Protokoll der Sitzung vom 18.02.2009

Später haben die Verhandlungsführer festgestellt, dass sie das Ergebnis in vielen Bereichen - in Krankenhäusern, in kommunalen Theatern und in vielen anderen Institutionen - nicht bezahlen können. Sie haben es aber vorher beschlossen. So wollen wir es nicht machen; da sind wir uns einig. Wir können als TdL nicht kritisieren, dass der Abschluss zu hoch und deshalb nicht bezahlbar ist, und ihn später 1 : 1 umsetzen.

Wir haben den Gewerkschaften deshalb deutlich gesagt: Ihr habt uns 2004 aus der gemeinsamen Verhandlung herausgedrängt. - Sie haben darum gebeten, dass die Vertreter der TdL den Raum verlassen mögen. Die Vertreter der Bundesrepublik Deutschland sind uns gefolgt, und die Vertreter der Kommunen sind sitzen geblieben. Die Vertreter der Bundesrepublik Deutschland sind wieder hineingegangen. Aber wir haben allein verhandelt und besser verhandelt. Ich kann nachvollziehen, dass das der Gewerkschaft manchmal nicht passt. Deshalb haben wir zu Beginn der Verhandlungen gesagt: Wir werden den Abschluss für die Kommunen nicht 1 : 1 übernehmen. - Auch die Gewerkschaften können rechnen. Deren Vertreter sind Spezialisten, die

diesen Job seit 20 oder 30 Jahren machen. Das ist deren täglich Brot.

Die Forderung nach 8 % ist natürlich illusorisch. Warum? - Die Gehaltserhöhung beträgt für die Kommunen im Jahre 2009 gegenüber dem Jahr 2007 8 %, weil es bei ihnen im Jahre 2008 und im Jahre 2009 eine Stufe gegeben hat. Wir haben das Ergebnis des Tarifvertrages für die Beamten übernommen und 3 % zum 1. Januar 2008 gezahlt. Das heißt, dass die Gehälter gegenüber dem Gehalt von 2007 schon um 3 % gestiegen sind und dass man insofern nicht von einer Nullrunde reden kann. Dann haben wir gerechnet und gesagt, dass wir dann, wenn wir 4,2 % mehr Gehalt geben, knapp unter den Tabellenwerten der kommunalen Angestellten liegen. In drei oder vier Fällen liegen wir sogar um 4 oder 5 Euro darüber. Wenn man prozentual rechnet, kann man das aber nicht immer ganz genau deckungsgleich hinkriegen. Wir haben den Verhandlungspartnern diese Erhöhung angeboten, aber nicht ab dem 1. Januar, sondern zeitlich versetzt, und dafür eine längere Laufzeit.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Wie begründen Sie das denn?)

Dieses Angebot hat auf der Seite der Gewerkschaften nicht ungeteilte Billigung gefunden, sondern ist abgelehnt worden. Daraufhin haben wir erklärt, dass es, wenn wir uns nicht einigen können, keinen Zweck hat, weiterhin zusammenzusitzen, und uns um 14 Tage vertagt.

Frau Modder, ich bitte Sie um Folgendes. Sie erwecken ja immer so einen traurigen Eindruck.

(Widerspruch bei der SPD - Heiner Bartling [SPD]: Das ist ein Irrtum, Herr Möllring! - Zuruf von der LINKEN: Wahrnehmungsstörungen!)

Wenn man zum Karneval geht, dann muss man dort auch mal Sprüche machen dürfen, die spaßig und humorvoll sind, auch wenn sie dann über den Äther kommen.

(Johanne Modder [SPD]: Aber auf wessen Kosten denn?)

- Was heißt „auf wessen Kosten“? Das ist immer auf Kosten anderer Leute. Das ist doch ganz selbstverständlich. Das ist bei jeder Büttenrede beim Karneval so. Deshalb nehmen Sie das bitte nicht so ernst. Ich kann doch nichts dazu, dass der Rosenmontag in Damme eine Woche vorher gefeiert wird. Ich war da, habe da viel Spaß

gehabt, und die Leute haben auch viel Spaß gehabt. Nehmen Sie mir das nicht übel!

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Ich glaube, dass Sie die Büttenreden manchmal auch hier halten! - Zustimmung bei der SPD)

- Wenn Sie hier ein bisschen Spaß hätten, dann wäre es doch auch nicht schlecht.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden also weiterhin verantwortungsbewusst verhandeln. Wir werden nur einen Tarifvertrag unterschreiben, den wir auch verantworten, d. h. bezahlen können. Hier müsste eigentlich das Parlament sagen: Moment mal! Wie kann denn ein Finanzminister etwas unterschreiben, ohne uns vorher zu fragen? Denn die Gehälter müssen nachher unabhängig davon, ob wir eine haushaltsrechtliche Ermächtigung haben oder nicht, bezahlt werden. - Das ist aber immer so gewesen, seitdem es die Tarifgemeinschaft deutscher Länder gibt. Es müssen sogar die Länder bezahlen, die überstimmt worden sind. Ich sagte, dass beim letzten Mal Einstimmigkeit bestanden hat. In der Regel ist es schwierig, die Dreifünftelmehrheit zu erreichen. Das heißt, wenn über den ausgehandelten Tarifvertrag neun Länder mit Ja stimmen und fünf Länder mit Nein stimmen, dann müssen sich auch die fünf Länder, die mit Nein gestimmt haben, an den Beschluss halten. Das ist in einer Gemeinschaft so, dann muss man sich der Mehrheit beugen. Ich hoffe, dass wir es wieder einmütig und einstimmig hinbekommen. Bisher sieht es danach aus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen zu Punkt 1 a liegen mir nicht vor.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 b auf:

Schuldenbremse jetzt - Neuverschuldung in Bund und Ländern zukünftig ausschließen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 16/931

Ich erteile dem Kollegen Dr. Althusman das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch vor wenigen Wochen war ein Scheitern der Föderalismuskommission II mit Sicherheit wahrscheinlicher als das nun vorliegende Ergebnis, das unterschiedlich interpretierbar ist. Es gibt weder Anlass zu Euphorie noch Anlass zu Pessimismus. Aber allein die Tatsache, dass sich Bund und Länder nunmehr freiwillig auf eine Schuldenaufnahmebegrenzung verständigt haben, ist ein Erfolg für unser Land.

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn es jetzt eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat für eine stufenweise Vollbremsung geben kann, dann darf diese getrost als Erfolg in der Krise, vielleicht auch als Erfolg gegen die Krise und vielleicht sogar als Erfolg, der erst von der Krise ausgelöst wurde, bezeichnet werden.

Die Schuldenlast in Deutschland beträgt ca. 18 600 Euro pro Bundesbürger. 1,6 Billionen Euro beträgt die Gesamtverschuldung der Bundesrepublik Deutschland, davon 1 000 Milliarden Euro beim Bund und 600 Milliarden Euro bei den Ländern. Der Schuldenberg in Deutschland steigt um 4 500 Euro pro Sekunde an. Den Weg in die Schuldenfalle haben wir also längst hinter uns. Den Weg aus ihr heraus werden wir noch finden müssen, und dieser wird steinig und schwer sein.

Meine Damen und Herren, es wird jetzt im niedersächsischen Landesparlament ausgesprochen spannend: Wie werden sich im Juli die Oppositionsfraktionen, insbesondere die Sozialdemokraten, zur notwendigen Verfassungsänderung verhalten? - Ich kann mich noch gut daran erinnern, Herr Jüttner, Frau Modder, Frau Geuter, dass Sie uns ständig vorgeworfen haben, wir kürzten und sparten an der falschen Stelle. Herr Jüttner hat gesagt, Sparen sei kein Wert an sich, und es könne nicht das alleinige Ziel sein, die Nettoneuverschuldung zu senken.

Wir brauchen in Niedersachsen für die Verfassungsänderung eine Zweidrittelmehrheit. Sie werden dann Farbe bekennen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Faktisch werden wir ab 2020 ein Schuldenverbot haben, wie es die Fraktionen der CDU und der FDP hier im Niedersächsischen Landtag bereits im letzten Jahr gefordert haben. Nur der Bund kann zwischen 2016 und 2020 noch 0,35 % des Bruttoinlandsprodukts an Schulden aufnehmen. Danach

ist Schluss mit der Spendierhosenmentalität. Die SPD-Abgeordnete Nahles und andere linke Sozialdemokraten haben erhebliche Bauchschmerzen, dem überhaupt zuzustimmen. Ich hoffe, Sie werden diese Bauchschmerzen am Ende nicht haben. Denn eines ist auch klar: Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen der rechten Seite des Hauses und der versammelten linken Seite des Hauses.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Viele!)

Sie halten es für ausgesprochen unbequem, zu sparen und zu kürzen. Wir halten es ebenfalls für unbequem, aber wir handeln am Ende im Sinne der Verantwortung für die Zukunft unseres Bundeslandes.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn es einen ganz wesentlichen Erfolg dieser Landesregierung gibt, dann ist es mit Sicherheit die Tatsache, dass wir heute die Nettoneuverschuldung um über 90 % zurückgeführt haben. Das Unsozialste in der Politik auch in unserem Bundesland war die Tatsache, dass immer mehr Schulden auf Kosten zukünftiger Generationen gemacht wurden, für die wir heute 2,3 Milliarden Euro an Zinsen zahlen, die wir nicht an anderer Stelle ausgeben können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben in Niedersachsen den Schuldenanstieg hart gebremst - nicht weil wir Lust am Sparen haben oder das Sparen erotisch finden, sondern weil wir 2003 Verantwortung für Niedersachsen übernommen haben und dafür 2008 wieder gewählt worden sind. Die Fakten geben uns recht.

Meine Damen und Herren, jede Rezession hat in den vergangenen Jahren immer neue Schulden gebracht. Das begann 1966/67 und ging bei anderen Konjunkturkrisen in Deutschland weiter. Wenn es einen wesentlichen Erfolg dieser Föderalismuskommission gegeben hat, dann auch die Tatsache, dass in Zukunft verbindliche Tilgungspläne für aufgelaufene Schulden und ein Schuldenhilfeprogramm für andere Bundesländer vereinbart werden sollen. Man kann trefflich darüber streiten, ob wir für Berlin, Bremen und andere Länder deren Schulden mitbezahlen sollten. Da uns aber ohnehin deren Schulden am Ende über den Länderfinanzausgleich einholen, müssen wir diesen Weg gehen.

Ein letzter Punkt: In der Öffentlichkeit bleibt immer wieder die Gewichtung der Bundesländer im Zu

sammenhang mit einer Grundgesetzänderung kritisch. Die Entscheidung über die Aufnahme von Krediten ist natürlich ureigenes Haushaltsrecht eines Bundeslandes. Aber eines sollte uns allen auch bei der anstehenden Verfassungsänderung in Niedersachsen klar sein: Bei der Einführung von einheitlichen Schuldenbegrenzungsregeln sollten zwar einerseits die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Länder gewahrt bleiben. Andererseits müssen aber auch die Länder an die Leine genommen werden, die auf Kosten der anderen Länder weiterhin ihre Haushalte auf Pump finanzieren wollen. Deshalb ist dieser Weg der Föderalismuskommission richtig.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege, Sie müssen jetzt bitte zum Schluss kommen!

Meine Damen und Herren, Bund und Länder sind gefordert. Solidarität zwischen Bund und Ländern ist keine Einbahnstraße. Die Schuldenbremse muss kommen. Wir haben in Niedersachsen die wesentliche Vorarbeit dafür geleistet.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile dem Kollegen Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Althusmann, das Thema Schuldenbremse zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde zu machen, ist ein Paradoxon für sich. Normalerweise gehört so etwas in eine Zukunftswerkstatt. Wenn Sie dann noch den Titel „Schuldenbremse jetzt“ wählen, dann grenzt das schon fast an arglistige Täuschung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Bild von 16 Alkoholikern, die sich versprechen, im Jahr 2020 nicht mehr zu trinken, und diesen Beschluss mit einer kräftigen Sause feiern, ist ja viel bemüht. Aber es ist einfach das treffendste für die heutige Situation.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie sieht denn die Schuldenlandschaft gegenwärtig aus? - Sicherlich ist der Bund im Moment der Hauptakteur. Herr Steinbrück sagte vor gar nicht allzu langer Zeit, er wolle 2011 ohne Schulden auskommen. Inzwischen muss er in seinen Nachtragshaushalt eine Neuverschuldung von fast 37 Milliarden Euro hineinschreiben, das Doppelte dessen, was ursprünglich vorgesehen war. Jeder weiß: Wenn man die Sondervermögen und diverse Finanzierungslücken hinzurechnet, müssten dort ehrlicherweise sogar über 70 Milliarden Euro stehen.