Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht das erste Mal, dass wir hier über die Härtefallkommission sprechen. Aber es ist tatsächlich so: Man kann im Grunde genommen nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wie der Innenminister mit einem so wichtigen Gremium und mit den Arbeitsaufträgen, die es zu bearbeiten hat, umgeht.
Meine Damen und Herren, nach zahllosen Skandalen in der Flüchtlingspolitik der letzten Jahre sah sich das Innenministerium unter Führung Schünemanns aufgrund des öffentlichen Drucks gezwungen, zu handeln und notwendige Reformen einzuleiten.
Ein wesentlicher Aspekt - darüber reden wir heute -, über den nicht nur im Landtag intensiv diskutiert wurde, war die Rolle der Härtefallkommission. Aber allen Ankündigungen einer liberalen und humanitären Grundsätzen folgenden Neugestaltung zum Trotz kann bereits jetzt das vernichtende Fazit gezogen werden: In Wirklichkeit will die Landesregierung diese Härtefallkommission überhaupt nicht!
Die Kirchen und die Wohlfahrtsverbände spielen dort eine untergeordnete Rolle. Sie haben sich zu Wort gemeldet - Herr Bachmann hat es hier zitiert - und wollen nicht mehr als Feigenblatt benutzt werden. Das ist ganz deutlich.
Man kann doch nicht sagen „Die Härtefallkommission arbeitet ganz klasse“, wenn drei Leute die Arbeit niederlegen! Wo sind wir denn hier eigentlich?
Meine Damen und Herren, den Ankündigungen einer humaneren Flüchtlingspolitik hätte man bereits vor Inkrafttreten der Neuordnung der Härtefallregelungen im Juli Taten folgen lassen können, um zumindest seinen Willen zu beweisen. Möglichkeiten dafür hatte der Minister reichlich - sei es bei dem dringend notwendigen Abschiebestopp in den Kosovo, bei dem hier alle die Augen zugemacht haben, oder dem sogar vom ehemaligen Verfassungsrichter Ernst Gottfried Mahrenholz angemahnten besonderen Schutz der Familien in Abschiebeangelegenheiten.
Der Rücktritt von Johann Weusmann, dem Vertreter der evangelischen Kirche, und die Maßnahmen von Hans-Jürgen Marcus, Leiter des Caritasverbandes in Hildesheim, sowie des Pastors Philipp Meyer, ihre Arbeit in der Härtefallkommission auszusetzen, sind einzig und allein dem Verhalten des Innenministers zuzuschreiben.
Die Härtefallkommission ist und bleibt eine reine Kommission der politischen Härte. Zwar ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass mit der angekündigten Neugestaltung beispielsweise die Entscheidungsfindung über eine nun einfache Mehrheit herbeigeführt werden kann. Doch machen wir uns nichts vor: Die Härtefallkommission ist völlig unausgewogen besetzt. So fehlen beispielsweise gänzlich Vertreterinnen und Vertreter von Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen.
Meine Damen und Herren, solange die Besetzung ausschließlich durch den Innenminister erfolgt, drängt sich der Verdacht auf, dass Herr Schünemann zumindest indirekt versucht, seinen Einfluss auf das Abstimmungsverhalten zu wahren. Genau dies läuft jedoch einer humanen und liberalen Flüchtlingspolitik entgegen.
Auch die Tatsache, dass mit der Benennung formaler Ausschlusstatbestände bereits im Vorfeld die Zulässigkeit eines Härtefallbegehrens stark eingeschränkt wird, ist mehr als fragwürdig. So soll Flüchtlingen, die sich bereits in Abschiebehaft befinden, die Möglichkeit genommen werden, sich an die Härtefallkommission zu wenden. Ich erinnere hier an den 27 Jahre alten Studenten Sohrab A. aus Göttingen, der im April ohne Terminankündigung Hals über Kopf verhaftet und abgeschoben worden ist.
Meine Damen und Herren, letzten Endes müssen wir auch noch einmal einen Blick darauf werfen, wer als Flüchtling überhaupt als Härtefall gilt. Ich zitiere aus der neuen Härtefallverordnung:
„Bei der Beurteilung der Frage, ob dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit einer Ausländerin oder eines Ausländers in Deutschland rechtfertigen,
Dies bedeutet nichts anderes als eine Selektion in „guter Flüchtling“, weil wirtschaftlich produktiv, und „böser Flüchtling“, weil in den Augen des Innenministeriums nicht produktiv.
Frau Kollegin, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Ich bitte, die Gespräche in den Fraktionen einzustellen. Wer dringenden Gesprächsbedarf hat, kann ihn auch gern außerhalb des Plenarsaals stillen. Andernfalls stört er hier den Ablauf der Debatte.
Diese Flüchtlingspolitik nach rein ökonomischer Verwertungslogik ist schlichtweg menschenverachtend und gehört sofort abgeschafft.
Die meisten Flüchtlinge, die unser Land erreichen, sind von ihren Erfahrungen traumatisiert, behindert oder krank. Sie leiden unter Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt und sind somit aufgrund individueller und struktureller Probleme häufig nicht in der Lage, dauerhaft eigenständig für die Lebenserhaltung aufzukommen. Diesen Sachverhalt auszublenden, ist eine Frechheit und hat mit einer humanitären Flüchtlingspolitik nichts zu tun.
- Mein letzter Satz. - Meine Damen und Herren, ich appelliere an dieser Stelle ausdrücklich an den Ministerpräsidenten - nicht allein, weil heute der Internationale Tag des Flüchtlings ist -: Machen Sie sich stark! Setzen Sie sich dafür ein, damit Niedersachsen wirklich eine humanen Gesichtspunkten folgende Flüchtlingspolitik bekommt, und fangen Sie heute bei der Rehabilitierung der Härtefallkommission an!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vorwürfe der Opposition sind erneut absurd und haben mit der Realität nichts zu tun.
Es steht fest, dass die Ausländerbehörden gehalten sind, nach dem Aufenthaltsgesetz, das im Jahre 2005 in Kraft getreten ist und übrigens von RotGrün verabschiedet worden ist, zu entscheiden.
Wenn Sie sagen, dass diese Entscheidungen inhuman seien, dann richtet sich diese Aussage an diese Gruppe im Parlament; denn genau sie hat diese Gesetzgebung zu verantworten.
Es ist wahr, dass dabei eine Härtefallregelung in das Gesetz aufgenommen worden ist. Diese Härtefallregelung besagt, dass man Einzelschicksale danach bewerten und als Härtefall anerkennen muss, ob persönliche Schicksale im Verfahren nicht mit berücksichtigt worden sind. Deshalb sind mittlerweile in allen Bundesländern Härtefallkommissionen eingerichtet worden. Wenn Sie sich die Verordnungen genauer anschauen, dann stellen Sie fest, dass sie im Prinzip auf dieser Basis aufgebaut sind. Niedersachsen ist da kein Ausreißer. Das Quorum liegt momentan bei zwölf Stimmen und einer Zweidrittelmehrheit. In Hamburg - ich weiß gar nicht genau, wer dort im Moment die Verantwortung hat - muss man sogar einstimmig beschließen. Meine Damen und Herren, hier darzustellen, dass Niedersachsen hier eine Ausreißerrolle hat, ist schlicht die Unwahrheit.
Ich habe wirklich hohen Respekt vor denjenigen, die in der Härtefallkommission arbeiten. Denn sie haben abzuwägen, ob tatsächlich ein besonderes Schicksal vorliegt, das als Härtefall anerkannt wird. Meine Damen und Herren, jedes Mitglied, das ich berufen habe, wägt humanitäre Aspekte ab. Ich muss Ihnen klar sagen: Ich empfinde es wirklich als Unverschämtheit, wenn man einem Mitglied, das dort ehrenamtlich arbeitet, unterstellt, dass humane Aspekte keine Rolle spielten. Solche Aussagen sind die Unwahrheit!
eine andere Herangehensweise, als wenn man von den Unternehmerverbänden, von den Gewerkschaften oder von den kommunalen Spitzenverbänden geprägt ist. Aber, meine Damen und Herren, eine Definition von Humanität hat keine Organisation und auch keine politische Partei gepachtet.
Die Humanität hat eine sehr weitreichende Funktion. Deshalb sollte man hier niemanden in die Ecke stellen, der im Einzelfall eine andere Abwägung trifft.
Meine Damen und Herren, wenn ein stellvertretendes Mitglied in der Härtefallkommission seinen Rücktritt erklärt - übrigens aus persönlichen Gründen -, dann habe ich das zu respektieren. Wir sollten dies in der Öffentlichkeit nicht diskutieren.