Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Als Nächster hat der Kollege Försterling für die FDP-Fraktion das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem Werdegang, der Entstehung dieses Antrags und der Grundlage, nämlich der Änderung des Urheberrechtsgesetzes, ist schon einiges gesagt worden.

Ich möchte einiges gerade rücken, was insbesondere der Kollege Borngräber gesagt hat. Zu seiner meiner Meinung nach völlig überflüssigen unangebrachten Plagiatsbemerkung

(Zustimmung bei der CDU)

möchte ich mich nicht weiter einlassen. Damit muss jeder selbst umgehen und wissen, wie er sich selbst ins Abseits stellen möchte.

Ich möchte aber etwas erhellen, was der Kollege Borngräber aus meiner Sicht bewusst vielleicht nicht ganz klar zitiert hat, und zwar hat er von Seite 6 des entsprechenden Vertrages zitiert, nämlich aus § 6 Nr. 4. Er hat leider nur diesen Satz zitiert:

„Die Länder wirken … darauf hin, dass jährlich mindestens 1 % der öffentlichen Schulen ihre Speichersysteme durch Einsatz dieser Plagiatssoftware auf das Vorhandensein solcher Digitalisate prüfen lässt.“

Er hat vergessen, darauf hinzuweisen, dass sich diese ganze Nummer in § 6 ausschließlich auf den Einsatz der Plagiatssoftware bezieht und dass es u. a. der Kultusminister Dr. Bernd Althusmann gewesen ist, der sich dafür eingesetzt hat, dass gerade mit den Schulbuchverlagen die Verständigung darüber getroffen worden ist, dass es diese Plagiatssoftware nicht gibt, weshalb dieser gesamte Absatz nicht gilt. Herr Borngräber, man muss dann schon im Zusammenhang vortragen, und man muss vor allem die Dinge verstehen, zu denen man sich äußert.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Försterling, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Borngräber?

Nein. Wenn er meint, er müsse sich hier noch einmal blamieren, kann er sich auch zu einer Kurzintervention melden.

Ich möchte kurz vortragen, welche Ergebnisse wir in der schriftlichen Anhörung erhalten haben.

Der Philologenverband äußert sich am 24. Mai 2012 wie folgt:

„Schulbuchverlage und Kultusministerkonferenz haben nach unseren Informationen bereits entschieden, auf den Einsatz einer Plagiatssoftware zum Aufspüren unerlaubter digitaler Kopien auf Schulrechnern zu verzichten. Zugleich haben die KMK und die Vertretungen der Bildungsmedien angekündigt, dass eine gemeinsame Lösung urheberrechtlicher Probleme beabsichtigt ist, künftig Lehrkräften die digitale Nutzung von Unterrichtswerken und -materialien zu ermöglichen. Damit ist wesentlichen Einwänden unseres Verbandes zu den sogenannten Schultrojanern Rechnung getragen.“

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz äußert sich am 10. Mai 2012 wie folgt:

„Die rechtliche Überprüfung der Überwachungssoftware hat sich aus meiner Sicht erledigt. Den Medien war am 27. April 2012 zu entnehmen, dass Herr Kultusminister Dr. Althusmann die Überprüfung der Schulen bereits ausgesetzt hat. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat am 4. Mai 2012 bekannt gegeben, dass Länder und Bildungsverlage gemeinsam nach einer Lösung für den digitalen Einsatz von Unterrichtswerken und -materialien im Unterricht suchen. Außerdem wird von dem vorgesehenen Einsatz einer Plagiatssoftware im beiderseitigen Einvernehmen abgesehen.“

Die Niedersächsische Direktorenvereinigung hat sich am 7. Mai 2012 wie folgt geäußert:

„Die Niedersächsische Direktorenvereinigung begrüßt es, dass Kultusminister Dr. Althusmann die massive Kritik der Verbände aufgenommen und die Unterschrift der Schulleiterinnen und Schulleiter im Blick auf die Überprüfung von Digitalisaten auf Schulrechnern zurückgezogen hat. Die Forderung des Kultusministers nach einer bundeseinheitlichen praktikablen Lösung erscheint uns sinnvoll und unterstützenswert. Daher hat sich der obige Antrag für uns erledigt.“

Das hätte auch die Linksfraktion zur Kenntnis nehmen müssen.

Dieser Antrag hat sich erledigt, und deswegen werden wir ihn ablehnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister, Herr Kollege Borngräber möchte das Mittel der Kurzintervention nutzen. Dazu hat er zunächst anderthalb Minuten lang Gelegenheit. Bitte schön, Herr Borngräber!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen und Kollegen! Es liegt mir fern, den Meister der bildungspolitischen Blamage zu kritisieren, Herr Försterling. Das können andere gern tun. Aber ich möchte auf das zurückkommen, was Sie gerade zu § 6 Abs. 6 der Vereinbarung gesagt haben.

Der Landesbeauftragte für Datenschutz hat in seinem Schreiben vom 10. Mai 2012 in der Tat ausgeführt:

„Das Bayerische Ministerium für Unterricht und Kultus hat am 4. Mai 2012 bekannt gegeben, dass Länder und Bildungsverlage gemeinsam nach einer Lösung für den digitalen Einsatz von Unterrichtswerken und Materialien im Unterricht suchen. Außerdem wird von dem vorgesehenen Einsatz einer Plagiatssoftware in beiderseitigem Einvernehmen abgesehen.“

So weit, so gut. Was Sie nicht aufgeklärt haben, Herr Försterling, ist der Anachronismus: Warum steht diese Vereinbarung im ursprünglichen Text immer noch auf der Seite des Kultusministeriums?

Herr Försterling möchte antworten. Er erhält das Wort ebenfalls für anderthalb Minuten. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn der einzige Skandal in der niedersächsischen Bildungspolitik die Tatsache ist, dass dieser Vertrag auf der Internetseite des Ministeriums abzurufen ist, dann, so kann ich nur sagen, haben CDU und FDP in der Bildungspolitik in Niedersachsen ja alles richtig gemacht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das ist ein derzeit gültiger Vertrag. Dieser Vertrag behält, obwohl sich beide Vertragsparteien darauf verständigt haben, § 6 Abs. 4 nicht anzuwenden, in den §§ 1 bis 8 ansonsten voll umfänglich seine Wirkung, so wie das bei allen anderen Verträgen auch der Fall ist. Wenn Sie zu § 7, zur salvatorischen Klausel, kommen und dort lesen „Sollte eine Bestimmung dieser Vereinbarung ganz oder teilweise unwirksam oder undurchführbar sein oder werden, so wird dadurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dieser Vereinbarung nicht berührt.“, dann verstehen Sie auch, warum dieser Vertrag immer noch auf der Internetseite steht. Herr Borngräber, auch hier gilt wieder: Man muss auch einmal weiterblättern, und man muss auch Verträge bis ganz zum Ende lesen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt hat aber der Herr Minister das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Försterling sehr dankbar für diese Klarstellung. Auch ich wollte den Herrn Abgeordneten Borngräber darauf hinweisen, dass es sich um einen rechtsgültigen Vertrag handelt, bei dem nur § 6 im gegenseitigen Einvernehmen von den jeweiligen Vertragsparteien teilweise außer Kraft gesetzt wurde, sodass der Gesamtvertrag nach wie vor Gültigkeit hat und von daher auch auf der Homepage des Kultusministeriums auftaucht.

Sehr geehrter Herr Borngräber, Sie haben auch etwas, wie ich finde, Gefährliches gesagt. Bei differenzierter Betrachtung ist diese Aussage so auch nicht haltbar. Sie haben grundsätzlich von „unsinnigen Forderungen“ des Kultusministeriums oder meinerseits gesprochen und unterstellen damit, dass quasi Schulleiter oder Schulen in Niedersachsen, gleich welcher Größenordnung, ob sich nun 10 oder 200 Rechner in dieser Schule befinden, nicht wissen können, vielleicht auch gar nicht wissen müssen, was sich auf ihren Rechnern befindet. Sehr geehrter Herr Borngräber, natürlich müssen unsere Schulleitungen, unsere Schulen, wissen, was sich nach dem Gesetz auf unseren Rechnern befinden darf.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es wäre eine grobe Missachtung der Pflichten eines Schulleiters, wenn man das nicht wüsste. Es könnten sich noch ganz andere Dinge auf unseren Rechnern befinden. Von daher prüfen wir jederzeit und fordern auch entsprechend ab, dass diese Pflicht zur Umsetzung des Schulgesetztes eingehalten wird.

Frau Reichwaldt, Sie sprachen davon, wir hätten den Schulen zur Umsetzung eines Vertrags zwischen allen 16 Bundesländern nur wenige Wochen Zeit gegeben. Kurz zur Chronologie: Im Dezember 2010 ist dieser Vertrag unter Federführung des Bayerischen Staatsministeriums abgeschlossen und dann Anfang 2011 von allen 16 Bundesländern bestätigt worden. Anfang 2011 wurden alle niedersächsischen Schulen mit einer Informationsbroschüre der Kultusministerkonferenz über die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen des Fotokopierens an unseren Schulen unterrichtet. Das ganze Thema ist nicht vom Himmel gefallen, sondern wir haben fast ein Jahr vorher über die neuen Fotokopierbedingungen - um die geht es - informiert.

(Christa Reichwaldt [LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Herr Präsident, ich sehe eine Wortmeldung. Ich habe nichts zu empfehlen; aber ich lasse die Zwischenfrage gerne zu.

Herr Minister, Sie gestatten die Zwischenfrage von Frau Reichwaldt. Ist das richtig?

Sehr gerne.

Bitte schön, Frau Reichwaldt!

Vielen Dank. - Herr Minister, stimmen Sie mir zu, dass aufgrund der technischen Entwicklung eine Garantieerklärung realistischerweise nicht mehr abgegeben werden kann? - Alles wird digital gespeichert. Schon das Ansteuern eines Druckers bedeutet, dass etwas digital gespeichert wird. Was soll denn da garantiert werden?

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜNE])

Das hängt mit der Entstehung dieses Gesamtvertrages zusammen. Letztendlich basiert er ja auf dem Inkrafttreten des sogenannten zweiten Korbes zu § 53 des Urhebergesetzes, der seit dem 1. Januar 2008 in Deutschland grundsätzlich in Kraft ist, sodass das Anfertigen von Kopien aus Schulbüchern oder Unterrichtsmaterialien - ob analog oder digital spielt dabei keine Rolle - verboten ist. Ich glaube, um es deutlich zu sagen, dass die Urheberrechtsnovelle des Bundes nicht schulkompatibel ist. Sie kann das notwendige Kopieren im Schulalltag offensichtlich nicht ausreichend darstellen.

(Zustimmung von Frauke Heiligen- stadt [SPD] und Ralf Borngräber [SPD])

Ich muss hinzufügen, Frau Heiligenstadt und Herr Borngräber, dass wir landesseitig schon heute für das Kopieren aus Verlagsbüchern, also dafür, dass diese Kopien überhaupt angefertigt werden können, jährlich rund 6 Millionen Euro zahlen. Ausfluss der Novelle des Urheberrechtsgesetzes war die Gefahr - diese wollte man mit dem Vertrag zu beheben versuchen -, dass das Fotokopieren aus Schulbüchern für Deutschland grundsätzlich verboten worden wäre. Deshalb die Übereinkunft mit den Schulbuchverlagen, um hier zu einer Lösung zu kommen.

Meine Damen und Herren, die Verhandlungen sind hier dargestellt worden. Es ist ein Einvernehmen dahin gehend erzielt worden, dass es nicht zu dem vorgesehenen Einsatz einer Scansoftware zur Überprüfung der Speichersysteme der Schulen kommen wird. Auch die Verlage bestehen nicht mehr auf der Einholung einer dienstlichen Erklärung. Diese dienstlichen Erklärungen sind allerdings rechtmäßig eingeholt worden, um einer entsprechenden Frage Ihrerseits vorzubeugen. Einige

Schulleiter haben uns mitgeteilt, dass sie mit der Überprüfung keine Probleme hatten. Sie haben die Prüfung relativ schnell durch sachkundige Lehrer vornehmen lassen. Manche haben das jedoch anders beurteilt. Ich kann die Klage der Schulleiter von daher nachvollziehen. Möglicherweise kann nicht jeder sagen, ob sich in seiner Schule Digitalisate befinden oder nicht.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Korter?