Protokoll der Sitzung vom 20.07.2012

In dem Antrag sind verschiedene Punkte angesprochen, zu denen ich kurz etwas sagen möchte.

Auch wir sehen das heutige System der vermiedenen Netzentgelte vor diesem Hintergrund als überarbeitungsbedürftig an. Das hat auch die mit diesem Thema betraute Bund-Länder-Arbeitsgruppe mehrheitlich erkannt und sich für eine Reform ausgesprochen. Wir unterstützen diese Position.

Investitionen in die Verteilnetze müssen wie bei den Übertragungsnetzen möglichst zeitnah in die Erlösobergrenzen eingerechnet werden dürfen. Auch das unterstützen wir.

Ferner sollte geprüft werden, inwiefern Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten angemessen berücksichtigt werden können. Diese zahlen sich zwar nicht sofort aus, wirken aber mittel- und langfristig auch kostensenkend.

Die jederzeitige Gewährleistung der Netzstabilität beispielsweise durch intelligentes Lastmanagement ist eine weitere Herausforderung. Es ist sinnvoll, die rechtliche Möglichkeit der Zuschaltung von Lasten bei einem temporären Überangebot zu erweitern. Der gewünschte Erfolg solcher Maßnahmen lässt sich aber nur dort erreichen, wo geeignete Lasten wie z. B. große Kühlhäuser vorhanden sind. In den ländlichen Räumen fehlen in der Regel solche zuschaltbaren Lasten in entsprechender Größenordnung. Aber auch wenn das Potenzial begrenzt ist, begrüße ich die im Antrag angeregte Neuregelung des § 14 a EnWG. Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen und Wege eröffnen, um eine Netzoptimierung zu erreichen.

Insofern kann ich den Ansatz dieses Antrages nur ausdrücklich unterstützen. Es geht darum, den Ausbau auf der Verteilnetzebene voranzubringen und auch auf dieser Seite einen Beitrag zur Energiewende zu leisten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Zuständig soll der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz sein. Spricht jemand dagegen? - Enthält sich jemand? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann wird so verfahren.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, außerhalb der Tagesordnung beschäftigen wir uns jetzt mit einem weiteren Punkt:

Dringliche Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/4380 mit dem Titel „Die Kardinalfrage: Gab es einen erneuten Verstoß gegen das Ministergesetz und Vorteilsannahme durch den früheren Ministerpräsidenten Christian Wulff?“ - hier: Ergänzung der Antwort der Landesregierung auf eine Zusatzfrage des Abgeordneten Limburg in der 126. Sitzung am 19. Januar 2012

Heute hat der Herr Finanzminister seine damalige Antwort auf die Frage ergänzt.

Seitens der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE wurde daraufhin verlangt, die Besprechung über diese Ausführungen zu eröffnen.

Nach § 78 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung eröffne ich daher jetzt, wie vereinbart, die Aussprache über die Ausführungen.

Die Fraktionen der CDU und der SPD haben je fünf Minuten Redezeit, die übrigen Fraktionen jeweils 2:30 Minuten.

(Stefan Wenzel [GRÜNE] und Dr. Gabriele Heinen-Kljajić [GRÜNE]: Nein, drei!)

- Mir ist übermittelt worden, es seien 2:30 Minuten vereinbart worden.

(Johanne Modder [SPD]: Nein, drei!)

- Ich habe überhaupt nichts dagegen. Wenn das so verabredet ist, dann ändern wir das auf drei Minuten. Vielen Dank für den Hinweis. Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, der FDP und DIE LINKE haben also drei Minuten Redezeit.

Zu Wort gemeldet hat sich zunächst Herr Schostok für die Fraktion der SPD. Herr Schostok, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Möllring, Sie haben am 19. Januar 2012 angesagt, dass Sie umfassend und wahrheitsgemäß aufklären wollen. Wir stellen fest: Sie korrigieren sich ständig. Immer wieder

freitags wird hier das entsprechende Lied gesungen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Aber heute offenbaren Sie erstmals durch Fakten das, was wir immer wissen wollten: Es gibt einen ganz engen Zusammenhang zwischen Leistungen und Gegenleistungen. Der Ministerpräsident hat hier - so sagt es der Brief aus - auf Zuruf einen Kabinettsbeschluss in einer Bundesratsabstimmung korrigieren lassen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, genau das ist es gewesen, was wir seit fast einem Jahr wissen wollen: Hat sich der Ministerpräsident Wulff Vorteile von Managern der Versicherungswirtschaft gewähren lassen? - Den Fall der Flitterwochenfahrt - wir hatten gefragt: Hat es dort Kontakte zum Gastgeber aus der Versicherungswirtschaft gegeben? - haben Sie hier im Niedersächsischen Landtag noch ins Lächerliche gezogen, indem Sie gesagt haben, man solle doch auf das junge Glück Rücksicht nehmen. Das lassen wir uns hier nicht mehr bieten.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Nach dem, was Sie heute vorgetragen haben, gehen wir fest davon aus, dass es sich um einen strafrechtlich relevanten Vorgang handelt. Wir sind sicher: Jetzt interessiert sich auch die Staatsanwaltschaft für genau diese Unterlagen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Vor allen Dingen stellt sich auch die Frage: Wie handelt diese Landesregierung? - Da wird im Bundesrat anders abgestimmt, als im Kabinett vorher beschlossen wurde. Ich frage mich, welche niedersächsischen Vertreter da waren. Das Protokoll, das ich gesehen habe, weist aus, dass Herr Sander und Herr Schünemann die Landesregierung im Bundesrat vertreten haben.

(Aha! bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Es kann doch nicht sein, dass Sie jetzt so tun, als sei keinem aufgefallen, dass hier ein Kabinettsbeschluss anders ausgelegt worden ist.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, so etwas muss doch auch durch Sie selber aufgearbeitet werden. Sie wissen doch, worüber Sie abstimmen. Wir fordern Sie auf: Geben Sie uns die Kabinettsprotokolle darüber, wann was abgestimmt wurde und wann dort vermeldet wurde, dass man im Bundesrat zu einer anderen Beschlussfassung gekommen ist.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Hier wird immer deutlicher der Anschein erweckt, dass in Niedersachsen wie in einer Bananenrepublik regiert wird.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Vor allen Dingen: Wie wird hier denn aufgeklärt? - Der Minister fordert Unterlagen aus den Häusern an. Nach dem 19. Januar hat er das getan. Aber es wird nicht alles vorgelegt. Was ist das für eine innere Organisation? Sie setzen sich damit doch dem Verdacht aus, uns hier im Niedersächsischen Landtag im Januar bewusst nicht alle Kontakte und Schreiben vorgelegt zu haben.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Sie haben uns heute notwendigerweise dieses Schreiben der Hannover Rück zur Verfügung gestellt. Ich habe einmal genau auf die Daten geguckt. Da wird am 17. September 2007 ein Schreiben von Hannover Rück an Herrn Finanzminister Möllring geschickt, einen Tag vor einer Kabinettssitzung. Am 18., nach der Kabinettssitzung, wird dieses Schreiben in einer Anlage noch einmal an Herrn Ministerpräsidenten Wulff geschickt. Ich zitiere einen Satz, den Sie vorhin nicht zitiert haben. Darin steht: „Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie sich hier zugunsten der niedersächsischen Rückversicherungswirtschaft verwenden können.“

(Zuruf von den GRÜNEN: Aha!)

Meine Damen und Herren, hier hat ein Ministerpräsident dem Anschein nach wirklich richtig gut auf Zuruf funktioniert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ich stelle für die SPD-Fraktion fest, dass Sie bei der Aufarbeitung der Wulff-Affäre jede Glaubwürdigkeit völlig verloren haben. Das machen die aktuellen Umfragen besonders deutlich.

Ich füge noch eines hinzu: Schicken Sie bitte nicht weiter Herrn Möllring vor. Herr Ministerpräsident, das ist Ihr Problem hier im Hause.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Wenzel für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr McAllister! Herr Möllring! Sie, Herr Möllring, wollten uns heute Vormittag weismachen, dass Sie erst am 19. Juli 2012 von diesem Vorgang erfahren haben. Wir haben Sie hier immer als sehr selbstbewussten Finanzminister erlebt, manchmal mit einem leichten Hang zur Arroganz.

(Detlef Tanke [SPD]: Aber nur ganz leicht! Ganz leicht! - Ingrid Klopp [CDU]: Oh, das stimmt nicht! - Weitere Zurufe von der CDU)