Protokoll der Sitzung vom 07.11.2012

(Björn Thümler [CDU]: Eben! Wie im- mer!)

Bislang gab es keinen einzigen ernst zu nehmenden Vorschlag von Ihrer Seite, wie man diesem Prozess beikommen kann, wie man dem Unternehmen helfen kann. Ihr Landesvorsitzender hat vor nicht allzu langer Zeit von „Monostrukturen“ bei der Offshorewindenergie gesprochen und vor „gigantischen Windparks“ auf hoher See gewarnt.

(Björn Thümler [CDU]: Eben! - Johan- ne Modder [SPD]: Das ist eine so bil- lige Nummer! Damit kommen Sie nicht durch, Herr Hegewald!)

Nein, meine Damen und Herren: Bringen Sie sich endlich konstruktiv in diesen Prozess ein, und instrumentalisieren Sie die Insolvenz dieses Unternehmens nicht für Ihren Wahlkampf!

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Diese Rede werden wir vor Ort verteilen!)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Rickert das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Herren vom Betriebsrat, ich war selbst viele Jahre, bevor ich Politiker wurde, in Metallunternehmen in sehr, sehr schwierigen Situationen verantwortlich. Gemeinsam mit dem Betriebsrat haben wir versucht, diese schwierigen Situationen in aller Sachlichkeit zu lösen. Wir waren uns in einem Punkt einig, nämlich dass dieses Getöse für uns in unserer Auseinandersetzung um Arbeitsplätze nicht sonderlich hilfreich gewesen wäre.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Ich mache mir schon Sorgen um den wirtschaftspolitischen Sachverstand der SPD, Herr Lies.

(Zuruf von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Sie sollten wissen - aber woher eigentlich? -, dass in einer Phase, in der mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln um den Erhalt der Arbeitsplätze gerungen wird und eine intensive Suche nach einem Investor läuft, nichts weniger geeignet ist, diese Bemühungen zu gefährden, als öffentlich ausgetragene Beschimpfungen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch von Olaf Lies [SPD])

Man kann es auch Wahlkampf nennen.

(Ach! von der CDU)

Es gibt doch, wie wir alle wissen, eine Vielzahl von Informationen, Gesprächen usw. Auch der Wirtschaftsminister wird sicherlich gleich über seinen Besuch gestern in Emden berichten.

Die Nordseewerke - lassen Sie mich einen kleinen Blick in die Vergangenheit tun! - haben eine wechselvolle Geschichte durchlebt. Nach der Entscheidung des ThyssenKrupp-Konzerns, aus dem Standort Emden auszusteigen, kam nach der Übernahme durch die SIAG in 2010 - also vor nicht einmal zwei Jahren - neue Hoffnung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Emden auf. Doch diese Hoffnung erwies sich als trügerisch. Bereits im März dieses Jahres musste der Mutterkonzern SIAG Insolvenz anmelden. Zunächst blieben die Nordseewerke verschont, u. a. auch durch die Unterstützung seitens der Landesregierung und der NORD/LB.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich haben dem auch die Beschäftigten - das wird ja nicht verkannt - ihrerseits mit Einschnitten im Hinblick auf Arbeitszeit und Lohn zugestimmt.

Gelegentlich wird die Landesregierung aufgefordert, mit Steuergeldern einzuspringen. Das würde aber nicht nur die gesetzlichen Möglichkeiten des Landes sprengen, sondern wäre ein ordnungspolitischer Sündenfall.

Gern wird in diesem Zusammenhang an die Übernahme einer Sperrminorität an der Salzgitter AG durch die HanBG erinnert. Auch dies war im Prinzip ein ordnungspolitischer Fehltritt, allerdings bot die Salzgitter AG ganz andere Zukunftsperspektiven, wie man heute deutlich sehen kann.

Und genau das, meine Damen und Herren, ist der Punkt. Die Überprüfung durch die unabhängige - ich betone „unabhängige“ - Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat ergeben, dass das Unternehmen SIAG Nordseewerke große Probleme im Hinblick auf Auftragseingänge, Bestand und Liquidität hatte und auch noch hat.

(Johanne Modder [SPD]: Ja, warum wohl!)

Zusammengefasst: Die betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen ließen kaum ein finanzielles Engagement zu.

Ich erspare mir in diesem Zusammenhang meine Kritik an dem Verhalten einiger Akteure im Laufe dieses Prozesses. Die Vergangenheitsbewältigung in dieser Form bringt uns überhaupt nicht weiter.

Es muss jetzt an einem Fortführungskonzept mithilfe eines Investors gearbeitet werden, ja, es muss darum gekämpft werden.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Die Beschäftigten bei den Nordseewerken sind hoch qualifizierte Facharbeiter. Die wollen kein Insolvenzgeld, die wollen keine Transfergesellschaft, die wollen Arbeit. Dabei sollten wir sie unterstützen.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Und was tun Sie dafür?)

Ich erteile dem Kollegen Hagenah das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Offshoreindustrie an Niedersachsens Küste leidet nicht nur bei den Nordseewerken oder der CSC in Cuxhaven hautsächlich unter von der Politik zu verantwortenden Problemen: Verzögerungen durch fehlenden Netzanschluss und durch deshalb zaudernde Kreditgeber bei steigenden Kosten. Das sind die Ursachen. Das ist nicht freier Markt, das ist ein von Politik gemachter Markt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und Beifall bei der LINKEN)

Reihenweise droht die Kündigung bei gerade neu entstandenen Arbeitsplätzen - eigentlich Jobs mit Zukunft, wie hier oft von den Regierungsfraktionen in den vergangenen Jahren und Monaten zu hören war.

Die Probleme sind aber nicht nur durch das Regierungshandeln in den letzten vier Wochen entstanden, sondern bedrohen schon seit mehr als einem Jahr den Bestand der neu gegründeten Unternehmen. Unfassbar ist deshalb für uns die offenkundige Untätigkeit von Wirtschaftsminister Bode und von Ministerpräsident McAllister gegenüber dem Bund in dieser ganzen Zeit,

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

obwohl währenddessen die Nordseewerke mit 700 Arbeitsplätzen den vom Land mit verbürgten Kredit von 70 Millionen Euro für ihren Start offensichtlich vollständig verbrauchen mussten. Das muss man doch gesehen haben. Da muss man doch reagieren.

(Zustimmung bei der SPD)

Wider besseres Wissen haben Sie, Herr Ministerpräsident, und haben andere Regierungsmitglieder

hier weiter heile Welt im Land vorgetäuscht, haben den Menschen das Märchen von Niedersachsen als Energieland Nummer eins vorgespielt, obwohl Sie schon lange um die Schwierigkeiten wissen mussten.

Was haben Sie, was hat Herr Bode, was hat Finanzminister Möllring und was hat das von Ihnen beauftragte Unternehmen, also PwC, in den letzten ein, zwei Jahren eigentlich konkret an Maßnahmen vorzuweisen, um den drohenden Verlust der Arbeitsplätze und damit auch der niedersächsischen Steuergelder noch zu verhindern?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wäre das Land eine stinknormale Investmentfirma, deren Manager einen derartigen Totalverlust einer der höchsten Bürgschaften in den letzten Jahren zu beklagen hätten, wären diese sicherlich nicht nur ihre Boni los, sondern auch schon ihren Job.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Viel zu spät kommt jetzt der Schulterschluss der norddeutschen Länder gegenüber dem Süden und dem Bund. Zu spät und zu vage sind die angeblichen Verständigungen vom Energiewendegipfel aus der vorigen Woche, um den Jobverlust in Emden oder Cuxhaven noch verhindern zu können. Die Energiewende braucht verantwortliche Akteure, die ihren Erfolg auch wirklich wollen, Herr Bode.

(Heinz Rolfes [CDU]: Dann brauchen wir euch ja nicht!)

Angesichts der aktuellen Lage in Niedersachsens Offshoreindustrie drängt sich uns die Frage auf, ob diese Regierung den Erfolg auch wirklich wollte. Ihre Leistungsbilanz der vergangenen Jahre drängt den gegenteiligen Eindruck auf.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich kreide Ihnen nicht die doppelte Wende der Bundesregierung zur Atomenergie an, obwohl die natürlich auch zum Rückzug wichtiger Investoren und Banken aus dem Offshorebereich beigetragen hat, die immer noch nicht zurückgekommen sind. Nein, gerade weil es diese doppelte Volte der Politik im Bund gab, bräuchte es verlässliche politische Rahmenbedingungen für diesen Bereich. Die haben Sie nicht geschaffen, da haben Sie nicht geliefert!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Längst hätte es eine Bundesnetz AG geben müssen oder zumindest eine Beteiligung des Bundes an Tennet, um Anschlusssicherheit staatlich zu garantieren. Zur Überwindung der Anfangsrisiken wäre auch eine Minderheitsbeteiligung der KfW an den ersten großen Offshorewindparks dringend nötig, um auch die Banken mit in den Markt zu ziehen und die Risiken zu minimieren. Ihr Job wäre es gewesen, Herr Bode, Herr Birkner, Herr McAllister, bei Schwarz-Gelb im Bund für diese verlässlichen Rahmenbedingungen zu sorgen - das sind doch Ihre Parteikollegen -, anstatt jetzt mit Haltetden-Dieb-Rufen gegenüber Tennet auf die Krise zu reagieren.