Protokoll der Sitzung vom 08.05.2012

Wir haben ein Institut. Dieses Institut kann ausgebaut werden. Es soll nicht privatisiert werden. Aber Sie wollen dieses Geld haben, um Haushaltslöcher zu stopfen. Das ist einfach nicht hinnehmbar, wenn Sie sagen, Niedersachsen soll das Land Nummer eins bei der Nutzung der Windkraft sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege Klein, jetzt erhalten Sie das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir lehnen den Verkauf des DEWI ab. Das DEWI

ist sicherlich auch ein Opfer der Tricks und ungedeckten Schecks, die die Landesregierung bei der Aufstellung ihres Doppelhaushalts 2012/2013 genutzt hat. Darin stehen nämlich auf der Einnahmenseite einige hundert Millionen Euro Verkaufserlöse, mit denen u. a. die Rechnung passend gemacht wurde, um formal die Neuverschuldungsgrenze der Verfassung einhalten zu können. Informationen, wie diese Luftbuchungen tatsächlich gefüllt werden sollen, hat die Landesregierung seinerzeit verweigert. Sie erinnern sich vielleicht noch an die ominösen VW-Optionen.

Mit dem DEWI-Verkauf soll jetzt ein Bruchteil dieser notleidenden Haushaltsstelle gedeckt werden. Es bleibt dabei: Landesvermögen wird für laufende Ausgaben eingesetzt. Das ist letzten Endes auch nichts anderes, als neue Schulden zu machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist jedenfalls keine Reduzierung des strukturellen Defizits, sondern vielmehr ein Löcherstopfen ohne dauerhafte Einnahmenerhöhung. Im Gegenteil sogar! Die Beteiligung - das wissen wir war inzwischen wirtschaftlich und hätte immerhin die Chance geboten, in Zukunft zusätzliche Einnahmen möglich zu machen.

Nun verweist Schwarz-Gelb gern auf den Landesrechnungshof, der sich für eine Privatisierung des DEWI ausgesprochen hat. Schauen wir uns doch diese Begründung einmal näher an! Der Landesrechnungshof sieht kein erhebliches Landesinteresse mehr, weil der Forschungsanteil der Firma nur noch geringe Bedeutung hat, weil die Firma am Markt etabliert und erfolgreich ist, weil sie im Wettbewerb mit privaten Anbietern steht und weil sie international tätig ist.

Meine Damen und Herren, fällt Ihnen irgendetwas auf? Wenn die Erfüllung dieser Kriterien gegen ein erhebliches Landesinteresse spräche, dann gäbe es heute auch kein Landesinteresse mehr an VW, an Salzgitter Stahl, an der Deutschen Messe AG und an einer ganzen Reihe anderer bestehender Landesbeteiligungen.

(Zuruf von Christian Grascha [FDP])

Aber bei diesen Unternehmen, Herr Kollege Grascha, denkt doch niemand an einen Verkauf - außer vielleicht die FDP, wenn sie ganz allein im dunklen Keller ist.

Es ist doch nicht abwegig, auch beim DEWI ein Landesinteresse zu sehen: z. B. ein Standortinteresse für Niedersachsen und ein Interesse an

dauerhaften Arbeitsplätzen mit hoher Qualifikation im strukturschwachen Küstenraum. Die geplanten temporären Standort- und Beschäftigungsgarantien werden nach erfolgtem Verkauf nur schwer durchzusetzen sein, wenn wirtschaftliche Zwänge ins Feld geführt werden. Das kennen wir doch inzwischen.

Die Situation schafft doch schon Fakten, z. B. beim DEWI-OCC. Der Geschäftsführer und einige seiner Fachleute, d. h. der eigentliche werthaltige Kern des Unternehmens, suchen angesichts des Verkaufs inzwischen das Weite. Auch große Kunden haben bereits signalisiert, sich umorientieren zu wollen. Das heißt, damit wird ein funktionierendes Geschäftsmodell zerschlagen, und wertvolles, weil gebündeltes, Know-how verloren geht. Es geht verloren für die Energiewende in Niedersachsen, es geht verloren für die Windindustrie in Niedersachsen und Deutschland, und es geht verloren für den Standort Küste und Cuxhaven und Wilhelmshaven im Speziellen. Hinzuweisen ist auch auf den Verlust von Einfluss auf künftige technische Entwicklungen und Normungen, die häufig sehr entscheidend für die Marktchancen heimischer Unternehmen sein können. Die Privaten werden sich darum wenig scheren.

Ist das alles wirklich die 19 Millionen Euro wert, die für den Verkauf erzielt werden? - Über 0,5 Millionen Euro davon bekommen externe Berater, die den Verkauf organisiert haben. Noch einmal 4 Millionen Euro werden für ein ominöses Projekt „Forschungswindenergieanlage“ abgezweigt, das offensichtlich nur Feigenblattfunktion hat und lediglich die Akzeptanz für die Privatisierung erhöhen soll; denn für das Projekt gibt es bisher weder eine schlüssige inhaltliche Begründung noch eine Zielbestimmung noch ein organisatorisches Konzept.

Last, but not least ist das Geschäft wieder ein Beleg dafür, dass kommunale Interessen unter die Räder kommen, wenn sie kurzfristigen Interessen der Landesregierung im Wege stehen. Der Verkauf erfolgt gegen den ausdrücklichen Willen der kommunalen Minderheitsgesellschafter Stadt und Landkreis Cuxhaven. Er wurde von der Landesregierung - das bemängele ich vor allen Dingen - mit so massiver Ignoranz gegenüber Stadt und Landkreis vorangetrieben, dass denen zur eigenen Interessenswahrung nur noch die Androhung des Klageweges blieb.

Meine Damen und Herren, das ist nun wirklich kein kommunalpolitisches Ruhmesblatt, sondern das kompromisslose Pochen auf das Recht des Stär

keren und für uns ein weiterer Grund, diesen Verkauf abzulehnen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das Wort hat jetzt der Kollege Grascha von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute den Verkauf des Deutschen Windenergie-Instituts. Ich glaube - das geht aus dem Antrag der Landesregierung hervor, und der Finanzminister hat es gerade eben auch noch einmal deutlich gemacht -, dass das eine vernünftige wirtschaftspolitische Entscheidung ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Stellt man sich die Frage, wofür Subventionen in diesem Land eigentlich da sind, beantwortet sie der Fall des DEWI in geradezu idealer Weise. Wir lesen in dem Antrag, dass wir 14 Millionen Euro in dieses Unternehmen investiert haben. Das geschah zu einer Zeit, als in dieser Branche noch keine unternehmerisch tragfähige Konstruktion möglich war. Jetzt, wo diese Branche und auch das Unternehmen marktfähig sind, erhalten wir einen Verkaufserlös von 19 Millionen Euro. Das ist doch perfekt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Landesrechnungshof hat uns zweimal empfohlen, das DEWI zu verkaufen. Dies tat er, weil der Forschungsanteil beim DEWI mittlerweile nur noch 10 % ausmacht. Aus ordnungspolitischer Sicht ist es gegenüber Konkurrenzunternehmen also nicht mehr zu rechtfertigen, dass der Staat in dieser Branche einen Mitbewerber vorhält. Dieser Punkt ist wichtig: Wir wollen eine ordnungspolitisch saubere Lösung.

Herr Kollege Klein hat eben auf VW hingewiesen. Bei VW geht es aber um ganz andere Fragen. Sie müssen nur einmal die Arbeitsplatzzahlen vergleichen! Der Unterschied liegt also in der Größenordnung, meine Damen und Herren.

Für uns war es aber auch ein wichtiges Kriterium - der Finanzminister hat das hier ausgeführt -, dass die Arbeitsplätze im DEWI gesichert werden. Die Standorte können nun über zehn Jahre gesichert werden, und die Arbeitsplätze werden drei Jahre lang garantiert.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Nur für drei Jahre!)

Aus der Vorlage ist auch ersichtlich, dass es darum geht, durch den Einstieg von UL die Kompetenz in diesem Bereich zu steigern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

UL ist auf dem europäischen Markt bisher noch nicht tätig. Hieraus ergibt sich für Niedersachsen die Chance, zusätzliche Kompetenz zu bündeln.

Es wird uns immer vorgehalten - das haben wir auch in den Ausschussberatungen erlebt -, nunmehr würde keine Energieforschung mehr betrieben. Aber das geht doch völlig an der Realität vorbei! Die Energieforschung in Niedersachsen findet an Universitäten bzw. Hochschulen und an sehr erfolgreichen Forschungseinrichtungen statt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich komme zu dem Antrag der Linken. Darin schreiben Sie, dass durch den Verkauf des DEWI Arbeitnehmerrechte in Gefahr seien. Wenn wir dieser Argumentation folgen würden, müssten wir - was ja wohl auch Ihr Ansinnen ist - im Grunde genommen alle privatwirtschaftlichen Betriebe in Niedersachsen verstaatlichen. Das ist aber nicht Sinn und Zweck einer vernünftigen Ordnungspolitik in der Tradition der sozialen Marktwirtschaft in Niedersachsen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich fasse zusammen: Die Entscheidung zum Verkauf des DEWI ist wirtschaftlich vernünftig und ordnungspolitisch geboten. Deshalb wird die FDPFraktion diesem Antrag der Landesregierung zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen noch zwei Wortmeldungen vor. Zunächst hat Herr Hilbers für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir unterstützen nachdrücklich den Antrag der Landesregierung, das DEWI zu veräußern und die entsprechenden Beschlüsse heute zu fassen, auch was die Forschungswindenergieanlage betrifft.

Über diesen Punkt ist mehrfach diskutiert worden. Er findet sich in den Berichten des Landesrechnungshofes, die im Unterausschuss „Prüfung der Haushaltsrechnungen“ und im Haushaltsausschuss besprochen worden sind. Dort ist festgehalten worden: Wenn es nicht gelingt, die Gesellschaft wieder mehr auf Forschung auszurichten und in den Forschungsverbund einzugliedern, dann soll sie veräußert werden.

Diese Prüfung hat stattgefunden. Grundlage für die Eingliederung in einen Forschungsverbund und für eine stärkere Ausrichtung auf die Forschung sollte der Kauf einer Laborwindenergieanlage für Forschungszwecke, die Einrichtung eines Studienganges Windenergie-Ingenieur an der Fachhochschule Wilhelmshaven sowie die Einbeziehung des DEWI in das Spitzencluster ForWind - Zentrum für Windenergieforschung, eine Kooperation zwischen Fraunhofer-Institut und den Universitäten Hannover, Oldenburg und Bremen - sein.

Diese Maßnahmen, meine Damen und Herren, erwiesen sich aus Gründen, die die Landesregierung nicht zu vertreten hat, letztlich als nicht wirtschaftlich und als nicht durchsetzbar. Aus diesem Grunde konnte diese Grundlage nicht geschaffen werden. Die Forschungseinrichtungen haben sich anders aufgestellt. Die Einrichtung von ForWind ist mit Bundesmitteln gestärkt worden. Diese Gelder sind für Forschungsinitiativen des FraunhoferInstituts eingesetzt worden. Die Größe des DEWI war der ausschlaggebende Grund, dass diese Dinge dort nicht angesiedelt werden konnten.

Die Gesellschaft ist jetzt so aufgestellt, dass sie nur noch zu 10 % ihrer Leistung auf Forschung ausgerichtet ist. Das war damals nicht anders. Es ist nicht gelungen, sie mehr auf Forschung auszurichten. Sie macht zu 90 % operatives Geschäft am Markt. Deshalb hat der Landesrechnungshof zu Recht festgestellt - das haben Sie in den Beratungen auch nicht bestritten -, dass dort ein erhebliches Landesinteresse nicht mehr festgestellt werden kann. Außerdem muss man hinzufügen, dass die Gemeinnützigkeit der Gesellschaft irgendwann aufgehoben worden ist. Der Landesrechnungshof hat weiter festgestellt, dass diese Tätigkeit am Markt dazu führt, dass es dort auch Wettbewerbsverzerrungen geben kann.

Einen Punkt haben Sie überhaupt noch nicht beleuchtet. Das Unternehmen wird jetzt mit den Zielen, die angestrebt werden, veräußert. Die Arbeit wird aber fortgesetzt, sie wird sogar noch intensiviert. Das Unternehmen UL Ltd. will es in seine

Konzeption einbeziehen. Bei UL gibt es kein gleichartiges Geschäftsfeld, sondern dieser Bereich ist für das Unternehmen elementar wichtig, um sich zu ergänzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen wird dort nicht abgebaut, sondern eher gestärkt. Das müssen Sie im Zusammenhang mit dieser Frage zunächst einmal erkennen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)