Protokoll der Sitzung vom 15.01.2009

Zweitens zum Bereich Qualifikation, Aus- und Fortbildung: In den Gebieten Rettungsdienst, Brandbekämpfung, technische Hilfeleistungen, vorbeugender Brand- und Umweltschutz sowie Katastrophenschutz sind alltäglich Einsatz- und Füh

rungskräfte tätig, die ihr Können unter Beweis stellen. Die immer komplexer werdenden Aufgabenfelder erfordern Fachkompetenz und insbesondere soziale Kompetenz der Mitarbeiter. Die Personalauswahl, die Personalentwicklung sowie die Aus- und Fortbildung in feuerwehrtechnischen Dienststellen stellen dieses Anforderungsprofil sicher.

Drittens zum Bereich Ausstattung: Die Ausstattung der niedersächsischen Feuerwehren entspricht den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Die Gemeinden sind verpflichtet, die für die Brandbekämpfung und technische Hilfeleistung erforderlichen Anlagen, Mittel und Geräte vorzuhalten. Die Leistungsfähigkeit der Feuerwehren muss sich den veränderten Aufgabenstellungen anpassen. Änderungen z. B. in der Siedlungsstruktur oder neue oder veränderte Gefahrenschwerpunkte, wie z. B. Tunnelanlagen, gilt es zu berücksichtigen. Hieraus resultiert insbesondere die Notwendigkeit zur regelmäßigen Anpassung der Ausrüstung an den aktuellen Stand von Wissenschaft und Forschung. Ich bin froh, dass wir spätestens im Jahr 2011 den Digitalfunk flächendeckend anbieten können.

(Zustimmung von Reinhold Coenen [CDU])

Das wird auch für die Feuerwehren bessere Möglichkeiten der Kommunikation bieten. Ich freue mich, dass wir mit den kommunalen Spitzenverbänden in der Endabstimmung dazu sind, wie Nutzung und Finanzierung sichergestellt werden können.

Viertens zu Veränderungen und Herausforderungen für die Zukunft: Angesichts der zeitlichen Reichweite und der komplexen Wirkungszusammenhänge sind Prognosen über die Auswirkungen des demografischen Wandels zwar mit Unwägbarkeiten behaftet, dennoch können Tendenzaussagen getroffen werden. Die demografischen Rahmenbedingungen für die Zukunft hat die Enquetekommission mit den vier Schlagworten „weniger, grauer, vereinzelter und bunter“ zusammenfassend charakterisiert.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Und är- mer!)

Übertragen auf den Bereich der niedersächsischen Feuerwehren, bedeutet dies mit Blick auf die Mitglieder- bzw. Bewerberzahlen im Einzelnen: Weniger Kinder, Jugendliche und junge Menschen werden für die hauptberufliche und/oder ehrenamtliche Tätigkeit zur Verfügung stehen. Das Durchschnittsalter der Angehörigen der Feuerwehren

wird steigen. Die Gemeinschaft insbesondere der freiwilligen Feuerwehren mit ihrem bürgerschaftlichen Engagement wird an Bedeutung gewinnen. Mit der Internationalisierung der Bevölkerung und der Integration der Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund und relativ junger Altersstruktur wird die Personalstruktur der Feuerwehren vielfältiger.

Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund der neuen Herausforderungen insbesondere durch den demografischen Wandel gilt es, das niedersächsische Brandschutzsystem zu erhalten, weiterzuentwickeln und auszubauen. Aus dieser Grundüberzeugung heraus habe ich ein Projekt mit dem Arbeitstitel „Sicherstellung des Brandschutzes unter besonderer Berücksichtigung des demografischen Wandels in Niedersachsen“ eingerichtet. Mit der Leitung des Projektes ist der Landesbranddirektor beauftragt worden.

Lassen Sie mich an dieser Stelle einen kleinen Einschub machen: Ich glaube, es ist sehr sinnvoll, dass wir im Ministerium eine Struktur gefunden haben, die genau das abbildet, was sich in der Fläche mit den Polizeidirektionen in der Praxis schon bewährt hat. Ich bin sehr dankbar, dass wir einen Landesbranddirektor gefunden haben, der sich schon in kurzer Zeit im ganzen Land großer Wertschätzung erfreut und sich um das Land verdient gemacht hat. Dem Landesbranddirektor herzlichen Dank für die Arbeit, die er leistet!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung bei der SPD - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Da stimmen wir ausdrücklich zu!)

Unter seiner Leitung und unter breiter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände, des Landesfeuerwehrverbands und der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in Niedersachsen, der Polizeidirektionen, der Ministerien und weiterer Beteiligten, wie z. B. den Wirtschaftsverbänden, sollen neue Maßnahmen für ein Gesamtkonzept zur Sicherung des Brandschutzes in Niedersachsen erarbeitet werden. Inhaltlich werden die Schwerpunkte auf die Förderung des Ehrenamtes, die Nachwuchsgewinnung, die verstärkte Gewinnung von Mädchen und Frauen sowie die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund gesetzt. Dieses Projekt erfordert zunächst eine umfangreiche Bestandsaufnahme und eine detaillierte Datenerhebung, um auf der Basis von nachhaltigen und belastbaren Daten Sicherheit bei der Entscheidungsfindung zu geben.

Insgesamt liefern die Antworten auf die Große Anfrage einen ersten guten und umfassenden Überblick über die Istsituation der niedersächsischen Feuerwehren. Das hier aufbereitete Datenmaterial bildet eine sehr hilfreiche Grundlage, auf die die zukünftige Arbeit aufbauen kann. Wir werden weitere Datenerhebungen vornehmen. Natürlich stehen noch keine Ergebnisse zur Verfügung. Ich meine, wir stehen vor einer Gemeinschaftsaufgabe, und ich bin sicher, dass das dazu führen wird, dass wir die richtigen Schlüsse ziehen, um das Feuerwehrwesen in Niedersachsen für die Zukunft zu sichern. Daran habe ich überhaupt keinen Zweifel.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte hier noch einige konkrete Ansätze aufgreifen.

Herr Biallas hat schon darauf hingewiesen, dass die Feuerschutzsteuer ein sehr wichtiger Finanzierungsfaktor ist. Wir fördern den Brandschutz, indem die Mittel aus der Feuerschutzsteuer zweckgebunden Land und Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Pro Jahr geht es um Summen von über 30 Millionen Euro. 75 % dieses Betrages erhalten die Kommunen, 25 % verbleiben dem Land. Die Verteilung des 75-prozentigen kommunalen Anteils erfolgt aufgeschlüsselt nach Einwohnerzahl, Anzahl der Ortsfeuerwehren und Fläche. Besondere Risiken und Gefahrenschwerpunkte oder Zweckbindungen finden in diesem Schlüssel keine Berücksichtigung. Niedersachsen zählt damit zu den Bundesländern mit den höchsten kommunalen Anteilen an den Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer. Diese gilt es in Zukunft zu erhalten.

Überlegungen im Rahmen der Föderalismusreform II, zu einem anderen Verteilsystem zu gelangen, trete ich nachhaltig entgegen. Auf Initiative Niedersachsens haben sich die Innenminister von Bund und Ländern eindeutig gegen einen solchen Weg ausgesprochen. Es gilt, die Feuerschutzsteuer zur zweckgebundenen Finanzierung der Aufgabe des Brandschutzes zu erhalten. Lassen Sie uns dafür gemeinsam kämpfen! Das ist ein wichtiger Finanzierungsfaktor - gerade für die kommunale Ebene.

Meine Damen und Herren, die Mindeststärkeverordnung gibt den Gemeinden bereits jetzt eine einfache, katalogisierte Hilfestellung bei der Bemessung ihrer Feuerwehr. Diesen Grundsatz wird auch eine künftige Feuerwehrorganisationsverordnung aufgreifen. Insbesondere wird sie den Gemeinden innerhalb der dreistufigen Struktur einen

breiteren Handlungsspielraum einräumen, um die örtlichen Belange zu berücksichtigen. Die Flexibilität wird in den Bereichen Personal, Fahrzeugspektrum und Struktur wesentlich erweitert. Neben der Erweiterung des Handlungsspielraums soll in der künftigen Feuerwehrorganisationsverordnung ein zweiter Weg eröffnet werden: Gemeinden können eine Befreiung von den Vorgaben des dreistufigen Aufbaus der Mindeststärke und der Mindestausrüstung erhalten, wenn z. B. durch einen Brandschutzbedarfsplan die Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft nachgewiesen werden. Dies ermöglicht einer Gemeinde, ihre Feuerwehr mit dem höchsten Grad an Flexibilität risikogerecht und bedarfsorientiert auszurüsten und zu strukturieren. Das heißt auch Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Wir müssen flexibel sein - das ist wichtig -, und das wollen wir hiermit erreichen.

Die Landesregierung plant, die Landesfeuerwehrschulen neu zu organisieren und zu strukturieren. Ziel ist es, zu verschlanken, um zu optimieren: eine Leitung, eine Verwaltung und zwei Standorte, die dezentral Aus- und Fortbildungsaufgaben erfüllen. An den Standorten Loy und Celle werden wir festhalten.

Für den Standort Loy sehen die Planungen die Erweiterung auf drei parallel laufende Lehrgänge mit ständig 80 Lehrgangsteilnehmern vor. Das Lehrsaalgebäude wird unter Berücksichtigung der vorhandenen Bausubstanz erneuert und erweitert. Ein Übungshaus wird errichtet. Der erste Spatenstich wird am Montag vollzogen. Insgesamt werden mit diesen ersten Maßnahmen rund 3,5 Millionen Euro aus Landesmitteln in die Aus- und Fortbildung investiert und der Standort Loy damit zukunftsfähig gestaltet.

(Zustimmung von David McAllister [CDU])

Die weiteren Planungen beinhalten die Sanierung des Bettenhauses und den Neubau einer Übungshalle. Um den heutigen Anforderungen an den Internatsbetrieb in der Erwachsenenbildung gerecht zu werden, sind darüber hinaus der Neubau eines Bettenhauses sowie die Sanierung des Servicebereiches erforderlich.

Für den Standort Celle wird zurzeit eine Projektskizze für ein modernes Ausbildungs- und Trainingszentrum erstellt. Dieses Zentrum soll umfassende und notwendige Möglichkeiten schaffen, um neben der rein schulischen Ausbildung den kommunalen Feuerwehren umfassende praktische

Trainingsmöglichkeiten unter ganzheitlichen Ansätzen zu bieten.

Meine Damen und Herren, in diesem Jahr wird als Ersatz für die veralteten Feuerwachtürme ein modernes automatisiertes kameragestütztes Waldbrandüberwachungssystem eingeführt. Die Waldbrandzentrale wird sich in der kooperativen Leitstelle Lüneburg befinden. 16 Einheiten mit hochauflösenden Digitalkameras auf hohen Trägerkonstruktionen werden die Region der Zentralheide und des ostniedersächsischen Tieflandes überwachen.

Aus einem Forschungsprojekt der 90er-Jahre hat sich ein leistungsfähiges, effektives und wirtschaftliches Waldbrandvorsorgesystem entwickelt. Die finanziellen, ergonomischen und technischen Vorteile der neuen Technik sind wirklich überzeugend. Neben dem Bundesland Brandenburg haben in der Zwischenzeit auch die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen ihre Systeme erfolgreich auf die automatisierte kameragestützte Waldbrandüberwachung umgestellt.

Darüber hinaus stehen den Feuerwehren in Niedersachsen zwei mit Mitteln des Landes geförderte Flugzeuge für den Feuerwehrflugdienst des Landesfeuerwehrverbandes Niedersachsen zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, bei Betrachtung der Antwort auf die Große Anfrage werden Sie feststellen, dass wir mit Stolz auf ein funktionierendes umfassendes Brandschutzsystem blicken können, das gekennzeichnet ist durch engagierte, motivierte und belastbare Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehren, einen bewährten, dreistufigen Aufbau, in dem die Ressourcen flexibel und ergebnisorientiert eingesetzt werden können, klare Verantwortlichkeiten, eindeutige Zuständigkeiten und Innovationspotenzial für die Zukunft.

(Beifall bei der CDU)

Es ist nochmals besonders herauszustellen, dass die Angehörigen der Feuerwehren in Niedersachsen - der freiwilligen Feuerwehren, der Berufsfeuerwehren sowie der Werksfeuerwehren - unter schwierigen, oft sogar lebensbedrohlichen Bedingungen hervorragende Arbeit für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger leisten. Dies geschieht immer aus innerster Überzeugung heraus. Hierfür gilt allen unsere größte Wertschätzung. Unsere niedersächsischen Feuerwehren sind zukunftsfähig aufgestellt. Mit ihnen werden wir den

aktuellen wie den neuen Herausforderungen erfolgreich begegnen.

Meine Damen und Herren, mein Dank gilt abschließend wirklich allen, die im Feuerwehrwesen tätig sind: den Hauptamtlichen, insbesondere natürlich auch den Freiwilligen, den Ehrenamtlichen. Dank sagen möchte ich aber auch den Bürgermeistern, den Landräten und den kommunalen Mandatsträgern; denn für die allermeisten ist das Feuerwehrwesen eine Herzensangelegenheit. Dieses bürgerschaftliche Engagement zu unterstützen ist wichtig und - das kann ich auch für die Landesregierung sagen - eine Herzensangelegenheit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Humke-Focks, Sie dürfen das Getränk jederzeit draußen einnehmen. Hier ist es nicht gestattet.

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Wo steht das denn? - Gegenruf von Karl- Heinz Klare [CDU]: Keine Gewalt! - Ralf Briese [GRÜNE]: Auch keine verbale!)

- Verhalten Sie sich doch bitte so wie alle anderen auch. Lassen Sie die Getränke draußen.

Nächster Redner ist Herr Bachmann. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es besteht kein Zweifel daran, dass es mehr als angemessen ist, wohl erstmals im Niedersächsischen Landtag eine so ausführliche Debatte über die Situation unserer Feuerwehren zu führen.

(David McAllister [CDU]: Dank uns!)

- Auch dank uns, weil unser Entschließungsantrag, Herr Kollege McAllister, im Sommer nur aus Zeitgründen direkt überwiesen worden ist. Sonst hätten wir die Debatte schon im letzten Sommer gehabt.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Kreszentia Flauger [LINKE])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will die Selbstverständlichkeit, die auch für mich eine Herzensangelegenheit ist, an den Anfang stellen und der größten Bürgerinitiative dieses Landes und allen, die dazugehören, für den tagtäglichen

Dienst und die tagtägliche Einsatzbereitschaft den aufrichtigsten Dank unserer Fraktion aussprechen.

(Beifall)

Herr Kollege Biallas, Sie haben auf einen Zwischenruf von Dr. Sohn - es ist ja nicht meine Aufgabe, ihn zu verteidigen; aber jetzt will ich das doch einmal machen - gesagt: Kümmern Sie sich erstmal um die Feuerwehren, und die Autos - das verspreche ich Ihnen - bleiben rot. - Auf diesen dummen Spruch gehe ich gleich noch ein. Zuerst noch etwas zu Herrn Dr. Sohn. Wissen Sie, Herr Biallas, was mich mit Herrn Dr. Sohn mehr verbindet als mit Ihnen?

(David McAllister [CDU]: Viele Inhalte!)

Wir beide kennen aktiven Dienst in der freiwilligen Feuerwehr!

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)