Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Meine Damen und Herren, wir in Niedersachsen haben die Weichen für Inklusion sehr gut, sehr sorgfältig und sehr behutsam gestellt! Es wird niemand überfordert. Genau diesen Weg werden wir gehen.

Vielen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Korter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung gebeten. Sie haben anderthalb Minuten. Frau Korter, bitte sehr! Das Gleiche gilt dann auch für Herrn Klare, er bekommt aber mehr Zeit.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert übernimmt den Vorsitz)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Althusmann, es ist eine bekannte Strategie, dass man lieber über andere Bundesländer redet; dann muss man nicht so genau auf Niedersachsen gucken.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Dann muss man nicht so genau sagen, was in Niedersachsen nicht läuft.

Sie stellen sich hier als die Vorkämpfer der Inklusion hin.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielleicht sollten Sie einmal ein bisschen in die Geschichte gehen und darüber nachdenken, wer eigentlich 2009 den besten Gesetzentwurf in diesen Landtag eingebracht hat und wen wir eigentlich zum Jagen tragen mussten. Zwei Jahre haben Sie das Gesetz bzw. unseren Gesetzentwurf in den Ausschüssen verschleppt. Das wurde immer wieder von der Tagesordnung abgesetzt. Wir mussten Sie immer wieder dazu drängen, überhaupt die Inklusion in Angriff zu nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Von alleine wären Sie noch lange nicht so weit, wenn wir das nicht angeschoben hätten.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

- Doch, selbstverständlich! Ich war in den Ausschüssen immer dabei und weiß, wie das immer abgesetzt wurde.

Herr Minister Althusmann, Sie erzählen hier etwas von Systemwechsel. Unser Antrag war ein Systemwechsel. Der ging nämlich von der kindbezogenen Zuweisung, von der Ausweisung einer Behinderung weg hin zu einer Pauschalzuweisung. Sie machen das doch gar nicht. In der Grundschule machen Sie in dem Bereich eine pauschale Zuweisung mit schlechterer Ausstattung, als wir sie jetzt schon in der sonderpädagogischen Grundversorgung haben. Ab Klasse 5 nehmen Sie wieder eine Stigmatisierung über die Einzelzuweisung von Förderbedarf vor.

Wo ist bei Ihnen denn da der Systemwechsel? - Sie haben, glaube ich, Ihr Gesetz überhaupt noch nicht verstanden. Das sollten Sie uns hier einmal vormachen.

Die Redezeit ist schon überschritten, Frau Kollegin Korter. - Um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 hat für die CDU-Fraktion Herr Klare gebeten. Frau Korter hatte anderthalb Minuten, also bekommen Sie drei Minuten. Bitte schön!

(Ronald Schminke [SPD]: Das ist aber ungerecht so!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Entschuldigung, Herr Kollege Klare, ich bin gerade kritisiert worden und möchte Herrn Schminke die Gelegenheit geben, sich zu entschuldigen, weil er meinte, das sei ungerecht. Herr Schminke!

Ich entschuldige mich.

Alles klar. - Herr Klare, Sie haben das Wort!

(Heiterkeit)

So schnell geht das, wenn man hier eine ordentliche Präsidentin hat.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das spricht aber auch für unseren Kollegen Schminke.

Frau Korter, der beste Gesetzentwurf, den Sie eingebracht haben, sah die Auflösung von drei Förderschularten vor. Die drei Förderschularten hätte es gar nicht mehr gegeben. Es geht um Schulen mit dem Förderschwerpunkt sozialemotionale Entwicklung - früher für verhaltensgestörte Kinder. Die wären dann alle in den normalen Regelschulen geblieben. Wer diese Schüler kennt und sich mit ihnen befasst hat - Sie haben das doch getan -, kann einen solchen Antrag gar nicht stellen, es sei denn, er will, dass manche Klassen nicht mehr regierbar sind, hätte ich beinahe gesagt. Eine pädagogische Arbeit ist unter dem Umstand, dass z. B. ein verhaltensgestörtes Kind darin ist, verdammt schwierig und zum Teil gar nicht möglich. Das wissen Sie auch.

Sie wollten die Schulen auflösen. Die Sprachförderschulen und die Lernbehindertenschulen wollten Sie auflösen. Das war Ihr Konzept. Ein Elternwahlrecht hätte es dann überhaupt nicht mehr gegeben, meine Damen und Herren. Das ist die Wahrheit. Sie hätten das Elternwahlrecht in Niedersachsen ausgehebelt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dann will ich Ihnen etwas zu Nordrhein-Westfalen sagen. Natürlich müssen wir darauf hinweisen, was Sie da anstellen, wo Sie regieren. Das haben wir in der Debatte im Rahmen der Aktuellen Stunde doch auch gemacht. Hier finden Sie schöne

Worte. Aber da, wo Sie regieren, richten Sie wirklich Unheil an. So ist es in diesem Fall.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich sage Ihnen noch etwas zu Nordrhein-Westfalen. Der Minister hat die Beispiele genannt. Die Leute dort sind auf der Straße. Sie protestieren gegen diese Art von Inklusion, meine Damen und Herren. Das, was die haben und jetzt hineinschreiben, steht unter dem Vorbehalt des Haushaltes. Bei uns ist das gerade abgeschafft worden, meine Damen und Herren. Die führen es ein. Das ist doch keine Inklusion!

Ich will Ihnen ein Zweites sagen. Auch Bremen wird von Rot-Grün regiert.

(Björn Thümler [CDU]: Ganz furcht- bar!)

In Bremen funktioniert überhaupt kein Elternwahlrecht. Das gibt es gar nicht mehr, es ist abgeschafft. In Bremen geht es - um nur eine Zahl zu nennen - um 900 Beschulungen, die in Niedersachsen durchgeführt werden. Das nennen die Inklusion. Die „schweren Fälle“ - ich sage das in Anführungszeichen - schicken sie aber in unsere Förderschulen. Das ist die Wahrheit in Bremen. 900 Fälle!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich will, weil es mir wichtig ist, ein Letztes sagen. Sie haben gefordert, dass die Inklusion in diesem Schuljahr umgesetzt wird. Hätten wir das gemacht, dann hätten wir dem ganzen Inklusionsgedanken einen Bärendienst erwiesen. Wir wären da unvorbereitet hineingegangen. Jetzt, wo das alles noch in Vorbereitung ist, werfen Sie uns vor, wir würden nicht genug machen.

Lassen Sie uns die Inklusion in Ruhe angehen! Lassen Sie uns einen vernünftigen Weg gehen! Dann wird sie gelingen und können wir alle Menschen, die daran beteiligt sind, auch mitnehmen. Und darauf kommt es an.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Försterling spricht für die FDP-Fraktion. Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Korter hat eben kritisiert, dass wir auf andere Bundesländer hinweisen. Ich finde aber, es ist unsere verdammte Pflicht, darauf hinzuweisen, was in diesen Bundesländern passiert, Frau Korter.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Denn es geht darum, eines deutlich zu machen, nämlich den Unterschied zwischen Versprechen und Wirklichkeit.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Genau so ist es!)

Der Kollege Klare hat das ausgeführt. In Bremen wurden die großartigsten Inklusionsversprechungen gemacht. Weil Frau Jürgens-Pieper es nicht hinbekommen hat, wird jetzt zurückgerudert und alles wieder zurückgenommen.

In NRW - das ist für uns unvorstellbar - wird jetzt tatsächlich ein Schulgesetz auf den Weg gebracht, das die Elternwahlfreiheit - das, was für Sie immer das höchste Gut war, Frau Korter - infrage stellt. Das wird von Ihrer grünen Kultusministerin in Nordrhein-Westfalen infrage gestellt. Ich kann das überhaupt nicht nachvollziehen. Wo leben wir denn?

Wir sind uns hier doch einig gewesen, dass es überhaupt keine organisatorischen oder finanziellen Hindernisse geben darf, wenn es darum geht, Kinder mit Behinderung in Regelschulen zu beschulen. Und Sie machen mit Rot-Grün in NRW ein solch fatales Schulgesetz, das gegen die UNBehindertenrechtskonvention verstößt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Starker, anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Försterling, ein letzter Satz!