Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau König zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Groskurt hat eben an die gestrige Feierstunde und den daraus resultierenden Auftrag an uns alle erinnert. Ich möchte noch einmal an die Worte unserer Vizepräsidentin Frau Vockert vom 13. November erinnern:

„Übernehmen wir also - das ist mein Appell an Sie - gemeinsam die Verantwortung dafür! Das sind wir - ich hoffe, nicht nur nach meinem Verständnis - dem Vermächtnis der poli

tisch handelnden Frauen der ersten Stunde, das sind wir uns heute und das sind wir der nachfolgenden Generation für eine zukunftsweisende Politik schuldig.“

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Astrid Vockert [CDU] und von Ing- rid Klopp [CDU])

Gute Worte, Frau Vockert, sie hallen gut nach. In dieser Situation hat es aber leider keinen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen gegeben. Das wäre angemessen gewesen.

Ich habe die Beschlussempfehlung der Regierungsparteien gesehen, und ich sage: Das ist zu diesem Thema eine Farce. Sie entspricht unserem Anspruch auf keinen Fall. Dass hierbei der ursprüngliche Titel des SPD-Antrags beibehalten wird, ist eine Falschetikettierung. „Verpflichtung und Ansporn für die Zukunft“ heißt es da. Wem sich die CDU und die FDP verpflichtet fühlen und wen sie dabei anspornen wollen, ist fraglich. Die Verpflichtung Frauen gegenüber und die Verbesserung ihrer Teilhabe in allen Bereichen unserer Gesellschaft sind es ganz sicher nicht.

In der Beschlussvorlage heißt es zudem:

„… bewährte Strategien zur Erreichung von mehr Gleichberechtigung auf alle gesellschaftlichen Bereiche auszuweiten“.

Bei den Zahlen über Frauen in Führungspositionen und zur Lohndiskriminierung, die uns vorliegen und die sich noch nicht verändert haben, fragt es sich: Welche bewährten Strategien?

Noch interessanter wird es, wenn wir uns den Ursprungsantrag der SPD-Fraktion ansehen. Dort heißt es:

„Nachhaltige Anstrengungen zur Durchsetzung des Prinzips ‚gleicher Lohn für gleiche Arbeit‘. Der gesetzliche Mindestlohn ist dabei ein wichtiges Element für Geschlechtergerechtigkeit.“

(Beifall bei der LINKEN)

Daraus wird im Antrag der CDU/FDP:

„Der tariflich ausgehandelte Lohn ist dabei ein wichtiges Element für mehr Geschlechtergerechtigkeit.“

Was wird aber aus den Frauen, die in Betrieben ohne tarifliche Anbindung arbeiten? - Im Niedriglohnsektor - auch in der Pflege, wie wir eben gehört haben - befinden sich vornehmlich Frauen. Sie werden besonders häufig und besonders deutlich unterhalb der Armutsgrenze entlohnt, selbst wenn sie Vollzeit arbeiten. Deshalb ist vorausgesagt: Armut im Alter ist weiblich.

Die genannten Forderungen und Maßnahmen im Antrag der SPD-Fraktion ab Nr. 5 fehlen ganz. Es geht dort um konkrete Bausteine des Niedersächsischen Gleichstellungsgesetzes.

(Glocke des Präsidenten)

- Meine Zeit läuft gleich ab.

(Beifall bei der CDU)

Aber ich sage hier: Ohne diese Bausteine des Niedersächsischen Gleichstellungsgesetzes ist dieser Antrag nur eine Hülle.

Interessieren würde es mich wirklich, warum CDU und FDP die Nr. 10 nicht übernehmen konnten, in der festgelegt werden sollte, dass keine Streichung der Schutzvorschriften vor „sexueller Belästigung am Arbeitsplatz“ im Niedersächsischen Gleichstellungsgesetz vorgenommen werden soll.

(Gudrun Pieper [CDU]: Weil das schon im Gesetz steht!)

Ich erinnere an die Worte von Clara Zetkin:

„Lassen wir uns nicht schrecken durch die Ungunst äußerer Umstände, haben wir für alle Schwierigkeiten nur eine Antwort: ‚Erst recht!‘“

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, mir liegt als letzte Wortmeldung die von Frau Pieper von der CDUFraktion vor.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will es gleich vorwegnehmen: Ich finde es sehr bedauerlich, dass wir diesen Antrag nicht gemeinsam hingekriegt haben.

(Oh! bei der SPD)

Ich will Ihnen auch sagen, warum. 100 Jahre Aufhebung des Politikverbots für Frauen, 100 Jahre Frauenstudium in Preußen, 90 Jahre Frauenwahlrecht und 60 Jahre Gleichberechtigungsgesetz -

das sind Meilensteine in der Geschichte von Frauen. Diese Meilensteine haben viele Frauen gelegt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Astrid Vockert [CDU]: Egal welcher Partei!)

Ihnen wurde damals die Möglichkeit gegeben, sowohl aktiv als auch passiv das Wahlrecht auszuüben. Ihnen wurde die Möglichkeit gegeben, das elementare Recht der politischen Mitbestimmung auszuüben. Ich kann mich nur wiederholen: Für uns Frauen ist es heutzutage eine Selbstverständlichkeit, dass wir die Möglichkeit der politischen Beteiligung, die in der Gesellschaft fest verankert ist, gleichermaßen wahrnehmen.

Ich gebe zu, dass dieser Erkenntnis ein langfristiger Prozess im Umdenken sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern vorausgegangen ist. Aber dennoch war er wichtig.

Wenn ich in die Geschichte der Frauen und auch der Frauen der Christlich Demokratischen Union schaue, so stelle ich fest, dass dort bereits 1848 die Wurzeln in der bürgerlich-christlichen Frauenbewegung im Zuge einer allgemeinen Freiheitsbewegung entstanden.

(Beifall bei der CDU)

Unter dem Vorsitz von Christine Teusch kam es 1946 in der britischen Besatzungszone zur ersten überregionalen Frauenvereinigung. Am 1. Mai 1948, also vor 61 Jahren, konstituierte sich die Frauenarbeitsgemeinschaft der CDU/CSU Deutschlands, deren Vorsitzende Helene Weber wird. 1949 wurde unter Vorsitz von Elisabeth Selbert das Gesetz zur Gleichberechtigung im Grundgesetz verankert. Meine liebe Frau Groskurt und Frau Twesten, das steht auch im Änderungsvorschlag. Ich weiß nicht, was Sie gelesen haben, aber das steht drin.

(Beifall bei der CDU - Ulla Groskurt [SPD]: Die Sozialdemokratinnen feh- len!)

Ich will Ihnen noch eines sagen: Diese Frauenvereinigung, die damals gegründet wurde, war maßgeblich daran beteiligt, dass die Gleichstellung der Frau und das damit verbundene Familienrecht eingeführt wurde: 1949 die Witwenrente, 1952 das Mutterschaftsschutzgesetz, 1955 das Kindergeld und 1957 das Verbot von Frauenlohngruppen. Umso bedauerlicher - ich kann es nur wiederholen - finde ich, dass wir es, obwohl wir viele Gemeinsamkeiten haben, die auch in dem Antrag

dargelegt worden sind, nicht geschafft haben, einen gemeinsamen Entschließungsantrag zu formulieren. Für uns ist das Ziel „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ vorrangig. Wir sprechen in diesem Zusammenhang in dem Antrag nicht von „Anstrengungen“, sondern von „Maßnahmen“. Wenn man in den Duden schaut, dann stellt man fest, dass zwischen „Anstrengungen“ und „Maßnahmen“ ein Unterschied besteht. Maßnahmen bedeuten nämlich etwas mehr. Nur von „Anstrengungen“ zu sprechen, war uns zu wenig.

(Zustimmung bei der CDU)

Zu der Forderung nach verbesserten Bildungs- und Betreuungsangeboten sagen wir grundsätzlich auch Ja. Aber auch das war uns zu wenig. Sie fordern etwas, und wir tun etwas. Wir handeln entschlossen seit 2003.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben das erweiterte Ganztagsschulangebot und das erweiterte Krippenangebot umgesetzt. Wir haben die Anzahl der Ganztagsschulen von 155 auf mittlerweile 880 gesteigert. Ich glaube, das brauche ich nicht weiter auszuführen.

Sie fordern verbindliche Zielvorgaben für die gleichberechtigte Teilhabe beider Geschlechter an Führungspositionen in Politik, Verwaltung, Verbänden, Wirtschaft usw. In diesem Bereich sind wir nach wie vor d'accord. Da gibt es überhaupt keine Diskrepanz. Aber wir sollten gemeinsam ein Gesamtpaket schnüren und nicht etwas staatlich verordnen. Dazu haben Sie heute die Gelegenheit.

Auch auf Landes- und Kommunalebene muss sich etwas verändern. Da gebe ich Ihnen recht. Ich wäre froh, wenn wir noch etwas mehr dafür tun könnten. Auf Bundesebene sind wir mit einer Bundeskanzlerin und sechs Ministerinnen mittlerweile gar nicht schlecht aufgestellt. Ich denke, das ist schon ganz gut.

(Johanne Modder [SPD]: Manche sa- gen so, manche sagen so!)

Wir sollten aber sehr sensibel darauf achten, dass wir die Position der Frauen mit ihren Kompetenzen stärken und nicht durch Pseudodiskussionen behindern. Diese haben immer einen sehr schalen Beigeschmack.

Über die Novellierung des Niedersächsischen Gleichstellungsgesetzes werden wir demnächst diskutieren. Wir, die CDU, wollen, dass Frauen

gleichberechtigt, Seite an Seite für eine moderne Gesellschaft, für eine moderne Politik stehen.