Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal stelle ich mir bei dem Wortbeitrag von Herrn Klein die Frage: Was will die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jetzt eigentlich? - Erst haben Sie uns gesagt, die Erhöhung des Grundfreibetrages würde jetzt überhaupt
noch nicht anstehen. Im gleichen Redebeitrag führen Sie aber aus, dass Sie bereit wären, den Grundfreibetrag um 500 Euro anzuheben. Ja, was wollen Sie denn, meine Damen und Herren? Sagen Sie uns das doch erst einmal!
Da wünsche ich mir doch tatsächlich den badenwürttembergischen Ministerpräsidenten, Herrn Kretschmann, der sich in diese Debatte mittlerweile konstruktiv einbringt. Das gilt auch für die Parteivorsitzende, Frau Roth, die sagt: Wir sind bei diesem Gesetz gesprächsbereit. - Diese Kompromissbereitschaft wünsche ich mir bei den Grünen hier in Niedersachsen. Aber die wünsche ich mir vor allem bei der SPD hier in Niedersachsen und auch in den anderen Bundesländern, meine Damen und Herren.
Ich komme zu der Frage: Worum geht es eigentlich bei diesem Punkt? - Es geht nicht darum, großartig Steuersenkungen durchzuführen, so wie das hier vom Kollegen Brinkmann suggeriert wurde. Das haben Sie zu Ihrer Regierungszeit in zweistelliger Milliardenhöhe gemacht. Hier geht es nicht um eine plumpe Steuersenkung über den kompletten Tarif, sondern es geht um eine Gerechtigkeitsfrage. Im Herbstgutachten der Wirtschaftsinstitute - Sie haben von Experten gesprochen, die sich angeblich alle dagegen ausgesprochen haben - wird darauf eingegangen. In ihm steht geschrieben: Hier bekommt der Staat Mehreinnahmen, die ihm aber im Prinzip gar nicht zustehen. Deswegen ist es sinnvoll, diese Mehreinnahmen aufgrund der konjunkturellen Entwicklung an die Bürgerinnen und Bürger zurückzugeben.
Diese Gerechtigkeitsfrage lässt sich - das ist in dem Entschließungsantrag als Beispiel erwähnt - an zwei Zahlen sehr deutlich machen: Bei Tariferhöhungen vor Bekämpfung der kalten Progression fließen 72 % dieser Tariferhöhung an den Staat. Nach unserer bewusst sensiblen Korrektur sind das immerhin noch 50 %. Meiner Ansicht nach ist das immer noch zu viel, aber trotzdem ist das eine erhebliche Verbesserung, die hier eintritt.
Ja, meine Damen und Herren, das ist das progressive Steuersystem. Bezieher hoher Einkommen zahlen berechtigterweise eben auch mehr Steuern, und deswegen werden sie natürlich bei so einem
Das heißt, bei denjenigen, die entsprechend weniger Steuern bezahlen, ist der prozentuale Entlastungseffekt viel größer. Und das ist auch gut so, weil die Bekämpfung der kalten Progression insbesondere den kleinen und mittleren Einkommensbeziehern helfen soll. Das ist der Ansatz, den wir hier haben, meine Damen und Herren.
Ich möchte zum Schluss ganz klar sagen: Aus den Wortbeiträgen heute Nachmittag ist Ihr Staatsverständnis wieder deutlich geworden. Sie reden immer von angemessener Ausstattung. Es müsse eine Einnahmesicherheit für den Staat herrschen. Selbst bei der Verfassungsänderung über die Schuldenbremse reden Sie darüber, dass der Staat eine Einnahmesicherheit haben muss, dass Verlässlichkeit vorhanden sein muss. Ich höre immer nur: Staat, Staat, Staat.
Wir von CDU und FDP - das ist der Gegensatz zu dieser Politik - sagen: Wir wollen natürlich auf der einen Seite den Haushalt in Ordnung bringen, der Staat soll mit den Einnahmen, die da sind, auskommen, d. h. Ausgaben müssen gekürzt werden. Aber andererseits - und das ist das Entscheidende - darf der Bürger bei dieser Steuerpolitik auch nicht überfordert werden. Das, meine Damen und Herren, verlieren Sie aus dem Blick. Und deswegen ist dieser Antrag gut, und deswegen fordern wir noch einmal dazu auf, dass dem Gesetz der Bundesregierung im Bundesrat zugestimmt wird.
Zu dem Beitrag des Kollegen Grascha gibt es den Wunsch auf eine Kurzintervention durch den Kollegen Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
- Ich bitte Sie, die Gespräche einzustellen oder sie nach draußen zu verlagern. - Vielen Dank. - Herr Klein hat jetzt das Wort. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Grascha, ich will versuchen, es Ihnen noch einmal zu erklären.
Man kann und darf gegen die Erhöhung des Grundfreibetrages zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums überhaupt nichts haben. Das ist Verfassungsgebot. Selbstverständlich werden wir das nachvollziehen und mitmachen. Es ist aber entscheidend, dass diese Erhöhung nicht zwangsläufig die Verschiebung des gesamten Steuertarifs zur Folge haben muss, wie Sie es vorhaben. Das ist der Unterschied! Das kann man nämlich sein lassen. Stattdessen kann man diese Erhöhung, die erforderlich ist und die in der Tat ein wenig Geld kostet, durch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes ab einem Einkommen ab 80 000 Euro kompensieren, wie wir es vorschlagen. Dann bekommen wir eine vernünftige soziale Regelung.
Ihre Argumentation, dass diejenigen, die viel Steuern zahlen, auch viel Steuern erlassen bekommen müssen, ist doch aberwitzig und hat mit sozialer Gleichberechtigung und sozialer Gewichtung überhaupt nichts zu tun.
Wir erleben in Deutschland im Moment doch eine völlige Polarisierung im Einkommensbereich. Das heißt, die Schere zwischen den hohen Einkommen und Vermögen und den niedrigen Einkommen und Vermögen geht immer weiter auseinander. Wenn Sie da nicht bald einen Riegel vorschieben, dann werden Sie irgendwann Verhältnisse kriegen, die sozialen Sprengstoff beinhalten, der überhaupt nicht mehr nachvollziehbar und einfangbar ist. Insofern finde ich es besser, wenn wir so verfahren, wie wir es vorschlagen. Das ist der Vorschlag, der im Grunde genommen seit vielen Monaten im Raum steht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Klein, das, was wir vorschlagen, ist politisch gewollt. Es ist deshalb politisch gewollt, weil wir die kleinen und mittleren Einkommen entlasten wollen.
Wenn man das, was Sie sagen, nämlich nur den Grundfreibetrag permanent anzuheben, über Jahre und Jahrzehnte weiterdenkt, dann hat man am Ende ein Steuersystem, das Sie nicht haben wollen, nämlich eine Flat Tax. Man muss irgendwann auch einmal darüber sprechen, dass diejenigen, die im mittleren Bereich liegen, also der sogenannte Mittelstand - von dem Sie ja nichts verstehen -, auch eine entsprechende Entlastung erfährt. Deshalb ist es wichtig, nicht nur den Grundfreibetrag anzuheben, sondern auf der anderen Seite auch den Tarif nach rechts zu verschieben, sodass auch mittlere Einkommen eine entsprechende Entlastung erfahren. Genau das ist die Politik, die gewollt ist.
Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich jetzt der zuständige Minister gemeldet. Herr Minister Möllring, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nicht alles das wiederholen, was hier schon richtigerweise gesagt worden ist. Wenn wir den Grundfreibetrag anheben und bei einem Eingangssteuersatz von 14 % bleiben wollen, dann werden insbesondere die unteren Einkommen deutlich stärker belastet als bisher. Es geht hier gar nicht um die hohen Einkommen. Wenn sie innerhalb des Grundfreibetrages liegen, dann bezahlen sie null Steuern. Sie können noch so viel Steuerentlastung bekommen - wenn sie mit Ihren Einkünften nicht darüber hinauskommen, dann werden sie keine Steuern sparen können; denn wer keine Steuern zahlt, der kann auch nicht von Steuern entlastet werden.
Herr Kollege Brinkmann, es geht hier auch nicht um Steuergeschenke. Steuern sind Geldmittel, die wir den Bürgerinnen und Bürgern wegnehmen. Wenn man jemandem etwas nicht wegnimmt, dann ist das kein Geschenk, sondern dann muss die Entscheidung getroffen werden, was man wegnimmt. Das ist bitter genug. Das ist das, worüber wir diskutieren.
Wenn Sie diesen Grundfreibetrag jetzt weiter nach rechts verschieben - darum geht es ja -, dann ist die 14 hier und dann muss die Kurve steiler an
Ich will Ihnen eines sagen: Der Grundfreibetrag liegt im Moment 9 Euro über der Existenzsicherung. Das heißt, wenn wir hier nicht etwas tun, werden wir irgendwann verfassungsgerichtlich in die Problematik gelangen, dass das Existenzminimum höher ist als der Grundfreibetrag.
Deshalb werden wir, wenn wir bei dieser Steuersystematik bleiben - unabhängig davon, welche Meinung wir zum Spitzensteuersatz usw. haben; es geht hier um die Leute mit kleinen Einkommen -, damit dort die Kurve nicht sehr viel steiler ansteigt und die Steuerzahler nicht sehr viel schneller in die Steuerprogression gelangen, in der Tabelle eine Verschiebung nach rechts haben müssen - eine Verschiebung nach rechts nicht in politischer Hinsicht, sondern weil wir von links nach rechts schreiben; im Islam hätten wir eine Linksverschiebung, weil wir von rechts nach links schreiben würden.
Wer das nicht einsieht, der belastet die unteren Einkommen. Da wollen wir nicht mitmachen, und deshalb werden wir im Bundesrat diesem Gesetz zustimmen.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 16/4577 unverändert annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, das Erste war die Mehrheit. Das ist so beschlossen worden.
Abschließende Beratung: Ganztagsschule mit Qualität - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/3802 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 16/4743