Sie haben davon gesprochen, wir hätten das Pferd zu Tode geritten. Wenn hier etwas zu Tode geritten wurde, dann waren Sie es!
Ich habe eine Frage an Sie. Sie sagen, dass die Beschäftigten wieder Arbeit finden, dass das alles nicht so dramatisch sei. Dazu sage ich Ihnen: 4 251 Schlecker-Beschäftigte befinden sich in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen - das heißt, sie gehen in Warteschleifen, Warteschleifen, Warteschleifen -, und 725 Schlecker-Beschäftigte absolvieren eine Weiterbildung.
Wir haben im Juli eine Kleine Anfrage gestellt. Für den Fall, dass es nicht gelingt, mindestens 10 000 Schlecker-Beschäftigte in Lohn und Brot zu bringen, drohen aufgrund der hohen Zahl von Arbeitslosen gesellschaftliche Folgekosten von bis zu 189 Millionen Euro. Diese Zahlen belegen doch wohl, dass sich das, was Sie hier gesagt haben, von jeglicher Tatsache entfernt. Das belegt, dass Sie entweder keine Ahnung haben oder keine Ahnung haben wollen, was in diesem Land passiert. Das ist schlimm. Ich freue ich mich, dass Sie in den Umfragen bei 4 % liegen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon dreist, wenn man hier so auftritt, wie Sie das gerade gemacht haben, Frau Weisser-Roelle.
Sie haben vor gar nicht langer Zeit maßgeblich dazu beigetragen, dass Schlecker in einer Art fertiggemacht worden ist, die es vorher kaum gegeben hat.
(Lachen bei der LINKEN - Zuruf von der LINKEN: Das Unternehmen wird von einem Kriminellen geführt! - Wei- tere Zurufe von der LINKEN und von der SPD)
Sie versuchen andauernd, in unternehmerische Bereiche einzugreifen und hineinzuregieren. Sie sehen das nur aus einer bestimmten Situation. Sie wollen bestimmen, was hier in Deutschland geschieht und wie sich diese Marktwirtschaft auswirkt. Ich finde es unglaublich, dass Sie die Situation jetzt, wo etwas schiefgelaufen ist und sich diese Mitarbeiterinnen neu orientieren müssen, nutzen, um sich zu profilieren. Das tut mir richtig weh.
(Zustimmung bei der FDP - Kreszen- tia Flauger [LINKE]: Das sehen die aber ganz anders! - Ursula Weisser- Roelle [LINKE]: Tosender Beifall für Ihren Beitrag aus Ihrer Fraktion! Das zeigt, wie gut Sie sind! - Olaf Lies [SPD]: Sie können aus Ihren Stühlen wieder hochkommen! Sie sind ein bisschen eingesackt!)
Wollen wir die Debatte fortsetzen, Herr Kollege Lies? Sie sind als nächster Redner dran. Wenn Sie weitere Zwischenrufe machen wollen, dann muss ich so lange unterbrechen.
- Das können wir jetzt gerne so einführen. Diese Anregung nehme ich gerne auf. Herr Kollege Lies, Sie haben für die SPD-Fraktion das Wort!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um die Frauen, die ehemals bei Schlecker beschäftigt waren. Ich finde, man muss bei denen zwei Dinge klarstellen: Sie sind von Anton Schlecker betrogen worden. Deswegen kann man nur froh sein, dass sich die Gerichte darum kümmern und dafür sorgen, dass diejenigen zur Rechenschaft gezogen werden, die daraus nur selbst den Profit ernten wollten, den die Beschäftigten nicht erhalten haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sie sind auch von CDU und FDP im Stich gelassen worden. Das ist die Wahrheit, die wir an den Tag bringen müssen! Das ist das, was Sie mit den Kolleginnen und Kollegen gemacht haben!
Frau König, das ist wirklich schwer zu ertragen. Für mich gibt es dafür nur eine Erklärung. Dass sich die FDP nicht um Frauen kümmert, sehen wir an der Liste der FDP.
Ich glaube, wenn man bei der FDP als Frau einen guten Listenplatz haben will, dann muss man eine sozialfeindliche Einstellung haben. Das haben Sie zumindest heute unter Beweis gestellt. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Listenplatz!
Allein in Niedersachsen sind 2 600 Frauen bei Schlecker entlassen worden. 25 000 Frauen in Deutschland haben bei Schlecker ihre Arbeit verloren. Das ist eine dramatische Situation, die fast ausschließlich Frauen betrifft, und dies bei einer - ich denke, das darf man sagen, und das werde ich gleich noch einmal betonen - extrem schwierigen Arbeitsmarktsituation, die diese Frauen vorfinden. Ich komme darauf noch zu sprechen, Frau König.
Vielleicht zur Historie: Ich meine, es waren letztlich der Ministerpräsident dieses Landes und Sie, Herr Bode, die diese Frauen überhaupt in diese dramatische Situation gebracht haben. Sie haben sich der Transfergesellschaft verweigert.
Sie haben verhindert, dass es für diese Kolleginnen eine sozialverträgliche Lösung gibt. Sie haben auch verhindert, dass es eine Perspektive für Investoren gibt, die Schlecker-Filialen zu übernehmen. Daran sind Sie mitschuldig, und diese Mitschuld werden Sie weiterhin tragen müssen. Da können Sie ganz sicher sein.
Das Einzige, was wir erleben - Frau König hat es wunderbar vorgemacht -, ist das Schönreden der Situation.
Das ist Ihnen wirklich gegeben. Nur ein geringer Teil der Frauen hat nämlich eine wirkliche Perspektive auf einen vernünftigen Arbeitsplatz.
Lassen Sie uns einen Blick auf die wirkliche Situation werfen: In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Minijobs in Niedersachsen um 100 000 zusätzliche Plätze angewachsen. Die Zahl der Vollzeitarbeitsplätze ist demgegenüber um 100 000 gesunken. Das ist die Realität, die die Frauen erfahren, wenn sie jetzt auf den Arbeitsmarkt kommen.
Es gibt eine Steigerung der befristeten Beschäftigung um 28 %, eine Steigerung der Leiharbeit um 185 %, eine Steigerung der Minijobs um 21 %, eine Steigerung der Teilzeit um 40 %. Das ist der Erfolg Ihrer Arbeitsmarktpolitik in Niedersachsen, meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und FDP!
Das ist die Situation, auf die diese Frauen stoßen! Im Jahr 2010 waren allein 23 % bzw. 3,3 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Niedersachsen im Niedriglohnbereich tätig. 762 000 Menschen in Niedersachsen haben weniger als 9,54 Euro pro Stunde verdient. 570 000 Beschäftigte verdienen weniger als 8,50 Euro! So viel zur Frage des Mindestlohns, Frau König! Der muss morgen eingeführt werden oder besser noch heute und nicht so lange hinausgezögert werden, wie Sie es wollen; das ist der falsche Weg!
Zwei Drittel der Betroffenen sind Frauen, Frau König. So viel zu dem Arbeitsmarkt, auf den die Frauen stoßen, die bei Schlecker entlassen werden! Das ist die Erwartung, die die Frauen haben! Das ist das, was uns die Frauen im Gespräch bestätigen. Machen Sie sich keine Sorge, wir reden mit den betroffenen Kolleginnen und Kollegen. Wir gucken nicht nur in ordnungspolitische Parteiprogramme der FDP. Wir gucken dahin, wo es um die Menschen geht, nämlich bei den betroffenen Menschen vor Ort.
Die Frage ist aber: Welche Perspektiven ergeben sich jetzt für die Beschäftigten bei Schlecker? - Wir erinnern uns an die Ausschusssitzung. Dort ist uns groß verkündet worden, welche Zusammenarbeit man mit der Bäcker- und der Fleischerinnung vorhat, welche Projekte man starten will.
Ich darf einmal daran erinnern: Der Tariflohn z. B. im Bäckerei- und Konditoreibereich liegt in Bayern bei 5,26 Euro.
Die Gesellen bekommen 6,97 Euro. Im Einzelhandel in Niedersachsen haben wir 7,50 Euro als Untergrenze. Der Durchschnitt im Bäckerhandwerk liegt bei 7,85 Euro. Das ist die Perspektive, die Sie den Frauen bieten, die bisher zum Teil dafür gesorgt haben, dass sie ihre Familien ernähren konnten! Sie treiben sie in die Sozialämter, Sie treiben sie zu den Arbeitsagenturen, damit sie sich Aufstockerleistungen holen. Das ist das Angebot auf dem Arbeitsmarkt, das Sie diesen Frauen machen!