Protokoll der Sitzung vom 07.10.2008

(Beifall bei der LINKEN)

Das Vorwarnsystem zeigt die Katastrophe an. Aber die Regierung träumt weiter vor sich hin. Niedersachsen soll Energieland Nummer eins werden, wird damit aber nur CO2-Land Nummer eins. Sie reden davon, dass 50 % der in Niedersachsen verbrauchten Energie durch Offshorewindanlagen gewonnen werden soll. - Ja, wenn diese denn kommen, meine Damen und Herren. Es gibt dazu interessante Studien. Denen sollten Sie sich einmal widmen.

Es ist nämlich wie folgt: Offshoreenergie in dem Maße, wie Sie es hier vorgeben, würde Ihre geliebten Kohlekraftwerke unwirtschaftlich machen - das wird in diesen Studien festgestellt -, und zwar ganz einfach deshalb, weil die Einspeisung der erneuerbaren Energien Vorrang hat. Das heißt, die Kohlekraftwerke - so stellen diese Studien fest - werden zu bestimmten Zeiten einfach abgeschaltet werden müssen.

Noch eines macht hellhörig, meine Damen und Herren: Die großen Energiemonopolisten kaufen die Offshorerechte auf, möglicherweise, um sie zu verwirklichen, möglicherweise aber auch, um genau das Gegenteil zu tun, um nämlich die Kohlekraftwerke, die sie bauen wollen, durchzusetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wo ist die Vorreiterrolle des Landes? - Ich rede von der Praxis und nicht von Hochglanzbroschüren. Ich rede von Taten, Herr Langspecht, und nicht von Thesen. Vorreiterrolle bei den eigenen Liegenschaften, bei der eigenen Fahrzeugflotte, Herr Sander. Wo sind die notwendigen Kampagnen, wo Sie die Bürgerinnen und Bürger doch immer mitnehmen wollen. Die Bürgerinnen und Bürger sind mit ihrem gesunden Menschenverstand vielfach viel weiter, Herr Langspecht. Da hilft kein Eigenlob in Richtung Windenergie. Das ist die Initiative von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Unternehmern, nicht aber Ihre Initiative.

(Beifall bei der LINKEN)

Legen Sie endlich einfache Programme auf, die sofort greifen; z. B. zum Thema „Radwege innerorts“. Machen Sie die ökologisch effiziente Gestaltung von Baugebieten zur Regel. Geben Sie den Kommunen endlich Anreize, anstatt sie zu knebeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Steuern Sie auch im Verkehrssektor endlich um. Beheben Sie die Schieflage zwischen Straße und Schiene. Herr Hirche, da nützt es nichts, dass Sie sich hier über die Schaltergebühr aufregen. - Wo ist er? Weg ist er - Da hilft nur die Aufstockung der reduzierten Regionalisierungsmittel für den ÖPNV.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, entwickeln Sie endlich Verkehrsvermeidungskonzepte. Betreiben Sie Stauforschung. Führen Sie Tempolimits ein. Das wirkt sofort.

Wo sind Ihre Konzepte für die Kraft-WärmeKopplung? - Kollege Wenzel hat es hier richtig benannt, auch wenn seine Moorburgthesen etwas schmutzig waren. Ansonsten lag er da aber richtig.

(Beifall bei der LINKEN)

Wo nutzen Sie Ihre gesetzgeberischen Kompetenzen im Wärmebereich? - Das würde tatsächlich etwas bringen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie stattdessen weiterhin auf die Renaissance der Atomkraft setzen, dann be- und verhindern Sie damit die erneuerbaren Energien. Kommen Sie mir jetzt bitte nicht mit den Plattitüden von CO2-Freiheit.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, man muss die Regierung natürlich fragen: Wozu richten Sie eine Kommission ein, wenn Sie diese von vornherein in ein Verhinderungskorsett einpferchen, eine Regierungskommission, in der viel zu wenige Fachleute aus dem Bereich der erneuerbaren Energien sitzen?

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Sie haben keine Ahnung, Herr Herzog! Sie haben sich gar nicht mit diesem Thema befasst, wenn Sie so etwas sagen! Das ist doch wahr!)

- Herr Langspecht, wer so arbeitet, der arbeitet mit Feigenblättern, anstatt mit den notwendigen Weichenstellungen. Sie überhören weiterhin die Warnsignale. Sie betreiben weiterhin lediglich Extrapolation der klimaschädlichen Politik in die Zukunft. Nach wie vor - wie bei den Banken - versagt das Risikomanagement total.

(Beifall bei der LINKEN)

Stattdessen sollten Sie endlich einmal Nägel mit Köpfen machen, und zwar, wie ich finde, mit schlauen Köpfen und mit gesundem Menschenverstand.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Das Thema ist gut, der Redner ist schlecht!)

Ich erteile Herrn Minister Sander das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wenzel, ich danke Ihnen recht herzlich dafür, dass Sie unsere Einladung an die Presse zum Anlass genommen haben, für den heutigen Tag eine Aktuelle Stunde zu beantragen, und der Landesregierung somit die Möglichkeit verschaffen, vor einem noch größeren Publikum, nämlich vor den Abgeordneten, ihre Klimaschutzstrategie vorzustellen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - David McAllister [CDU]: Sehr gut!)

Herr Kollege Wenzel, ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass Sie meine Mitarbeiter gelobt haben, die Sie heute Morgen schon gehört haben. Es ist erstaunlich, dass die Arbeitswut und der Arbeitswille unserer Mitarbeiter von der Archivstraße

schon bis zu Ihnen in die Fraktion durchgedrungen sind. Daran, meine Damen und Herren, können Sie aber erkennen: Wir stehen früh auf, gehen spät ins Bett und können in der Zeit viel leisten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Enno Hagenah [GRÜNE]: Was sehr selten ist, Herr Minister!)

Herr Kollege Wenzel, wenn ich mir Ihre Rede so betrachte, bleibt nur ein Schwerpunkt übrig. Sie haben ja eine Abrechnung mit der Landesregierung über ihre klimaschutzpolitischen Ziele und ihr Vorgehen angekündigt. Es kam aber nur eine Entschuldigung für Moorburg.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das haben andere aber auch schon gemacht. Ich erinnere nur einmal daran, wie Sie hier im Februar auf den Bürgermeister von Hamburg geschimpft haben und was Sie in Hamburg alles plakatiert haben. Auch damals schon kannten Sie die rechtlichen Gegebenheiten. Wenn heute Frau Hajduk kommt und darauf hinweist, dass sie in Moorburg den Betrieb reduziert hat, dann geschah das ebenfalls auf der Basis rechtlicher Vorgaben, die auch schon unter der alten Regierung bestanden haben; denn der Wärme-Last-Plan der Elbe hat diese Reduktion notwendig gemacht. Mit allem anderen, was sie zusätzlich aufgesattelt hat, werden sich die Gerichte schon noch befassen. Daran werden wir uns halten müssen. Ich erkenne an, dass Sie die rechtlichen Bedingungen in diesem Lande noch akzeptieren und wieder zur Vernunft kommen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, der frühere Umweltminister Trittin hätte in den acht Jahren seiner Amtszeit alle Möglichkeiten gehabt, klimapolitische Strategien zu entwickeln. Was aber hat er entwickelt? - Falsche Strategien. Falsch ist zumindest gewesen - da gibt es keine Frage; anderenfalls wäre uns in der energiepolitischen Diskussion einiges gespart geblieben -, den Atomausstieg zu fordern. In der Zeit hätten wir anderes zustande bringen können. Das ist aber nicht geschehen.

Meine Damen und Herren, der Kollege Dürr hat es gesagt: Auch der Emissionshandel war schlecht vorbereitet. Das war ein klimapolitisches Ziel, das voll in den Sand gesetzt worden ist. Frau Emmerich-Kopatsch beklagt hier die hohen Energiepreise. Wer hatte denn diese hohen Energiepreise in den 90er-Jahren bis 2005 zu verantworten?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Doch nicht eine CDU/FDP-Regierung, sondern Sie haben alle Möglichkeiten genutzt, für einen Preisanstieg zu sorgen.

Herr Kollege Wenzel, wir werden fortfahren. Die Regierungskommission wird am 30. Oktober ihre Arbeit aufnehmen. Anhand dieses Strategiepapiers, das ich Ihnen gleich zur Verfügung stellen werde - vielleicht kennen Sie es aber auch schon, da Sie ja so gut über die Arbeit im Umweltministerium informiert sind, was ich für gut halte -, werden Sie feststellen können, dass wir ein Arbeitspapier haben müssen. Wenn Sie eine Kommission in dieser Form mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen besetzen, dann brauchen Sie eine Richtlinie.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wer wird denn jetzt Mitglied?)

- Die Mitglieder kann ich Ihnen schon nennen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Lesen Sie sie doch einmal vor!)

- Gut, wir können sie Ihnen heute Mittag mitteilen. Das ist doch gar kein Problem. Herrn Dr. Schneidewind haben wir als Vorsitzenden bestellt. Das haben Sie schon mitbekommen. Auch alle anderen Mitglieder können wir Ihnen nennen. Das ist doch ein ganz transparentes Verfahren.

Herr Minister, ich darf Sie kurz unterbrechen. Sie müssen jetzt nicht in einen Dialog mit einzelnen Abgeordneten eintreten. Sie können Ihre Rede zu Ende führen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Der Mi- nister weiß schon, was er macht!)

Herr Präsident, ich habe es mit Herrn Wenzel nur gut gemeint und wollte ihm lediglich erklären, wie es bei dieser Landesregierung funktioniert.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Wenzel, Sie können davon ausgehen, dass wir Ihnen, nachdem die Kommission ihre Arbeit aufgenommen hat, noch Ende dieses Jahres ein Eckpunktepapier vorstellen werden. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Wir werden eine Klimaschutzpolitik betreiben, die grundsolide ist, die nicht auf Effekthascherei abstellt und die nicht nur ein Strohfeuer ist. Unsere Klimaschutzpolitik wird nachhaltig sein. Die Nachhaltigkeit werden Sie daran erken

nen, dass diese Landesregierung auch noch im Jahr 2018 erfolgreich tätig sein wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)