Das heißt, auch Sie wollen auf drei Leistungsebenen differenzieren. Der einzige Unterschied zwischen Ihnen und uns ist es, dass wir den Schülern, die auf dem höheren Leistungsniveau lernen, die Chance geben, das Abitur nach zwölf Jahren abzulegen, um früher in den Beruf bzw. ins Studium einzusteigen.
Ich muss auch ganz deutlich sagen: Ihre Verweigerungshaltung am Rande der letzten Ausschusssitzung war wirklich nicht angemessen. Ja, wir haben ein ambitioniertes Zeitverfahren vorgesehen. Wir wollen das Schulgesetz schnell verankern, weil die Schulen die rechtliche Grundlage brauchen, um sich darauf vorzubereiten. Diese Zeit muss ihnen auch gegeben werden. Wir wollen das natürlich mit einer Anhörung verknüpfen. Aber Ihre Äußerungen, dass man dann an einer Anhörung möglicherweise nicht teilnehmen würde, sich dem ganz verweigern würde und dass man sich im Vorfeld auch der Terminfindung verstellt, kann ich nicht verstehen. Ich lade Sie ein: Arbeiten Sie mit uns gemeinsam an diesem Gesetzentwurf zum Wohle der Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen!
Vielen Dank Herr Försterling. - Es gibt zwei Wünsche auf eine Kurzintervention. Zunächst hat Frau Korter von der Fraktion der Grünen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Försterling, Sie haben hier eben eine ganze Menge Nettes erzählt und wollten uns ein bisschen einlullen.
Sie haben gesagt: Die Realschülerinnen und Realschüler, die nach einem guten Sek-I-Abschluss noch das Abitur machen wollten, hätten die Chance, hierzu auf ein Fachgymnasium oder ein Gym
nasium zu gehen - Warum eigentlich nicht auf die gymnasiale Oberstufe einer IGS? Das ist in Ihrem Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Können Sie uns einmal erklären, warum sie das nicht dürfen?
Zweitens finde ich Ihre Wortwahl wirklich scheinheilig, die Sie hier eben vorgeführt haben. Sie sagen, Sie wollen den Eltern die Möglichkeit geben, das Abitur nach Klasse 12 für ihre Kinder anzuwählen; Sie wollen ihnen das Recht geben. - Das können sie in Niedersachsen längst landesweit. Sie können an der IGS eine Klasse überspringen. Sie können am Gymnasium das Abitur nach Klasse 12 machen. Das gibt es längst. Wer extra eine IGS anwählt, der wählt ein anderes Konzept an. Da sind Sie so etwas von scheinheilig! Das nimmt Ihnen hier keiner ab.
Noch etwas zur Wortwahl und Scheinheiligkeit, Herr Försterling: „Ambitioniertes Zeitverfahren“ nennen Sie es jetzt, wenn Sie in vier Wochen einen Gesetzentwurf durchpeitschen wollen, der unsere IGSen, die bundesweit ausgezeichnet wurden, in der Substanz erschüttert und angreift. Ich nenne das „Durchpeitschen“.
Herr Försterling, Ihre Ausführungen sind atemberaubend. Wenn Ihnen der Elternwille wirklich so wichtig ist, dann verstehe ich eines nicht: Wieso versuchen Sie hier in fünf Wochen etwas durchzupeitschen, wofür man sich ruhig ein halbes oder Dreivierteljahr Zeit lassen kann?
Ich möchte Ihnen an dieser Stelle noch einmal sagen: Wenn Ihnen der Elternwille so wichtig ist - dass Eltern für ihre Kinder wählen können, nach 12 Jahren das Abitur zu machen -, wieso nehmen Sie den Eltern und ihren Kindern dann die Möglichkeit, das Abitur nach 13 Jahren an einer integrierten Gesamtschule zu wählen?
(Professor Dr. Dr. Roland Zielke [FDP]: Die nehmen wir doch gar nicht! - Ulf Thiele [CDU]: Können sie doch!)
Mit diesem Gesetzentwurf wollen Sie die IGSen aushöhlen. Sie tun aber so, als würden Sie die Palette erweitern. Das tun Sie aber nicht. Ich kann nur wiederholen: Was Sie hier tun, ist scheinheilig.
Meine Damen und Herren, auch wenn es nur 90 Sekunden sind, wollen wir bei der Anrede bleiben. Sonst bekomme ich als Präsident Ärger mit meinen Kollegen.
Frau Zimmermann, wenn Sie für Ihr Kind die Leistungsniveaus A und B wählen, hat es die Chance, den erweiterten Sekundarabschluss I nach der zehnten Klasse zu erreichen. Wenn es dann in die Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe übergeht und die zweijährige Qualifizierungsphase durchläuft, hat es am Ende nach 13 Jahren das Abitur. Es wird also auch weiterhin in Niedersachsen möglich sein, an Integrierten Gesamtschulen das Abitur nach 13 Jahren abzulegen.
Natürlich kann jeder nach der 10. Klasse der Realschule auch in die Oberstufe der Integrierten Gesamtschule übergehen.
- Sie zeigen gerade auf die Begründung, Frau Korter. In Niedersachsen ist das bisher eine Selbstverständlichkeit. Wir könnten jetzt natürlich sämtliche Selbstverständlichkeiten im Bildungsbereich in die Drucksachen, in die Begründungen hineinschreiben. Das wäre aber nicht zielführend. Es ist nicht die Rede davon, dass wir diese Möglichkeit abschaffen. Wenn jemand wünscht, nach der Realschule in die Oberstufe einer integrierten Gesamtschule überzutreten, dann darf er das natürlich tun. Die Freiheit, diese Wahl zu treffen, hat auch in Zukunft jeder.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte versucht, zu antworten, wenn Herr Försterling redet. Aber ich muss ganz ehrlich sagen: Es lohnt gar nicht, darauf zu antworten. Tut mir leid.
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Hans- Werner Schwarz [FDP]: Sie haben keine Antwort, Frau Heiligenstadt!)
An einer Stelle allerdings, Herr Försterling, habe ich endlich verstanden, warum Sie die ganzen Proteste, Demonstrationen, Petitionen und Mahnwachen mental gar nicht erreichen. Ich habe verstanden: Wenn man die Integrierte Gesamtschule als Abbild des gegliederten Systems betrachtet, dann kann man das, was am Samstag passiert ist, nicht verstehen.
Meine Damen und Herren, meine Rede im letzten Plenarabschnitt zur Schulpolitik dieser Landesregierung habe ich mit dem Satz begonnen: „Es brennt in der niedersächsischen Schullandschaft!“
Heute muss ich sagen: Die Landesregierung und die Fraktionen von CDU und FDP haben einen Flächenbrand entfacht, und anstatt zu löschen, haben Sie Öl ins Feuer gegossen.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein weiterer Affront gegen unsere erfolgreich arbeitenden Gesamtschulen. Aber wie ist es dazu gekommen?
Meine Damen und Herren, was erleben wir bundesweit? - Bayern, Baden-Württemberg und die Nordländer Bremen, Hamburg und SchleswigHolstein haben sich alle auf den Weg gemacht, zu schauen, wie sie gemeinsamen Unterricht stärker verankern können, wie Haupt- und Realschüler gemeinsam unterrichtet werden können. Alle waren gespannt auf den 24. Februar 2009, an dem die Regierungsfraktionen bzw. das Kabinett neue Überlegungen zur Aufstellung der Bildungslandschaft in Niedersachsen präsentieren wollten. Wir haben erwartet - - - Nein, erwartet nicht. Wir waren gespannt auf diesen Entwurf: was sich dort an modernen, zukunftsgerechten Bildungspolitikentwürfen finden könnte.
Stattdessen gab es am 13. Februar bereits einen Offenbarungseid dieser Landesregierung: Sie schafft nicht einmal ihre Hausaufgabe, ausreichend Lehrkräfte für die Unterrichtsversorgung zur Verfügung zu stellen. Nichts da mit neuer, moderner Ausrichtung der Schullandschaft!
Am 13. Februar fehlten 2 050 Lehrkräfte, sogar nach Ihren eigenen Berechnungen. Viel mehr sind es auch nicht geworden. Mindestens 1 000 werden sicherlich zum nächsten Schulhalbjahr fehlen.
Anstatt über neue Bildungsentwürfe für Niedersachsen nachzudenken, enthalten Sie den Schülerinnen und Schülern mit diesen fast 2 000 Lehrkräften immerhin fast 52 000 Unterrichtsstunden vor. Das ist für jeden Schüler eindeutig zu viel.
Mit dem Gesetzentwurf, den Sie uns hier präsentieren, sollen die vollen Halbtagsschulen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung nun nicht mehr ihre guten Konzepte weiterführen dürfen und sollen die verhassten Gesamtschulen noch einmal eins obendrauf kriegen. Denn dass sie so erfolgreich arbeiten, das passt nicht in Ihr ideologisches Weltbild. In Niedersachsen muss alles schön gegliedert sein, alles schön „begabungsgerecht“ und bloß nicht gemeinsam.
Meine Damen und Herren, wir wehren uns gegen die seit Jahren andauernden Verbote und Behinderungen im Bereich der Errichtung neuer Gesamtschulen. Wir wollen nicht hinnehmen, dass der Elternwille mit Füßen getreten wird;