Deshalb haben Sie diesen Antrag unter der Überschrift „Regierungskommission Klimaschutz“ eingebracht, obwohl er inhaltlich eigentlich mit der Arbeit dieser Kommission nicht wirklich viel zu tun hat. Dieser Antrag ist ein, wie ich finde, merkwürdiger Zwitter. Auf der einen Seite nennen Sie detailliert Ziele der Arbeit, die akzeptabel sind und gegen die inhaltlich schon deshalb niemand etwas haben kann, weil sie längst Standard oder völlig selbstverständlich sind. Auf der anderen Seite sind darin Formulierungen enthalten, die nur als Allgemeinplatz bezeichnet werden können und die - was ich noch viel schlimmer finde - implizit ideologischen Charakter haben. Der Kernsatz Ihres Antrages lautet: Der Landtag bittet die Landesregierung, „im Rahmen der Arbeit der Regierungskommission zu prüfen, ob nachfolgend aufgezählte Maßnahmen zugunsten des Klimaschutzes in den Bereichen ‚Gebäude’, ‚Energiewirtschaft’ und ‚Verkehr’ für Niedersachsen initiiert werden können“. Die Landesregierung soll also prüfen, ob etwas initiiert werden kann. Wenn Sie sich die Punkte angucken, stellen Sie fest: Das alles gibt es schon lange. Da ist eigentlich nichts zu prüfen. Die sollten nicht prüfen, sondern endlich etwas umsetzen.
Nicht „ob“, sondern „wie“ muss es heißen. Eigentlich hätte ich gedacht, dass Sie das schon längst machen; denn so neu ist die Erkenntnis nicht, dass weniger Energieverbrauch die Umwelt schont und für den Verbraucher billiger ist.
Ich möchte ein Beispiel nennen: Vor ungefähr zehn Jahren hatten wir an meiner alten Schule einen Hausmeister, der sehr clever war. Er hat ein Computerprogramm installiert, mit dem er den Energieverbrauch in diesem Gebäudekomplex, zu dem auch die Turnhalle gehörte, genau messen konnte. Er wusste ganz genau, ob die Putzfrauen morgens um 6 Uhr die Turnhalle sauber gemacht hatten oder nicht. Woher wusste er das? - Weil die nämlich morgens um 6 Uhr Licht brauchten. Diesen Licht- bzw. Stromverbrauch konnte er messen. Das war eine energieoptimierte Anlage. Er konnte nämlich sagen „Ihr müsst dort nicht die ganze Nacht das Licht brennen lassen, nur weil ihr morgens eine halbe Stunde darin seid“. Die Gemeinde heißt Uetze. Der Bürgermeister war damals unser
Kollege Michael Stolze. Das Einzige, was die brauchten, war die Anfangsinvestition. Es kostet natürlich Geld, eine solche Anlage zu installieren. Wenn Sie das für Ihre Landesliegenschaften machen wollen, dann nehmen Sie doch ein bisschen Geld in die Hand und organisieren das vor Ort!
Ich habe eben von Ideologie gesprochen. Der Antrag enthält, obwohl er das Wort nicht gebraucht, natürlich auch Ihr Ziel, weiter Atomenergie einzusetzen. Anders kann man den Satz „Eine zukunftsgerichtete Energie-, Wirtschafts- und Umweltpolitik muss alle technisch machbaren … Optionen analysieren“ nicht verstehen. Er impliziert Atomenergie. Das finden Sie klasse. Sie von der CDU wollen zwar keine neuen Kernkraftwerke bauen, aber wollen die alten laufen lassen. Das liegt auch auf der Linie von Minister Sander, der vor wenigen Tagen in Göttingen vor einem Forum von ehemaligen Doktoranden eine Rede gehalten und dabei ein Loblied auf den Einsatz von Atomenergie gesungen hat. Er hat das mit der Importabhängigkeit bei fossilen Energieträgern von politisch instabilen Ländern begründet. Herr Sander, woher kommt eigentlich Uran?
- Ja, ja, nur Australien. Das ist klasse. Das ist doch auch Import, oder nicht? Oder haben wir da andere Verträge?
In der schönen bunten Broschüre „Mit Energie für Klimaschutz“, die Sie herausgegeben haben, behaupten Sie: „Übrigens leisten auch die drei niedersächsischen Kernkraftwerke einen Beitrag zum Klimaschutz, indem sie nahezu CO2-frei Strom produzieren.“
- Ja, das ist klasse. - Der famose Herr Pofalla hat das noch auf die Spitze getrieben, indem er gesagt hat, Atomstrom sei Ökostrom. Ich finde das lächerlich. Für eine solche Ansage muss man sich als Fachpolitiker eigentlich schämen.
Der Bezug zu diesem Antrag ist: Wenn Sie diesen Satz nicht herausnehmen, dann brauchen wir auch nicht über die Verabschiedung zu reden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das zentrale Problem dieser Landesregierung liegt meines Erachtens darin, dass Sie immer nur Probleme beschreiben. Sie entwickeln keinen eigenen Ansatz zur Lösung. Sie verweisen auf andere und benutzen das Geld von anderen, um irgendetwas umzusetzen. Sie haben sich, was diese Energiekonzepte anbetrifft, total verzettelt. Mein Eindruck ist, dass Sie überhaupt nicht mehr wissen, wer bei Ihnen in Niedersachsen im Bereich Umwelt- und Klimaschutz zuständig ist. „Und wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann gründe ich einen Arbeitskreis.“ Sie nennen das „Regierungskommission ‚Klimaschutz’“.
Sie haben vor wenigen Jahren das EnergieForschungszentrum Niedersachsen in Goslar gegründet. Wenn man sich anguckt, was die alles machen können und wollen, dann frage ich mich: Weshalb geben Sie den Goslarern nicht den Auftrag, das zu machen, was Sie jetzt mit Ihrer komischen Kommission erreichen wollen?
Sie haben mit dem letzten Antrag im letzten Jahr, der hier noch nicht beraten worden ist, sondern in den Ausschuss kommt, die Dienstleistungsgesellschaft der niedersächsischen Wirtschaft unterstützt. Ich finde es gut, wenn die Wirtschaft ein solches Konzept hat und das umsetzt. Sie müssten sich nur einigen. Herr Sander sagt, dies kostet das Land 360 000 Euro. Herr Wulff hat gesagt, es sind 250 000 Euro. Das kann man ja klären. Sie fördern an dieser Stelle ein privates Unternehmen, um Beratung für Wirtschaftsbetriebe zu leisten. Wenn Sie bei anderen Sachen auch so großzügig wären, würden wir das begrüßen.
Daneben gibt es die Landwirtschaftskammer, die auch fördert. Sie haben das Kompetenzzentrum 3N, Sie haben die Landesinitiative Energieeffizienz, Sie haben die IHKs, Sie haben BEN. Sie haben also eine Fülle von Einrichtungen, die sich längst auf diesem Markt tummeln. Ihre Aufgabe wäre es, dies zu bündeln und zu organisieren, dass etwas konkret und zielgerichtet vonseiten der Landesregierung passiert. Sie wuseln nur durch die Lande.
„Das Energie-Forschungszentrum Niedersachsen bündelt als wissenschaftliche Einrichtung der TU Clausthal am Standort Goslar eine breite Forschungskompetenz entlang der ‚Energie-Kette’ … Hiervon profitieren die niedersächsischen Unternehmen, da sie an einer Stelle gebündelt die gesamte energiewissenschaftliche Kompetenz des Landes Niedersachsen vorfinden. … Der Technologieberater des EFZN schlägt als Technologiescout, Mittler und Moderator die Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.“
Die Institutionen, die ich gerade aufgezählt habe, sind genau das Problem. Jedes Ministerium hat irgendetwas zu begleiten und gibt hier und dort ein bisschen Geld hin. Eine Konzeption, eine Strategie sind überhaupt nicht erkennbar. Sie wurschteln vor sich hin.
Abschließend: Herr Hirche - er ist allerdings nicht da - geht ja, wie wir wissen. Herr Sander bleibt. Das ist kein guter Start für das Jahr 2009.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich hier im vergangenen Jahr praktische Maßnahmen für den Klimaschutz gefordert habe, schoben Sie von CDU und FDP eine ganz lange Bank ins Plenum. Wie lang sie tatsächlich ist, sieht man an dem vorliegenden, völlig überflüssigen Antrag zur Regierungskommission „Klimaschutz“.
Meine Damen und Herren, Sprache ist verräterisch und vor allem gefährlich. Solche Anträge werden nämlich mit Ihrer Praxis abgeglichen. Sie sprechen
in der Einleitung von der notwendigen „Anpassung“ des Landes an den Klimawandel. Das ist wieder der typische Denkfehler. Es geht nämlich nicht um Anpassung, Herr Thiele, sondern es geht um Abwendung, soweit das noch geht.
- hören Sie doch einmal zu! -, zeigt folgendes Zitat: Wir haben eine dramatische Beschleunigung des Klimawandels. Das Klimamuster am Nordpol ist schon umgeschlagen. Das Grönland-Eis schmilzt schneller. Bei seiner Komplettschmelze drohen 7 m Anstieg des Meeresspiegels. Die Industrieländer müssen bis 2050 ihren CO2-Ausstoß um 90 % reduzieren. - Das hat kein Linker und auch kein Grüner gesagt, sondern der Klimaschutzbeauftragte der Bundesregierung, Schellnhuber.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung beziffert die Kosten als Folge des Klimawandels bis 2050 in Richtung von 1 Billion Euro allein für Deutschland. Meine Damen und Herren, das sind die Schulden, die Sie mit Ihrer Politik auf die kommenden Generationen abwälzen! Sie können Ihren Haushalt frisieren, wie Sie wollen, und sozial rasieren, wie Sie wollen, das ändert nichts.
Unter dem Schwerpunkt „Gebäude“ Ihres Antrages wollen Sie eine Informationsplattform installieren. - Solche Portale gibt es doch zuhauf mit Energiespartipps, Förderprogrammen und Beispielen! Nein, Sie müssen hin zu den Nutzern und Multiplikatoren. Fahren Sie endlich Kampagnen, die angesichts der von Herrn Schellnhuber genannten 7 m auch wirklich glaubwürdig sind!
Weiter bitten Sie um die Vorbereitung einer Initiative „Nutzerschulung“. - Das Instrument des Ökoaudits beinhaltet das doch längst! Machen Sie das endlich auch in allen Landesbehörden zum Standard!
Beim Thema „Energiewirtschaft“ findet sich wieder ein solcher entlarvender Satz. Sie wollen die Vergleichbarkeit verschiedener Stromprodukte durch Berücksichtigung der Ressourcenbelastung und des Treibhauspotenzials. - Auf dem Papier wieder
hui und in der Praxis pfui. Anstatt auf die von Ihnen selbst geforderte ganzheitliche Analyse setzen Sie auf Großkraftwerke mit Wirkungsgraden zwischen 30 und 50 %, machen Sie Niedersachsen durch acht neue Kohlekraftwerke zum CO2-Land Nummer eins, vernachlässigen Sie die Kraft-WärmeKopplung und wollen Sie die Laufzeit der AKW verlängern.
Ihr verkehrspolitisches Ziel sind umweltschonende Verkehrstechniken. Ihre Praxis straft Sie auch hier Lügen: so viele Autobahnen wie möglich, Kürzung der Bahnmittel, Verdopplung des Lkw-Verkehrs. Und bei Ihrem Kriterienkatalog für klimafreundliche Dienstfahrzeuge der Landesverwaltung wird es richtig lustig. Damit sind Sie zwar schon nahe an dem von Ihnen kürzlich abgelehnten Haushaltsantrag der Fraktion der Linken, aber ich bin schon jetzt auf die Ausnahmeregelungen für den zuständigen Umweltsünder - äh, Umweltminister Sander für seine 329 PS gespannt -