(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Dies al- les konnte ich in meiner Rede nicht mehr sagen!)
Herr Althusmann, ich stimme Ihnen zu, dass einige dieser Entwicklungen unter der rot-grünen Regierungszeit nicht komplett verhindert worden sind.
Jedoch haben wir immer gefordert, an dieser Stelle Nachbesserungen zu machen. Das ist mit Ihnen allerdings nie möglich gewesen! Wir sind nicht diejenigen gewesen, die immer nach Steuerleichterungen geschrien haben. Übrigens haben wir auch jetzt diesem Bankenpaket nicht zugestimmt, weil wir gesagt haben, die Haftungsfragen beispiels
weise müssten deutlicher herausgearbeitet werden und wir bräuchten präzisere Regelungen. Darüber hinaus müssen wir sicherstellen, dass in Bezug auf die Milliarden, die ausgegeben werden, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler am Ende die Sicherheit haben, dass sie nicht ausgezogen werden, sondern dass das Geld wieder bei ihnen landet. Genau deswegen hat unsere Bundestagsfraktion da nicht mitgemacht. Gucken Sie sich einmal an, wie die Diskussion verlaufen ist.
Frau Helmhold, ich stelle die Frage, wie Sie unter heutigen Gesichtspunkten die Aussage des früheren Bundesaußenministers Joseph Fischer auf einem der Grünen-Parteitage werten: Liebe Leute, wir können doch nicht gegen die Finanzmärkte regieren.
Es ist natürlich immer ein bisschen schwierig, diese Dinge zu beurteilen. Ich habe eben ganz deutlich gesagt, dass ich nicht der Meinung bin, solche Finanzmärkte solle es nicht geben. Ich hoffe, dies ist in der Äußerung, die ich eingangs gemacht habe, implizit deutlich geworden. Ich bin aber trotzdem nicht der Meinung, dass wir das ohne deutliche Regeln machen dürfen. Aus meiner Sicht müssen insbesondere diejenigen geschützt werden, die in diesem Spiel zwar nicht mitmachen, aber trotzdem die Abhängigen und die Spielbälle sind. Ich glaube, auch ich spreche nicht anders, als Joseph Fischer in diesem Zusammenhang geredet hätte.
Meine Damen und Herren, ich sehe jetzt keine Zwischenfragen mehr. Darum möchte ich gerne zu meinen letzten Sätzen kommen.
Ja. - Es wird Zeit, sich von dem Gedanken vom „Markt als Götzen“ zu verabschieden. Wir müssen - und zwar gemeinsam - wirklich in eine Diskussion über Sinn und Grundlagen dieser Gesellschaft eintreten. Die Menschen haben etwas Besseres verdient, als den „Heuschrecken“ zum Fraß vorgeworfen zu werden. Das, meine Damen und Herren, ist keine Neiddebatte, wie Sie und auch Herr Wulff immer wieder behaupten, sondern eine notwendige Besinnung auf Werte und ethische Maßstäbe in unserer Gesellschaft.
(Oh! bei der SPD und bei den GRÜ- NEN - Gegenruf von David McAllister [CDU]: Wir haben doch etwas ande- res vereinbart!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich dachte, Wettbewerb belebt das Geschäft. So könnte man doch meinen, wenn die Linksfraktion in das Parlament einzieht, dann würden sich die Grünen bemühen, besser zu werden. Ich stelle fest: Das Gegenteil ist der Fall.
Frau Kollegin Helmhold, zum Historischen - Sie haben ja die Neoliberalen angesprochen -: Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, waren die Neoliberalen - Walter Eucken, Müller-Armack, auch Ludwig Erhard - diejenigen, die sich zwar als Neoliberale bezeichnet haben, die aber letztendlich die Väter der sozialen Marktwirtschaft gewesen sind, also des Systems, das zumindest wir verteidigen.
Ein Kernsatz der sozialen Marktwirtschaft ist: Leistung soll sich lohnen. - In Bezug auf Managergehälter bedeutet dies: Jeder muss nach seiner Leistung entlohnt werden. Das heißt, gute Manager sollen gutes Geld bekommen, schlechte Manager eben nicht. Das ist ein Grundsatz, den es im Mittelstand schon seit Jahrhunderten gibt. Die deutsche Wirtschaft täte gut daran, sich wieder stärker
Ein weiterer wichtiger Punkt aus dem Mittelstand ist die Haftungsfrage. Ein mittelständischer Unternehmer in einem inhabergeführten Unternehmen würde für seine Entscheidungen in jedem Fall mit Hemd und Hose haften. Dies ist bei Managern bisher nicht der Fall. Also darf man nicht nur über die Höhe von Managergehältern diskutieren, sondern muss auch die Haftungsfrage von Angestellten und Managern ansprechen. Dies wäre eine wesentlich sinnvollere Diskussion als die Polemik über die reine Höhe von Managergehältern.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Wolfgang Jüttner [SPD]: Sehr gut! - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Absolut!)
Wenn man dies tut, dann kommt man zu der Erkenntnis, dass dies vor allem auch Aufgabe der Aufsichtsgremien, der Aufsichtsräte, ist. Insofern stehen alle Beteiligten in einer paritätischen Besetzung mit in der Verantwortung.
Wenn man so etwas seriös diskutieren möchte, dann muss man immer Vorbild sein. Herr Jüttner, Herr Steinbrück hat ja sehr stark die Höhe der Managergehälter gegeißelt. Er hat gefordert, sie auf 500 000 Euro zu deckeln. Ich finde es dann aber wenig glaubwürdig, wenn der gleiche Finanzminister einen Manager bei der KfW für 800 000 Euro als staatlichen Manager einstellt. Dies hat mit Glaubwürdigkeit nichts mehr zu tun. Bevor man solche Diskussionen anstellt, sollte man erst einmal an seiner eigenen Glaubwürdigkeit im Zusammenhang mit Managergehältern arbeiten.
Meine Damen und Herren, ich möchte das Haus noch einmal daran erinnern, dass es ein Gespräch mit dem Präsidenten gegeben hat und dass wir vereinbart haben, dass Bemerkungen oder Töne, die ausgestoßen werden, wenn ein Redner zum Mikrofon geht, unterbleiben sollen. Ich bitte Sie, dies künftig zu beachten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gerne fünf Bemerkungen machen. Erstens. Meine Befürchtung, die ich bei der
Anmeldung dieses Themas zu der Aktuellen Stunde hatte, nämlich dass sich einige an den Horrormeldungen über die jetzt bevorstehende wirtschaftliche Krise begeistern und Unsicherheiten schüren könnten, statt sie mit uns gemeinsam zu beseitigen, hat sich vollauf bestätigt. Sie wollen natürlich Wasser auf die Mühlen von Karl Marx und Ihrer überholten Vorstellungen lenken. Wir halten Ihnen klar entgegen: Die soziale und freie Marktwirtschaft hat diesem Land einen unglaublichen Reichtum gebracht und ganz viele Menschen an diesem Wohlstand beteiligt, sodass wir ein Maß an sozialem Ausgleich in Deutschland haben, auf das wir im weltweiten Vergleich stolz sind.
Die zweite Bemerkung. Wir sind hier im Niedersächsischen Landtag, und ich denke, dass sich hier ein Blick auf die Realität lohnt. Ich zitiere jetzt die Agentur für Arbeit: Niedersachsen hat die geringste Arbeitslosigkeit seit 16 Jahren. In Niedersachsen waren Ende August 2008 2 451 000 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr betrug 58 800 Personen oder 2,5 %. Niedersachsen befindet sich damit im bundesweiten Vergleich auf Rang 1 der Flächenländer.
Frau Helmhold, wenn Sie hier fragen, wo die neuen Chancen sind, wo die Menschen sind, die an der guten wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre Anteil hatten, kann ich Ihnen klar sagen: Diese Menschen haben neue Chancen, diese Menschen haben eine neue Perspektive, weil sie jetzt Arbeit haben und nicht mehr arbeitslos sind. Wir haben in Niedersachsen mit 5,7 % den höchsten Zuwachs an Ausbildungsverträgen; bundesdurchschnittlich beträgt der Zuwachs 1,7 %. Wir haben eine geordnete Finanzlage des Landes. Damals zu Ihren Zeiten - 2002/03 - sollten 6 Milliarden Euro neue Schulden gemacht werden. Wir machen in den nächsten zwei Jahren eine Neuverschuldung von nur noch 250 Millionen Euro. Das heißt, wir sind viel besser auf die Krise vorbereitet, als das vor Jahren der Fall gewesen ist.
Man wundert sich, woher Sie die Chuzpe nehmen, jetzt, wo wir wieder bei einer Arbeitslosenquote wie zu Beginn Ihrer Regierungszeit sind - in den Jahren Ihrer Regierungszeit war die Quote höher -, hier solche Reden zu dem Thema der Wirtschafts- und Finanzkrise zu halten.
Die dritte Bemerkung. Wir haben jetzt eine nachhaltige Krise und eine ernste Situation. Dies birgt viele Gefahren: dass die Staaten wie 1929 in Protektionismus verfallen, dass wir wie 1929 in einen Subventionswettlauf verfallen, dass wir psychologisch Fehler machen, dass Menschen, die investieren könnten, die konsumieren könnten, es nicht tun, weil sie sagen: Jetzt erst einmal die Luft anhalten und abwarten. Wenn die Menschen sagen würden, wir fahren unsere Autos alle ein Jahr länger, hätte das verheerende Folgen für das Land Niedersachsen, weil wir vom Automobil mehr abhängen als jedes andere Bundesland.
Die vierte Bemerkung. Wir haben eine weltweite Finanzkrise. Niedersachsen kann sich genauso wie Deutschland weder den Konjunkturzyklen noch der Weltwirtschaft entziehen. Deswegen haben wir frühzeitig Forderungen gerade in Bezug auf den Finanzmarkt erhoben. Es ist ja nicht zufällig so, dass es der NORD/LB besser geht als den anderen Landesbanken, dass es VW besser geht als den anderen Automobilkonzernen, dass von der NBank in diesem Jahr bisher 1 600 Unternehmen mit fast 300 Millionen Euro bezuschusst wurden bzw. Kredite gefördert wurden, weil wir hier Strukturen geschaffen haben, mit denen die Probleme sehr frühzeitig ins Auge gefasst wurden. Ich habe letztes Jahr Vorschläge gemacht, die Sie in der Financial Times Deutschland hätten nachlesen können. Diese Vorschläge beinhalteten, die Bankenaufsicht zu harmonisieren, zu internationalisieren, eine europäische Ratingagentur zu gründen, Regelungen für die Geschäftstätigkeit von Hedgefonds zu finden und eine bessere Transparenz z. B. im Hinblick auf Zweckgesellschaften herzustellen. Leider ist es auf internationaler Ebene an Tony Blair, an den Briten gescheitert, eine größere Transparenz auf den Finanzmärkten zu erreichen. Anglikanisch hat man sich Vorteile von der Intransparenz versprochen.
In der von Ihnen inkriminierten Fernsehsendung habe ich die Gehälter von Herrn Professor Wiedeking und von Herrn Professor Winterkorn vertreten. Ich kann die Heuchelei nicht ertragen, dass Menschen, die die höchsten Gehälter bei den Landesbanken, etwa bei der WestLB, bei der IKB oder bei der KfW, im öffentlichen Bereich zu verantworten haben, sich jetzt an die Spitze derjenigen zu stellen versuchen, die sich gegen hohe Gehälter im Bereich der Banken und der Finanzwelt aussprechen. Ich halte es für eine ziemliche Heuchelei, wenn mehrere Staatssekretäre der Bundesregierung den Tantiemen bei der Deutschen Bahn zu
stimmen, aber anschließend ein Staatssekretär auf Kosten der Steuerzahler entlassen wird, um ihm sozusagen den Schwarzen Peter zuzuschieben.
Ich sagen Ihnen deutlich: Ich habe nie eine Show damit abgezogen, dass wir 2004 die Tantiemen der Vorstände bei Volkswagen um 40 % abgesenkt haben. Wir haben gesagt: Wenn es jetzt um Personalabbau geht und wir uns in einer Krise befinden, hat vor allem der Vorstand vorbildhaft voranzugehen und ein Beispiel zu geben. Daraufhin sind die Tantiemen um 40 % abgesenkt worden. Die ganzen Gehälter und die Boni, über die hier diskutiert wird, sind mit den Stimmen der Gewerkschaften - etwa Transnet bei der Bahn -, mit den Stimmen der Arbeitnehmerseite beschlossen worden. Ich bleibe bei meiner Meinung, dass die Unternehmen, die Vorstände und vor allem die Aufsichtsräte für die Festlegung der Vorstandsgehälter zuständig sind, nicht aber die Parlamente und nicht der Staat. Das ist eine Aufgabe der Wirtschaft.
Wenn wir hier Maßhalten, Moral, Ethik und Verantwortung einfordern, ist das genau richtig. Ich habe mehr als andere die Maßlosigkeit von manchen in der Finanzwelt kritisiert und kritisiere sie auch weiter. Die Diskussion darüber könnten wir hier stundenlang ausdehnen. Dass einige den Hals nicht vollkriegen konnten und dass einige auf nichts anderes als auf eine quartalsbezogene Renditesteigerung im Hinblick auf Boni geachtet haben, ist überhaupt nicht zu bestreiten. Manche Dinge sind nur durch Moral, durch Ethik, durch verantwortungsvolles Verhalten in den Griff zu bekommen. Daran sollten wir mitwirken, und zwar jeder in seinem Bereich.
Ich bin froh darüber und stolz darauf, dass das Landesamt für Statistik in Niedersachsen soeben den Nachweis geführt hat, dass die Schere zwischen Arm und Reich in Niedersachsen sich zu schließen begonnen hat. Bis 2005 war sie extrem weit geöffnet. Davor lag eine Regierungszeit von sieben Jahren von Rot-Grün. Die Zahlen über das Verhältnis von Arm und Reich in Deutschland gehören auch zu der Schlussbilanz von Rot-Grün im Jahre 2005.