Protokoll der Sitzung vom 07.10.2008

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Sander, es irritiert schon, wenn Sie das Parlament als Publikum bezeichnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Parlament ist der Souverän. Es wäre angemessen, wenn Sie hier einmal mit einer Regierungserklärung Stellung nehmen würden, um zu verdeutlichen, was Sie eigentlich planen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Und zwar in De- mut!)

Ich stelle fest: Von dieser Landesregierung ist nichts zu erwarten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gucken Sie sich einmal an, was für Emissionen wir bei Kohle und auch bei Atomkraft haben. Beide Energieträger, die Sie favorisieren, kommen bei den CO2-Emissionen überhaupt nicht mit den erneuerbaren Energien, mit den Blockheizkraftwerken mit. Es ist hoffnungslos veraltet, solche Technologien heute noch zu propagieren.

Herr Dürr, ich habe mir natürlich von dem Vortrag gestern Abend erzählen lassen. Bei diesem Vortrag hat ein Verbandsvertreter einmal eingestanden, dass man auch mit modernsten Kohlekraftwerken und CCS-Technologie langfristig nur einen Wirkungsgrad von 35 % erreicht. Meine Damen und Herren, das ist nur ein Drittel dessen, was wir heute schon mit modernster Blockheizkrafttechnologie schaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dürr, wir haben in Niedersachsen ein größeres Automobilwerk. Für dieses Automobilwerk ist auch Ihr Wirtschaftsminister als Aufsichtsratsmitglied mitverantwortlich, ebenso der Ministerpräsident. Gestern wurde die ganze Republik mit einem großformatigen neuen Faltblatt über den neuen Golf beglückt. In dieser ganzen Broschüre, die mit

der Bild-Zeitung verteilt wurde, findet sich nicht ein einziges Wort zum CO2-Verbrauch.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ist ein Skan- dal!)

Der ADAC schreibt dazu: nichts Innovatives, nur der deutsche Michel: 138 g. - Das ist eine Strategie, mit der dieses Unternehmen untergeht. Dafür sind Sie mitverantwortlich, weil Sie auch in Brüssel noch dafür sorgen, dass die Grenzwerte heruntergepfeilt werden. Wenn Sie hier beklagen, Herr Dürr und Herr Sander, dass der Emissionshandel Löcher hat, ist zu sagen, dass es doch Ihre Strategen von den Liberalen und den Konservativen sind, die versuchen, die Löcher in den Emissionshandel hineinzufräsen

(Beifall bei den GRÜNEN)

und dafür zu sorgen, dass die Instrumente nicht greifen. Herr Dürr, machen Sie uns doch nichts vor. Wir haben es satt, dass Sie hier so reden und in Brüssel ganz anders handeln.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen zu Tagesordnungspunkt 1 a liegen mir nicht vor.

Wir kommen dann zu Tagesordnungspunkt 1 b:

Die Situation bei Karmann - ein Beispiel für die wirtschaftspolitische Untätigkeit der Landesregierung - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/522

Ich erteile der Frau Abgeordneten Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der traditionsreiche Autozulieferer Karmann in Osnabrück hat Mitte September angekündigt, den klassischen Fahrzeugbau bei einem weiteren Ausbleiben von Aufträgen schließen zu wollen. Trotz mehrmonatiger intensiver Bemühungen sei es nicht gelungen, Aufträge aus der Automobilindustrie an Land zu ziehen, heißt es aus Unternehmerkreisen. Die Karmann-Eigentümer stellen den Bereich Fahrzeugbau und andere Un

ternehmensteile zum Verkauf. Mit der weitgehenden Aufgabe des Fahrzeugbaus wäre bei Karmann gleichzeitig ein weiterer Abbau von ca. 1 500 Arbeitsplätzen verbunden.

Bereits in den vergangenen Jahren wurden bei Karmann Tausende von Arbeitsplätzen gestrichen. Die Fraktion DIE LINKE hatte daher bereits im Juni-Plenum dieses Thema bei einer Aktuellen Stunde auf die Tagesordnung des Landtages setzen lassen.

Was aber tut die Landesregierung? Sie sieht dem Verlust der wirtschaftlichen Perspektive eines bislang großen Unternehmensbereiches bei Karmann und dem verhängnisvollen Abbau von Tausenden von Arbeitsplätzen in der Region Osnabrück weitestgehend tatenlos zu.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: Das stimmt nicht!)

Herr Wulff und Herr Hirche haben nach eigenen Aussagen viele Hintergrundgespräche geführt, um den drohenden Arbeitsplatzabbau zu verhindern. Die Frage, die sich stellt, ist jedoch: Was haben sie dabei erreicht? Wir sagen: Die Landesregierung war nicht nur weitestgehend tatenlos, sondern sie war auch erfolglos.

(Beifall bei der LINKEN)

Darum müssen jetzt endlich Taten folgen, die auch Erfolge mit sich bringen. Die Fraktion DIE LINKE fordert die Landesregierung daher zum wiederholten Male auf, zur Sicherung von Tausenden von Arbeitsplätzen endlich eine aktive Wirtschafts- und Industriepolitik zu betreiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Unter diesem Aspekt ist das gesamte industriepolitische Instrumentarium für eine aktive, gestaltende Standortsicherung in Niedersachsen auszuschöpfen. Wir sind dabei ganz auf der Seite der IGMetall-Vertrauensleute bei Karmann, die in ihrer Entschließung vom 28. September dieses Jahres die Landesregierung auffordern, die Region nicht hängenzulassen und ihre strukturpolitischen Instrumente unter Einschluss ihrer Industriebeteiligungen einzusetzen, um Karmann einschließlich des Fahrzeugbaus zu retten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir zeigen hiermit auch unsere Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen.

Herr Hirche, angesichts dieser Tatsachen wollen wir endlich Taten sehen. Die anhaltende wirt

schaftspolitische Untätigkeit der Landesregierung zeigte und zeigt sich aber nicht nur am Beispiel der dramatischen Situation bei Karmann. Wirtschaftspolitische Untätigkeit zeichnet sich ebenso hinsichtlich des Erhalts von TUIfly in Langenhagen ab. Am Hauptstandort sind mehr als 1 200 Beschäftigte tätig, die um ihre Zukunft bangen. Auch der blitzartigen Übernahme der Continental AG durch den fränkischen Autozulieferer Schaeffler hat die Landesregierung kaum etwas entgegengesetzt.

(Beifall bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Sollte sie die aufkau- fen?)

Ein kurzes, unverbindliches Treffen des Ministerpräsidenten mit der machtbeflissenen Firmeninhaberin Frau Schaeffler war uns eindeutig zu wenig.

(Beifall bei der LINKEN)

Es war die Fraktion DIE LINKE, die dafür gesorgt hat, dass die Conti-Übernahme überhaupt ein Thema der Politik hier im Niedersächsischen Landtag geworden ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erinnere an unsere Initiative zur Einberufung einer Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses in der Sommerpause zur Conti-Übernahme.

(Björn Thümler [CDU]: Und was ist da passiert? - Reinhold Coenen [CDU]: Nur Kosten!)

Gerade jetzt ist aktive Wirtschaftspolitik zu Conti seitens der Landesregierung unabdingbar. Bei der Reifensparte in Hannover-Stöcken droht der massive Abbau von Hunderten von Arbeitsplätzen. Herr Hirche, wir erwarten auch hier konkrete, kontrollfähige Vorschläge zur Sicherung des Standortes und der Arbeitsplätze der Conti-Reifensparte.

(Beifall bei der LINKEN)

In diesen Tagen erleben wir mit der sogenannten Finanzmarktkrise nicht nur eine weltweite ökonomische Krise. Wir erleben auch eine massive Krise der geistigen und der moralischen Orientierung der westlichen Industriegesellschaft überhaupt.

(Beifall bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Wo steht das? Wo kann man das lesen?)

Diese Krise umfasst mit den Vereinigten Staaten, Europa, Japan, Südkorea und Australien die Zentren des Weltkapitalismus.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Walter Ul- bricht 1967!)