Die Lehr- und Bildungsinhalte dessen, was wir etwa unseren künftigen Abiturienten in der Oberstufe vermitteln, sind ja nicht von ungefähr andere als die im Bereich der Sekundarstufe I. Das hat doch etwas mit der erwarteten anschließenden Hochschulausbildung zu tun. Das dürfen wir nicht unberücksichtigt lassen. Deshalb lassen Sie uns mit dieser Frage höchst sensibel umgehen. Ich sage es noch einmal: Wenn dieser Vorwurf zu Recht erhoben werden könnte, wäre das Konzept insgesamt gescheitert.
Zuständig soll der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur sein. Wer dem Vorschlag so folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Erste Beratung: Wahlfreiheit für Kommunen gestalten - Optionsmodell dauerhaft im Grundgesetz absichern - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/613
Eingebracht wird der Antrag von Herrn Dr. Matthiesen von der CDU-Fraktion. Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Der gemeinsame Landtagsbeschluss von CDU, FDP, Grünen und SPD vom 2. Juli dieses Jahres hat in Niedersachsen den Durchbruch bei der Frage gebracht, wer die Verantwortung für die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit zukünftig
haben soll. Er zeigt den Weg auf, um den Streit um Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen und die unterschiedlichsten organisatorischen und finanzpolitischen Finessen zu beseitigen. Die Kommunen sollen Wahlfreiheit erhalten, entweder eigenverantwortlich dauerhaft im Wege der Option die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende insgesamt zu übernehmen oder sich für eine Neuauflage der bisherigen Arbeitsgemeinschaften zu entscheiden.
Alle niedersächsischen kommunalen Spitzenverbände stehen hinter diesem Lösungsansatz. Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz hat am 14. Juli die verfassungsrechtliche Absicherung des Arbeitsgemeinschaftsmodells zwischen Bundesagentur und Kommunen beschlossen und sich dagegen ausgesprochen, der kommunalen Option dadurch die Grundlage zu entziehen. Die Arbeits- und Sozialminister wollen eine Regelung, die den Fortbestand des bisherigen Optionsmodells gewährleistet.
Seitdem ist die Diskussion zwischen Bund und Ländern leider unbefriedigend verlaufen. Deswegen haben CDU und FDP diesen Entschließungsantrag vorgelegt, damit die Wahlfreiheit für Kommunen gestaltet und dauerhaft im Grundgesetz abgesichert wird.
Inzwischen liegt ein Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 23. September 2008 vor. Zur Umsetzung des ASMKBeschlusses schlägt es die Errichtung und verfassungsrechtliche Verankerung von Zentren für Arbeit und Grundsicherung - sogenannte ZAG - vor, um das bisherige Arbeitsgemeinschaftsmodell fortzuschreiben. Außerdem soll lediglich der Fortbestand der derzeitigen Optionskommunen verfassungsrechtlich abgesichert werden.
Diese Vorschläge des BMAS sind völlig unbefriedigend; denn die Arbeitsgemeinschaften bestehen danach im Prinzip wie bisher weiter - ohne eigenes Personal und ohne eigenen Haushalt.
Sie müssen weiter mit zugewiesenem Personal arbeiten. Die Problematik stößt ja immer wieder auf. Es bleibt auch - das ist ganz besonders schlecht - beim zentralistischen Durchgriff der
Die Bundesagentur erhält dadurch ausdrücklich Weisungsbefugnisse und das Letztentscheidungsrecht für ihren Leistungsbereich. Das betrifft die zentralen Aufgaben der Arbeitsvermittlung, der Eingliederungsmaßnahmen, der Sanktionen und natürlich auch der gesamten Leistungsgewährung beim Arbeitslosengeld II. Nach dem Papier des BMAS findet eine Selbstbeschränkung der Bundesagentur bei der Ausübung ihrer Weisungsbefugnis nicht statt. Sogar die Aufsicht über die Trägerversammlung, in der die Kommunen vertreten sind, soll beim Bund und nicht bei den Ländern liegen.
Ganz negativ ist das Vorhaben des Bundesarbeitsministeriums, die Optionskommunen als sogenanntes dauerhaftes Übergangsrecht in das Grundgesetz aufzunehmen und einen neuen Artikel 125 b vorzuschlagen, was unserem gemeinsamen Beschluss im Landtag überhaupt nicht entspricht. Damit soll ganz bewusst verhindert werden, dass die Ausweitung der Option einfachgesetzlich möglich ist. Die Wahlfreiheit der Kommunen, die wir wollen, soll also verhindert werden. Das unterläuft unseren Landtagsbeschluss und auch den ASMK-Beschluss völlig. Das müssen wir verhindern!
Das Vorhaben des BMAS ist im Übrigen auch etwas skurril. Es will nämlich die Zahl von 69 Optionskommunen ausdrücklich in das Grundgesetz hineinschreiben.
Selbst die Zahl der Bundesländer steht nicht im Grundgesetz. Aber die Zahl von 69 Optionskommunen soll in das Grundgesetz geschrieben werden. Was das BMAS da vorhat, ist doch ein bisschen verwegen!
Wir müssen demgegenüber eine Grundgesetzregelung erreichen, die die Ausweitung des Optionsmodells um zusätzliche Kommunen zulässt, deren Zahl natürlich durch Bundesgesetz festge
legt werden kann. Jetzt hat Niedersachsen durch ein Gutachten mit Hamburg und anderen zusammen gezeigt, wie das gehen kann. Ein Verwaltungsprofessor hat einen Vorschlag für eine Grundgesetzformulierung gefunden, für einen Artikel 91 c. Darauf könnten wir zurückgreifen. Auf jeden Fall müssen wir bei den jetzt anstehenden Beratungen verhindern, dass es eine Grundgesetzänderung geben wird, die zusätzliche Optionskommunen verhindert.
Für die weitere Diskussion möchte ich einen Vorschlag präsentieren, den der Landkreistag von Nordrhein-Westfalen gemacht hat. Er möchte ein eigenständiges Fördersystem im Sozialgesetzbuch II erreichen, das mit nur noch vier Förderzielen auskommt, die ganz einfach geregelt werden: erstens Vermittlung in Arbeit und Selbstständigkeit, zweitens Qualifizierung, drittens Beschäftigung, viertens Aktivierung und soziale Sicherung. Auf dieser Grundlage sollen die Optionskommunen und Arbeitsgemeinschaften vor Ort selbstständig und individuell regeln, wie dem Einzelnen am besten geholfen werden kann.
Insofern wäre das auch noch einmal ein Anreiz zu sagen: Wir wollen die Wahlfreiheit für die Kommunen umsetzen und durchsetzen, zumal zwei Drittel der deutschen Landkreise das wollen. Die dürfen wir jetzt bei der Neuordnung der Organisation der Arbeitsvermittlung und der Arbeitsverwaltung nicht im Regen stehen lassen.
Ich möchte drei Gesichtspunkte ins Feld führen, warum wir diese Wahlfreiheit unbedingt einführen müssen.
Erstens müssen wir endlich die Langzeitarbeitslosigkeit wirksam bekämpfen können. Trotz der brummenden Konjunktur ist die Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland noch immer sehr hoch. In Niedersachsen haben wir noch immer rund 200 000 Langzeitarbeitslose.
Zweitens. Wir stellen immer wieder fest, dass die zentralistischen Durchgriffe der Bundesagentur nicht fruchten. Gerade werden die sonstigen weiteren Leistungen auf Weisung der Bundesagentur abgeschafft, beispielsweise Ausbildungsplatzlotsen, die Schüler in Ausbildung und Beruf führen, das Pro-Beruf-Modell und anderes mehr. Das können wir einfach nicht mehr hinnehmen.
Der Antrag von CDU und FDP hat zusammengefasst zum Ziel, dass die kommunale Option und ihre Ausweitung Thema im anstehenden Gesetzgebungsverfahren von Bundestag und Bundesrat bleiben und dass der ASMK-Beschluss verwirklicht wird. Das setzt in jedem Fall eine Grundgesetzänderung mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundesrat voraus, egal welches Modell gemacht wird. Das ist der Trumpf, den Niedersachsen nutzen kann. Bei dieser Zweidrittelmehrheit haben wir ein gewichtiges Wort mitzureden. Ich hoffe, dass es uns auf diesem Wege gelingt, gemäß unserem Beschluss die kommunale Wahlfreiheit ins Grundgesetz und ins Bundesgesetzblatt zu bekommen.
Danke schön, Herr Dr. Matthiesen. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Helmhold das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig: Die Vorschläge des Bundesarbeitsministers zur Zukunft der Argen bzw. zur gemeinsamen Trägerschaft von Bundesagentur und Kommunen bei der Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II sind unbefriedigend und wenig zielführend. Richtig ist aber auch, dass sich die Arbeits- und Sozialministerkonferenz am 14. Juli dieses Jahres in Berlin nur sehr unkonkret bzw. gar nicht zur Zukunft der Optionsmodelle geäußert hat. Darüber hinaus hat Hamburg in einem Protokollvermerk kundgetan, dass die beabsichtigte Änderung des Grundgesetzes auf die Absicherung der Mischverwaltung beschränkt werden und diese damit eine einmalige Ausnahme sein solle.
Angesichts dieser doch sehr eng gefassten Beschlüsse, die, glaube ich, den unterschiedlichen Meinungen von A- und B-Ländern geschuldet sind, transportiert der Antrag von CDU und FDP ein richtiges Anliegen, das wir im Grundsatz unterstützen.
Wir sollten tatsächlich nicht nur die 69 bestehenden Optionskommunen absichern, sondern auch weiteren kommunalen Gebietskörperschaften diese Möglichkeit eröffnen. So steht es auch in Punkt 3 unserer interfraktionellen Entschließung vom 1. Juli dieses Jahres.
Unter Juristen gibt es allerdings unterschiedliche Meinungen zu der Frage, ob man zur Sicherstellung dieser Wahloption eine Grundgesetzänderung brauche oder nicht. Der Landkreistag sagt: Nicht nötig! - Andere sagen: Doch, das brauchen wir. - Ich glaube, im Rahmen der Beratung dieses Antrags sollten wir dazu den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst befragen.
Der Bund versucht nach wie vor und immer wieder - man kann es im Papier des Hauses Scholz vom 23. September dieses Jahres nachlesen -, ein Monopol in der Zuständigkeit für die Umsetzung des SGB II durchzusetzen und die Bundesagentur als zentrale Stelle für Dienst- und Fachaufsicht für die Zukunft zu etablieren. Genau das halten aber auch wir für nicht zielführend.