Kein Schulleiter kann im Detail Prüfungen vornehmen. Wie soll er auch belegbar nachweisen, dass an seiner Schule - stellen Sie sich Bündelberufsschulen oder IGSn oder Gymnasien mit mehr als 100 Lehrkräften und unzähligen Datenverarbeitungsanlagen vor - keine illegalen Kopien gespeichert wurden, sodass er als Schulleiter entsprechende verbindliche Erklärungen abgeben kann?
Insofern können wir uns nach wie vor den Grundforderungen in Nr. 3 des Antrags der Fraktion DIE LINKE anschließen. Frau Reichwaldt, zwischenzeitlich hat das Ministerium allerdings reagiert, die Garantieerklärung verworfen und den Schultrojaner auf Eis gelegt. Insofern hat sich Ihr Antrag aus unserer Sicht in erheblichen Teilen erledigt. Deswegen werden wir uns heute der Stimme enthalten.
Frau Korter hat sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort, Frau Korter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Schutz des geistigen Eigentums und das Urheberrecht mögen manchem egal sein. Uns Grünen sind sie das nicht. In der letzten Zeit ist immer wieder über Plagiate oder Urheberrechtsverletzungen diskutiert worden. Für uns Grüne ist klar, dass die Rechte am geistigen Eigentum geschützt werden müssen. Davon gehen wir aus.
In der Frage der Urheberrechte der Schulbuchverlage und Bildungsmedien hat jedoch die Kultusministerkonferenz im Dezember 2010 eine Vereinbarung mit den Rechteinhabern für die Jahre 2011 bis 2014 getroffen, die so richtig an der Realität in
den Schulen vorbeigeht. Den Verlagen wurden zwar für mehrere Millionen Euro Kopierrechte abgekauft, aber leider nicht die Rechte für digitalisierte Kopien von Grafiken, Tabellen und Texten aus Schulbüchern für den Einsatz im Unterricht. Solche Digitalisate dürfen nun nicht auf den Schulcomputern gespeichert und verwendet werden - mit der Folge, dass die Arbeit in den Schulklassen z. B. mit Whiteboards ziemlich unmöglich gemacht wird.
Um die Einhaltung eines solchen Verbots sicherzustellen, sollte zunächst eine Plagiatssoftware eingesetzt werden, um die Schulcomputer zu durchsuchen. Diese Software wurde nach massiven Protesten wieder zurückgezogen und weiter geprüft. Die Verlage als Rechteinhaber wollten aber Sicherheit und verlangten von den Kultusministern, sicherzustellen, dass die Schulen sich an die Verträge halten.
Wie macht das Herr Kultusminister Althusmann, selbst Experte in Urheberrechtsfragen? - Er schreibt am 20. Januar 2012 einen Erlass an die Schulleitungen und fordert sie auf, bis zum 10. Februar 2012, also mal eben über die Halbjahreszeugnisse, eine dienstliche Erklärung abzugeben, dass mit Stichtag 25. Januar 2012 auf den Rechnern ihrer Schulen keine Digitalisate zu finden sind. Entweder sollten die Schulleitungen jetzt mal eben ganz schnell 250 PCs oder noch mehr durchsuchen oder eilig eine Erklärung unterschreiben, dass alle Schulrechner frei von Digitalisaten sind, eine Erklärung, von der sie nicht wissen können, ob sie für den Inhalt garantieren können, aber eine Erklärung, für die sie die strafrechtliche Verantwortung tragen sollten, wie ihnen der Kultusminister mal eben per Erlass mitteilte.
So versteht Herr Althusmann offenbar die Eigenverantwortliche Schule: Risiken für schlecht gelöste Probleme werden einfach auf die Schulleitungen abgewälzt.
Nachdem Hunderte von Schulleitungen protestiert haben und die Abgabe einer solchen Erklärung abgelehnt haben, hat der Kultusminister diesen Erlass wieder zurückgezogen. Jetzt wird wieder verhandelt.
Meine Damen und Herren, nötig wäre, dass die Schulbücher und die Bildungsmedien wieder eine besondere rechtliche Privilegierung im Urheberrechtsgesetz bekommen, wie es vor der Novellierung 2008 der Fall war.
Nur so können wir an den Schulen mit modernen Medien arbeiten. Nötig ist aber auch, dass der Kultusminister die dienstlichen Erklärungen derjenigen Schulleitungen, die sich genötigt fühlten, diese Erklärung zu unterschreiben, vernichtet. Das muss man von ihm erwarten können!
Nötig ist auch, dass wir wirklich darüber diskutieren und neue Richtlinien und Handlungsvorgaben dafür erarbeiten, wie wir in Zukunft mit welchen Medien im Unterricht umgehen sollen: Mehr digitale? Wie viel in Papierform? Was noch aus Schulbüchern? Was machen wir mit Computern? - Das steht wirklich aus.
Wir Grünen meinen auf jeden Fall, dass sich der Antrag der Linken wegen der zuvor genannten Fragen überhaupt nicht erledigt hat. Wir werden ihn deshalb heute unterstützen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Vertrauen statt Plagiatssoftware und Überwachung“ - das klingt beinahe so, als kontrolliere die Landesregierung den Lehrmitteleinsatz unserer Lehrerinnen und Lehrer sowie unserer Schulen mit elektronischen Argusaugen.
Mit diesem Antrag der Fraktion DIE LINKE wird der Eindruck vermittelt, dass die niedersächsischen Lehrkräfte unter dem Generalverdacht der Urheberrechtsverletzung stehen und dass die Landesregierung ein pauschales Grundmisstrauen hegt.
Die Bildungs- und Schulbuchverlage als Rechteinhaber gestatten in einem Gesamtvertrag - das ist hier mehrfach angeklungen - den Ländern sowie
den Lehrerinnen und Lehrern die Vervielfältigung aus urheberrechtlich geschützten Werken. Genau durch diesen Vertrag wird den Schulen die Möglichkeit gegeben - natürlich in einem festgelegten Umfang -, Kopien aus Unterrichtsmaterialien für den Unterrichts- und Prüfungsgebrauch zu verwenden.
Die Länder - und so auch das Land Niedersachsen - zahlen hierfür eine Vergütung. Natürlich enthält dieser Vertrag auch eine Klausel zum Schutz des geistigen Eigentums. Solche Klauseln sind nichts Ungewöhnliches. Die digitale Speicherung und ein digitales Verteilen von Kopien etwa über den E-Mail-Verkehr sind bereits von Gesetzes wegen nicht gestattet.
Ihre Forderung, dass dieser Vertrag einseitig durch das Land auszusetzen ist, ist schlichtweg rechtswidrig. Nach zivilrechtlichen Grundsätzen kann ein gegenseitiger Vertrag nicht einfach ausgesetzt werden. Sie wissen: Wer einen Vertrag nicht einhält, macht sich des Vertragsbruchs schuldig und handelt bekanntermaßen rechtswidrig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, die Fraktion DIE LINKE führt mit diesem Antrag eine Gespensterdebatte. Fakt ist: Es gibt keine Software, die in der Lage ist, Computer und Datenspeicher der Lehrerschaften und der Schulen auszuspähen. Die Angst, dass die Schultrojaner still und heimlich nach urheberrechtlich relevanten digitalen Kopien und Dokumenten forschen und diese melden, ist daher unbegründet. Ferner ist Ihnen allen hier bekannt, dass das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus am 4. Mai 2012 bekannt gegeben hat, dass von einer Plagiatssoftware im beiderseitigen Einvernehmen der Länder und der Bildungsverlage abgesehen wird. Diese Software gibt es also nicht.
Die unter Nr. 2 des Antrags zitierten Garantieerklärungen der Schulleitungen sollten nur bestätigen, dass man sich an die Rechtslage gehalten hat. Dazu sind sie ohnehin - das wissen alle Beamten hier im Raum - unabhängig von der Erklärung verpflichtet. Niemand hat also verlangt, die Rechner der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Schulen zu durchsuchen und eventuelle Verstöße gegen das Urheberrecht zu melden.
Die im Antrag geforderte Vernichtung der abgegebenen Erklärung bedarf ja wohl keiner weiteren Erörterung und keinesfalls der Zustimmung;
Meine Damen und Herren, das Urheberrechtsgesetz ist ein Bundesgesetz. Es kann nicht allein nach den Wünschen des Landes Niedersachsen angepasst oder gar verändert werden. Für die Zukunft suchen die Kultusministerkonferenz und die Vertreter der Bildungsmedien weiterhin gemeinsam nach einer tragbaren und soliden Lösung für die Zukunft. Das bedeutet, auch Punkt 3 Ihres Antrags läuft leer.
Bezüglich der erforderlichen digitalen Unterrichtsmaterialien für einen modernen Schulunterricht möchte ich noch darauf hinweisen, dass das Land Niedersachsen für 4 Millionen Euro im letzten Jahr Lizenzen für Onlinemedien erworben hat. Diese kann man sich in den Kreisbildstellen kostenfrei holen.
Zur Nr. 4 Ihres Antrages möchte ich Folgendes anmerken: Im Rahmen der Konjunkturprogramme haben wir die Ausstattung unserer Schulen mit Unterrichtsmaterialien mit erheblichen finanziellen Mitteln modernisiert.
Ein modernes Bildungssystem kann sich natürlich nicht den modernen Medien wie dem Internet mit seinen Möglichkeiten für den Unterricht entziehen. Einen Weg zurück in die Vergangenheit, indem wir die sogenannten Whiteboards oder die Laptops abschaffen und wieder zu Kreide und Schiefertafel greifen, wie das vorhin bildlich anklang¸
gibt es natürlich nicht. Alle Beteiligten - Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie Elternvertreter - befassen sich bereits intensiv mit der zukünftigen Nutzung und der Weiterentwicklung moderner Medien in den Schulen. Da vertraue ich ganz unserem Kultusminister, dass es bald eine Lösung geben wird.
Meine Damen und Herren, der Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE entbehrt also seiner Grundlage und Aktualität. Im Wesentlichen hat ihn