Protokoll der Sitzung vom 18.09.2008

Zweite Beratung: Breitbandanbindung im ländlichen Raum verbessern - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/176 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 16/401

Zweite Beratung: Breitbandversorgung im ländlichen Raum sicherstellen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/182 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 16/406 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/463

Mir liegt eine Wortmeldung vor. Ich erteile Herrn Miesner von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die aktuelle Diskussion im Lande zeigt, dass alle die Ärmel hochkrempeln und die Breitbandanbindung ausbauen wollen. Nach der Eröffnung des Breitbandkompetenzzentrums Niedersachsen in Osterholz-Scharmbeck durch unsere beiden Minister Ehlen und Hirche herrscht in unserem Lande eine Aufbruchstimmung.

(Beifall bei der CDU)

Die mit über 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gut besuchten Niedersächsischen Breitbandtage haben uns alle noch mehr motiviert, verstärkt für den Ausbau dieser Infrastruktur zu arbeiten. Auf den Breitbandtagen ist für alle noch einmal deutlich geworden, wie wichtig der Ausbau der Breitbandkommunikation ist und vor allen Dingen zukünftig sein wird. Nicht umsonst spricht man heute

von den Datenautobahnen, die ebenso wichtig sind wie die klassischen Autobahnen.

Heute ist es ein Muss für die Wirtschaft, für die Industrie, für das Handwerk, für den Handel, für die Landwirtschaft, aber ebenso für die Privathaushalte, eine leistungsfähige Internetanbindung nutzen zu können. Mehr denn je ist die Breitbandanbindung ein Standortfaktor. Ja, diese Anbindung dient der Wettbewerbsfähigkeit auf der einen und der Lebensqualität auf der anderen Seite.

Wer den zunehmenden Wettbewerb um Unternehmensansiedlungen, Arbeitsplätze und junge Menschen gewinnen will, der muss in dieses Infrastrukturangebot, der muss in schnelle Internetanschlüsse investieren. Weiße Flecken auf der Karte der Breitbandanschlüsse ans Internet kann sich niemand mehr erlauben, das kann sich niemand mehr leisten.

Das Land Niedersachsen stellt für die Schaffung der Breitbandkommunikation 17,5 Millionen Euro zur Verfügung. Diese finanziellen Mittel können als Zuschüsse für die Beratung, für die Planung und für Machbarkeitsstudien zum Ausbau der Breitbandkommunikation eingesetzt werden. Sie können zur Schließung der sogenannten Wirtschaftlichkeitslücke beim Ausbau durch Netzbetreiber eingesetzt werden. Sie können auch für die Investition in eine eigene Breitbandinfrastruktur eingesetzt werden.

Das Breitbandkompetenzzentrum bietet den Kommunen kompetente Unterstützung. Die Breitbandversorgung wird erfasst, die Marktpotenziale werden ermittelt, und es wird über verschiedene technische Lösungen informiert. Ich empfehle allen das Gespräch mit dem Kompetenzzentrum. Nutzen Sie die Kompetenz, um individuelle Lösungen gerade auch für Ihren Wahlkreis zu erarbeiten!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Rückblick kann man Folgendes feststellen: Vor ca. 100 Jahren ging es auf dem Lande um den Ausbau der Elektrizitätsversorgung. Vor ca. 50 Jahren ging es auf dem Lande um den Ausbau der Trinkwasserversorgung. Heute geht es vor allem auf dem Lande um den Ausbau der Breitbandkommunikation. Die Themen ändern sich, die Aufgabe bleibt, nämlich die Anbindung des ländlichen Raumes an eine leistungsfähige Infrastruktur; denn heute sind auch die Datenautobahnen Lebensadern der Wirtschaft und dienen der Lebensqualität der Menschen auf dem Lande.

Es geht darum, alles für die wirtschaftliche und die gesellschaftliche Entwicklung in Niedersachsen zu tun, alles für Innovation, Wachstum und neue Arbeitsplätze zu tun. Dienstleistungs- und Industrieunternehmen, Handel und Handwerk, aber auch Verwaltungen sind ebenso auf schnelle Breitbandanschlüsse angewiesen wie Privatpersonen. Das ist unverzichtbar, sowohl beruflich als auch für die persönliche Lebensführung. Weiße Flecken auf der Versorgungskarte, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind ein Standortnachteil. Es gilt, diese zu beseitigen. Arbeiten wir alle gemeinsam daran!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist Herr Hausmann von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte meinen Bericht wieder mit einer Pressemitteilung beginnen, und zwar eine des Städte- und Gemeindebundes, in der steht: „Städte- und Gemeindebund fordert flächendeckende BreitbandVersorgung“. Zitat:

„‚Die Bürger und Unternehmen in Niedersachsen haben einen Anspruch darauf, dass eine flächendeckende Breitbandversorgung in Kürze’“

- das möchte ich sehr betonen -

„‚überall gegeben ist’, erklärt der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, Rainer Timmermann, auf der heutigen Mitgliederversammlung … vor über 700 Teilnehmern.

‚Mit der Breitbandinitiative Niedersachsen ist das Land dem Wunsch der Städte und Gemeinden gefolgt und hat einen Anfang zur Schließung der Lücken in der Breitbandinfrastruktur Niedersachsens gemacht.“

- So weit, so gut. -

„‚Die Städte und Gemeinden erwarten nun, dass der flächendeckende Anschluss aller Bürger und Unternehmen mit Hochgeschwindigkeit erfolgt, damit die Entwicklung des Landes

weiter nach vorn geht’, so Timmermann.“

Eine klare Aussage des Städte- und Gemeindebundes, wie ich meine.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eben mit Freude die Aussage von Herrn Miesner vernommen. Er hat eben gesagt: Das Land stellt 17,5 Millionen Euro zur Verfügung. - Ich freue mich darüber ganz besonders, weil wir auch EU- und Bundesmittel in Höhe von 17,5 Millionen Euro haben, die durchgereicht werden. Das heißt, nachdem Herr Miesner nun seine Rede hier gehalten hat, haben wir nicht nur 17,5 Millionen Euro - davon bin ich immer ausgegangen -, sondern 35 Millionen Euro. Das freut mich natürlich ganz besonders. Herr Miesner, ich hoffe, dass Sie hier keine Fehlaussage gemacht haben.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

- Ich habe das so vernommen.

Noch immer ist in Niedersachsen jede fünfte Gemeinde ohne DSL-Anschluss. Sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Bereich gehört eine schnelle Internetanbindung zum Alltag wie die Versorgung mit Trinkwasser, Strom und Telefon. Schnelle Zugangsmöglichkeiten zum Internet sind daher von grundlegender Bedeutung für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung unseres Landes. Sie sind Voraussetzung für Chancengleichheit und für den Abbau sozialer Spannungen. Die Menschen im ländlichen Raum haben ein Anrecht auf die Teilhabe an unserer Medienwelt. Eine zeitgemäße und leistungsfähige Internetverbindung mit moderner Technologie ist Grundlage für Wirtschaftswachstum, für Innovation, für gleiche Bildungschancen und für sichere Arbeitsplätze. Wir Politiker sind für die Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen verantwortlich. Auf gleichwertige Lebensbedingungen - das muss man vielleicht in aller Ruhe in Erinnerung rufen - haben die Menschen in unserem Lande einen verfassungsrechtlichen Anspruch. Bis hierher ist, meine ich, in den beiden vorliegenden Anträgen durchaus fast Konsens zu erkennen.

Nun aber zu den gravierenden Unterschieden der Ziele der Anträge der Fraktionen von CDU und FDP sowie der Fraktion der SPD. Sie, meine Damen und Herren den Fraktionen der CDU und der FDP, bitten die Landesregierung, die Breitbandversorgung im ländlichen Raum „zu verbessern“.

Ich betone, verbessern reicht nicht. Die Breitbandversorgung muss sichergestellt werden.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir von der SPD-Fraktion fordern die Landesregierung daher auf, die Breitbandversorgung im ländlichen Raum sicherzustellen. Das sind ganz klare Forderungen von uns, die nicht so weich formuliert sind wie die Bitten im Antrag der Fraktionen von CDU und FDP. Mit diesen Forderungen - ich habe es vorhin angesprochen - steht die SPD-Landtagsfraktion sicherlich nicht allein.

Wie schnell die Landesregierung bei der Umsetzung der flächendeckenden Breitbandversorgung bislang war, zeigt die Tatsache, dass der erste Beschluss zu einer entsprechenden Umsetzung bereits zwei Jahre zurückliegt. Damals, vor ca. zwei Jahren, haben alle im Landtag vertretenen Fraktionen diesen Antrag gestellt. Die Landesregierung hat in den zurückliegenden zwei Jahren aber nichts getan.

(Axel Miesner [CDU]: Was? - Heinz Rolfes [CDU]: Woher weiß er das denn eigentlich?)

Getreu dem Motto - das war ja meine Aussage -: Der Markt wird das schon regeln.

Das Kompetenzzentrum in Osterholz-Scharmbeck soll diese Probleme nun lösen. Das finde ich ganz toll, das ist eine tolle Einrichtung. Aber nach Aussage der HAZ vom 26. August 2008 bleibt das Land auf den Fördergeldern für 2008 - 2,5 Millionen Euro - sitzen. Bis zum 1. September 2008 können Kommunen erstmals Fördergelder beantragen. Aber nur - diese Antwort habe ich gerade auf unsere Anfrage bekommen - ein Landkreis und zwei Kommunen in Niedersachsen konnten diese Frist einhalten. „Wo ist hier der Sand im Getriebe?“, frage ich mich.

Entscheidende Fragen drängen sich auf. Wir haben zwar eine Antwort bekommen, aber so ganz kann ich mich nicht damit abfinden Erstens: Wie sieht die konkrete Unterstützung des neu eingerichteten Breitbandkompetenzzentrums in Osterholz-Scharmbeck aus, und was trägt die neue Breitbandinitiative Niedersachsen zur Verbesserung der Situation bei? Zweitens: Wie sind die Zuständigkeiten zwischen den Trägern der Initiative - Land mit zwei Ministerien - und den kommunalen Spitzenverbänden geregelt? Drittens - das ist eine ganz entscheidende Frage -: Sind die Förderkriterien von den betroffenen Gemeinden nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten zu erfüllen?

Ich meine, sie sind eher nicht zu erfüllen. Zuwendungen werden nur auf Grundlage einer Bedarfsermittlung und daraus resultierender Breitbandmodelle gezahlt, wobei möglichst wirtschaftliche Lösungen gefunden werden sollen, die sich ohne Landeszuschuss realisieren lassen. Die Höhe der Förderung beträgt bis zu 60 % der zuwendungsfähigen Ausgaben. Die Höhe der Zuwendungen wird auf 100 000 Euro pro Projekt begrenzt.

(Präsident Hermann Dinkla über- nimmt den Vorsitz)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage Sie: Wie soll z. B. eine Bedarfszuweisungsgemeinde - und ich spreche hier von den Ärmsten der Armen in unserem Land - erstens eine angemessene Anzahl von Neukunden werben und dazu noch zweitens eine Wirtschaftlichkeitslücke von 230 000 Euro als Eigenanteil finanzieren?

Ich nenne ein zweites Beispiel: Wie soll eine Bedarfszuweisungsgemeinde mit 1 400 Einwohnern die Erdarbeiten selbst durchführen? Wie soll sie 297 Neukunden werben? Für jeden nicht geworbenen Kunden muss sie 833 Euro bezahlen. Wenn sie gar keinen wirbt, muss sie 250 000 Euro bezahlen, um die Wirtschaftlichkeitslücke zu finanzieren. Wie gesagt: Die Ärmsten der Armen haben kein Geld, sie können das nicht finanzieren. Deshalb müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen.

(Zustimmung bei der SPD)

Bei den erwähnten Beispielen handelt es sich nur um zwei von sicherlich sehr vielen Gemeinden, die nach den neuen Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung ihrer Breitbandversorgung noch immer nicht in der Lage sein werden, eine leistungsfähige Breitbandversorgung zu erreichen, und damit nicht wettbewerbsfähig sein werden.

Die Anregungen unter Nr. 6 des von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Änderungsantrags, sich auf Bundes- und EU-Ebene dafür einzusetzen, dass auch die Breitbandanbieter über eine Ausgleichsumlage zur Finanzierung der flächendeckenden Versorgung im ländlichen Raum herangezogen werden, hält die SPD-Fraktion für eine sehr gute Lösung. Wir werden daher den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützen.

Meine Damen und Herren der Fraktionen der CDU und der FDP, lassen Sie uns gemeinsam eine Lösung dafür finden, wie wir die überfällige Ver

sorgung der Menschen in Niedersachsen mit flächendeckenden und leistungsfähigen DSL-Anschlüssen gewährleisten können. Ich hoffe, Sie können unserem Antrag zustimmen. Mit Ihrem Antrag - das habe ich wohl ziemlich deutlich gesagt - zu einer Verbesserung der Breitbandanbindung ist uns nicht gedient. Eine Verbesserung stellt auch schon ein Anschluss mehr dar. Wir möchten - und das muss unser aller Ziel sein - eine flächendeckende Breitbandversorgung.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich erteile dem Abgeordneten Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie wir eben schon gehört haben, hat die Fraktion der Grünen einen Änderungsantrag eingebracht - er ist von der SPD-Fraktion begrüßt worden -, um die Breitbandversorgung in Niedersachsen als Teil der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum sicherzustellen. Leider war im Ausschuss keine Bereitschaft vorhanden, eine gemeinsam getragene Beschlussempfehlung zu erarbeiten. CDU und FDP pochten darauf, die Maßnahmen der Landesregierung würden schon ausreichen. - Das tun sie aber leider nicht, wie auch der Artikel in der HAZ vom 25. August mit der Überschrift „Land bleibt auf DSL-Fördergeld sitzen“ zeigt.