Meine Damen und Herren, wir sprechen ständig von einer notwendigen Stärkung insbesondere der strukturschwachen, ländlichen Räume. Die Rekommunalisierung ist genau das richtige Instrument dafür.
Sie ermöglicht ein Stück mehr Demokratie gerade in Zeiten defizitärer Haushalte der Kommunen, in denen die politischen Gestaltungsmöglichkeiten gegen null gehen. Sie stützt die kommunalen Haushalte finanziell und sichert über steuerliche Querverbünde auch andere kommunale Einrichtungen. Es werden vorrangig örtliche Betriebe eingebunden. Wertschöpfung und Steuern bleiben vor Ort und nicht Schimären in Wahlprogrammen.
Es geht längst nicht mehr um „sollte, könnte, hätte, würde“, sondern um die Praxis der Energiewende. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Deneke-Jöhrens hat zu Recht ausgeführt, dass viele der Punkte in dem ursprünglichen Entschließungsantrag der SPD sich mittlerweile durch Gesetzesänderungen auf Bundesebene erledigt haben. Ich will den Kollegen von der SPD sagen: Wenn das, was CDU und FDP hier vorlegen, aus Ihrer Sicht untragbar ist, warum legen Sie dann keinen eigenen, aktualisierten Antrag vor, der Ihre Punkte deutlich macht? Sie verweigern sich hier parlamentarischer Arbeit. Das ist nicht in Ordnung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Entschließung, die wir heute auf den Weg bringen, greift die Tatsache auf, dass vor Ort sehr viele Konzessionen auslaufen. Herr Kollege Herzog, in einer solchen Situation ist die Rekommunalisierung eine Möglichkeit. Aber sie ist eben nur eine Möglichkeit und nicht die allein selig machende. Ich will den Kommunen die Rekommunalisierung nicht vorschreiben. Deswegen haben wir in der Entschließung deutlich gemacht, dass wir einen diskriminierungsfreien Zugang und einen freien Wettbewerb wollen.
Die Netze sind natürlich wichtig, wenn man die Energiewende tatsächlich umsetzen will. Wenn wir Smart Grids auf den Weg bringen und in diese Zukunftstechnologie investieren wollen, dann muss das vor Ort möglich sein. Dazu müssen wir beispielsweise verhindern, dass es eine Zersplitterung der Landschaft gibt.
Die Kommunalisierung, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist also eine Option, aber im Rahmen der Privatwirtschaft gibt es auch noch andere.
Wenn das auf den Weg gebracht wird, wird es natürlich eine Landesnetzagentur geben. Der Prüfauftrag ist zwar noch in dem Antrag enthalten, aber bekanntlich ist die Prüfung schon abgeschlossen. Diese Landesnetzagentur wird die Aufgaben im Bereich der Regulierung, der Aufsicht und der Beratung wahrnehmen. Sie wird auch dafür sorgen, dass nicht das passiert, was Sie sagen, Herr Kollege Meyer, nämlich dass allein die Gesetze des Marktes bestimmen. Dafür gibt es dann eine Behörde, die reguliert.
Sehr verehrte Damen und Herren, Sie können die Gesetze des Marktes aber eben auch nicht einfach außer Kraft setzen. Ich sage noch einmal: Wir müssen auch vermeiden, dass es eine Zersplitterung dieses Marktes gibt. Deswegen ist der Weg, den CDU und FDP gehen, genau der richtige.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Der Kollege Herzog von der Fraktion DIE LINKE hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Er hat anderthalb Minuten. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Herr Oetjen, ich zitiere noch einmal unseren Geschäftsführer aus der Elbtalaue. Er ist Praktiker und muss wissen, was das Problem ist. Er hat mir ganz klar gesagt: Der wesentliche Bremser bei der Energiewende ist die Bundesnetzagentur selbst. In der Praxis wird sozusagen nach ganz alter Philosophie entschieden. - Ich sage einmal: kein Wunder, wenn Rösler und Brüterle die Richtung vorgeben. - Das heißt, die notwendigen Innovationen z. B. zur verbrauchsabhängigen Steuerung - Smart Grids etc. - werden nicht anerkannt und oft einfach wegreguliert.
Wie so oft wird die Umsetzung von Maßnahmen zu einem richtigen Ziel auf dem Weg dorthin vergeigt. Stattdessen müssten Regelungen im EnWG an die Ziele angepasst und die Arbeit der Bundesnetzagentur schnellstens reformiert werden. Als Weiteres müsste im EnWG die Regelungen bezüglich des Kaufpreises der Netze geändert werden. Zum Beispiel urteilen die Gerichte, dass der Sachzeitwert gilt, aber nur, wenn er den Ertragswert um nicht mehr als 10 % überschreitet. In der Praxis ist z. B. bei uns der Sachzeitwert von E.ON vierfach so hoch angegeben. Das sorgt für Streit und Verzögerungen.
Eine Landesregulierungsbehörde könnte ein hervorragendes Instrument sein, die Energiewende schnellstens in die Praxis umzusetzen - vorausgesetzt, dass sie nicht durch Sie oder unter Federführung des Wirtschaftsministeriums eingerichtet wird, sondern eine neue Regierung sie einrichtet mit echtem Willen, die notwendigen Innovationen entsprechend finanziell und personell auszustatten.
Dann rufe ich die nächste Wortmeldung auf. Das Wort hat Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist unverkennbar, dass es bei diesem Thema Bewegung gibt. Wir haben in den letzten Jahren schon Debatten gehabt, in denen die Fronten viel fester gefügt waren. Das ist also erst einmal sehr erfreulich. Bedauerlich ist allerdings, dass wir nicht näher zusammengekommen sind und am Ende zu einem einstimmigen Vorgehen haben kommen können.
Hinsichtlich des Verfahrens ist interessant, dass wir heute etwas beschließen sollen, was letzte Woche schon vom Ministerium vollzogen wurde, nämlich dass die Beleihung der Bundesnetzagentur als Regelungsbehörde zurückgezogen werden soll. Dieser Punkt der von CDU und FDP getragenen Beschlussempfehlung ist also offensichtlich bereits erledigt, auch wenn er aufgrund der Fristen noch nicht umgesetzt werden konnte. Insofern gibt es hier noch Überarbeitungsbedarf.
„... die aktuellen Erfahrungen bei Konzessionswechseln sollen ausgewertet und das EnWG dahin gehend überprüft werden, ob eine Konkretisierung der Regelungen zur Festlegung des Netzkaufpreises erforderlich ist,...“
Meine Damen und Herren, diese Debatte ist eigentlich schon geführt. Wir wissen, dass es bei fast jedem Netzrückkauf nicht zu einer Preisverhandlung, einem Ergebnis und einem Vertragsabschluss kommt, sondern in der Regel zu einem Gerichtsverfahren, das dann zwei bis drei Jahre dauert. Und wenn es dann ein höchstrichterliches Urteil gibt - was in der Vergangenheit schon der Fall gewesen ist -, ändern die Stromversorger plötzlich ihre Strategie, stellen neue Forderungen auf, justieren das Ganze neu, um wieder Zeit zu gewinnen und eine neue gerichtliche Entscheidung zu provozieren.
Von daher sind die meisten Netzrückkäufe so konzipiert, dass man im Vertrag einen Vorbehaltspreis definiert und von vornherein davon ausgeht, dass
das Ganze nur vor Gericht geklärt werden kann. Auch die Banken gehen mittlerweile von vornherein von einer gerichtlichen Klärung aus.
Spricht man mit den Praktikern, Herr DenekeJöhrens, ist klar, dass es einer Konkretisierung bedarf, dass es so etwas wie einer Orientierung am Ertragswert bedarf und nicht einer Orientierung an irgendwelchen Phantasiewerten, die die Stromversorger in der Vergangenheit gern geltend gemacht haben.
Wie gesagt, ich erkenne an, dass es hier Bewegung gibt, aber eben leider nicht so viel, wie möglich gewesen wäre. Ich habe auch Kompromissbereitschaft bei der SPD gesehen, die als Autorin des ursprünglichen Antrags gesagt hat, hier haben wir die Chance, eine Landesenergieagentur für Klimaschutz und Energieeffizienz mit auf den Weg zu bringen. Das war ein entscheidender Unterschied zwischen dem SPD-Antrag und dem CDU-Antrag. Es wäre möglich gewesen, in diesem Punkt zusammenzukommen.
Wir erkennen also an, dass es hier Bewegung gibt, aber eben nicht die notwendige Bewegung, die wir in dieser Phase der Energiewende jetzt bräuchten. Insofern stimmen wir gegen den Beschlussvorschlag.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Wenzel. - Nun spricht für die Landesregierung Herr Minister Dr. Birkner. Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt den Antrag, so wie er jetzt von CDU und FDP vorliegt, ausdrücklich. Ich möchte einige Anmerkungen dazu und zu diesem gesamten Komplex machen.
Zunächst einmal ist uns wichtig, dass die Netze effektiv, kompetent und zuverlässig betrieben werden können. Zu einem fairen Wettbewerb um die Netze gehören zuverlässige und rechtssicher ermittelbare Preise. Deshalb ist es bedauerlich, dass es immer wieder zu Streitigkeiten und Auseinandersetzungen kommt. Diese müssen zügig geschlichtet werden, und dabei müssen Ergebnisse herauskommen, sodass eine echte Kalkulations
grundlage vorhanden ist und die Netzbetreiber selber einschätzen können, ob sie den Betrieb wirtschaftlich durchführen können. Denn am Ende geht es ja darum, Ausbauten und Investitionen in intelligente Netze vorzunehmen, die dringend nötig sind.
Ein weiterer Punkt, der mir wichtig ist, ist - darauf hat auch schon der Abgeordnete Oetjen hingewiesen -: Wir können kein Interesse an einer Zersplitterung der Netzstrukturen haben. Es droht die Gefahr, dass wir neue bürokratische Hürden für zusätzliche Gas- und Stromanbieter bekommen, was wiederum kontraproduktiv wäre.
Wichtig ist uns der Ausbau der Informationstechnologie; uns geht es darum, Smart Grids insgesamt voranzubringen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Anreizregulierungsverordnung so gestaltet wird, dass solche Investitionen attraktiv sind und tatsächlich durchgeführt werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang sind die Steigerung der Effizienz und der Einsatz entsprechender Techniken. Dazu gehört die Kraft-Wärme-Kopplung. Sie steht in Konkurrenz mit anderen Techniken. Wir müssen hier jeden Einzelfall betrachten und entscheiden, wann sie die wirtschaftlich sinnvollere Variante ist. Nicht zielführend aus unserer Sicht wäre der Zwang, neue und unwirtschaftliche Wärmenetze zu errichten. Nach unserer Ansicht wird es eher um die Verdichtung bestehender Wärmenetze gehen, weil dies wirtschaftlicher dargestellt werden kann.
Als vorletzten Punkt möchte ich Contracting-Möglichkeiten nennen. Hier geht es darum, Energieeffizienz zu steigern. Wir wollen auch zukünftig Energieeffizienzmaßnahmen in öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen durchführen. Dazu haben wir die Vorschläge der Regierungskommission Klimaschutz und die Aussagen dazu im Energiekonzept. Das ist unsere Leitschnur.
Abschließend möchte ich noch auf die Landesregulierungsbehörde eingehen. Ich möchte hier einem Missverständnis vorbeugen, das sich offensichtlich in die Diskussion eingeschlichen hat, nämlich dass eine Landesregulierungsbehörde offenbar völlig frei ist in dem, was sie tun kann. Das ist sie natürlich nicht, sondern sie ist natürlich an die bundesgesetzlichen Vorgaben gebunden und muss die gleichen Regeln wie die Bundesnetzagentur anwenden. Der einzige Vorteil, der sich daraus ergibt und der meines Achtens eine solche Kündigung der Organleihe durchaus rechtfertigt, ist, dass wir dann viel näher am Geschehen
sind und insgesamt mehr Kenntnisse über die örtlichen Strukturen haben. Das ist, glaube ich, zielführend.
Aber man sollte nicht glauben, dass eine Landesregulierungsbehörde in einem weisungsgebundenen Verhältnis agiert und über die Landespolitik zugunsten der kommunalen Energieversorgungsunternehmen günstigere Bedingungen geschaffen werden könnten. Hier wird ein weisungsunabhängiges Verhältnis vorliegen müssen. Das ist europarechtlich vorgegeben. Insofern werden wir gemäß unserer Organisationsstruktur so verfahren.
Das Ganze hat auch gar nichts mit einer Klima- oder Energieagentur - oder wie immer man das nennen mag - zu tun. Das muss etwas komplett anderes sein.
- Ich weiß nicht mehr genau, wer es gesagt hat; das ging in der Diskussion etwas durcheinander. Ich will nur darauf hinweisen, dass das etwas anderes sein muss.