Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

(Beifall bei der CDU)

Wir haben die Finanzausstattung der Hochschule über den Zukunftsvertrag hinaus um 1 % pro Jahr ansteigen lassen. Auch dies will ich bei dieser Gelegenheit noch einmal erwähnt haben.

Ich finde es den Akteuren vor Ort gegenüber einfach unfair, wenn hier so getan wird, als sei das eine Frage von Partei- oder Wahltaktik. Ich mache hier ja gar keinen Hehl daraus, dass mich, seitdem ich Minister bin, immer wieder die Forderung aus der Region begleitet, dass die Hochschule Vechta nunmehr den Titel „Universität“ tragen dürfe. Ich sage hier aber auch sehr deutlich, die mir gegenüber diese Forderung erhoben haben, immer gesagt habe: Das geht nur, wenn ihr die Leistung erbringt.

Jetzt muss mir einmal einer von Ihnen erklären: Wenn es wirklich um Wahltaktik gegangen wäre, wieso in Gottes Namen hätte ich diese Entscheidung dann nicht unmittelbar vor der Landtagswahl gemeinsam mit den Regierungsfraktionen getroffen? Meinen Sie denn im Ernst, die Europawahl wäre für uns ein Argument gewesen, um eine solche Entscheidung zu treffen? - Das ist doch vollkommen hanebüchen und an den Haaren herbeigezogen. Sie tun den Akteuren vor Ort damit Unrecht. Sie diskreditieren diese Leute. Das werden wir nicht zulassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 16/1037 in geänderter Fassung annehmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimm

enthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Einzige (abschließende) Beratung: Studierende mit Migrationserfahrung in Lehrämter - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/971 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 16/1198

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Dr. Lesemann zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns allen ist bekannt: Bildung ist der Schlüssel zur Integration. Nur wer eine gute Bildung und Ausbildung hat, kann die Chancen, die unser Land bietet, nutzen. Allerdings ist in Deutschland der Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungserfolg viel zu eng. Alle Schwächen des Bildungssystems treffen Kinder aus Einwandererfamilien besonders stark.

(Beifall bei der SPD)

Ein ganzes Bündel von Maßnahmen - u. a. eine längere gemeinsame Schulzeit, geringere Selektivität, Ganztagsschulen, Sprachförderung und Elternarbeit - müsste deshalb zur Beendigung dieser institutionalisierten Diskriminierung ergriffen werden.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Fraktion konzentriert sich hier bewusst auf einen Baustein für eine bessere Bildungsintegration. Ziel ist es, den Anteil der Lehramtsstudentinnen und -studenten mit Migrationshintergrund zu steigern. Denn trotz der wachsenden ethnischen Vielfalt in den Klassenzimmern wirken Lehrkräfte mit ausländischen Wurzeln immer noch exotisch. Das muss geändert werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wie ist die Situation in Niedersachsen? - Fast jede dritte Schülerin bzw. jeder dritte Schüler hat einen Migrationshintergrund. In manchen Großstadtschulen sind es über 60 %.

Frau Dr. Andretta möchte eine Frage stellen.

Ja, bitte.

Bitte schön!

Frau Kollegin Lesemann, würden auch Sie es für sinnvoll erachten, wenn der Integrationsminister bei diesem Thema anwesend wäre?

Frau Dr. Lesemann!

Das würde ich für sehr sinnvoll erachten, weil dieses Thema auch in der Integrationskommission beraten worden ist. Das wäre sehr passend.

(Beifall bei der SPD - Wolfgang Jütt- ner [SPD]: Dass er nicht automatisch hier ist, ist schon schlimm genug! Es ist das dritte Mal innerhalb weniger Wochen, dass er hier so auffällt! - Weitere Zurufe und Gegenrufe - Un- ruhe)

- Ich mache dann mal weiter. In manchen Großstadtschulen sind es über 60 % der Kinder, in einzelnen Klassen sogar über 90 %. Im Unterricht werden sie allerdings kaum einer Lehrerin oder einem Lehrer begegnen, die bzw. der diese Erfahrung mit ihnen teilt. Deren Anteil liegt nämlich nur bei etwas mehr als 1 %.

Viel ist von der Charta der Vielfalt die Rede und davon, dass Unterschiedlichkeit Chancen bietet. Warum nicht auch im Lehrerkollegium? Wir meinen, die Einwanderungsgesellschaft muss sich auch in den Klassenzimmern widerspiegeln.

(Beifall bei der SPD)

Wer von Erwachsenen unterrichtet wird, deren Lebensweg ähnliche Stationen durchlaufen hat, fühlt sich ermutigt. Für Kinder und Jugendliche, aber auch für ihre Eltern sind sie ein wichtiges Signal für ein positives Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft. Denn sie zeigen: Wir sind angekommen und gestalten auch mit. - Sie haben Fachkompetenz und beweisen, dass Schulerfolg möglich und eine Karriere keine Utopie ist. Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte stehen

für eine gelungene Integration und erfolgreiche Bildungskarrieren. Das, meine Damen und Herren, ist schließlich auch ein gutes Beispiel für Schülerinnen und Schüler.

Lehrerinnen und Lehrer mit Zuwanderungsgeschichte werden dringend gebraucht: als Vorbilder, Vertraute und Brückenbauer zwischen Schule und Familien.

(Minister Uwe Schünemann betritt den Saal)

- Hallo, Herr Schünemann!

(Minister Uwe Schünemann: Ich grü- ße Sie! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Schön, dass Sie da sind!)

- Das ist wahr.

Meine Damen und Herren, noch entscheiden sich zu wenige Abiturienten für das Lehramt. Andere Bundesländer zeigen, wie man erfolgreich Schülerinnen und Schüler mit ausländischen Wurzeln für ein Lehramtsstudium wirbt. Das von der ZeitStiftung entwickelte und in Kooperation mit der Hertie-Stiftung durchgeführte Studienorientierungsangebot „Mehr Migranten werden Lehrer“ haben Hamburg und Nordrhein-Westfalen aufgegriffen. Auch Berlin betreibt eine einschlägige und gute Kampagne, die Kinder aus Zuwandererfamilien über Berufsperspektiven an Schulen informiert.

Wir schlagen Studienstipendien für Migranten vor. Beispielsweise gibt es das Programm „Horizonte“ in Zusammenarbeit mit der FU Berlin und der dortigen Senatsverwaltung. Übrigens erwägt auch das Kultusministerium in Baden-Württemberg bereits die Prüfung von Stipendienprogrammen.

Warum sollte nicht in Niedersachsen ebenso wie in Hamburg und Berlin ein festgelegter Anteil von Lehramtskandidatenstellen durch Bewerberinnen und Bewerber mit ausländischer Herkunft besetzt werden?

(Beifall bei der SPD)

Beispiele für diese Form der positiven Diskriminierung gibt es in den USA übrigens schon lange.

Diese beispielhaft genannten Maßnahmen aus anderen Bundesländern sind nur einige Vorschläge, wie man langfristig die Zahl der Lehrer mit ausländischen Wurzeln steigern könnte.

Gegen die Zielrichtung unseres Antrags gab es in der bisherigen Beratung keine Einwände. Im Gegenteil! Die Forderung, Studierende mit Migrati

onshintergrund in Lehrämter zu bringen, wurde ausdrücklich begrüßt.

Die Gründe, die zur Ablehnung dieses Antrages herhalten mussten, waren dann mehr an den Haaren herbeigezogen.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: SPD- Antrag!)

Zielgruppenorientierte Informations- und Werbemaßnahmen an den Schulen stellen mit Sicherheit keine unzulässige Beeinträchtigung der Schülerinnen und Schüler dar, wie Herr Nacke in der öffentlichen Ausschussberatung behauptet hat. Natürlich kann in den Schulen für spezifische Berufe oder Fachrichtungen geworben werden. Das geschieht auch schon, z. B. in Hamburg in Kooperation mit dem Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung sowie in Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Lehrerbildung.

Ich gewinne mehr und mehr den Eindruck, dass die Mehrheitsfraktionen es zum Prinzip erhoben haben, keinem Antrag der Opposition zuzustimmen.