Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

Deswegen sagen wir: Wer mehr neue Schulden macht, als er darf, der muss die Konsequenzen automatisch zu spüren bekommen,

(Johanne Modder [SPD]: Das ist das Papier nicht wert, Herr Dürr!)

und er muss im Extremfall auch damit rechnen, dass der Sparkommissar vorbeikommt und die Sache für ihn regelt.

Meine Damen und Herren, die Eurokrise macht uns allen das doch mehr als deutlich. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Politik. Ganz Europa kämpft gerade darum, Griechenland für Wachstum und Beschäftigung wieder fit zu machen. Die SPD aber fordert genau das Gegenteil von dem, was jetzt in Griechenland passiert und passieren soll.

In Griechenland wird das Renteneintrittsalter erhöht. Hier wehrt sich die SPD bei der Rente mit 67 und macht eine Rolle rückwärts. In Griechenland werden staatliche Unternehmen privatisiert. Hier will die SPD wieder verstaatlichen.

(Stefan Schostok [SPD]: Frau Merkel hat die Banken verstaatlicht!)

In Griechenland werden buchstäblich Berge versetzt, um aus der Schuldenfalle herauszukommen. Hier bei uns will die SPD munter weiter Schulden machen, und sie orientiert sich dabei an wem? - An Nordrhein-Westfalen.

Herr Kollege Schostok, liebe, verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD, es kann ja sein, dass Sie sich neuerdings für griechische Mythologie interessieren. Ich sage Ihnen: Hannelore, die Schuldengöttin, hat es nie gegeben. Die gab es damals

nicht auf dem Olymp. Sie gibt es heute ausschließlich in Düsseldorf. In Hannover darf es niemals so weit kommen, meine Damen und Herren.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Nacke das Wort.

(Zuruf von Ronald Schminke [SPD] - Weitere Zurufe)

- Sie können aber noch einmal durchatmen, Herr Kollege! - Ich muss den einen oder anderen Kollegen jetzt warnen. Auch die Zwischenrufe aus der letzten Reihe kommen gelegentlich hier vorne an.

(Heiterkeit)

Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, die Aufnahme einer Schuldenbremse in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland war möglicherweise die größte Leistung, die seinerzeit die Große Koalition aus CDU und SPD,

(Stefan Schostok [SPD]: Wer war da- mals Finanzminister? Peer Stein- brück!)

auch mit Zustimmung der FDP, vollbracht hat.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist keine Leistung! Das ist eine Peinlich- keit!)

Ich räume gerne ein, dass es damals in den Reihen der CDU häufig geheißen hat: Wir hätten nicht gedacht, dass die SPD das mitmacht. Wir hätten nicht gedacht, dass wir das auf Bundesebene schaffen.

Ich finde, diese Schuldenbremse macht inzwischen endlich einmal wieder eine sehr grundlegende Diskussion deutlich, nämlich die Frage: Wollen wir, wie die SPD, möglichst viel Umverteilung, möglichst viel staatliche Leistungen,

(Stefan Schostok [SPD]: Zukunftsin- vestitionen!)

über höhere Steuern finanziert, so wie Sie das auf dem Bundesparteitag beschlossen haben,

(Johanne Modder [SPD]: Genau! - Stefan Schostok [SPD]: Richtig!)

so wie Sie das gerade hier ausgeführt haben und so wie Ihr Landesvorsitzender das beispielsweise im Weser-Kurier oder in der Braunschweiger Zeitung sehr deutlich gesagt hat? - Er hat nämlich im Grunde genommen gesagt: Wenn der Bund die Steuern nicht erhöht, dann kann die SPD das Land Niedersachsen nicht regieren. - Deutlicher kann man seine Regierungsunfähigkeit nicht vor Augen führen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: So hat er es gesagt!)

Meine Damen und Herren, wir diskutieren in diesem Haus seit mehr als einem Jahr über die Schuldenbremse. Sie haben sich mehrere Monate eine Auszeit erbeten; wir haben sie Ihnen auch gegeben. Nun haben Sie Ihre Vorschläge unterbreitet. Sie bleiben damit - dies muss ich leider sagen - weit hinter den bereits erreichten Ergebnissen aus den Gesprächen, die wir geführt haben, zurück. Das erweckt natürlich ein bisschen den Eindruck, als opferten Sie den Kompromiss zu einer Schuldenbremse jetzt dem Wahlkampf.

Selbstverständlich, meine Damen und Herren, werden die CDU und die FDP keiner Schuldenbremse zustimmen, die es am Ende möglich machen wird, mehrere Milliarden zusätzliche Schulden gegenüber der bisherigen Planung zu machen. Nein, der CDU-Weg ist ein anderer. Wir stehen zur Schuldenbremse. Wir wollen die Konsolidierung der Haushalte im Sinne unserer Kinder.

(Stefan Schostok [SPD]: Wann denn?)

Aber wir wollen den Menschen natürlich auch Luft zum Atmen lassen.

(Johanne Modder [SPD]: Wie denn?)

Wir wollen staatliche Aufgaben so weit begrenzen, dass die Menschen nicht in den Würgegriff genommen werden. Wir wollen Freiheit, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung, um die Kreativität zu fördern, damit die Menschen etwas unternehmen können; denn auch das bringt am Ende Steuereinnahmen.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was hier neu hochkommt, ist im Grunde genommen eine uralte Diskussion zwischen Sozialisten und bürgerlichem Lager. Man kann die unterschiedlichen Politikstile nicht einfach übertuschen - in Nordrhein-Westfalen ist das gerade grandios

gescheitert -, indem einfach immer weiter neue Schulden gemacht werden. Das ist jetzt endlich vorbei!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte an dieser Stelle noch Folgendes sagen, gerade wenn ich mir anschaue, was Herr Ahlers heute in seinem Bericht geschrieben hat: Ich würde es nicht zu früh aufgeben. Wir dürfen die Politik nicht aufgeben. Das Angebot steht nach wie vor. Ihr Entwurf liegt jetzt endlich vor. Wir werden jetzt wieder in die Gespräche eintreten müssen. Ich finde, das sind wir den Menschen im Land schuldig. Ich schlage dafür die Woche nach Ostern vor. Ich werde Sie erneut in der Runde einladen, in der wir schon so oft zusammengekommen sind. Ich hoffe, dass wir hinter verschlossenen Türen wieder dort anknüpfen können, wo wir schon lange gewesen sind, und dass wir über neue Möglichkeiten sprechen können.

Eines allerdings möchte ich an dieser Stelle sehr deutlich sagen: Die Schuldenbremse wird kommen, so oder so.

(Stefan Schostok [SPD]: Die steht auch im Grundgesetz!)

Entweder machen Sie mit und bringen sich ein - dann schreiben wir die Schuldenbremse in die Niedersächsische Verfassung -,

(Stefan Schostok [SPD]: Vertreten Sie doch einmal Länderinteressen!)

oder Sie führen das fort, was Sie heute ein wenig begonnen haben: Sie führen die Kampfesreden fort und verweigern sich einem Kompromiss. Auch das ist möglich. Aber dann werden CDU und FDP - das kündige ich Ihnen gerne an - die Schuldenbremse in die Landeshaushaltsordnung schreiben. Dann werden wir uns und die Einrichtungen im Land dazu verpflichten. Dann wollen wir einmal schauen, wie Sie sich verhalten und ob Sie sich irgendwann wieder einmal an Haushaltsberatungen beteiligen werden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Klein das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die bisherige Diskussion um die Schuldenbremse in Niedersachsen wird insbesondere von der rechten Seite im Moment ein bisschen nach dem Motto „Vogel friss oder stirb!“ geführt. Das macht aus meiner Sicht mehr als deutlich: CDU und FDP wollen dieses Instrument eigentlich gar nicht wirklich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zurufe von der CDU: Was? - Weitere Zurufe - Glocke des Präsi- denten)

Sie wollen, meine Damen und Herren, ein symbolisch aufgeblasenes Thema für den niedersächsischen Wahlkampf, mit dem Sie hoffen, SPD und Grüne entsprechend diffamieren zu können. Sie wollen an der wirklich paradoxen Legende stricken, Sie selbst seien die größten und einzigen Haushaltssanierer, Herr Kollege.

(Björn Thümler [CDU]: Das, was Sie hier machen, ist so etwas von armse- lig, Herr Kollege! - Gegenruf von Jo- hanne Modder [SPD]: Das ist die Wahrheit!)

Aber das ist natürlich ein Schmarrn, der keinem Faktencheck standhält.

(Beifall bei den GRÜNEN)