2002, 2003 und 2004 neue JVAs sozusagen an Netz gingen? - Nehmen Sie dies als Wahrheit zur Kenntnis.
Zunächst einmal: Es waren nicht alle Fachleute dafür. Das ist letzten Endes aber eine akademische Diskussion. Nichtsdestotrotz: Das Niedersächsische Justizvollzugsgesetz ist, ungeachtet all dessen, was wir bei der Untersuchungshaft noch neu regeln wollen, ein gutes Gesetz, und es bewährt sich.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Hans-Dieter Haase [SPD]: Wer hat es denn auf den Weg gebracht? Sagen Sie uns das doch auch mal!)
- Auf den Weg gebracht haben Sie alles Mögliche. Sie haben beispielsweise Grundsteine für Finanzämter gelegt und dann keinen Pfennig dafür in den Haushalt eingestellt.
So haben Sie auch im Hinblick auf die Verschuldung dieses Landes gehandelt. Wir haben das Geld zusammenkratzen müssen, das notwendig war, um Ihre guten, aber nicht finanzierten Ideen umzusetzen.
Es liegt jetzt noch die Wortmeldung von Herrn Minister Busemann vor. Herr Minister, ich darf Sie bitten.
Schauen wir mal. Ein gutes Produkt kann man auch in sechs Minuten darstellen, oder nicht, Herr Jüttner?
Meine Damen und Herren, eines darf ich voranstellen: Die Justiz ist wichtig. Sie ist ein Teil des Rechtsstaates. Die Justiz muss funktionieren. Dabei darf es ruhig lautlos zugehen. Denn wenn sie in die Schlagzeilen kommt, dann war meistens etwas nicht in Ordnung. Ich denke, dass die Justiz im Lande Niedersachsen gut aufgestellt ist. Eine gute Justiz ist auch ein Standortvorteil. Ein erfolgreicher Unternehmer ist besser in einem Rechtsstaat untergebracht und zu Hause als in einer Bananenrepublik, in der die rechtsstaatlichen Abläufe nicht so gut funktionieren. Auf dem Wege dorthin wurde in den letzten fünf, sechs Jahren eine gute Politik gemacht. Wir haben einige Fortschritte erzielt, z. B. neue JVAs gebaut.
Herr Haase, Ihre Konzepte sind wunderbar. Die Planungskosten betragen 13 Millionen Euro. Was das andere Geld angeht, haben Sie aber wohl vergessen, auch diese Kosten in die Etats einzuplanen. Das ist schon eine abenteuerliche Geschichte, wie bei vielen anderen Dingen auch. Gewisse Vorleistungen wurden aber durchaus erbracht. In den letzten sechs Jahren sind in einigen Bereichen Fortschritte erzielt worden.
Eine Zwischenbemerkung: Das Justizvollzugsgesetz, das wir haben und das wir im problematischen Bereich der U-Haft jetzt eher der alten Rechtslage anpassen - hier will ich für Rechtssicherheit sorgen -, ist ein klasse Gesetz mit hohen Ansprüchen und Aufträgen an uns alle. Kollege Briese, lesen Sie es sich einmal gut durch! Dann verstehen Sie auch die eine oder andere Maßnahme.
In den letzten Jahren ist einiges passiert, gerade im Bereich des Opferschutzes. Hier wurden viele Einzelmaßnahmen durchgeführt; dieses Thema können wir noch vertiefen. Ein Projekt - manche Redner haben darauf schon hingewiesen - möchte ich hervorheben: das Projekt K.U.R.S., die Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Se
xualstraftätern. Sozialtherapie ist insbesondere in diesem Bereich außerordentlich wichtig. Man darf nicht nur über sie reden, sondern man muss sie auch durchführen. Sie gehört zu einem gelingenden Strafvollzug dazu. Auf die Probleme in diesem Bereich muss auch mit der Schaffung neuer Stellen reagiert werden. Das tun wir.
Ich teile nicht in allen Punkten die Meinung, die Kollege Adler vorgetragen hat. Es ist aber völlig klar, dass wir von der Prävention bis K.U.R.S. und beim Übergangsmanagement vom Strafvollzug bis zur Bewährungshilfe noch mehr tun können und noch mehr tun müssen. Dass auch dafür neue Stellen erforderlich sind, ist, wie ich glaube, völlig klar. Allerdings ist auch hier schon eine Menge getan worden. Diese Anstrengungen werden wir fortsetzen. Wir wollen, auch zur Gewährleistung von Schutz und Sicherheit unserer Bevölkerung, dafür sorgen, dass diejenigen, die strafffällig geworden sind und ihre Strafe abgesessen haben, so in die Gesellschaft entlassen werden, dass sie nicht rückfällig werden bzw. werden müssen. Auch hier ist schon eine Menge passiert, und hier kann noch eine Menge passieren.
Die Einführung unseres Justizsozialdienstes ab dem 1. Oktober 2008 war geradezu ein Quantensprung auf diesem Gebiet. Die verschiedenen Standorte werden von Oldenburg aus gesteuert. Hier werden Bewährungshilfe, Führungsaufsicht, Gerichtshilfe und andere Bereiche zusammengefasst. Das ist ein tolles und modernes Konzept. Ich glaube, wir dürfen uns über das, was an dieser Stelle geleistet wird, freuen.
Noch eine Anmerkung zum Opferschutz: Vor Jahren wurde eine gesetzliche Regelung zur Einführung des Opferanwalts getroffen. Das war eine gute Sache. Es gibt aber ein paar Delikte, bei denen wir der Meinung waren, dass eigentlich auch sie erfasst werden sollten, z. B. schwere Körperverletzung, erpresserischer Menschenraub oder Geiselnahme. Trotz aller Trägheit, die man im Bundesjustizministerium gelegentlich vorfindet, bin ich dankbar, dass auch die Justizministerin des Bundes inzwischen erkannt hat, dass die Gesetzesinitiative aus Niedersachsen so schlecht nicht ist. Es wird wohl eine Reform des Opferrechtsreformgesetzes geben, in deren Rahmen dem Anliegen, im Interesse der Geschädigten mehr Opferanwälte zur Verfügung zu stellen, für die gesamte Bundespolitik Rechnung getragen wird. Das ist, wie ich glaube, nicht verkehrt.
Die Belegung der JVAs ist ein Thema, das angesprochen werden muss. Heutzutage ist die Belegungssituation in der Tat sehr entspannt. Ein Beispiel: Im geschlossenen Männervollzug lag die Belegung im Jahre 2002 bei 105 %, jetzt liegt sie bei 88 %. Die Beschäftigungsquote ist ebenfalls sehr wichtig, auch unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierung. Zu Ihrer Regierungszeit lag sie bei 50 %, jetzt liegt sie bei über 75 %. Wenn man die Älteren und die Erkrankten herausrechnet, besteht fast so etwas wie Vollbeschäftigung. Ich hoffe, dass das so bleibt, auch wenn sich die Konjunktur abschwächt. Das ist eine gute Sache. Dass wir darüber hinaus u. a. die Behandlungsangebote ausweiten, hat sich sicherlich auch herumgesprochen.
Das Funktionieren unserer JVAs hat auch mit der Sicherheit der Bevölkerung zu tun. Ich weise noch einmal darauf hin: In der letzten Legislaturperiode, in der die Sozialdemokraten regiert haben, fanden 34 Ausbrüche statt. In der vorangegangenen Regierungsperiode von CDU und FDP, also von 2003 bis Anfang 2008, gab es nur noch neun Ausbrüche, in diesem Jahr
lediglich einen. - Herr Kollege, ich bin vorsichtig. Man weiß nie, was kommt. - Insgesamt können wir aber sagen: Der Justizvollzug im Lande ist in den letzten Jahren deutlich sicherer geworden. Die Gründe dafür sind die verschiedenen Maßnahmen, die wir durchgeführt haben. Dazu gehört auch der Bau neuer JVAs. Ich denke, das ist in Ordnung. Absolute Sicherheit wird es nie geben; darin sind wir uns sicherlich einig.
Wir wollen uns nicht auf unseren Erfolgen ausruhen. Im Justizvollzug ist noch ein gewisser Handlungsbedarf vorhanden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, man kann auch als Minister mal eine JVA besuchen. Bei Kaffee und Kuchen wird dann in zwei Stunden erzählt, wie toll das alles ist. Man kann sich auch einmal längere Zeit dort hinbegeben, vielleicht sogar drei Tage. Dann erlebt man auch das Innenleben des Strafvollzuges, indem man beispielsweise auch Ge
spräche mit Gefangenen und Bediensteten führt. Dann gewinnt man ein paar Erkenntnisse, die man vielleicht schon vorher hatte, aber die dann auch inhaltlich gestützt werden können.
Ich möchte für den Justizvollzug einige Eckpunkte - das habe ich ja auch öffentlich gemacht - festhalten.
Nach dem Theater im Februar/März - Salinenmoor lässt grüßen - um die gemeinschaftliche Unterbringung wundert es mich, dass das kein Redner erwähnt hat. Trotzdem ist für mich klar - nicht nur wegen des entsprechenden Postulats im Justizvollzugsgesetz -: Ich will weg von der Unterbringung in Gemeinschaftshafträumen. Der Grundsatz der Einzelunterbringung soll gelten. In Ausnahmefällen muss aber auch eine Unterbringung von zwei Personen gemeinsam möglich sein.
Solche Ausnahmefälle sind Erkrankungen, Hilfsbedürftigkeit, Suizidgefahr. Ich glaube, mittlerweile gibt es darüber keinen Streit mehr.
Wir wollen vernünftige Haftraumgrößen. Es gibt einen - wenn auch vielleicht noch nicht rechtlich verbrieft - internationalen Standard von 8,5 m2 Fläche zuzüglich Sanitärbereich; das ist das Mindeste. Das ist kein Komfortknast, wie ich irgendwo gelesen habe. Wer solche Begriffe verwendet, der möge sich einmal das Innenleben einer JVA anschauen, dann wird er solche Begriffe nicht mehr verwenden.
Ich will Ihnen ganz deutlich sagen: Wenn ein Strafvollzug inhaltlich getragen ist, dann darf man auch Konzepte entwickeln, die ich einmal mit dem Begriff der Generalität überschreiben will. Jede Justizvollzugsanstalt, am besten mit schönen, modernen Gebäudlichkeiten, hat auch ein inhaltliches Angebot: U-Haft, geschlossener Vollzug, offener Vollzug bis hin zur Sozialtherapie mit all den Maßnahmen, die diskutiert werden. Ich meine, dass Niedersachsen mit unserem Grundansatz vernünftig aufgestellt ist. Dass wir den Jugendarrest insgesamt in einer eigenen, inzidenten Organisationsstruktur betreiben wollen, hat sich herumgesprochen. Die Zahl der Arrestplätze wird entsprechend den Notwendigkeiten erhöht.
„ÖPP“ ist ja Ihr neues Reizwort in Bezug auf Bremervörde. Nicht wegen der Haftplätze, Herr Kollege Adler, müssen wir die JVA Bremervörde realisieren, sondern um einen qualitativen Gewinn für unseren Strafvollzug im Lande zu erreichen. Ich nenne in diesem Zusammenhang wieder das Stichwort Zellengröße. Um auch im Bereich Bremervörde und Umgebung wohnortnahe Haftplätze anzubieten, ist es geboten, die JVA an diesem Standort zu errichten. Indem wir dort 300 neue Haftplätze schaffen, können wir an anderer Stelle Haftplätze abbauen, nämlich in kleinen Anstalten wie in Achim, Alfeld, Gifhorn, Holzminden, Königslutter, Osnabrück-Schinkelstraße, Peine, Stade, Verden.
Herr Minister, konzedieren Sie denn, dass die Wohnortnähe in Bremervörde erkauft wird durch Wohnortferne bei den Anstalten, die zugemacht werden?
Nein. Ich schicke Ihnen dazu unser Material. Ich glaube, Sie haben es nicht mehr geschafft, das durchzuarbeiten.
Wir haben dann eine sehr gute Landschaft an JVA-Standorten in Niedersachsen. Jeder wird bescheinigen, dass es in den letzten Jahren und Jahrzehnten im Gebiet Cuxhaven, Bremen, Hamburg keinen großen Standort gegeben hat, der das volle Paket mit auswärtigen Abteilungen angeboten hat.
Seien Sie einmal ehrlich: Wenn eine kleine JVA mehr Bedienstete als Insassen hat, dann muss man irgendwann auch unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten sagen: Das geht so nicht. - Wir schaffen einen qualitativen Sprung nach vorne. Das kann man, denke ich, auch so darstellen.