschen, die noch nicht in Arbeit sind, in Arbeit kommen. Das ist unser Auftrag.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich stelle fest, dass die Besprechung zu Punkt e der Aktuellen Stunde und damit die Aktuelle Stunde insgesamt beendet ist. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

In Abänderung der Tagesordnung rufe ich jetzt Tagesordnungspunkt 16 auf.

Dringliche Anfragen

Es liegen drei Dingliche Anfragen vor. Wir behandeln heute vereinbarungsgemäß aber nur die Dringliche Anfrage unter a.

Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise wie üblich noch einmal darauf hin, dass einleitende

Bemerkungen zu Zusatzfragen nicht zulässig sind. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, sich schriftlich zu Wort zu melden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 a auf:

Distanz zwischen Regierung und Wirtschaft: gestern - heute - morgen! - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 16/4485

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Haase. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Haase. Bitte schön!

Ich bedanke mich, Herr Präsident.

Vor dem Hintergrund der in den vergangenen Monaten und Wochen bekannt gewordenen Nähe zwischen Mitgliedern der ehemaligen und aktuellen Landesregierung und Vertretern der Wirtschaft fragen wir die Landesregierung:

1. Liegen der aktuellen Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, warum die Vorgängerregierung unter Ministerpräsident Christian Wulff über ihr Engagement bei der Vorbereitung und Organisation des „Nord-Süd-Dialogs 2009“ dem Parlament nicht die volle Wahrheit gesagt hat?

2. Welche Aufklärungsarbeit in Umfang und Tiefe - z. B. Nachfragen in Ministerien usw. - wurde vonseiten der Landesregierung geleistet, um entsprechende parlamentarische Anfragen zum „NordSüd-Dialog 2009“ nach bestem Wissen, vollständig und unverzüglich zu beantworten, und zwar im Zeitraum März/April des Jahres 2010, im Jahr 2012 vor dem 19. Januar sowie im Jahr 2012 nach dem 19. Januar?