Das, was die FDP vorschlägt, ist u. a. in dem teuersten Gesundheitssystem der Welt nachzuvollziehen. Sie brauchen sich da nur die Vereinigten Staaten anzugucken. Dort gibt es keine Krankenversicherung wie diejenige in Deutschland, auf die wir übrigens hin und wieder stolz sein können. Unser Gesundheitssystem ist eines der besten der Welt.
Das Ergebnis in den Vereinigten Staaten heißt: teuerstes Gesundheitssystem, Spitzenmedizin für wenige, aber 50 Millionen Menschen ohne jeden Krankenversicherungsschutz. Ich hoffe, dass Sie nie die Chance haben, in unserem Gesundheitssystem Ihre Vorstellungen durchsetzen zu können.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit wenigen Tagen sucht ja die SPDFührung nach Gemeinsamkeiten mit der FDP. Seit heute können sich Herr Westerwelle und andere sehr wohl auf den Kollegen Schwarz verlassen. Die Gemeinsamkeiten, die beispielsweise auch von Herrn Oppermann gesehen werden, gibt es aber tatsächlich nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Gesundheit ist für uns alle existenziell. Daher ist ein leistungsfähiges Gesundheitswesen von entschei
dender Bedeutung. Ich nehme es vorweg: Wir können uns in Deutschland glücklich schätzen, ein im internationalen Vergleich hervorragend ausgebautes, solidarisches Gesundheitssystem zur Verfügung zu haben. Deutschland verfügt vergleichsweise über eine überdurchschnittlich große Anzahl von Ärzten, Fachärzten, Psychotherapeuten, Zahnärzten, Sozialpädagogen, Pflegepersonen und Krankenhausbetten. Dazu kommen Angehörige anderer Heilberufe wie beispielsweise Apotheker und deren Personal. Mehr als jeder Zehnte der 39 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland arbeitet im deutschen Gesundheitswesen. Das Gesundheitswesen ist eine dynamische Wirtschaftsbranche mit Innovationskraft und erheblicher ökonomischer Bedeutung für den Standort Deutschland.
Angesichts großer Herausforderungen insbesondere durch den demografischen Wandel und den medizinisch-technischen Fortschritt mussten und müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Gesundheitswesen jedoch ständig weiterentwickelt werden. Der Sozialrechtler Professor Helge Sodan bemerkte jüngst süffisant zu den Reformbestrebungen im Gesundheitsbereich:
„Auf wenige Entwicklungen in der deutschen Politik kann man sich so verlassen wie auf die stetigen Versuche des Gesetzgebers, das Gesundheitswesen zu reformieren. Im Mittelpunkt der staatlichen Bemühungen steht unverändert die unter chronischen Finanzierungsschwierigkeiten leidende gesetzliche Krankenversicherung.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der Einführung des Gesundheitsfonds als zentrales Element der Gesundheitsreform zum 1. Januar 2009 steht das deutsche Gesundheitswesen in wenigen Monaten vor grundlegenden Veränderungen. Der Gesundheitsfonds wird Auswirkungen auf uns alle haben: auf Versicherte, Arbeitgeber, Leistungserbringer, Krankenkassen und die einzelnen Bundesländer. Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung wird mit der Einführung des Gesundheitsfonds neu gestaltet. Ab Januar zahlen alle Beitragszahler den gleichen Beitragssatz. Damit gelten wie bereits heute in der gesetzlichen Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung einheitliche Beitragssätze auch in der GKV. Der Bund leistet zur pauschalen Abgeltung der Aufwendungen der Krankenkassen für versicherungsfremde Leistungen für das Jahr 2009 allein 4 Milli
arden Euro an den Gesundheitsfonds. Ab dem Jahre 2010 werden sich die Leistungen des Bundes um jährlich 1,5 Milliarden Euro bis zu einer Gesamtsumme von 14 Milliarden Euro erhöhen.
Viele Hürden waren bis zum heutigen Tag zu überwinden: Die Verhandlungen mit dem Bundesgesundheitsministerium über Ärztevergütungen und Krankenhausfinanzierung haben sich als zäh und langwierig erwiesen. In diesem Zusammenhang nutze ich die Gelegenheit, unserer Gesundheitsministerin Ross-Luttmann ganz herzlich zu danken.
Frau Ministerin, Sie haben sich in Sachen Krankenhausfinanzierung in vorbildlicher Weise für die Interessen des Landes Niedersachsen eingesetzt.
Meine Damen und Herren, vieles ist erledigt. Gleichwohl sind einige wesentliche Fragen bis heute ungeklärt. Insbesondere die Genauigkeit der Prognosen des Bundesversicherungsamtes hinsichtlich der Einnahmen und Ausgaben des Fonds ist umstritten. Laut einer dpa-Meldung vom Donnerstag vergangener Woche räumt auch der Präsident des BVA ein, dass es zu leichten Fehlprognosen kommen kann. Hier gilt es, sehr genau darauf zu achten, dass der Schätzerkreis seine Hausaufgaben tatsächlich gemacht hat, wenn er am 1. Oktober seine Prognose abgibt.
Am 1. November dieses Jahres wird das Rätselraten ein Ende haben. Dann werden wir wissen, mit welchem Beitragssatz wir 2009 zu rechnen haben. Dass am Ende ein 15,x herauskommen wird, gilt heute schon als sicher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Start des Fonds wurde von Vertretern der Kassen mit dem Jungfernflug eines neuen Flugzeuges verglichen, allerdings ohne Probeflug und voll besetzt. Die Forderung des Wirtschaftsrates der CDU nach einer Testphase kann daher aus unserer Sicht nicht ohne Weiteres abgetan werden. Jedoch: Die Reform insgesamt war eine schwere Geburt, der Gesundheitsfonds als solcher ist notwendig, und seine Einführung darf nicht verschoben werden. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Deutschland erhalten Bürgerinnen und Bürger medizinische Versorgung auf der Höhe des medizinischen Fortschritts. Das muss auch in Zukunft gelten, und zwar für alle, unabhängig von ihrem Alter, unabhängig von ihrem sozialen Status, unabhängig von ihrer Erkrankung und vor allen Dingen unabhängig von ihrem Einkommen. Denn Gesundheit ist ein hohes Gut. Deshalb ist der Sozialstaat verpflichtet, das Gesundheitswesen zukunftsfähig aufzustellen. Dem will die Gesundheitsreform gerecht werden.
Das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung ist am 1. April 2007 in Kraft getreten. Damit steht unser Gesundheitssystem zweifelsfrei vor einem großen Umbruch, wobei der zum 1. Januar 2009 startende Gesundheitsfonds sicherlich einen Schwerpunkt der anstehenden Veränderungen darstellt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie sieht es heute aus? - Derzeit werden die Beiträge zur Krankenversicherung von den jeweiligen Kassen festgesetzt. Die Beitragshöhe der Kassen ist unterschiedlich. Dies bedeutet: Abhängig von der Krankenkasse zahlen heute die Mitglieder und Arbeitgeber unterschiedliche Beiträge. Dies soll zum 1. Januar 2009 anders werden. Ab diesem Zeitpunkt fließen die Beiträge der Arbeitgeber und der gesetzlich Versicherten in den Gesundheitsfonds. Dann sollen alle Mitglieder einer gesetzlichen Kasse den gleichen prozentualen Beitrag in den Fonds einzahlen. Ich erinnere daran, dass in der Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bereits heute ein einheitlicher Beitragssatz gilt. Gleiche Leistungen werden über den künftig bundesweit gültigen einheitlichen Beitragssatz auch gleich finanziert. Das ist in einem Solidarsystem wie unserem richtig und auch gerecht. Der Gesundheitsfonds sorgt dann dafür, dass die Beiträge zielgerichtet eingesetzt werden.
Meine Damen und Herren, natürlich wird über die Höhe des Beitragssatzes auf breiter Basis diskutiert. Aber wir müssen dies alles differenziert betrachten. Jede Aussage zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist Kaffeesatzleserei; denn die Höhe des Beitragssatzes ist von vielen Faktoren abhängig.
Ich möchte nur drei Faktoren benennen. Erstens ist selbstverständlich die Finanzentwicklung der Kassen im ersten Halbjahr maßgeblich. Zweitens ist die Einschätzung der Kassen über die voraus
sichtliche Entwicklung im zweiten Halbjahr maßgeblich. Drittens sind natürlich die jetzigen Diskussionen über die Frage von Kostensteigerungen ganz wesentlich: In welcher Höhe wollen wir unsere Hausärzte und Psychotherapeuten künftig von ihren Mehrausgaben entlasten? Wie wollen wir eine Entlastung der Krankenhäuser sicherstellen? - All das wird Milliardenbeiträge zur Folge haben, die sich insgesamt auf die Höhe der Beiträge auswirken werden.
Mit der Einführung des Gesundheitsfonds hat dies nichts zu tun, meine Damen und Herren. Deshalb bitte ich darum, alles sehr differenziert zu betrachten; denn der Fonds soll lediglich die Beitragsgelder der Versicherten und die Steuergelder genauer und zielgerichtet verteilen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluss möchte ich daran erinnern, dass es sich bei der Gesundheitsreform um einen Kompromiss gehandelt hat - nicht mehr und auch nicht weniger. Natürlich haben wir kritische Punkte angesprochen, beispielsweise den Erhalt der Steuerungsmöglichkeiten der Krankenkassen und beispielsweise den Bürokratieabbau. Aber bei aller Gegensätzlichkeit der Positionen, bei der Abwägung aller Interessen blieb die Umsetzung über den Gesundheitsfonds die einzig mögliche Alternative. Deshalb sollte es meines Erachtens unser aller Ziel sein, die zur Verfügung stehenden Mittel so zu steuern, das eine gute medizinische Versorgung für die Menschen auch in Zukunft nachhaltig sichergestellt wird. - Niedersachsen hat sich übrigens damals im Bundesrat der Stimme enthalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, um auch weiterhin die vorhandenen und anstehenden Herausforderungen in unserem Gesundheitssystem zukunftsfest lösen zu können - ich glaube, da sind wir uns alle einig; die jetzige Reformstufe wird sicherlich nicht die letzte gewesen sein -, wird sich Niedersachsen auch weiterhin aktiv an der Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems beteiligen und sich überall dort, wo es für die Interessen des Landes Niedersachsen von Bedeutung ist, entsprechend einsetzen. Unser aller Anliegen sollte es sein, eine gute medizinische Versorgung der Menschen in Niedersachsen und in Deutschland aufrechtzuerhalten.
Krankenhausfinanzierung - Wird das Land seiner Verantwortung gerecht? - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/449
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns ja nicht das erste Mal mit der Frage der Krankenhausfinanzierung und der damit verbundenen Frage, ob die Gesundheit zu einer Ware verkommen soll. Das sind jedenfalls die Themen, die Millionen von Niedersachsen interessieren und interessieren sollten.
Wir alle wissen, dass ein Drittel unserer Krankenhäuser im Lande von der Schließung bedroht ist. Wir wissen von den roten Zahlen, die alljährlich geschrieben werden. Wir wissen, wie groß der Investitionsstau ist. Wir wissen, wie stark die Arbeitsbelastung durch die zunehmende Arbeitsverdichtung bei den Beschäftigten, bei den Ärzten und beim Pflegepersonal ist, was sich letztlich auch direkt auf die Patienten negativ auswirkt. Außerdem ist Niedersachsen weiterhin mit großem Abstand Schlusslicht bei der Krankenhausfinanzierung. Das ist ein Zustand, der nicht länger hinnehmbar ist.
Weiterhin gilt: Die medizinische Versorgung in der Fläche ist gefährdet. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir uns immer wieder darüber unterhalten, um das nicht zuzulassen. Dies alles ist uns bekannt. Wir diskutieren das immer wieder und werden uns auch sicherlich in einer der nächsten Plenarsitzungen damit beschäftigen.
Neu hingegen ist, dass die Bundesregierung der Großen Koalition mit Ministerin Schmidt einen Referentenentwurf vorgelegt hat, der die Krankenhausfinanzierung auf neue Beine stellen sollte. Dies ist nicht zuletzt durch den massiven Druck der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in Eintracht mit den Beschäftigten und den Arbeitgebern geschehen, die die katastrophalen Verhältnisse in den Krankenhäusern in den Fokus der Öffentlichkeit gebracht haben.
Die Forderung, dass die Finanzierung den Leistungen der Krankenhäuser und nicht den Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen folgen muss,
Ebenso muss die Anbindung an die Grundlohnsumme fallen. Die Finanzierung der Krankenhäuser muss die tatsächlichen Leistungen der Einrichtungen decken können, und zwar spätestens ab 2009.
Präsentiert wurde in dem Referentenentwurf à la Schmidt ein Krankenhauswarenkorb als Orientierungswert, der dann ab 2011 zur Verfügung stünde. Das ist nach unserer Auffassung viel zu spät; denn bis dahin wird der Status quo im Krankenhausbereich nicht mehr zu halten sein.
Einen kleinen Lichtblick stellt aus meiner Sicht die Förderung zusätzlicher Stellen im Pflegebereich dar. Dies kann allerdings nur kurzfristige Effekte erzielen, aber nicht die angestauten Probleme lösen. Hier wurde nicht in aller Konsequenz zu Ende gedacht und - ich unterstelle das einfach einmal - bewusst beiseite gelassen, dass es an allererster Stelle nötig gewesen wäre, ein wirkungsvolles System der Personalbemessung zu entwickeln. Das bezeichne ich als Schlamperei.
Für die Linke ist es schon bemerkenswert, wenn die Forderung nach einer monistischen Finanzierung nicht mehr Gegenstand des vorgelegten Referentenentwurfs der Gesundheitsministerin ist. Allerdings trauen wir Linke diesem Frieden nicht; denn in der hiesigen Landtagsfraktion der SPD wird die Abkehr vom dualen System, der Förderung unserer Krankenhäuser à la Herrn Rürup, immer wieder ins Spiel gebracht, sodass wir uns sicher sind, dass hier noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Die Linke möchte, dass das Land seinen Teil der Verantwortung für die Sicherung und den Erhalt unserer Krankenhausversorgung trägt und sich auch mit aller Vehemenz in Berlin dafür einsetzt. Da kann und darf es nicht sein, dass die Beratung dieses Referentenentwurfs in Abwesenheit unserer Ministerin Ross-Luttmann stattfindet. Aus der Sicht der Linken hat sie an dieser Stelle die falschen Prioritäten gesetzt. Ich finde das schade.