Protokoll der Sitzung vom 13.11.2008

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, wir haben heute Abend noch einiges vor. Ich werde jetzt jedes Mal unterbrechen, wenn es so laut ist, dass selbst ich hier oben den Redner kaum noch höre. - Herr Tanke, bitte!

Dadurch werden die Verwandten, die nicht zum engeren Kreis der Familie gehören, also Geschwister, Nichten, Neffen, Schwiegereltern und Schwiegerkinder auch bei entsprechenden Freibe

trägen zukünftig mehr Steuern zahlen. Deswegen bleibt das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer in der bisherigen Höhe erhalten.

Was die Betriebe angeht, so ist es uns wichtig, dass die Familienbetriebe nicht so stark belastet werden wie andere Betriebe. Auch das ist eine wichtige Regelung. Ich will hier auch die Frage des Verwaltungsvermögens ansprechen. Es ist ja häufig so - auch das gehört zur Wahrheit -, dass Privatvermögen in den Betrieb verlagert wird. Durch die Unterscheidung bei der Abgrenzung von Privat- und Betriebsvermögen wird eine sachgerechte Besteuerung von Betrieben stattfinden.

Es ist klar, dass in der Politik derjenige, der dafür eintritt, bei der Erbschaftsteuer höhere Einnahmen zu erzielen, bei einem Kompromiss, der im Ergebnis dazu führt, dass es bei dem bisherigen Aufkommen aus der Erbschaftsteuer bleibt, Argumente findet, warum er nicht für diesen Kompromiss sein kann. Natürlich ist ein Kompromiss auch für uns nur die zweitbeste Lösung. Angesichts der Karikatur, die ich Ihnen gezeigt habe, möchte ich dem Finanzminister Peer Steinbrück aber ausdrücklich dafür danken, dass er es geschafft hat, mit diesen Verhandlungspartnern das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer auf dem gleichen Niveau zu halten.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren von der FDP, von Ihnen hören wir immer, dass Sie quasi gegen jede Art von Steuern sind. Sie sagen aber nie, wie Sie das finanzieren wollen, was wir hier im Landtag sonst gern beschließen. Ich denke, dass die USA modellhaft gezeigt haben, dass Steuersenkungen nicht erfolgreich sind. Ich glaube, dass auch das nicht funktioniert, was Herr Möllring heute hier gesagt hat, nämlich dass bei Steuersenkungen über ein höheres Wirtschaftswachstum höhere Einnahmen zu erzielen sind. Ich glaube also, dass Ihre Argumentation nicht zieht. Dafür, dass gerade Sie, die immer die Leistung betonen - - -

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wenn ich den Satz beendet habe, gern. - Dafür, dass gerade Sie, die Sie immer die Leistung betonen, leistungslose Einkommen überhaupt nicht besteuern wollen, habe ich kein Verständnis.

(Beifall bei der SPD)

Bitte schön!

Herr Kollege Tanke, sind Sie nicht der Meinung, dass Deutschland ein einfaches und gerechtes Steuersystem mit niedrigen Steuern braucht?

Ich glaube, dass ein einfaches Steuersystem wichtig ist. Ich will aber mehr auf Ihre Argumentation eingehen, bei der Sie ständig suggerieren, Steuersenkungen seien möglich. Ihre Regierung sagt aber selbst, dass das größte Risiko für den Haushalt Steuersenkungen im Bund sind. Diesen Widerspruch müssen Sie einmal aufklären.

(Beifall bei der SPD)

Herr Hilbers hat hier schon gesagt, dass es die Zielsetzung Ihres Antrages, Herr Klein, war, die Verhandlungen in Gang zu bringen. Dass die Verhandlungen abgeschlossen sind, zeigt, dass Ihr Antrag überflüssig ist. Ich will zum Abschluss nur noch erwähnen, dass - ich lese das in der Presse; Herr Hirche ist jetzt nicht anwesend; sonst könnte er das vielleicht selbst sagen - die F-Länder sich formieren. Nordrhein-Westfalen hat Überlegungen angekündigt, vielleicht nicht zuzustimmen. Die bayerische Staatsregierung wird auf Druck der FDP hin vielleicht gezwungen sein, nicht zuzustimmen.

Herr Kollege, Sie haben nicht mehr die Zeit, alle Bundesländer aufzuzählen. Kommen Sie jetzt bitte zum Schluss.

(Beifall bei der CDU)

Ich hatte das auch nicht vor. Ich hatte vor, nur noch eines zu erwähnen und dabei auf meine Eingangsbemerkung betreffend die Antwort der Landesregierung zurückzukommen. Ich hoffe, dass wir heute noch hören werden - dazu fordere ich die Landesregierung auch auf -, dass die Landesregierung der Neuregelung im Bundesrat zustimmen wird.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich komme zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/539 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, kann ich Ihnen mitteilen, dass inzwischen ein Auszug aus dem nicht korrigierten Vorabexemplar der Niederschrift über die 21. Sitzung des Landtages der 16. Wahlperiode am 13. Oktober 2008 vorliegt. Danach hat Frau Flauger folgenden Zwischenruf gemacht: So ein dreckiger Debattenstil! - Frau Flauger, dafür erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Zweite Beratung: Bundesratsinitiativen für die Absicherung der Konsolidierung des Haushaltes des Landes Niedersachsen durch nachhaltig höhere Steuereinnahmen - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/501 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 16/608

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Zunächst hat sich Herr Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte schön!

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, wenn Sie die Gespräche einstellten, könnte Herr Dr. Sohn anfangen zu reden. - Herr Dr. Sohn, bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst zum Komplex der Absicherung der Konsolidierung ein paar einleitende, aktualisierende Bemerkungen zum Text des Antrags und der Begründung, den Sie schon etwas länger kennen, machen.

Der Arbeitskreis Steuerschätzung hat angekündigt, es gibt 2009 gegenüber der Schätzung vom Mai für Niedersachsen vermutlich ein Minus von 81 Millionen Euro. Um diese Summe schrumpft also die Grundlage des Haushaltsentwurfs 2009.

Herr Möllring hat laut Rundblick vom 7. November angekündigt, dass sich der kommunale Finanzausgleich daraufhin um ungefähr 15 Millionen Euro vermindern wird.

In diesen Zahlen ist die geplante Aussetzung der Kfz-Steuern nicht enthalten, genauso wenig wie die eben diskutierte und immer noch bestehende Gefahr der Reduzierung der Erbschaftsteuer.

Vor allem geht die Landesregierung von einem rosaroten Bild der Wirtschaftslage aus. Tatsache ist aber: Im Stahlwerk Peine der Salzgitter AG ist ein Produktionsrückgang von 30 % angekündigt. Trotz der Ankündigung zukünftiger Erwartungen, die hier ausführlich dargestellt worden sind, fährt VW gegenwärtig reduzierte Schichtpläne ein. Am gravierendsten für die weitere Perspektive ist Folgendes, weil das immer ein Frühindikator ist: Seit 20 Jahren gibt es im Hamburger Hafen zum ersten Mal eine Stagnation in der Entwicklung des Hafenumschlags.

(Heiner Schönecke [CDU]: Nein, falsch!)

Um nur eine Zahl zu nennen: Für einen Standardcontainer von China nach Hamburg, für den noch vor einem halben Jahr 1 300 Euro gezahlt wurden, werden jetzt aufgrund des Markt- und Margendrucks nur noch 300 Euro erlöst. Jeder, der weiß, was hinter dieser Zahl steht, kann ermessen, was das an weiterem Rückgang für die nächste Zeit vermutlich bedeutet. Herr Ministerpräsident Wulff, Herr Möllring, Herr Hirche oder wer immer das gegenwärtig tut, mit Amateurpsychologie wird dieser handfesten Problematik genauso wenig entgegenzuarbeiten sein wie mit Amateurökonomie.

Hinzu kommt: Land, Bund und Kommunen brauchen gegenwärtig Geld zur Stärkung der Massenkaufkraft. Wir hatten das gestern bereits behandelt und werden das noch intensiver behandeln. Frau Ursula Weisser-Roelle wird zu einem anderen Tagesordnungspunkt noch ausführlich dazu sprechen. Hier taucht natürlich die Frage auf, woher dieses Geld denn kommen soll. Wie Sie wissen, sind wir gegen neue Schulden. Das gilt für den Bund und für das Land. Aber wir wollen Vermögende, gut verdienende Unternehmer und Großer

ben stärker zur Abtragung der Schuldenlast und zur Abfederung der Krise heranziehen.

(Dr. Karl-Ludwig von Danwitz [CDU]: Das hatten wir doch gerade!)

Die Details dazu finden Sie in der Drucksache 501. Sie haben sie auch in der ersten Lesung gehört. Wir haben sie auch im Haushaltsausschuss ein wenig behandelt.

Ich möchte abschließend aber auf einen weiteren, aktuellen Grund für diesen Antrag hinweisen. In den letzten zehn Jahren sind in Deutschland rund 1 000 Milliarden Euro von unten nach oben umverteilt worden, davon ungefähr 500 Milliarden Euro durch die Verschiebung zwischen Lohnquote und der Quote von Einkommen durch Gewinn und Vermögen und weitere ungefähr 500 Milliarden Euro durch Steuergeschenke für Vermögende, Erben und Betriebe. Diese 1 000 Milliarden Euro haben die Blase gefüllt, die jetzt platzt und die Finanzmärkte und damit auch die sogenannte Realwirtschaft zerrüttet.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Briese?

Ja, ich gestatte.

Das interessiert mich. Herr Dr. Sohn, Sie haben gesagt, dass in den vergangenen zehn Jahren 1 000 Milliarden Euro von den Armen zu den Reichen umverteilt worden sind. Wie kommt es, dass die Armen 1 000 Milliarden Euro zur Verfügung hatten und den Reichen geben konnten? Das müssen Sie mir erklären.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wilhelm Heidemann [CDU]: Sehr gut!)

Wenn Sie die gesamte Lohnsumme aufaddieren, kommen Sie auf diese Werte. Wir können das im Einzelnen nachrechnen. Wenn Sie die gesamte Lohnsumme und sonstige Einkommen der Bundesrepublik über zehn Jahre aufaddieren, kommen Sie natürlich auf diese Werte.

(Ulf Thiele [CDU]: Wer ist denn nach Ihrer Definition arm?)

- Die Formulierung „arm“ ist durch Herrn Briese hereingekommen. Ich habe gesagt: „von unten nach oben umverteilt“. Ich habe nicht von einer Umverteilung von Arm nach Reich gesprochen.