Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Heinz Rolfes [CDU]: Der war sehr präzise!)

Einige dieser suggestiven Fragen, deren häufige Redundanz von der Landesregierung erkannt und mit entsprechenden Verweisen beantwortet wurde, haben meines Erachtens schon die Tendenz zum Fremdschämen - etwa wenn gefragt wird, ob denn die Landesregierung auch der Auffassung sei, dass kluge Investitionen in Bildung und Soziales zu mehr Steuereinnahmen bei den kommenden Generationen führen, oder ob arbeitsmarktpolitische Impulse einnahmeseitig von Bedeutung sind. - Ich bitte Sie, meine Damen und Herren!

(Klaus Rickert [FDP]: Das ist doch grandios!)

Mein Mitgefühl, Herr Kollege Rickert, gilt jedenfalls den Beantwortern. Und ich kann gut verstehen,

dass die eine oder andere Antwort etwas knapp und pauschal ausgefallen ist. Der Beitrag des Ministers hat allerdings alles getoppt - meinen Glückwunsch, Herr Minister! Besser kann man nicht deutlich machen, wie überflüssig diese Große Anfrage war.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Klar ist aber auch, dass diese Große Anfrage kein Ersatz für eine anständige Haushaltsdebatte sein kann, um die Sie sich mit der Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2012/2013 in diesem Jahr drücken.

(Klaus Rickert [FDP]: Gott sei Dank!)

Meine Damen und Herren, immer wieder finden sich in der Antwort Hinweise auf die Schuldenbremse und die Absicht, ab 2017 auf eine Neuverschuldung verzichten zu wollen. Diese Diskussion haben wir im September ausführlich geführt, mit einem, wie ich finde, nicht zufriedenstellenden Ergebnis. Ich will mich da nicht wiederholen. Fakt ist aber, dass es Schwarz-Gelb nicht gelungen ist, eine aus meiner Sicht durchaus mögliche Mehrheit für eine Verfassungsänderung auf die Beine zu stellen. Schuld daran war das störrische Festhalten an der Maximalforderung, Prognosezahlen in die Verfassung schreiben zu wollen. Das Beharren darauf legt den Verdacht nahe, dass es von vornherein kein ernsthaftes Interesse an einer gemeinsamen Lösung gegeben hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Olaf Lies [SPD])

Es gibt ein weiteres Indiz dafür, meine Damen und Herren, dass es der Koalition weniger um die Sache und mehr um den Aufbau populistischer Wahlkampfpositionen geht: Das ist die weitgehende Ignoranz des strukturellen Defizits. Das ist mit dem Finanzsaldo in der Antwort nur unzureichend abgebildet.

Aber es wird trotzdem deutlich, dass diesbezüglich in den letzten Jahren kein Fortschrift erzielt wurde, sondern dass nach wie vor ein Betrag von mehr als 2 Milliarden Euro ungedeckt ist. Das dokumentiert, dass es eben keine echten Konsolidierungsmaßnahmen dieser Landesregierung gegeben hat, sondern vor allem tiefe Griffe in die reich bestückte Haushaltstrickkiste.

Das dokumentiert auch, dass Niedersachsen unter Schwarz-Gelb deutlich ärmer geworden ist. Die erfragten Vermögenserlöse bei Beteiligungen wei

sen immerhin mehr als 100 Millionen Euro aus, die verfrühstückt wurden. Wir wissen doch alle, das ist nur ein kleinerer Teil der Vermögensverluste, weil z. B. die gesamten Immobilienverkäufe danoch nicht erfasst sind.

Wir erinnern uns auch an eine ganze Reihe weiterer Griffe in die Trickkiste, etwa an die gleichmäßige Verteilung der Nettoneuverschuldung von jeweils 2,3 Milliarden auf die Haushaltsjahre 2009 und 2010, nur um das Allzeithoch der Neuverschuldung zu vermeiden, das bis dahin der letzte SPD-Haushalt innehatte, oder auch an die wiederholten Versuche, die Höhe der Neuverschuldung durch die Inanspruchnahme von Rücklagen zu schönen, die lediglich aus alten Kreditermächtigungen bestanden, oder etwa an die Verstöße gegen das Jährlichkeitsprinzip. Gestern wurde wieder diskutiert, dass mit einem faulen Reklametrick versucht wird, vergessen zu machen, dass keine Landesregierung zuvor so viele neue Schulden gemacht hat wie diese.

Dieser Landesregierung geht es eben gar nicht wirklich um dauerhafte Konsolidierung und nachhaltige Haushaltspolitik. Es geht hier um den schönen Schein kurzfristiger Erfolge. Es geht um Machterhalt durch Wählerinnen- und Wählertäuschung. Und es geht natürlich um den krampfhaften Versuch, die früheren Kompetenzzuweisungen für eine solide Haushalts- und Finanzpolitik zu erhalten, die CDU und FDP schon lange nicht mehr verdienen. Ich verweise nur auf die grandiose Finanzmittelverschwendung durch Parteiegoismen beim letzten Koalitionsgipfel auf Bundesebene.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb, meine Damen und Herren, werden CDU und FDP diese Kompetenzzuweisung Stück für Stück verlieren. Sie bröckelt schon erheblich. Sie werden es übrigens auch mitverfolgen und messen können, nämlich an der künftig immer weiter zunehmenden Anzahl von grünen Finanzministern und Finanzministerinnen.

Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Besprechung der Großen Anfrage beendet. Beschlüsse in der Sache werden nicht gefasst.

Bevor ich jetzt den Tagesordnungspunkt 32 aufrufe, erteile ich der Kollegin Zimmermann von der Fraktion DIE LINKE das Wort zu einer persönlichen Bemerkung nach § 76 unserer Geschäftsordnung.

Danke schön, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren, es geht noch einmal um den Satz „Die gehen auch über Leichen!“, was Herr Nacke als Zwischenruf in seine Richtung, in Richtung seiner Fraktion aufgefasst hat. Ich möchte dazu Folgendes erklären: Shambu Lama und alles, was daran hängt, ist ein ziemlich ergreifendes Thema. Ich denke, das sehen wir alle so. Ich hatte ein ziemlich engagiertes Gespräch mit einem Abgeordnetenkollegen, dem ich diesen Satz gesagt habe, der aber - das sage ich noch mal - nicht in Ihre Richtung gewandt war, zumindest so nicht gemeint war.

(Zurufe von der CDU)

- Lassen Sie mich doch ausreden!

Es tut mir natürlich leid, wenn das so aufgefasst worden ist. Das sollte so nicht sein.

(Zuruf von der CDU: Ach so!)

Weil das aber so ist, entschuldige ich mich natürlich dafür. Es ist von mir so nicht gemeint gewesen, und es tut mir leid, wenn das so angekommen ist. Ich hoffe, Sie nehmen meine Entschuldigung an.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: So viele Pirouetten zu dre- hen, das haben wir hier noch nie ge- habt!)

Zur Geschäftsordnung erteile ich dem Kollegen Nacke das Wort.

Frau Kollegin Zimmermann, Ihre Entschuldigung war überfällig. Ich kann das, was Sie sagen, nicht nachvollziehen. Sie haben sich mit einem Kollegen unterhalten, und das ganze Haus hat das gehört? - Aber das sei nun abgehakt.

Aber was ich absolut nicht in Ordnung finde - ich meine, dafür müssen Sie sich erst recht entschuldigen -: Sie sind anschließend hierhergekommen und haben behauptet, Sie hätten nichts derglei

chen gesagt, obwohl das ganze Haus gehört hatte, dass es anders war. Genau so ist es gewesen. Ich kann Ihnen auch das gerne noch im Protokoll nachweisen.

Ich sage Ihnen auch, warum Sie das gemacht haben: Weil Sie gehofft haben, dass der arme Stenograf genau das nicht gehört hat. - Das ist ein unhaltbarer Zustand. So darf man sich als Parlamentarier nicht aufführen. Sie haben sich dieses Hauses als ausgesprochen unwürdig erwiesen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Weisser-Roelle, bitte!

(Zuruf von der CDU: Jetzt nicht noch verteidigen, bitte! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Jetzt nicht noch sagen, es war nicht so! - Jens Nacke [CDU]: Als Par- lamentarierin ungeeignet!)

Schönen Dank, Herr Präsident. - Herr Nacke, zu Ihrer letzten Anmerkung: Wenn Sie sagen „parlamentarisch ungeeignet“, dann trifft das auf Sie mit Ihren Äußerungen zu, die Sie hier stündlich von sich geben. Das erst einmal als Vorbemerkung.

(Jens Nacke [CDU]: Ach was! So et- was haben Sie von mir noch nie ge- hört! Das wissen Sie! - Karl-Heinz Kla- re [CDU]: Das hat nun gar nichts da- mit zu tun! - Zuruf von der CDU: Gib doch mal ein Beispiel! - Weitere Zuru- fe von der CDU)

Dann zu Ihrer Bemerkung, dass Sie die Entschuldigung von Frau Zimmermann nicht annehmen und dann noch unterstellen, dass es nicht stimmt, dass sie es zu ihrem Nachbarn in einem anderen Zusammenhang gesagt hat. Das ist eine Unterstellung. Sie bezichtigen Frau Zimmermann damit der Lüge, und das ist nicht in Ordnung.

(Jens Nacke [CDU]: Sie hat hier die Unwahrheit gesagt! Sie hat doch ge- sagt, sie hätte nichts dergleichen ge- sagt! Das steht doch im Protokoll!)

Frau Zimmermann hat zu Anfang gesagt, dass sie es nicht in diese Richtung des Hauses gesagt hat. Herr Nacke, das nehmen Sie bitte zur Kenntnis!

(Widerspruch bei der CDU - Jens Na- cke [CDU]: Das war das zweite Mal die Unwahrheit! So redet kein Parla- mentarier!)

Sie würden Größe zeigen, wenn Sie die die Entschuldigung von Frau Zimmermann annehmen würden.

Und wenn es ums Dazwischenquatschen geht: Halten Sie endlich mal den Mund, und lassen Sie andere Menschen ausreden.

Frau Kollegin, das geht absolut nicht.

Jetzt komme ich zu folgender Aussage: Ich habe vernommen, dass die Entschuldigung der Kollegin Zimmermann hier im Haus akzeptiert worden ist. Es ging noch einmal um den anderen Zusammenhang. Das können wir gegebenenfalls durchaus im Protokoll nachlesen.

Aber im Moment sage ich ausdrücklich: Was in der Folge diskutiert wird, ist durch die Geschäftsordnung nicht abgedeckt, und es geht in der Sache auch nicht, dies unter einer Meldung zur Geschäftsordnung inhaltlich weiter zu diskutieren. Das breche ich hiermit auch ab.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 32 auf:

Abschließende Beratung: Haushaltsrechnung für das Haushaltsjahr 2010 - Anträge der Landesregierung - Drs. 16/4308 - Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung - Bemerkungen und Denkschrift zur Haushaltsrechnung des Landes Niedersachsen für das Haushaltsjahr 2010 - Drs. 16/4800 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 16/5262