Protokoll der Sitzung vom 20.03.2012

Unser Antrag ist richtig und wichtig, wie die Auseinandersetzungen über die Bejagung der Wildgänse, die immer wieder vorkommen, zeigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Landesregierung hat mit der Änderung der Jagdzeitenverordnung von 2008 die Regelungen zur Jagd auf hier rastende Wildgänse ausgeweitet. Viele Vogelschützer liefen und laufen immer noch Sturm gegen diese Verordnung aus 2008 und fordern, sie zu kippen. Der NABU fordert z. B., die Gänsejagd in Niedersachsen landesweit abzuschaffen, und beklagt, dass die nordischen Gänse hilfsbedürftiger denn je seien.

Dieser Antrag ist ein Kompromissantrag. Die Argumente aus der Anhörung haben wir aufgenommen - deshalb der Änderungsantrag. Wir fordern nicht, die Bejagung von Wildgänsen generell zu verbieten, sondern wollen die Verwechselungsgefahr vermindern und die Jagd tierschutzgerechter und umweltverträglicher gestalten.

(Beifall bei der LINKEN - Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Da haben Sie sich ja was vorgenommen!)

So haben wir den Begriff „heimisch“ durch „hier brütend“ ersetzt, weil das präziser beschreibt, was wir wollen. Die Jagdzeiten sollen für die hier brütenden Graugänse begrenzt werden.

Ich kenne die Argumente, die aus gewissen Jägerkreisen kommen und die vielleicht gleich auch hier wieder zu hören sind, zur Genüge. Viele wollen die Einschränkung der Bejagung von Wildgänsen am liebsten gar nicht oder weiterhin munter mit Bleischrot ballern.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Da bal- lert keiner, da wird geschossen, Frau Kollegin!)

Gerade aus diesem Grund bleibe ich dabei - das ist auch Fakt -: Die Verwendung von Bleischrot vergiftet die Umwelt, und Stahlschrot ist wegen der möglichen Querschläger gefährlich. Außerdem werden durch Schrotschüsse in den Schwarm immer wieder Tiere verletzt, die langsam zugrunde gehen. Also geht die Verwendung von Schrot gar nicht.

Ich hatte ausgiebig Zeit, verschiedene Jäger zu befragen und befragen zu lassen.

(Zustimmung bei der LINKEN - Hei- terkeit bei der CDU - Jens Nacke [CDU]: Ich kenne einen Jäger, der ei- nen Jäger kennt!)

Ich muss sagen: Viele Jäger sehen das Problem mit dem Schrot, besonders mit dem Bleischrot. Viele würden das Verbot von Schrotmunition akzeptieren. Sie würden es als besonders anregende Herausforderung mit Blick auf ihre Jagdkunst betrachten, wenn auf Wildgeflügel nur noch mit der Kugel und - wohlgemerkt - mit kleinem Kaliber gejagt werden dürfte. Denn dabei zeigt sich, wer Geduld und eine sichere Schusshand hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich zitiere dazu Herrn Thienel vom Arbeitskreis Feuchtwiesenschutz aus der Anhörung: Eine waidgerechte Jagd erfolgt in Wesel am Niederrhein. Dort wird mit entsprechendem Kaliber auf stehende oder sitzende und nicht auf fliegende Gänse gejagt. Man kann dann genau sehen, welche Art es ist und ob man eine junge oder alte Gans abschießt.

(Heiterkeit bei der CDU - Frank Oesterhelweg [CDU]: Das ist aber unwaidmännisch!)

Es geht also; und es geht auch mit bleifreien Kugeln.

Meine Damen und Herren, zur Problematik der Fraßschäden verweisen wir nochmals auf die geltende Regelung aus Nordrhein-Westfalen. Wir haben sie uns angeschaut: Das wird über die Landwirtschaftskammer abgewickelt und wurde übrigens schon vor der Regierungszeit der jetzigen Landesregierung praktiziert. Bedenken Sie: Dies wäre ein gangbarer Weg auch für Niedersachsen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt der Kollegin Schröder-Ehlers das Wort. Bitte, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN - Frank Oesterhelweg [CDU]: Die Begründung würde uns interessieren!)

- Warten Sie mal ab, was jetzt kommt!

Dieser Antrag spricht zwar einen Konflikt an, dessen Lösung alle Beteiligten immer wieder vor große Herausforderungen stellt, aber die von den Linken hier gefundenen Antworten stimmen nicht ganz.

Meine Damen und Herren, es geht um die Abwägung zwischen dem Schutz der in Niedersachsen rastenden Zugvögel, der Frage, wie viele Belastungen ein Landwirt auf seinen Flächen ertragen muss und kann, ob Jäger überhaupt durch gezielte Abschüsse helfen können und ob die Gänsejagd so praktiziert wird, dass die Regeln auch eingehalten werden.

Die Gänsejagd war gerade in Niedersachsen immer wieder Thema. Niedersachsen ist eines der größten Rastgebiete für Wildgänse in Europa. Wildgänse fühlen sich im Rheiderland, in der Krummhörn, in der Wesermarsch und auch im Kehdinger Land sichtlich wohl. Sie haben auf ihrem Vogelzug hier schon immer Rast gemacht und Energie für die weitere Reise geschöpft.

Sie alle wissen es: Es ist ein sehr beeindruckendes Naturschauspiel, wenn die Gänse in riesigen Schwärmen auf diese Flächen einfallen. Durch vielfältige Bemühungen entlang der Vogelzugrouten ist es ja auch gelungen, einzelne Populationen wieder zu stabilisieren oder auch zu erhöhen, während man sich um die Nonnengänse immer noch Sorgen machen muss.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Nonnengänse? Ausgerechnet Non- nengänse?)

- Sprechen Sie mal mit den Umweltverbänden!

Sagen muss man aber auch, dass die Population der Bläss-, Saat- und Ringelgänse in ihren arktischen Brutgebieten nicht zugenommen hat. Sie haben aber ihre Routen verändert, und durch den Klimawandel werden sich auch in Zukunft weitere Verschiebungen ergeben. Zum Teil bleiben die Tiere schon jetzt länger bei uns als früher.

Aber so schön diese Tierschwärme auch anzuschauen sind und so wichtig ihr Schutz ist - man darf die Probleme der Landwirte nicht vergessen. Es gibt Studien, die die Schäden, die die Gänse anrichten, immer wieder belegen. Da die Tiere länger hierbleiben - das habe ich eben schon gesagt -, fressen sie logischerweise auch mehr. Gleichzeitig werden die landwirtschaftlichen Flächen immer knapper, und die Folgeschäden erhöhen sich damit ständig.

Mit einem guten Management ist es in den vergangenen Jahrzehnten gelungen, die Interessen von Naturschutz und Landwirtschaft immer wieder auszugleichen. Der Vertragsnaturschutz und die von Herrn Jüttner eingeführten Ausgleichszahlungen haben geholfen. Daher ist es nur folgerichtig, dass die Ausgleichszahlung jetzt von 160 Euro pro Hektar auf 250 Euro pro Hektar erhöht wird. Da ist Herr Birkner in der Pflicht.

(Zuruf von Helmut Dammann-Tamke [CDU])

Große Unruhe, Herr Dammann-Tamke, ist dann allerdings von Ihnen geschaffen worden, Herr Ehlen. Es war ein Wahlgeschenk an die Jäger, eine Morgengabe für Sie, Herr Dammann-Tamke, als im Dezember 2007 kurz vor der Landtagswahl die Jagd auf die Nil-, die Bläss- und die Saatgänse erlaubt wurde und die Jagdzeiten für die heimischen Grau- und Kanadagänse verändert wurden.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Da muss ich mich ja noch bedanken!)

Seither führt gerade die Gänsejagd leider immer wieder auch zu Ärger. Einzelnen Jägern gelingt es eben nicht, die geschützten und die nicht geschützten Gänse auseinanderzuhalten. Gejagte Gänse werden scheu, flüchten bereits auf große Distanz und benötigen durch häufiges Umherfliegen letztlich noch mehr Futter und noch mehr Energie - und das zulasten der Landwirte.

Werden sie durch Bleischrotpartikel nur verletzt, verenden sie später qualvoll, was die Umwelt mit Blei belastet. Dabei sind die Abschusszahlen nicht einmal hoch. Darauf weisen Ihre Fachleute, Herr Lindemann, hin. Niedrige Abschusszahlen, aber immer wieder viel Ärger!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Problem werden wir nicht mit den Jägern lösen können. Hier braucht es ein abgestimmtes Management, das die Umweltverbände, die Landwirte, die Touristiker und die Behörden mit einbezieht und das sich den regional unterschiedlichen Situationen anpasst. Ich glaube, meistens funktioniert das.

Ganz kurz noch zum Schrot: Ursprünglich war in Ihrem Antrag von einem Verbot von Bleischrot die Rede. Meine Damen und Herren, Bleimunition muss in der Tat verboten werden, weil die Schäden für die Umwelt groß sind. Moderne Waffen brauchen keine Bleimunition mehr. Es gibt Bun

desländer, in denen die Bleimunition bereits verboten ist. Auch Sie, Herr Dammann-Tamke, werden Ihren Mitgliedern die Notwendigkeit eines solchen Verbotes erklären müssen. Es ist aber nicht zielführend, auf Schrot in Gänze zu verzichten. Darum lehnen wir diesen Antrag ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Dammann-Tamke hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet.

Liebe Frau Kollegin Schröder-Ehlers, ich will nicht auf fachliche Dinge, was die Gänse betrifft, eingehen, aber auf Ihre Ausführungen zur Munition.

Es gibt die Kugel- und die Schrotmunition. Ich glaube, vielen hier im Saal ist nicht klar, dass es in einigen Bundesländern durchaus Initiativen gibt, für Kugelmunition auf alternative Stoffe zurückzugreifen. Diese Alternativen sind derzeit aber noch nicht praxistauglich, weil man z. B. noch nicht die Toxizität der Alternativmetalle kennt.

Aber, Frau Schröder-Ehlers - bitte zuhören! - beim Schrotschuss, der mit der Flinte abgegeben wird, z. B. auf den Hasen, den Fuchs oder auf das Federwild, gibt es heute, auch in den anderen Bundesländern, noch keine Alternative, die Sicherheit und tierschutzgerechtes Töten verbinden kann. Das wollte ich Ihnen heute noch mitteilen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Schröder-Ehlers möchte antworten.

Herr Dammann-Tamke, manchmal hilft Zuhören. Wenn Sie wirklich zugehört hätten, hätten Sie gemerkt, dass ich die Schrotmunition nicht gänzlich verdammt habe, sondern dass ich darauf hingewiesen habe, dass wir beispielsweise - wie es in Brandenburg bereits üblich ist - demnächst auf Bleischrot verzichten sollten.

(Hans-Heinrich Ehlen [CDU]: Sie ha- ben gesagt, das gehört verboten!)