Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

(Glocke des Präsidenten)

Ich finde es allerhand, dass der Landtag hier einen Tag der Menschen mit Behinderungen feiert, zelebriert, aber wenn es um das konkrete Handeln, um die konkrete Integration geht, passiert nichts auf Seiten der Regierungsfraktionen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir haben in den letzen Wochen Hilferufe aus der Praxis erhalten. Wir haben Petitionen vom Spatzennest erhalten, einer Einrichtung, deren Erzieherinnen heute hier anwesend sind, die sich in ihrer Freizeit hierher bemühen, weil ihnen das Thema so am Herzen liegt, weil sie wissen, dass sich unbedingt etwas ändern muss.

(Glocke des Präsidenten)

Das Bündnis für Familie, die Initiative „Besserer Bildungsrahmen“ und sogar - daran erinnere ich auch - Ihr eigener CDU-Parteitag im Juni dieses Jahres haben gesagt, dass wir die dritte Kraft in den Krippen brauchen. Das müssen Sie umsetzen, wenn Sie es wirklich ehrlich meinen mit der frühkindlichen Bildung.

Frau Kollegin, Sie müssen jetzt bitte zum Schluss kommen.

Ein Satz vielleicht noch zum nifbe. Wissen Sie, Frau Vockert, welcher Lehrstuhl beim nifbe nicht besetzt ist? - Das ist der für frühkindliche Bildung. Wenn Sie sich hier immer auf das nifbe berufen, dann berufen Sie sich auf real existierende Nichtigkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Drei Lehrstühle sind be- setzt!)

Meine Damen und Herren, nächste Rednerin ist Frau Reichwaldt von der Fraktion DIE LINKE. Bitte, Frau Reichwaldt!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Vockert, das war wirklich ein bemerkenswerter Vortag. Ich komme noch darauf zurück. Er hat mir weitergeholfen, ich habe jetzt doch, glaube ich, etwas erkannt:

(Zustimmung bei der CDU)

Bildung beginnt nicht erst mit der Schule, auch nicht mit der Vorschule oder der Kita, sondern bereits in den ersten Lebensjahren werden entscheidende Grundlagen für Lern- und Sozialkompetenz gelegt. Dieser Bildungsauftrag kann nur erfüllt werden, wenn Einrichtungen im Bereich der frühkindlichen Bildung höchste Qualitätsstandards erfüllen. Nun erfüllt in Niedersachsen ein Großteil der Einrichtungen diese Qualitätsstandards nicht. Betreuungsschlüssel von 1 : 7,5, also zwei Betreuerinnen für 15 Kinder unter drei Jahren, sind einfach nicht akzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Gesetzentwurf der SPD fordert bessere Betreuungsschlüssel - 1 : 5 - mehr Verfügungsstunden für Erzieherinnen und Erzieher, die Senkung der Gruppengröße in Kitas von 25 auf 20 und endlich auch eine Rechtsgrundlage für die integrative Erziehung von Kindern mit Behinderungen. Der Antrag der Grünen geht in die gleiche Richtung, sagt aber berechtigterweise noch dazu, dass die Qualifikation der Erzieherinnen und Erzieher erhöht werden muss. Im Detail würden wir sogar mehr für notwendig halten. Aber das geht eindeutig in die richtige Richtung. Wir werden zustimmen.

Ich habe in den letzten Diskussionen vonseiten der CDU und der FDP immer das Argument erlebt, das seien eben die gegenwärtigen Umstände, man könne aber durchaus mehr machen und bessere Betreuungsschlüssel sicherstellen; denn das seien jetzt Mindestvoraussetzungen. Das ist ein sehr merkwürdiges Argument, das kann ich so nicht akzeptieren.

Kolleginnen und Kollegen, ich stehe hier allmählich vor einem Problem. Auch wir haben von Anfang an in Gesprächen, durch Eingaben, Stellungnahmen von Verbänden, und Elterninitiativen immer wieder nur gehört, die Betreuungsschlüssel in den Kitas seien so nicht akzeptabel und müssten verbessert werden. Wir haben morgen noch eine Runde zu dem Thema Eingaben hier in diesem Landtag. Von der Seite der CDU und der FDP habe ich bis jetzt immer nur gehört: Alles prima! Wir verstehen gar nicht, warum Sie einen solchen Gesetzentwurf

einbringen, wir wissen gar nicht, was Sie wollen. Das ist das, was bei mir angekommen ist. Das gipfelte in einer sehr langen Auseinandersetzung darüber, ob man überhaupt eine Anhörung stattfinden lässt. Das alles fand ich schon höchst merkwürdig. Ich habe mich nun gefragt, was denn nun richtig ist. Die Auffassung der sehr geschätzten Kollegin Vockert, deren Kompetenz ich wirklich sehr schätze, die das auch sehr glaubhaft rüberbringt? Also habe ich mich gefragt: Was ist das denn? Eine kollektive Verleugnung der Zustände? Wer hat recht? - Nach Ihrem Beitrag habe ich es jetzt schon gemerkt: Sie wollen es nicht finanzieren, obwohl es notwendig ist. Das war jetzt eindeutig, und ich glaube, da liegt der Hase im Pfeffer.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE])

Wir werden diesem Gesetzentwurf und dem Antrag zustimmen, weil sie notwendig und richtig sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist Herr Försterling von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann ja verstehen, dass so langsam bei der SPD die Nerven blank liegen.

(Lachen bei der SPD)

- Lassen Sie mich das kurz erklären. Wir sind jetzt am dritten Tag der Haushaltsberatungen. Wie auch in den letzten fünf Jahren ist Ihnen bisher noch nicht einmal ein Sieg nach Punkten gelungen. Sie verlieren hier weiter. Sie machen weiterhin schlechte Oppositionsarbeit.

(Detlef Tanke [SPD]: Da waren Sie nicht hier!)

Das können Sie auch durch Ihre aufgesetzte Aufgeregtheit nicht vertuschen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Miriam Staudte [GRÜNE]: Und Ihre Gleichgültigkeit ist nicht aufgesetzt?)

- Nein, überhaupt nicht. Ich bin ganz gelassen, wenn ich hier vorne stehe. Darauf können Sie wetten. Das ist doch unglaublich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Reden wir doch einmal über den Gesetzentwurf. Es geht ja maßgeblich darum, dass man hier versuchen will, mögliche Probleme zu instrumentalisieren, die bei der Krippenbetreuung, bei der Betreuung der unter Dreijährigen möglicherweise vorhanden sind. Das wird ja durchs Land getrieben, auch von Ihnen unterstützt. Letztendlich muss man sagen: Wieder einmal ist die Landesregierung und sind die die Landesregierung tragenden Fraktionen einen Schritt weiter. Sie versuchen hier noch, uns mit Gesetzentwürfen und Anträgen zu folgen.

Wenn Sie sich einmal die Vereinbarung zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und dem Land Niedersachsen zum Krippenausbau ansehen und auch die Betriebskosten betrachten, dann stellen Sie fest, dass das Land Niedersachsen dort gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden den höheren Satz gewählt hat. Es waren ja mehrere Sätze in der Diskussion: 8 000 Euro oder 12 000 Euro Betriebskosten im Jahr. Man hat sich auf 12 000 Euro geeinigt. Die ersten Kommunen signalisieren bereits freudestrahlend, dass sie bei diesem Betriebskostensatz in der Lage sind, die dritte Kraft zu finanzieren, und diese Aufgabe auch gerne wahrnehmen. Sie freuen sich darauf. Sie freuen sich darüber, dass das Land ihnen hierbei entgegenkommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wieder einmal waren wir schneller. Sie hinken hinterher.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, erteile ich Frau Staudte das Wort zu einer Kurzintervention. Bitte, Frau Staudte!

Herr Präsident! Herr Försterling, ich stelle fest: Sie haben mit keinem Wort etwas zu den vorliegenden Initiativen gesagt. Mit keinem!

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Das Wort „Qualität“ ist in Ihrem Beitrag nicht gefallen. Ich finde das allerhand! Haben Sie die Initiativen überhaupt gelesen? Das würde ich wirklich gerne einmal wissen.

Sie haben hier über Betriebskosten geredet. Über Investitionskosten beispielsweise haben Sie nichts gesagt. Da steht das Land in der Pflicht, aber zahlt den Kommunen nichts. Den Kommunen ist in die

sem Jahr kein einziger Cent für den Ausbau der Krippenplätze überwiesen worden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Aber Sie stellen sich hier hin und wollen sich sogar noch mit irgendetwas brüsten. Ich finde das unglaublich!

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: Das ist ja gar nicht wahr!)

Herr Försterling möchte erwidern. Bitte!

Frau Staudte, ich habe mich gestern sehr ausführlich zu den Leistungen der Regierungsfraktionen und der Landesregierung im Bereich der frühkindlichen Bildung geäußert. Sie können das gerne nachlesen. Wenn Sie das nachgelesen haben, nehmen Sie das vielleicht irgendwann auch einmal zur Kenntnis.

Jetzt zu Ihrer bloßen Unterstellung, im Bereich der Investitionskosten werde kein Geld ausgezahlt. Wir haben erst gestern mit dem Präsidenten der Landesschulbehörde gesprochen. Er hat mir bestätigt, dass alle vorliegenden Anträge vonseiten der Landesschulbehörde bearbeitet sind.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist nicht die Frage, um die es geht!)

Frau Staudte, Sie erzählen Märchen im Land. Das, was Sie zur frühkindlichen Bildung gesagt haben, ist wirklich unanständig.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Das darf man nicht zulassen. Akzeptieren Sie doch einmal, dass wir mit den kommunalen Spitzenverbänden eine Einigung erzielt haben, die dieses Land wirklich voranbringt!