Protokoll der Sitzung vom 20.06.2012

(Jens Nacke [CDU]: Das ist die schlichte Unwahrheit!)

Das wird hier oben ausdiskutiert. Im Moment hat Herr Kollege Bachmann das Wort. Der Austausch der Fraktionen untereinander stört den Ablauf, und ich bitte, das einzustellen.

Herr Kollege Bachmann, Sie haben das Wort.

Ich zitiere aus der Stellungnahme der freien Wohlfahrtspflege, deren Verbände sich alle intensiv damit befasst haben, die nicht falsch ist, die das richtig werten.

Übersetzt bedeutet diese Regelung, dass Härtefallersuchen mit 4:1- oder 4:2-Abstimmungen zugunsten der Härtfallanträge aufgrund der zukünftig beabsichtigten Vorgabe nicht mehr erfolgen können. Das bedeutet, die Verbände fordern die bisherige Festlegung und sagen: Geplante Verschlechterungen im Rahmen der Abstimmung über ein Härtefallersuchen gegenüber der zurzeit geltenden Fassung lehnen wir eindeutig ab. - Stellungnahme der freien Wohlfahrtspflege!

Das mit dem Blockieren wurde auch dargelegt. Lesen Sie die Stellungnahme! Das ist die Realität.

Die Verbände fordern weiterhin ein neuntes Mitglied, um Mehrheiten - ob nun Zweidrittelmehrheit oder einfache Mehrheit - zu erreichen, aber auch aus humanitären Gründen, also ein neuntes Mitglied, das aus dem Bereich der Flüchtlingsorganisationen kommt. Das ist die wahre Stellungnahme, und damit können Sie hier nicht suggerieren, die seien alle einverstanden.

Nehmen Sie eigentlich das, was in Sachen der Familie Coban die Klasse 9 b der Grund- und Hauptschule Gildehaus aus Bad Bentheim dem MP und dem Innenminister geschrieben haben, überhaupt nicht zur Kenntnis? - Das ist ein Fall,

der zum Rücktritt bzw. zur Arbeitseinstellung von Härtefallkommissionsmitgliedern geführt hat.

Berührt Sie überhaupt nicht, was Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte dieser Schule Ihnen, der Landesregierung, hier mitteilen?

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Zur Realität: Meine Damen und Herren, ich habe in einer der letzten Sitzungen der Integrationskommission in Vertretung meiner Kollegin Dr. Silke Lesemann, der ich auch noch einmal herzlich zum Geburtstag gratulieren möchte - es war mir schon immer ein Anliegen, das einmal von hier aus zu tun, liebe Silke - - -

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, aber dafür gibt es keine zusätzliche Redezeit.

- - - den Antrag gestellt, dass die Stellungnahmen der Kirchen und der Verbände noch einmal auf die Tagesordnung der Kommission sollten und müssten. Was gibt es Wichtigeres an Integrationsdebatte als z. B. die Härtefallverfahrensbedingungen?

Daraufhin hat Frau Lorberg als Vorsitzende - in diesem Zusammenhang, Herr Schünemann, jetzt zu Frau Lorberg; sie exekutiert das, was Sie als Ministerium machen, dort in der Kommission - gesagt: Geht nicht auf die Tagesordnung - Einstimmigkeitsprinzip!

Ich habe darauf gesagt, liebe Frau Lorberg, dass Geschäftsordnungsfragen in der Kommission schon immer mit Mehrheit entschieden worden sind.

(Zuruf von Editha Lorberg [CDU])

Wenn da auch die Einstimmigkeit gelten soll, kommt ja gar nichts mehr auf die Tagesordnung, weil Sie alles blockieren, wozu sich die Kommission äußern kann.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: Stimmt ja gar nicht!)

Zwischenzeitlich, Frau Lorberg, hat Ihnen der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtags bescheinigt, dass Sie keine Ahnung von der Geschäftsordnung haben. Sie müssen es auf die Tagesordnung nehmen, und solange dies nicht

geschehen ist, darf die Landesregierung nicht entscheiden.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Oetjen von der FDPFraktion das Wort.

(Jens Nacke [CDU]: Jetzt ist Sach- lichkeit zu erwarten! - Lachen bei der SPD)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Beginn dieser Debatte vielleicht einmal deutlich machen, dass wir von der FDP-Fraktion froh sind, dass wir hier in Niedersachsen eine Härtefallkommission eingerichtet haben. Das war damals eine zwar viel debattierte, aber richtige Entscheidung. Ich glaube, dass wir an dieser Stelle einmal grundsätzlich Dank an alle diejenigen, die sich in die Härtefallkommission als Mitglied eingebracht haben, aussprechen sollten.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Hans-Henning Adler [LINKE]: Wer war denn ursprünglich dagegen?)

Denn wir alle müssen uns doch einmal vor Augen halten, Herr Kollege Adler, dass diese Härtefallkommission eine Art letzte Instanz ist und die Mitglieder dort in einer Situation, in der alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft sind, noch einmal darüber entscheiden können, ob Menschen hier bei uns bleiben, in ihrer Heimat Niedersachsen, oder ob sie in das Land, aus dem sie zu uns gekommen sind, zurückgeführt werden. Das ist aus meiner Sicht eine durchaus bedrückende Situation.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Herr Kollege Bachmann, dann hier zu sagen „Ja, da gibt es bestimmte Mitglieder, die sind von Herrn Schünemann beeinflusst, die bleiben einfach zu Hause, damit da keine Entscheidungen getroffen werden können“, das ist doch wirklich ein bisschen an den Haaren herbeigezogen, und das wird den Mitgliedern, die sich dort einbringen, überhaupt nicht gerecht.

(Beifall bei der FDP - Zuruf von Klaus- Peter Bachmann [SPD])

Aber es gilt natürlich auch, dass nur der, der dabei ist, mitentscheiden und seine Sicht einbringen kann. Deswegen ist mein Appell an die Kirchen, sich aktiv in die Debatte und in die Entscheidungsprozesse der Härtefallkommission einzubringen.

(Zuruf von Ursula Helmhold [GRÜNE])

Die neue Verordnung, Frau Kollegin Helmhold, ist ja in Beratung. Deswegen habe ich auch für den Zeitpunkt dieser Debatte heute kein Verständnis - das sage ich hier sehr deutlich -; denn mit der neuen Verordnung werden wesentliche Verbesserungen, die aus der Kommission heraus gefordert wurden, eingebracht.

(Zurufe von Ursula Helmhold [GRÜ- NE] und Stefan Wenzel [GRÜNE])

Wenn Sie die Stellungnahme des Katholischen Büros und der Konföderation evangelischer Kirchen - sie ist fünf Seiten lang - lesen, dann sehen Sie sehr viele Punkte, die von den Kirchen ausdrücklich begrüßt werden. Einer dieser wichtigen Punkte ist beispielsweise,

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist al- les eine Farce!)

dass das Vorprüfungsgremium eingerichtet wurde, wodurch die Kommission selber an der Auswahl der Fälle enger beteiligt wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein echter Gewinn für die Arbeit der Härtefallkommission und wurde aus der Härtefallkommission heraus selber gewünscht.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜ- NE]: Das ist ein zentraler Verstoß ge- gen Rechtsgrundsätze!)

Ich finde es außerdem wichtig, dass die gerade auch von uns als FDP geforderte Abkehr von der qualifizierten Mehrheit, also der Wechsel zur einfachen Mehrheit, in die Kommissionsverordnung aufgenommen wurde. Dafür möchte ich insbesondere auch Uwe Schünemann ganz herzlich Dank sagen; denn es sind wesentliche Veränderungen auf den Weg gebracht worden, die die Arbeit der Kommission verbessern werden.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Aus meiner Sicht - das will ich hier aber auch sagen - gibt es natürlich weiteren Verbesserungsbedarf an der Härtefallkommissionsverordnung. Ich will die für uns zwei wichtigsten Punkte herausgreifen.

Das ist zum einen die Regelung, dass die Entscheidung nach drei Monaten bzw. spätestens nach sechs Monaten getroffen werden soll. Das erhöht den Druck auf die Kommissionsmitglieder. Aufgrund der Tatsache, dass es mehr Fälle geben wird, glaube ich, dass wir nicht gut daran tun, diesen Druck auf die Kommissionsmitglieder hier so zu erhöhen. Ich glaube, das gilt insbesondere deshalb, weil ja die Fälle als abgelehnt gelten, wenn sie nicht beraten werden. Das ist also ein Punkt, der überdenkenswert ist.

Außerdem glaube ich, dass wir ebenfalls die Fälle, bei denen Menschen ins Kirchenasyl gegangen sind, im Vorprüfungsgremium diskutieren sollten und diese Fälle nicht einfach von der Härtefallkommission ausschließen sollten.

Wir haben die Regelung auch dahin gehend verändert, dass alle mit der Ablehnung ihres Asylantrags darauf hingewiesen werden, dass es die Härtefallkommission gibt. Insofern hoffe ich, dass wir wesentlich weniger Fälle von Kirchenasyl bekommen werden. Aber man weiß ja nie. Ich glaube, das ist ein Punkt, über den wir noch einmal diskutieren sollten.

(Beifall bei der FDP)

Ich hoffe, dass wir die Verordnung zeitnah auf den Weg bringen können, damit die Kommission wieder arbeiten kann und damit diejenigen, die ihre Arbeit ausgesetzt haben, sich auch wieder aktiv einbringen können. Ich bin optimistisch, dass mit den liberalen Veränderungen, die für die Härtefallkommission auf den Weg gebracht werden und die den Spielraum der Härtefallkommission erweitern werden,

(Glocke des Präsidenten - Zuruf von den GRÜNEN: Weiße Salbe! - Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Schönred- ner!)

auch in Zukunft humanitäre Entscheidungen im Sinne der betroffenen Menschen getroffen werden können.

Ganz herzlichen Dank.