Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

gerne für den Kita-Bereich ausgeben. In dem Moment würden wir finanzpolitisch wieder auf der Rolle sein. Sie haben das aber verursacht.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt legen Sie einen Gesetzentwurf vor. Das eigentlich Interessante ist, wie Sie das Ganze finanzieren. Sie meinen mal eben, Sie könnten Ihre Forderungen mit 10 Millionen Euro ab 2009 und 30 Millionen Euro ab 2013 finanzieren; so steht es in Ihrem Gesetzentwurf. Ich weiß nicht, wer bei Ihnen gerechnet hat. Vom Kultusministerium haben Sie selbst noch eine Aufstellung gefordert, die man Ihnen inzwischen genauso wie uns hat zukommen lassen. Daraus ergibt sich deutlich, wie Sie sich wieder einmal finanzpolitisch völlig verrechnet haben.

(Beifall bei der CDU)

Man kann ja sagen: Woher das Geld nehmen und nicht stehlen? Ihr Gesetzentwurf würde in der letzten Konsequenz bedeuten, dass wir ab 2009 111 Millionen Euro in die Hand nehmen müssten. Ab 2013 kämen wir nicht mit Ihren billigen 30 Millionen Euro aus, sondern müssten wir 283 Millionen Euro in die Hand nehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es wäre ehrlich, wenn Sie sagen würden, wie Sie das finanzieren wollen. Das sagen Sie aber nicht. Sie sagen: Woher nehmen wir denn jetzt das Geld, wenn wir es nicht stehlen können? - Sie stehlen es. Das haben Sie in der Haushaltsberatung gestern sehr deutlich gemacht.

(Widerspruch bei der SPD - Wolfgang Jüttner [SPD]: Nun ist es aber gut! Wir stehlen das? - Gegenrufe von der CDU - Wolfgang Jüttner [SPD]: Nein, nein, wir stehlen nicht!)

Woher stehlen Sie es? - In Ihrem Haushaltsantrag ist es nachzulesen. Da sagen Sie, wir könnten auf das Brückenjahr verzichten, das könnten wir abschaffen. Das Brückenjahr, unser Erfolgsmodell, von dem alle begeistert sind! Dafür stellen wir 5 Millionen Euro zur Verfügung. Das Brückenjahr, die Verbindung von Kindergarten und Grundschule, ist doch auch immer Ihre Vision gewesen. Sie haben gesagt, Sie wollen die Kinder frühzeitig individuell fördern. Das schaffen Sie jetzt ab. Das ist eine bodenlose Unverschämtheit und geht völlig in die falsche Richtung!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das war, liebe Kolleginnen und Kollegen, der erste Vorschlag der SPD. Der zweite Vorschlag - wie das Ganze finanziert wird, kann man wieder im Gesetzentwurf nachlesen - läuft darauf hinaus, dass der Finanzbedarf durch weiter sinkende Kinderzahlen kompensiert werden soll. Meine Damen und Herren, das ist eine Milchmädchenrechnung, das sind Luftbuchungen, das ist eine Politik der Augenwischerei, die wirklich unglaublich ist.

(Beifall bei der CDU)

Vor diesem Hintergrund können wir nur sagen: Mit realer Politik hat das nichts zu tun.

Dies gilt auch für den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Grünen sagen: Der Solidaritätszuschlag wird ganz einfach genommen, den verfrühstücken wir jetzt. - Für den Solidaritätszuschlag ist übrigens bekanntlich der Bund zuständig. Das erinnert mich an die frühere Diskussion über den Jäger 90. Auch hier wird sehr deutlich, dass Sie nicht solide gegenfinanziert haben.

(Zustimmung von Karl-Heinz Klare [CDU])

Zum Abschluss möchte ich Ihnen sagen: Wir haben hier Enormes geleistet und werden das weiterhin leisten. Wir haben in diesem Zusammenhang das nifbe - das Niedersächsische Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung - umgesetzt und das beitragsfreie Kita-Jahr eingeführt. Letzteres kostet uns für 2009 - gestern hat der Finanzminister bei der Haushaltsberatung darauf hingewiesen - 99 Millionen Euro. Das ist gut investiertes Geld, dazu stehen wir.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben das Brückenjahr mit 20 Millionen Euro für vier Jahre umgesetzt. Wir haben 6 Millionen Euro zur Förderung der Sprachkompetenz und weitere 40 Millionen Euro für die Sprachförderung der Grundschullehrkräfte bereitgestellt.

Meine Damen und Herren, für uns ist Qualität ebenso wichtig für Quantität. Das haben wir in den vergangenen Jahren bewiesen, und das beweisen wir auch mit dem Haushaltsplan 2009. Damit ist wirklich gut!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Borngräber gemeldet. Sie wissen, Sie haben 90 Sekunden. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Das war aus meiner Sicht mal wieder ein typischer Übertreibungsbeitrag der Kollegin Vockert. Frau Kollegin Vockert, ich möchte einmal die Zahlen aus Ihrem Ministerium zitieren. Das wurde also von den Damen und Herren gerechnet, die Sie dort eingesetzt haben.

(Lachen von Karl-Heinz Klare [CDU])

Sie haben 11,36 Millionen Euro zur Finanzierung der dritten Kraft errechnet. Wir haben 19 Millionen Euro eingesetzt. Wer irrt denn nun an dieser Stelle?

Frau Kollegin Vockert, ich habe nun wiederholt zur Kenntnis nehmen müssen - ich schätze Sie als Präsidentin, aber nicht als Debattenrednerin -,

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

dass Sie Nachkriegsdebatten führen. Sie reden immer von 1990, von 2000 usw., aber Sie reden nicht von den sechs Jahren, die Sie Zeit hatten!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nun komme ich zum Schluss meiner Kurzintervention: Wenn Sie von dieser Stelle aus sagen, wir würden Geld stehlen, dann fordere ich von Ihnen hier und sofort eine Entschuldigung ein.

(Starker Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU - Gegenruf von Wolf- gang Jüttner [SPD]: Ja, stehlen gibt es hier nicht! Unerhört! - Unruhe)

Ich nehme an, meine Damen und Herren, dass die CDU-Fraktion hören möchte, was Frau Vockert als Erwiderung zu sagen hat. Deswegen bitte ich Sie um etwas mehr Ruhe.

Frau Vockert hat das Wort zur Erwiderung.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Borngräber, Sie haben es immer noch nicht kapiert: Für die dritte Kraft sind es 11,3 Millionen Euro. Für die Verfügungsstunden sind es 44 Millionen Euro. Für die Integration sind es 500 000 Euro und für 20 statt 25 Kinder in der Kita-Gruppe, wie Sie es haben wollen, 55,8 Millionen Euro. Das sind unter dem Strich 111 Millionen Euro, die Sie zusätzlich zur Verfügung stellen müssen.

Ihre Kurzintervention gibt mir Gelegenheit, noch einmal zu deutlich zu machen: Sie sagen, wir redeten immer nur von der Vergangenheit. Dazu möchte ich Ihnen entgegenhalten - auch das müssten Sie schon lange wissen; vielleicht brauchen Sie eine neue Brille -: Von 2008 bis 2013 beteiligt sich das Land - das ist eindeutig nach vorne gerichtet - mit unglaublichen 461,9 Millionen Euro an den Kindertagesstätten.

(Beifall bei der CDU)

Damit gibt das Land 35,7 % dazu. Damit haben wir unseren Drittelanteil erfüllt und kommen wir unserer Verantwortung nach. Insofern sind wir supergut, Herr Jüttner; daran gibt es überhaupt nichts zu deuteln.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Sie sollen sich für das „stehlen“ entschuldigen! - Gegenrufe von Heinz Rolfes [CDU] und Karl-Heinz Klare [CDU] - Wolf- gang Jüttner [SPD]: „Stehlen“ ist eine klare Aussage! Das läuft hier nicht! - Weitere Zurufe - Unruhe)

Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, hat sich Herr Borngräber zur Geschäftsordnung gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte hier erklären, dass ich kein Landesgeld gestohlen habe.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE] und Kres- zentia Flauger [LINKE] - Zurufe von der CDU - Gegenruf von Wolfgang Jüttner [SPD]: Wir können da wieder 48 hinschicken! Die haben alle nicht gestohlen! - Anhaltende Unruhe)

Meine Damen und Herren, sobald sich die Wogen wieder geglättet haben, werde ich die nächste Rednerin aufrufen. - Das Wort hat Frau Staudte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Vockert, ich muss wirklich mein Erstaunen über Ihre Wortwahl zum Ausdruck bringen. Ich glaube

fast, wenn Sie selbst als Präsidentin hier oben gesessen hätten, hätten Sie sich selbst einen Ordnungsruf dafür erteilt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich muss Ihnen aber in einem Punkt recht geben: Es ist richtig, wenn Sie sagen, in den letzten Jahrzehnten sei bei der frühkindlichen Bildung viel verpennt worden. Wir haben aber jetzt die Chance, die Qualitätsstandards zu verbessern. Dies sollten wir auch tun. Sie werfen der SPD vor, in ihrer Regierungszeit nicht gehandelt zu haben. In dieser Zeit haben Sie sich aber noch mit Händen und Füßen gegen Krippen gewehrt. Wenn die Regierungsfraktionen das, was in den letzten beiden Tagen hier in den Haushaltsdebatten zur frühkindlichen Bildung kundgetan wurde, wirklich ernst meinen würden, dann müssten sie dem Gesetzentwurf der SPD und dem Antrag der Grünen zustimmen.

Es kann allerdings auch sein, dass hier ein ganz anderes Verständnis von frühkindlicher Bildung vorherrscht. Wenn ich mir ins Gedächtnis rufe, dass Umweltminister Sander Spielkonsolen als Preise bei Umweltwettbewerben an vierjährige Kinder verschenkt, dann frage ich mich wirklich, was Sie unter frühkindlicher Bildung verstehen.

Noch einige Punkte zu unserem Antrag, den ich schon in der ersten Beratung ausführlich vorgestellt habe: Wir wollen wie die SPD die Personalschlüssel im Krippenbereich auf 1 : 5 absenken. Sie sind derzeit bei 1 : 7,5. Wir wollen auch den Betreuungsstandard bei den Dreijährigen und Älteren auf 1 : 10 von derzeit 1 : 12,5 absenken. Das sind die beiden Punkte, worin sich unsere Initiativen überschneiden.

Wir wollen darüber hinaus auch das Ausbildungsniveau von Erzieherinnen anheben - das muss schrittweise geschehen -; denn wir beklagen immer, dass der Erzieherinnenberuf äußerst unattraktiv ist, dass wir viel zu wenige Männer in diesem Bereich haben und dass es ein Teilzeitberuf ist, den viele Erzieherinnen bei erstbester Gelegenheit schnell wieder an den Nagel hängen, z. B. wenn sie selbst Kinder haben. Das können wir nur ändern, wenn wir diesen Beruf durch eine schrittweise Akademisierung aufwerten, wenn dann auch mehr für das gezahlt wird, was die Erzieherinnen und Erzieher in den Tagesstätten leisten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen, dass der Orientierungsplan, der 2005 eingeführt wurde, verbindlich wird. Wir wollen eine externe Evaluierung, eine Qualitätsagentur. Wir unterstützen selbstverständlich auch die Forderung der SPD, behinderte Kinder in den Krippenbereich zu integrieren. Dazu haben auch wir schon einen Antrag gestellt, über den derzeit debattiert wird.