Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund klingt es wie Hohn, wenn der Ministerpräsident jetzt auf seiner Sommerreise, wie in der NordseeZeitung zu lesen ist, negative Folgen erkennt. Herr McAllister, obwohl wir Sie vor einem Jahr darauf hingewiesen haben, haben Sie die Chance verpasst, im Bundesrat entsprechende Korrekturen am Erneuerbare-Energien-Gesetz zu gestalten.

(Ulf Thiele [CDU]: Herr Tanke, über- heben Sie sich nicht! - Dr. Gero Cle- mens Hocker [FDP]: Wer hat das Ge- setz denn verabschiedet?)

Sie haben diese Chance verpasst.

(Heinz Rolfes [CDU]: Ein tönendes Nichts!)

Beim Netzausbau sind die entscheidenden Fragen nicht gestellt worden. Fällt Ihnen eigentlich etwas zum Netzausbau ein? - Anscheinend nicht. Mir aber auch nicht.

(Lachen und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Außer Stillstand gibt es nämlich nichts zu vermelden. Meine Damen und Herren, die Hannoversche Allgemeine Zeitung kommentiert genau dies am 6. August mit dem Betriff „Lethargie“.

Herr Birkner, wenn Sie von Akzeptanz sprechen, dann fragen Sie einmal die Bürgerinnen und Bürger in Bad Gandersheim! Oder wenn Sie wissen wollen, wie es um die Akzeptanz Ihrer Energiewende bestellt ist, dann gucken Sie einmal in die Umfragewerte Ihrer Partei!

(Zustimmung bei der SPD - Minister- präsident David McAllister: Jetzt klat- schen! - Heinz Rolfes [CDU]: Wie sind denn die SPD-Umfragewerte?)

Eigentlich ist es noch schlimmer, weil sich durch die langwierigen Gerichtsverfahren mit TenneT der

Netzausbau weiter verzögert hat. Noch schlimmer ist, dass die Probleme, die Sie verursachen, dazu führen, dass der Bundesumweltminister ein Tempolimit für den Ausbau der erneuerbaren Energien fordert. Ich bin gespannt, Herr Bäumer, ob Ihre Aussage, niemand wolle die Kernenergie zurück, am Ende noch stimmt, wenn Sie weiter so zögerlich mit dem Netzausbau in Niedersachsen umgehen.

(Zustimmung bei der SPD - Reinhold Hilbers [CDU]: Da klatschen nicht einmal die eigenen Leute! - Christian Grascha [FDP]: Wie soll denn der Netzausbau beschleunigt werden?)

Zur Energieforschung will ich abschließend in Stichworten sagen, dass Ihre seitenlange Auflistung belegt, dass es hier zu keiner Bündelung gekommen ist, wie auch der Wirtschaftsrat Deutschland beklagt hat. Die Forschungsaktivitäten sind auf die Ressorts verteilt. Genau das werden wir nach dem 20. Januar 2013 sofort ändern

(Heinz Rolfes [CDU]: Was?)

und die notwendige Bündelung herbeiführen.

Es ist ein Beleg für den schwarz-gelben Misserfolg, dass die Energiewende trotz dieser Landesregierung weitergeht.

(Heinz Rolfes [CDU]: Wenn die Wäh- ler hören würden, was Sie hier sa- gen!)

Dreist - zutreffender noch: entlarvend - ist das, was die Landesregierung antwortet, wenn es um Energieeinsparung und Energieeffizienz geht. Einmal abgesehen von dem Lob für die niedersächsischen Kommunen, die mit ihren eigenen Aktivitäten diese Landesregierung in der Tat längst überholt haben, werden da Neuigkeiten wie die folgende beschrieben:

„Aufgrund der technisch bedingten Lebensdauer von circa 20 Jahren werden betriebstechnische Anlagen nach diesem Zeitraum kontinuierlich erneuert und auf den energetisch aktuellen Stand gebracht.“

Wieder nur Pflicht, keine Kür! Sie sind einfach kein Vorbild in der Energiewende für dieses Land.

(Christian Grascha [FDP]: Immerhin tun wir unsere Pflicht!)

Ich fasse zusammen: CDU und FDP stellen der Landesregierung gezielt nur solche Fragen, auf die

man schöne Antworten formulieren kann. Ich stelle zum Schluss fest: Nicht weil es die Landesregierung gibt, findet die Energiewende statt. Vielmehr strengen sich die vielen Akteure an, obwohl es diese Landesregierung gibt.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Edi- tha Lorberg [CDU]: So etwas Schwa- ches! - Hans-Heinrich Ehlen [CDU]: Äußerst billig! - Heinz Rolfes [CDU]: Ein ziemlich peinlicher Auftritt! - Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Ein echter Tanke! - Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Lasst mal, Herr Tanke ist unser bester Wahlkämpfer!)

Danke schön, Herr Kollege Tanke. - Jetzt hat für die FDP-Fraktion Herr Kollege Dr. Hocker das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist immer wieder ein Genuss, Herr Kollege Tanke, Sie hier vorne reden hören zu dürfen. Das sage ich ganz ehrlich.

(Zustimmung bei der FDP und bei der SPD)

Ich glaube, die Antwort der Landesregierung hat eines ganz deutlich gezeigt: Die Energiewende ist in Niedersachsen auf einem sehr guten Weg.

Für meine Fraktion darf ich mich ganz herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums bedanken, die die umfassende Anfrage, die wir gestellt haben, so akribisch und umfassend beantwortet haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir in Niedersachsen erzeugen so viel erneuerbare Energien wie kein anderes Bundesland, wie noch nie zuvor. Wir in Niedersachsen sind Vorreiter bei der Produktion erneuerbarer Energien. Wir würden uns manchmal wünschen, dass auch die Bundesländer mit einer rot-grünen Regierung oder anderen in diesem Landtag oppositionellen Parteien ähnlich weit wären und Ihre Hausaufgaben ähnlich gut machen würden, wie wir sie in Niedersachsen gemacht haben.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der CDU: Baden- Württemberg!)

Wir freuen uns darüber, dass gerade im Bereich der erneuerbaren Energien viele neue Jobs in Regionen entstanden sind, die sonst eher als strukturschwach bezeichnet werden, in den Küstenregionen. Das ist ein Erfolg dieser Energiewende. Das ist ein Erfolg dieser Landesregierung.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Es muss uns aber alle nachdenklich stimmen, dass die Zustimmung zur Energiewende in den letzten Monaten abgenommen hat. Sie hatte ihren Höchststand kurz nach der Naturkatastrophe von Fukushima im März/April 2011. Jetzt, im September 2012, ist die Zustimmung deutlich geringer als noch vor gut einem Jahr. Ich glaube nicht, dass die Gründe dafür noch die sind, die früher einmal ins Feld geführt worden sind. Ich spreche nicht von Verspargelung. Ich spreche nicht von Vermaisung.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Aber ich habe das Gefühl, dass die Menschen latent Angst haben, dass hier eine Kostenlawine auf sie zurollen könnte, die niemand mehr so richtig kontrollieren kann. Keiner kann den Menschen tatsächlich sagen, welche Kosten durch die erneuerbaren Energien und durch die Energiewende in 10, 20 oder 30 Jahren auf sie zukommen. Ich glaube, das ist ein Grund, warum die Zustimmung zur Energiewende nicht mehr so groß ist, wie es noch vor gut einem Jahr der Fall gewesen ist.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Die Menschen spüren: Der Druck auf die Fläche wird immer größer. Die Landwirtschaft konkurriert mit der Energiewirtschaft. Wir haben Pachtpreise im Emsland, in Cloppenburg und auch in anderen Regionen Niedersachsens von 1 300, 1 400 Euro pro Hektar. Da ist ganz klar, dass natürlich auch die Preise für den Endverbraucher steigen.

Diskussionen wie „Tank oder Teller?“ haben in den letzten Wochen viel mehr an Raum gewonnen, als es noch vor einem Jahr der Fall gewesen ist. Die Menschen haben Angst vor den Gefahren, die auf sie und auf ihren Geldbeutel durch die Energiewende zukommen. Wir wissen, die neue Ökostromumlage, die Mitte Oktober präsentiert wird, ist

nur ein Vorbote dessen, was noch an Kosten auf uns zukommt.

Bevor die Kollegen Wenzel, Herzog oder andere jetzt stereotyp sagen, die FDP will nur das EEG abschaffen, sage ich Ihnen: Das EEG hat einen wichtigen Beitrag dafür geleistet, dass zunächst einmal die Ressourcen zur Erzeugung von Energie aufgebaut wurden. Aber das reicht heutzutage eben nicht mehr aus. Das Instrument EEG erweist sich als unfähig, die Energiewende bis zum Ende zu gestalten. Wenn die Photovoltaik, die in der Lage ist, 3 % unseres Strombedarfs zu decken, fast 50 % der Ökostromumlage erhält, dann kann das System nicht funktionieren. Dann wird eben nicht jeder Euro so effizient eingesetzt, wie wir ihn eigentlich einsetzen müssten, um die Energiewende zu bewältigen.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben bei der Photovoltaik die Entwicklung: Die, die es sich leisten können, eine Photovoltaikanlage bei sich aufs Dach zu schrauben, machen das.

(Rolf Meyer [SPD]: FDP-Wähler!)

Aber die Zeche zahlen alle diejenigen Leistungsträger am unteren Ende der Einkommensskala, die sich eine solche Photovoltaikanlage nicht leisten können.

Wir wollen eine Energiewende durchführen. Aber wir möchten nicht die größte Kapitalumverteilung in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg auf den Weg bringen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen brauchen wir bei der Energiewende mehr Wettbewerb im System. Wir möchten, dass jedes Jahr ein steigender Anteil an erneuerbaren Energien in den Netzen ist. Aber bezogen auf diesen steigenden Anteil sollen die Netzbetreiber selber entscheiden können, welche erneuerbare Energie sie einspeisen. Sie sollen untereinander in einen Wettbewerb eintreten. Die FDP hat dazu ein Wettbewerbsmodell in die Diskussion eingebracht. Wir sind sehr gespannt darauf, welche Reaktion wir gerade von der Opposition dazu bekommen werden.

Ich glaube, die Energiewende wird nur gelingen - das hört sich für Sie vielleicht wie eine Phrase an; aber ich stehe dazu -, wenn sie mit den Menschen gemacht wird. Dazu gehört, dass sowohl die Unternehmen in Niedersachsen und in Deutschland

als auch die Privatverbraucher nicht mit Kosten für etwas konfrontiert werden, was sie sich nicht leisten können. Das vernichtet Arbeitsplätze in Niedersachsen und in Deutschland. Das würde unter Umständen dazu führen, dass eine warme Wohnung in 10, 20 oder 30 Jahren zum Luxusgut wird. Das wollen wir nicht. Deswegen fordern wir in der Zukunft mehr Wettbewerb bei der Energiewende.