Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen zunächst über Nr. 1 der Beschlussempfehlung ab. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD in der Drs. 16/497 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Nr. 2 der Beschlussempfehlung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/507 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch er ist abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, erteile ich dem Kollegen Jüttner das Wort, der sich zu einer Persönlichen Bemerkung nach § 76 unserer Geschäftsordnung gemeldet hat. Er kennt die Geschäftsordnung, zum Verfahren muss ich keinen weiteren Hinweis geben. Bitte, Herr Jüttner!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Wortbeitrag der Frau Vizepräsidentin Vockert veranlasst mich zu einer Persönlichen Bemerkung. Frau Vockert, Sie haben hier geschildert, dass Sie in den nächsten Jahren 400 Millionen Euro zusätzlich in den Bereich der frühkindlichen Bildung investieren. Sie haben erklärt, dass sei eine grandiose Geschichte. Zu dem Hinweis, wir würden in diesem Bereich über 100 Millionen Euro umschichten bzw. neu ausgeben, haben Sie erklärt, wir

würden stehlen. Diese Bemerkung des Stehlens ist von Ihnen nicht zurückgenommen worden, obwohl wir Sie dazu aufgefordert haben, und vom Präsidenten auch nicht gerügt worden. Ich stelle deshalb für meine Fraktion fest: Wir stehlen nicht, auch nicht im Bereich frühkindliche Bildung, sondern wir setzen andere Akzente als Sie. Das muss politisch wohl erlaubt sein. Ich weise diese Bemerkung mit Entschiedenheit zurück.

(Starker Beifall bei der SPD und Zu- stimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, jetzt hat sich Frau Vockert ebenfalls zu einer Persönlichen Bemerkung nach § 76 unserer Geschäftsordnung gemeldet. Frau Vockert, auch Sie kennen die Kautelen der Geschäftsordnung genau. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe sinnbildlich gesagt - das habe ich eingangs auch vorangestellt -: Woher nehmen und nicht stehlen?

(Zurufe von der SPD: Nein! - Gegen- ruf von Editha Lorberg [CDU]: Doch! Das hat sie gesagt! Zuhören!)

- Wir werden das im Protokoll nachlesen können.

Woher nehmen und nicht stehlen? - Ich glaube, dieser Spruch ist bekannt. Ich habe weiter provoziert und gesagt, dass Ihre Fraktion das Geld stiehlt. - Ich nehme das zurück und formuliere es um: Sie werden dadurch, dass Sie dieses Geld zum Teil durch die Abschaffung des Brückenjahres wegnehmen - da nehmen Sie das Geld weg -, einen Teil finanzieren - nämlich 5 Millionen Euro der nach meinem Dafürhalten erforderlichen 111 Millionen Euro. Das heißt - ich korrigiere mich -: Sie nehmen das Geld weg.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Unruhe - Glocke des Präsiden- ten)

Meine Damen und Herren, Sie wissen, wie sehr wir dem Zeitplan hinterherhinken. Deswegen habe ich nicht viel Verständnis dafür, dass Sie die Debatte so lange aufhalten, indem Sie mit Ihren Nachbarn reden oder sonstige Gespräche führen. Ich wäre

dankbar, wenn Sie den Saal verlassen, wenn Sie der Debatte nicht folgen wollen.

Nun setzen wir die Tagesordnung fort.

Ich rufe erneut den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Fortsetzung zweite Beratung Haushalt 2009 - Debatte über ausgewählte Haushaltsschwerpunkte (einschl. einzubringender Änderungsanträge) unter Einbeziehung der betroffenen Ressortminister (Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien - Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Umwelt und Klimaschutz)

Die Redezeiten der Fraktionen zu diesem Beratungsblock entnehmen Sie bitte wieder der Ihnen vorliegenden Redezeitentabelle. Der Ältestenrat ist davon ausgegangen, dass die Landesregierung bei diesen Themenbereichen eine Redezeit von insgesamt 30 Minuten nicht überschreitet. Es wäre schön, wenn sich die Damen und Herren Kabinettsmitglieder davor verabredeten, welchen Anteil jeder erhält.

Ich bitte Sie wiederum, sich schriftlich zu Wort zu melden und dabei anzugeben, zu welchem Bereich Sie sprechen möchten.

Ich eröffne die Debatte zunächst zu dem Themengebiet

Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien

Als Erster hat sich Herr Tanke von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Tanke!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Europäische Union, Europa, das Zusammenwachsen von zurzeit 27 Staaten - das ist ein faszinierendes Projekt, das aller Unterstützung und Förderung bedarf. Aber leider merkt man in Niedersachsen nichts davon - nicht einmal ein halbes Jahr vor der Europawahl.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN)

Der Haushalt der Staatskanzlei ist enttäuschend. Er wiederholt die Ideenlosigkeit von CDU und FDP aus den Vorjahren. Dass das Jahr 2009 in der EU

das Jahr der Innovation ist, ist völlig an der Landesregierung vorbeigegangen und schlägt sich in ihrem Haushalt überhaupt nicht nieder.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Europa, meine Damen und Herren, wird nur gelingen, wenn wir es erreichen, eine soziale Europäische Union zu schaffen. Aber Sie verweigern mit Ihrer neoliberalen Ideologie den leistungsbereiten und leistungswilligen Menschen einen gerechten Lohn für ihre harte Arbeit.

(Beifall bei der SPD)

Gestern hatten wir eine Diskussion über das Landesvergabegesetz, in der das wieder deutlich geworden ist. Sie setzen sich zu wenig für gleichen Lohn für gleiche Arbeit - z. B. durch die Begrenzung von Leiharbeit - ein. Ihre Haltung zum Mindestlohn ist unerträglich. Sie sollten sich mit der SPD in Europa dafür einsetzen, dass beispielsweise der Mindestlohn 60 % des nationalen Durchschnittlohns beträgt. Ich finde, es ist erbärmlich für eine Partei, die vorgibt, christlich zu sein, dass sie Menschen acht Stunden lang für vier oder fünf Euro pro Stunde hart arbeiten lässt. Das ist erbärmlich für eine solche Partei.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Heinz Rolfes [CDU]: Ist ja un- glaublich!)

Solche Zustände fallen nicht vom Himmel, sondern haben in der Politik ihre Ursachen. In den 27 Staaten Europas sind leider 19 Regierungen konservativ. Und konservative Regierungen neigen dazu, konservative Kommissare nach Brüssel zu schicken.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Weil sie gut sind! - Heinz Rolfes [CDU]: Es wäre besser, wenn es nur noch euch gäbe!)

Diese konservativen Kommissare, diese konservative Mehrheit in Europa - Herr Rolfes, das sollten Sie einfach einmal aufnehmen, damit Sie das verstehen -, zementieren die Freiheit des Marktes. Sie bedienen so die grenzenlose Gier des Kapitals. Insofern sind Sie mitverantwortlich für die große Krise, die es zurzeit in der Finanzwelt gibt.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Zuruf von Reinhold Hilbers [CDU] - Weitere Zurufe von der CDU)

- Nicht so aufgeregt, Herr Hilbers, ich komme noch dazu, wer von uns dort ist. Ein bisschen mehr Ruhe, dann bekommen Sie es mit. Passen Sie auf!

Nach der Finanzkrise aber, meine Damen und Herren, müssen wir feststellen, dass in Europa plötzlich der Sozialdemokratismus ausgebrochen ist. Herr Sarkozy hört sich jetzt an wie Karl Marx im Exil.

(Zustimmung bei der SPD)

Die ehemaligen Förderer des freien Marktes und des uneingeschränkten Turbokapitalismus, die Brandstifter von gestern, mimen heute die Feuerwehr. Das lassen wir ihnen nicht durchgehen.

(Beifall bei der SPD)

Trotzdem begrüßen wir es ausdrücklich, dass selbst die konservative neoliberale Mehrheit in der Kommission unter Herrn Barroso heute dazu übergegangen ist, ein 200 Milliarden Euro schweres Programm zur Stabilisierung der EU-Wirtschaft und zur Sicherung von Arbeitsplätzen aufzulegen.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Sie haben immer noch nicht verstanden, dass das kein Schimpfwort ist! - Heinz Rolfes [CDU]: Was habt ihr bloß für Spitzenkräfte! - Gegenruf von der SPD: Nur kein Neid!)

Wir glauben aber, dass Sie in Wahrheit Ihre Meinung nicht geändert haben. Sie passen sich dem Zeitgeist an. Aber das Verhalten auf Parteitagen demaskiert ja auch ein bisschen. Sie wollen mit Ihrer Bundeskanzlerin Stimmen fangen. Dafür habe ich Verständnis.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Mit un- serer Bundeskanzlerin - Ulf Thiele [CDU]: Mit unser aller Bundeskanzle- rin!)

- Mit Ihrer Bundeskanzlerin wollen Sie Stimmen fangen.

(Ministerpräsident Christian Wulff: Sie haben sie gewählt!)

- Ich übrigens nicht. Ich nicht. Sie wissen auch, dass ich sie nicht gewählt habe. Aber Sie können sich ja gleich zu Wort melden, dann können wir uns unterhalten.

Aber Ihr frenetischer Beifall auf dem Bundesparteitag galt Herrn Merz, der gerade ein Buch herausgebracht hat mit dem Titel „Mehr Kapitalismus

wagen.“ - Da spendieren Sie frenetischen Beifall. Das ist der Widerspruch.