kein Abbaupfad, sondern bis Silvester 2019 jedes Jahr 5 Milliarden Euro neuer Schulden, und über Nacht, wenn die Böller krachen, sind am 1. Januar 2020 plötzlich entweder 5,4 Milliarden Euro mehr da, oder aber die Ausgaben fallen über Nacht. Sie streuen den Leuten doch Sand in die Augen!
(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Stephan Siemer [CDU]: NRW und Griechenland! - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wir reden über die Schuldenbremse! Und was machen Sie? Das, was Sie da erzählen, ist doch Quatsch!)
Herr Kollege Wenzel, ich muss einmal Folgendes sagen: Zusatzfragen werden von hier vorn gestellt. Die ständigen Zwischenrufe in dieser Lautstärke sind eigentlich entbehrlich. Herr Minister Möllring hat jetzt das Wort. Ich bitte darum, dass er angemessen Gehör findet. Man muss seine Auffassung nicht teilen, das ist richtig,
(Johanne Modder [SPD]: Nein! - Ste- fan Schostok [SPD]: Das geht uns auch so! - Gegenruf von Thomas Adasch [CDU]: Das zeigt Ihre ganze Verlegenheit!)
Allerdings kann man - ich habe das schon gestern gesagt, als er beim Ministerpräsidenten dazwischengerufen hat - dem Kollegen Wenzel für die Stichworte nur dankbar sein.
Zu 3: Der am 2. März 2012 unterzeichnete fiskalpolitische Pakt bindet die Bundesrepublik Deutschland in eine striktere Haushaltsdisziplin auf europäischer Ebene ein. Er regelt insbesondere ehrgeizigere mittelfristige Stabilitätsziele sowie strengere Anforderungen an die innerstaatlichen Mechanismen, welche die Erfüllung dieser Verpflichtung gewährleisten sollen. Die Maastrichtkriterien werden massiv verschärft.
Als mittelfristiges Ziel der gesamtstaatlichen Stabilitätspolitik wird verbindlich ein Defizit von höchstens 0,5 % des Bruttoinlandsproduktes festgeschrieben. Die verlässliche Umsetzung dieser Vorgabe in nationales Recht, vorzugsweise in Verfassungsrecht, wird angeordnet.
In der Bundesrepublik Deutschland existieren seit der Grundgesetzreform verfassungsrechtliche Regelungen, die diese Anforderungen im Wesentlichen bereits erfüllen. Zudem wird der Gesamtstaat voraussichtlich bereits in 2013 das neue Mittelfristziel einhalten können.
Allerdings ergibt sich im Hinblick auf das in Aussicht genommene Inkrafttreten des fiskalpolitischen
Paktes Ende 2013 und die den Ländern durch das Grundgesetz eingeräumte Übergangsfrist bis Ende 2019 die Notwendigkeit, in den einzelnen Ländern die Verpflichtung zum Schuldenabbau so zu konkretisieren, dass die gesamtstaatliche Schuldengrenze ab 2014 in Höhe von 0,5 % des Bruttoinlandsproduktes nicht gefährdet wird. Nur so kann die politische Verantwortung nachhaltig und richtig konkretisiert werden, und nur so können zukünftige Generationen vor der Konsumwut der heutigen Gesellschaft geschützt werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der zögerlichen Haltung der Opposition, mit uns gemeinsam ein Neuverschuldungsverbot in die Landesverfassung aufzunehmen, frage ich die Landesregierung, ob sie mir und damit allen in diesem Hohen Hause noch einmal die Notwendigkeit für eine Schuldenbremse erklären kann.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Stefan Schostok [SPD]: Haben Sie es noch nicht verstanden? - Johanne Modder [SPD]: Sie haben es mit der Fraktion also gar nicht dis- kutiert! - Stefan Schostok [SPD]: Ich fand Ihren Vortrag sehr verständlich, Herr Möllring! Warum verstehen Ihre Abgeordneten es nicht? - Gegenruf von Ulf Thiele [CDU]: Das ist für euch, damit ihr es auch versteht!)
Herr Minister Möllring hat das Wort. - Aber Herr Minister, wir warten noch ganz kurz, bis sich die Aufregung gelegt hat.
- Ich bitte dringend darum, dass mehr Ruhe im Plenarsaal einkehrt. Vorher gebe ich Herrn Minister Möllring nicht die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Also liegt es in Ihrer Hand, ob wir fortfahren oder nicht.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie merken an den Reaktionen der Oppositionsfraktionen: Obwohl ich eben versucht hatte, die Notwendigkeit einer Schuldenbremse zu erklären,
Auch in Hinsicht auf den Fiskalpakt wird es notwendig sein - ich hatte es eben vorgetragen -: Gesamtverschuldung 0,5 % des Bruttoinlandproduktes. Wir, die 16 Bundesländer und der Bund, sind im Moment dabei, eine Verständigung darüber herbeizuführen, wie das verteilt wird. Denn nach dem Grundgesetz darf der Bund ab 2016 0,35 % des Bruttoinlandproduktes als Schulden machen. Das hat Herr Steinbrück damals durchgesetzt. Er hat gesagt: 0 % geht nicht. 0 % ist gleich 0,35 %. - Das ist zwar mathematisch falsch, aber ein Kompromiss.
- Frau Kollegin Geuter, wenn man eine Verfassungsänderung macht, ist das vernünftigerweise so geregelt, dass es ein möglichst breiter Konsens ist und es nicht nur von einer einfachen Mehrheit gemacht wird.
Ich bin den Kollegen Struck und Oettinger deshalb ausgesprochen dankbar, dass es ihnen in der Föderalismuskommission II bei allen unterschiedlichen Interessen gelungen ist, zu einer Schuldenbegrenzung bzw. zu einem Schuldenverbot für die Bundesländer zu kommen. Wenn Herr Steinbrück es zur Bedingung macht, dass ab 2016 für den Bund 0,35 % gelten, und wenn das ein Kriterium dafür ist, zu einer Verfassungsänderung zu kommen oder nicht, dann bin ich der Meinung gewesen, dass es besser ist, für die Länder ab 2020 eine Nullverschuldung in unserem Grundgesetz zu haben, auch wenn wir dafür die Kröte haben schlucken müssen, dass beim Bund noch 0,35 % gelten.
Jetzt sind wir dabei, den Bund zu bitten - der Bund hat das auch angeboten -, seine Verschuldung in seiner Planung auf 0,25 % zu senken, damit der Abbaupfad für uns etwas milder abläuft. Denn wenn der Bund bei 0,35 % bliebe, würden für die Länder eben nur noch 0,15 % des Bruttoinlands
produktes übrigbleiben, wenn die Regelung mit insgesamt 0,5 % durchkommt, wie es jetzt beim Fiskalpakt vorgesehen ist. Das wäre für einige Länder ausgesprochen brutal. Deshalb brauchen wir einen Abbaupfad. Wie Ihre Zwischenrufe zeigen, war die Frage von Herrn Dammann-Tamke völlig richtig.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn die bestehenden Schulden nach Auffassung der Landesregierung nicht über die Einnahmeseite, also z. B. durch die Wiederbelebung der Vermögenssteuer, abgebaut werden sollen, frage ich die Landesregierung, ob das Defizit durch Personalabbau im öffentlichen Dienst, also durch Arbeitsverdichtung der in Niedersachsen Beschäftigten, geschlossen werden soll.
(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: „Arbeitsverdichtung“, was ist das für eine Wortbildung!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nein. Wir müssen bei einem Personalkostenanteil von fast 50 % in den Länderhaushalten natürlich jederzeit darüber nachdenken und alle Fantasie entwickeln, dass dieser Block nicht unermüdlich wächst.
Ich habe es schon einmal vorgerechnet: Wenn wir im Jahre 2017 eine Nullverschuldung haben wollen, dann müssen die Einnahmen deutlich stärker steigen als die Ausgaben. Das ist logisch. Auch das ist Adam Riese. Wenn man eine Differenz hat, die Einnahmen unter den Ausgaben liegen und es auf null gehen soll, dann muss die Entwicklung der unteren Linie steiler sein als die Entwicklung der oberen Linie. Ich kann es doch nicht ändern: Das ist Mathematik in der achten oder siebten Klasse.
(Dr. Stephan Siemer [CDU]: So weit sind sie noch nicht! - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Schnodderkönig! Die Be- lehrungen können Sie sich sparen! - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Woher kommen die Einnahmen?)
Bei einem Anteil der Personalausgaben von 50 % ist das eine ganz einfache Rechnung. Wenn man jedes Jahr Personalkostensteigerungen von 2 % hat, macht das bei einem Anteil von 50 % eben 1 % aus. Das heißt, wenn die Ausgaben insgesamt nur um 1 % steigen dürfen, wird man weiter konsolidieren müssen. Das werden wir gemeinsam tun müssen. Das ist doch völlig selbstverständlich.
Niedersachsen ist doch VW-Land. Der Golf VI ist weit besser als alle seine fünf Vorgänger. Dennoch ist es VW gelungen, ihn in weniger Arbeitsstunden herzustellen als den Golf V. Diese Fantasie müssen wir auch im Verwaltungsbereich haben. Wir müssen eben schnellere, einfachere und unkompliziertere Abläufe haben.
(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Schostok [SPD]: Da- für haben Sie zehn Jahre Zeit ge- habt!)
Wir sind ständig an dieser Aufgabe dran, um das alles zu verbessern. Das lässt sich nicht von heute auf morgen machen. Jeden Tag ist das Ziel neu zu definieren. Deshalb werden wir natürlich auch im Verwaltungsbereich konsolidieren müssen. Das ist doch völlig selbstverständlich. Was passiert, wenn wir das so laufen lassen, sehen wir an anderen Staaten - ich will hier keine diffamieren -, die die Verwaltung nicht so im Griff haben wie wir. Dann läuft es völlig aus dem Ruder. Das wollen wahrscheinlich weder Sie noch wir. Das kann auch niemand wollen, weil es schlicht unvernünftig ist.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe eine Frage zum Vorschlag der SPD-Landtagsfraktion. Vor dem Hintergrund des Vorschlags, in Artikel 71 in einem neuen Absatz 3 einen Ausnahmetatbestand c einzuführen, der
dazu führt, dass neue Schulden aufgenommen werden können, frage ich die Landesregierung, wie sie diesen Vorschlag insbesondere verfassungsrechtlich bewertet.