Protokoll der Sitzung vom 12.11.2008

(Wolfgang Jüttner [SPD]: So ist es!)

Vielleicht stimmen Sie sich in der Koalition ein bisschen besser ab.

(Beifall bei der SPD)

Oder fragen Sie den Finanzminister, der seinen Haushalt natürlich nicht mit Steuersenkungen aufgebaut hat! Sie dagegen fordern Steuersenkungen und ein einfacheres Steuersystem. Wie einfallsreich! Bei Ihnen hätte man auch gar nichts anderes erwartet.

Sie wollen die Finanzkraft des Staates weiter schwächen. Können Sie uns einmal erklären, wie Sie die zwei Rettungsschirme eigentlich finanzieren wollen? - Im ersten Schritt geht es immerhin um 480 Milliarden Euro staatliche Garantien.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Kennen Sie eigentlich den Unterschied zwischen Bürgschaften und tatsächlich fließen- den Mitteln?)

Sie wollen dies über sinkende Steuern und über mehr Verschuldung bzw. eine Streckung der Haushaltskonsolidierung finanzieren.

Der zweite Schirm in Höhe von 50 Milliarden Euro ist ebenfalls folgerichtig, um die zu erwartende wirtschaftliche Delle so gering wie möglich zu halten. 16 Instrumente, die die Konjunktur ankurbeln, sollen eine Rezession vermeiden und ca. 1 Million Arbeitsplätze sichern. Im Übrigen sind in dem Paket auch sinnvolle Anreize für steuerliche Entwicklungen enthalten, allerdings keine folgenlosen Steuergeschenke, wie Sie sie hier gefordert haben.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Was sind denn die anderen?)

Natürlich kann man z. B. die Steuerbefreiung für neue Pkw kritisch bewerten. Dies bringt wenig Steuerersparnis bei kleinen Autos, hat große Mitnahmeeffekte, besonders bei großen Karossen,

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Wie wahr, wie wahr!)

und ist eher als Beschäftigungsprogramm für große Dienstwagen gedacht. Aber dieses Missverhältnis ist erkannt worden, und die Große Koalition hat gegengesteuert.

(Dr. Philipp Rösler [FDP] und Klaus Rickert [FDP]: Nein!)

Nun soll die Förderung auf umweltfreundliche Autos konzentriert werden. Sinnvoll ist aber eigentlich der Vorschlag, Prämien für die Verschrottung von Altwagen zu zahlen. Dies hätte unmittelbare Effekte bei der Reduzierung von Schadstoffen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Hauptaufgaben liegen jedoch aus unserer Sicht z. B. in den kommunalen Investitionen, in den Bereichen Gebäudesanierung, Schul- und Sportstättenbau sowie Steigerung der Energieeffizienz. Hierbei ist das Land Niedersachsen entsprechend dem wirksamen Einsatz der Anteile an den 50 Milliarden Euro gefordert. Kofinanzierung bei finanzschwachen Gemeinden und Spielräume in der Haushaltsgenehmigung sind angesagt. Das Programm wird nur dann erfolgreich sein, wenn die Mittel unten ankommen und eingesetzt werden.

(Heinz Rolfes [CDU]: Ja!)

Das Land hat hier keine Zuschauerrolle, wie man nach dem Verhalten von Herrn Wulff manchmal den Eindruck bekommen könnte.

(Heinz Rolfes [CDU]: Was?)

Nicht immer nur oberlehrerhaft kommentieren, was andere tun - selbst handeln, das ist hier die Devise!

(Beifall bei der SPD)

Auch im Landeshaushalt 2009 müssen klare Akzente bei der energetischen Sanierung von landeseigenen Gebäuden gesetzt werden. Des Weiteren ist die Sanierung der Landesstraßen angesagt, die seit Jahren sträflich vernachlässigt werden.

Wir brauchen dieses Maßnahmenpaket der Bundesregierung zur Sicherung von Wachstum und Beschäftigung. Dazu haben Sie nichts gesagt. Wir brauchen keine Schwächung des Staates durch steuerpolitische Abenteuer. Wir wollen nicht, dass die Menschen in Niedersachsen das Fehlverhalten der Verantwortlichen und die negativen Folgen mangelnder Kontrolle und Transparenz in den Geldmärkten durch Arbeitslosigkeit ausbaden müssen. Das Land muss dabei alles tun, um dieses Ziel zu unterstützen. Nicht weniger erwarten wir von der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen. Daran werden Sie gemessen, und nur daran!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile der Abgeordneten Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat zumindest die Notwendigkeit erkannt, mit konjunkturstabilisierenden Maßnahmen gegen den Abschwung und die drohende Wirtschaftskrise in Deutschland vorzugehen. Sie verhält sich damit deutlich aktiver als die Niedersächsische Landesregierung und die sie tragende Koalition aus FDP und CDU. Die Landesregierung und die Koalition unternehmen nichts, aber auch gar nichts, um die Folgen von Finanzmarktkrise und Rezession auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt zwischen Nordsee und Harz einzudämmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieses Nichtstun ist für uns nicht hinnehmbar. Wir fordern die Landesregierung daher auf, sofort ein Konjunkturprogramm gegen die drohende Wirtschaftskrise in Niedersachsen aufzulegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu haben wir in dem Antrag in der Drucksache 601, der am Donnerstag eingebracht wird, konkrete Vorschläge gemacht. Darin kann man nachlesen, wie in Niedersachsen die Nachfrage angekurbelt und die Massenkaufkraft gestärkt werden können. Dies muss Kern eines nachhaltigen Konjunkturprogramms für Niedersachsen sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir stimmen mit der FDP durchaus überein, dass das Konjunkturpaket der Bundesregierung zu kurz greift. Aber wir sehen andere Gründe als die, die von der FDP benannt worden sind.

Die Bundesregierung verweigert sich weiterhin der Notwendigkeit, massiv Nachfrage und Massenkaufkraft zu stärken. Von wachsenden öffentlichen Investitionen und steigenden Personalausgaben gehen bekanntlich die weitaus stärksten Wachstumsimpulse aus.

(Beifall bei der LINKEN)

Beides ist im Programm der Bundesregierung jedoch stark unterbelichtet.

Das von der Bundesregierung vorgesehene Investitionsvolumen von knapp 12 Milliarden Euro für die nächsten beiden Jahre macht nicht einmal 0,2 % - dies muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! - der jährlichen gesamtwirtschaftlichen Leistung Deutschlands aus. Das ist entschieden zu niedrig, um nachhaltige Wirkungen für die Konjunkturbelebung und die Sicherung zukunftsfähiger Arbeitsplätze erzielen zu können.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke fordert daher deutlich mehr Geld für eine Investitionsoffensive. Dieses Geld muss in Bildung, öffentliche Infrastruktur, Gesundheitsvorsorge und ökologischen Umbau fließen. „Nicht kleckern, sondern klotzen“ muss hier die Devise heißen, damit wir Erfolg haben!

(Beifall bei der LINKEN)

Das beste Konjunkturprogramm im Bund wäre jetzt eine spürbare Anhebung der Löhne. Wir unterstützen daher auf das Äußerste die Forderung der

IG Metall in den laufenden Tarifverhandlungen nach 8 % mehr Lohn und Gehalt;

(Beifall bei der LINKEN)

denn 8 % mehr Lohn und Gehalt wären ein wirksamer Beitrag zur Stärkung der Massenkaufkraft.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Warum nicht 10 %?)

- Das ist ein guter Vorschlag, den wir gerne aufnehmen. Setzen Sie ihn in Ihren Kreisen um, dann bekommen wir noch mehr Massenkaufkraft! Das ist ein wunderbarer und unterstützenswerter Vorschlag.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Sehr gut! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Ihre Forderungen sind einfach nur Sprüche!)

Da wir gerade bei der Massenkaufkraft sind: Wir verlangen auch vehement die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von mindestens 8,71 Euro, wie er in Frankreich längst üblich ist. Dies wäre ein weiterer Beitrag zur Stärkung der Massenkaufkraft.

(Beifall bei der LINKEN - David McAl- lister [CDU]: Packen Sie noch etwas darauf! 10 oder 12 Euro! Einen gera- den Betrag!)

- Herr McAllister, Sie sprechen so lapidar von 10 Euro. Ich weiß nicht, ob Sie überhaupt wissen, was es bedeutet, von 8,70 oder 10 Euro leben zu müssen. Dann würden Sie so etwas nämlich gar nicht sagen.

(Beifall bei der LINKEN - Heinz Rolfes [CDU]: Das ist ja wohl der Gipfel!)

Mit den Forderungen, die ich eben aufgestellt habe, stünden den betroffenen Beschäftigten zusätzlich 13 Milliarden Euro für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung. In Niedersachsen wären es rund 1 Milliarde Euro.