Bevor jetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Professor Zielke spricht, möchte ich bekannt geben, dass Herr Bartling mir mitgeteilt hat, dass sich alle Fraktionen einig sind, dass wir die Mittagspause bis 15 Uhr ausdehnen wollen. Sie wird also nicht um 14.30 Uhr enden, sondern um 15 Uhr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorab möchte ich allen danken, die im Bereich der Justiz dafür sorgen, dass wir Bürger in Niedersachsen auf den Rahmen von Recht und Sicherheit vertrauen können;
denn es ist dieser Rahmen, der es uns erst ermöglicht, in Freiheit unser persönliches Glück anzustreben.
Unsere Gerichte, unsere Staatsanwaltschaften, unsere Justizvollzugsanstalten sowie diverse Projekte wie JustuS und K.U.R.S. schaffen diesen Rahmen der Verlässlichkeit ebenso wie die vielen Vereine und Initiativen, die sich beispielsweise um die Opfer von Verbrechen kümmern oder auch Straftäter auf ihrem Weg zurück in die Gesellschaft begleiten.
Eine Hauptaufgabe des Landesgesetzgebers ist es, die materiellen Grundlagen dafür sicherzustellen, dass der Rahmen des Rechts so verlässlich und stabil bleibt, wie er es heute zum Glück ist.
Dieser Aufgabe stellen wir uns, wie wir das auch in den vergangenen fünf Jahren erfolgreich getan haben. Ein paar Beispiele für viele: Wir haben Jahr für Jahr - und das trotz aller Bemühungen, unseren
Landeshaushalt aus dem Sumpf der staatlichen Schuldenmacherei herauszuziehen - zusätzliche Stellen für Richterinnen und Richter geschaffen. Wir haben Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Korruptionsbekämpfung eingerichtet; die gab es vorher gar nicht. Wir haben auch Staatsanwaltschaften zur Bekämpfung der Internetkriminalität eingerichtet; auch diese gab es vor 2003 nicht. Wir haben auf breiter Front und schrittweise, so wie es eben finanziell möglich war, die Stellen im mittleren und gehobenen Dienst gerade auch in den Justizvollzugsanstalten angehoben.
Abgesehen davon, dass es in der Politik keine Endziele, sondern nur Wegmarken geben kann, bleibt trotzdem noch viel zu tun. Eine solche Wegmarke ist das seit 2005 bundesweit gültige Personalbedarfsberechnungssystem für die Justiz, kurz Pebb§y genannt. Wir stellen Pebb§y nicht infrage, auch wenn wir um seine Begrenztheiten wissen. Nach Pebb§y fehlen uns in Niedersachsen noch viele Richterstellen, während - ebenfalls nach Pebb§y - im mittleren Dienst ein gewisser Personalüberhang zu verzeichnen ist. Das ist nicht von heute auf morgen korrigierbar. Nicht jeder Bedienstete, der nach Pebb§y theoretisch entbehrlich wäre, kann so einfach weggezaubert oder an eine andere Stelle versetzt werden.
Das ist der Preis, den wir für die Tugenden der Verlässlichkeit und der langfristigen Qualität in der Justizverwaltung zu bezahlen haben. Andererseits herrscht in manchen Bereichen bisweilen auch Bewerbermangel.
Jedenfalls haben wir uns vorgenommen, auch in dieser Legislaturperiode den Weg der kontinuierlichen Verbesserung und Konsolidierung fortzusetzen. Der Haushalt 2009 ist dafür ein klarer Beleg.
Auch 2009 schaffen wir zusätzliche Stellen für Richter mit Schwerpunkt bei der Sozialgerichtsbarkeit, neue Stellen für Amtsanwälte, für Rechtspfleger und bei den Staatsanwaltschaften mit Schwerpunkt Wirtschaftskriminalität. Insgesamt schaffen wir 76 neue Stellen und weitere 26 neue Stellen im Bereich des Justizvollzugs. Außerdem heben wir über 150 Stellen im gehobenen Justizvollzugsdienst und über 100 Stellen im mittleren Justizvollzugsdienst. Ebenso werden sinnvolle und unabdingbare Projekte aus den letzten Jahren wie der Täter-Opfer-Ausgleich - das Thema werden wir morgen in einem eigenen Tagesordnungspunkt behandeln - fortgesetzt oder wie das Modellvorha
Zu den wichtigen neuen Projekten zählt K.U.R.S., die Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualtätern; denn auch wenn ein solcher Täter nach seiner Haft unter Führungsaufsicht steht, so ist unter Umständen ein sehr engmaschiger persönlicher Kontakt geboten, um neue Gefährdungen rechtzeitig erkennen und ihnen begegnen zu können. Hierfür stellen wir 15 neue Stellen in der Bewährungshilfe zur Verfügung.
Noch zwei Gedanken, die eher indirekt mit dem Haushalt zu tun haben: Die Sozialgerichte sind angesprochen worden. Sie sind wirklich überlastet. Aber die Wahrheit ist eben - das muss man einmal ganz klar benennen; das geht an die Adresse der Regierung und der jetzigen Großen Koalition in Berlin -: Der Hauptgrund dafür liegt in der Klageflut wegen der Hartz-IV-Gesetze. Sie sind nach Auskunft von Fachleuten einfach handwerklich schlecht, weil sie mit teils ungenauen, teils ermessensabhängigen und teils sehr komplizierten Regelungen zu Fehlinterpretationen, falschen Bescheiden und Streit geradezu einladen. Das muss in Berlin geändert werden!
An dieser Stelle eine Bemerkung zum Niedersächsischen Justizvollzugsgesetz: Dabei geht es mir nicht um die Änderungen der Regeln zur Untersuchungshaft. Diese beraten wir zurzeit im Rechtsausschuss. Aber ich erinnere mich noch, damals, nachdem im Zuge der Föderalismusreform der Justizvollzug in die Hoheit der Länder gefallen war und wir ein Niedersächsisches Justizvollzugsgesetz ins Auge fassten, wie da SPD und Grüne unser Vorhaben zu diffamieren versuchten mit Ausdrücken wie „Wegschließknast“, „Wettbewerb der Schäbigkeit“, „Wasser-und-Brot-Vollzug“. Und noch am Tage der Verabschiedung, als das Gesetz fertig war und für jeden lesbar, da sah Herr Briese vor allem „schwarze Pädagogik“, „Hartherzigkeit“ und „Rückschritt“. Seit dem 1. Januar, seit das Gesetz in Kraft ist, ist es um diese Vorwürfe eigenartig still geworden. Sie haben sich schlicht als haltlos erwiesen. Lassen Sie mich eines klarstellen. Wir haben in Niedersachsen einen Justizvollzug, der mittlerweile qualitativ und quantitativ weit über dem Durchschnitt der Bundesländer liegt.
Ende der letzten SPD-geführten Regierung - waren es 52 %. Im Jahr 2002 saßen über 1 000 Häftlinge in Hafträumen ohne abgetrennte Toilette, heute kein einziger mehr. Im Jahr 2002 ging die Hälfte der Gefangenen einer Arbeit nach oder nahm an einer beruflichen Aus- oder Fortbildung teil. Heute sind es 75 %, was unter den Gegebenheiten einer Haftanstalt praktisch Vollbeschäftigung bedeutet.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Die Be- schlüsse dazu haben wir im Kabinett gefasst! Haben Sie die alle gebaut? Wir haben die Entscheidungen über Rosdorf getroffen!)
Also: Heute sind es 75 %. Das bedeutet praktisch Vollbeschäftigung in den Haftanstalten. Das nützt den Anstalten, hilft in vielerlei Weise aber auch den Häftlingen, auch im Hinblick auf ihre Resozialisierung.
Früher gab es jedes Jahr etliche Ausbrüche. Heute gibt es praktisch keine mehr. Das ist vor allem das Verdienst der Menschen, die im Justizvollzug ihre weiß Gott nicht immer einfache Arbeit leisten. Diese Koalition - Herr Limburg, da können Sie sagen, was Sie wollen - hat von Anfang an immer ein besonderes Augenmerk auf die Belange der Bediensteten im Justizvollzug gelegt. Die wissen genau, was sie an dieser Regierung aus FDP und CDU haben.
Zu einer Kurzintervention haben sich Herr Briese und Herr Haase gemeldet. Zunächst Herr Briese, bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich schätze den Kollegen Zielke, und wir haben im Rechtsausschuss gut zusammengearbeitet. Dass Sie, Herr Zielke, die Reform des Strafvollzugsgesetzes in Niedersachsen aber immer noch positiv bewerten, kann ich schlicht und ergreifend nicht nachvollziehen. Sie wissen ganz genau, dass im Rahmen der Föderalismusreform I die gesamte Fachwelt - ich betone das noch einmal: die gesamte Fachwelt; auch Sie sind ja Professor - der Meinung war, es sei falsch, die Zuständigkeit dafür an die Länder zu übertragen. Dieser Vorschlag wurde ganz deutlich abgelehnt. Wissen Sie, was dann passiert ist?
Dann hat Niedersachsen ein richtig schlechtes Gesetz verabschiedet, das Sie sehr schnell korrigieren mussten. Die Regelung zur Haftkontrolle im U-Haft-Bereich war schlicht und ergreifend missraten.
Ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Den Sonderweg, den Niedersachsen gegangen ist, ist kein einziges anderes Bundesland gegangen. Diese Befürchtungen haben wir damals aufgegriffen. Sie waren damals richtig, und sie sind noch heute richtig. Das Gesetz war nicht gut, das Gesetz ist nicht gut, und das Gesetz muss nachgebessert werden.
Herr Professor Zielke, Baron Münchhausen schätzen wir alle sehr. Er erzählt nämlich richtig unwahre Geschichten; das ist klar. Aber Sie ignorieren Fakten. Ich sage nur: JVA Sehnde und JVA Rosdorf. Wer hat denn ermöglicht, dass in den Jahren