Protokoll der Sitzung vom 27.02.2008

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Herr Wulff das nicht selbst macht, was er nach unserer Auffassung nach den Äußerungen im Wahlkampf und nach der Verfassung machen müsste, dann werden wir ihm noch im April mit unserem Antrag Nummer eins auf den Weg helfen, und wenn das nicht hilft, werden wir uns gemeinsam mit Gewerkschaften und anderen Partnern die Möglichkeiten der direkten Demokratie ansehen.

Seien Sie sich also sicher: Für die nächsten fünf Jahre und - da seien Sie sich genauso sicher - für die nächsten zehn Jahre wird Sie das Thema soziale Gerechtigkeit in diesem Landtag nicht mehr verlassen.

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Schauen wir mal!)

Vielen Dank, Herr Sohn. - Die Fraktion DIE LINKE teilt sich offensichtlich die Redezeit. Es hat sich Frau Flauger zu Wort gemeldet. Frau Flauger, Sie haben noch eine Restredezeit von 31:56 Minuten. Ich erteile Ihnen das Wort.

(David McAllister [CDU]: Jetzt kommt die Zukunft! Herr Sohn, Sie waren die Vergangenheit?)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mal gehört, man kann über alles reden, nur nicht über 20 Minuten.

(Zuruf: Das geht in der Kirche!)

Ich habe heute am Beispiel der Regierungserklärung, die Herr Hirche verlesen hat, gelernt: Man kann über ein hohles Nichts 90 Minuten und länger reden; das geht ohne Weiteres.

(Beifall bei der LINKEN)

So viel heiße Luft, so viele leere Phrasen, so viele wohlfeile Appelle, für die man nichts tun muss, so wenig Konkretes habe ich lange nicht gehört, jedenfalls nicht so breit ausgewalzt, wie es hier heute passiert ist.

(Karl-Heinz Bley [CDU]: Und darauf haben Sie Antworten?)

- Wir haben darauf Antworten.

Gestern Nachmittag habe ich mich noch darüber geärgert, dass uns die Regierungserklärung noch

nicht vorlag und wir sie noch nicht lesen konnten. Aber nun kann ich feststellen: Es war nicht so schlimm, dass sie uns nicht rechtzeitig zugegangen ist.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Dann brau- chen wir das ja nie mehr zu tun, wenn Sie darauf keinen Wert legen! - Hei- terkeit bei der CDU)

Herr McAllister, wenn Sie diese Regierungserklärung als wegweisend bezeichnen, dann möchte ich einmal wissen, wohin diese Regierungserklärung den Weg weist. Nach oben für Niedersachsen ganz sicher nicht. So viel können wir wohl festhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie sagen weiter, dass das eine umfassende Regierungserklärung war. Das kann sich ja wohl höchstens auf die zeitliche Dimension beziehen. Auf den Inhalt ganz bestimmt nicht.

(Beifall bei der LINKEN - Bernd Alt- husmann [CDU]: Jetzt kommen Sie mal zu den Inhalten!)

Schon in Ihrer Kabinettsneubildung hat es nichts wirklich Neues gegeben. Dazu ist heute schon viel gesagt worden. Ich muss aber an dieser Stelle einfach auch einmal ein Lob loswerden. Es bleibt mir nichts anderes übrig. Ich muss Sie an der Stelle loben, sage aber auch gleich dazu, dass dies das einzige Lob bleiben wird, das Sie von mir heute bekommen.

(Zuruf von der CDU: Das trifft uns schwer!)

- Das trifft Sie sicherlich tief, das glaube ich Ihnen aufs Wort! - Dass Sie Herrn Busemann nach dieser katastrophalen Schulpolitik, die er fünf Jahre betrieben hat, abgesetzt haben, war eine gute und eine kluge Entscheidung. Dafür gebührt Ihnen wirklich höchstes Lob und Anerkennung.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass Sie ihn jetzt allerdings zum Justizminister gemacht haben, war schon nicht mehr ganz so schlau. Dass Sie die abgewählte Frau HeisterNeumann stattdessen zur Kultusministerin gemacht haben, ist noch ein bisschen schlimmer.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Die ist nicht abgewählt worden? - Da- vid McAllister [CDU]: Wo denn?)

- Die ist abgewählt worden.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Nein, ist sie nicht! - Hans-Christian Biallas [CDU]: Wenn sie abgewählt worden wäre, hätte sie schon einmal gewählt worden sein müssen!)

- Gucken Sie sich ihren Wahlkreis an!

(Zurufe von der CDU)

- Ich bin ja auch nicht Ministerin.

(Unruhe)

- Ich kann auch einfach einmal 30 Sekunden still sein. Dann können Sie alle sich einmal ausleben, wenn Ihnen das irgendwie hilft. Ich gucke auf die Uhr.

(Zustimmung bei der CDU - Karl- Heinz Klare [CDU]: Ich stoppe die Zeit! Bis jetzt sind es drei, vier! - Hei- terkeit - Zurufe: Sechs, sieben, acht!)

Frau Flauger, Sie haben jetzt die Gelegenheit, weiter zu sprechen. Bitte!

Ich rede jetzt weiter. Das ist nicht meine Entscheidung. Diese Entscheidung ist gerade vom Präsidium getroffen worden. Ich könnte auch eine Minute oder noch länger still sein.

(Zuruf von der FDP: Noch länger wäre gut!)

Dass Sie bei Ihrer Kabinettsneubildung Herrn Minister Studiengebühren-Stratmann wieder an der gleichen Stelle eingesetzt haben - und der ist in der Universitätsstadt Oldenburg, wo die Leute wissen, worüber sie reden und was da Sache ist, wirklich abgewählt und nicht mehr direkt gewählt worden -, ist nun völlig falsch. Ich möchte nicht darüber spekulieren, ob es eine Beeinflussung des Unterbewusstseins oder eine freudsche Fehlleistung war, dass Herr Dinkla gestern fast vergessen hätte, ihn zu vereidigen.

Alles in allem kann man diese Ihre Kabinettsneubildung als Experiment bezeichnen, ob das nicht irgendwie noch schlimmer als in der letzten Legislaturperiode hinzukriegen ist.

(Beifall bei der LINKEN - Heinz Rolfes [CDU]: Was ist das eigentlich für ein inhaltsleeres Getöse!)

Wenn Sie sagen, dass auch für diese Legislaturperiode, für die nächsten fünf Jahre, das gilt, was für die letzte Legislaturperiode gegolten hat - „Wir tun, was wir sagen, und wir halten, was wir versprechen“ -, dann gute Nacht Niedersachsen.

Zitat aus Ihrem Regierungsprogramm 2003 bis 2008:

„Das Erststudium bleibt gebührenfrei, niemand soll aus finanziellen Gründen auf ein Studium verzichten müssen.“

Was hat Ihr Minister Stratmann gemacht? - Er hat Studiengebühren eingeführt.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Nein, das hat der Landtag gemacht!)

Nun haben wir heute schon gehört, dass es irgendwie leichte Kommunikationsschwierigkeiten zwischen dem Ministerpräsidenten und den einzelnen Ministern gibt; Herr Jüttner hat das vorhin angedeutet. Vielleicht sollten Sie Ihren Ministern einmal erzählen, was in Ihrem Programm steht. 500 Euro pro Semester! Mit den weiteren Abgaben kommen Sie ohne Weiteres auf 1 500 Euro pro Jahr. Ich sage Ihnen: Das sind Gründe, die junge Leute von einem Studium abhalten. Ich habe aus ähnlichen Gründen - das war in Schleswig-Holstein; dort gab es damals BAföG auf Darlehensbasis - davon Abstand genommen, zu studieren, weil mir die Vorstellung, mit 30 000 Mark Schulden ins Leben zu starten, nicht behagt hat und weil ich so nicht erzogen war. Deswegen habe ich nicht studiert. Tun Sie also nicht so, als sei das gar kein Problem.

(David McAllister [CDU]: Wie viele Semester haben Sie denn studiert?)

- Ich habe eben nicht studiert, weil ich mir dieses Schuldenszenario nicht vorstellen wollte, Herr McAllister, weil das einfach nicht das ist, was ich wollte. Sie halten mit Ihren Studiengebühren junge Leute davon ab, ein Studium zu ergreifen.

(Beifall bei der LINKEN - Björn Thüm- ler [CDU]: So ein Unsinn!)

Ich finde es makaber, wenn Sie dann sagen: Das sind sozial verträglich ausgestaltete Studiengebühren. - Ich bitte Sie! Sie können doch nicht einfach sagen: Das geht doch! Da kann man doch ein Darlehen aufnehmen! Das kann man hinterher zurückzahlen! Dann hat man halt 15 000 Euro Schulden! - Sie sagen das ganz einfach. Aber das sind wirklich Gründe, die Leute vom Studieren abhalten.